der adler - Baden-Württembergischer Luftfahrtverband eV
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Kommentar:<br />
Plädoyer<br />
für das UL<br />
Ultraleichtes Fliegen<br />
als unbeschwertes<br />
Vergnügen<br />
Rohr-Tuch UL: Neue Materialien machten das<br />
Fliegen erschwinglich<br />
In <strong>der</strong> letzten Zeit ist ausgerechnet<br />
die ultraleichte Fliegerei etwas<br />
in Misskredit geraten. Hieran<br />
tragen wir ULer zumindest teilweise<br />
selbst die Schuld. So gab es vereinzelt<br />
„schwarze Schafe“, die sich nicht<br />
an vorgegebene Baustandards gehalten<br />
haben. Es wurden Leergewichte<br />
überschritten und flugzeugspezifische<br />
Bauprinzipien nicht eingehalten. Zum<br />
an<strong>der</strong>en haben auch manche etablierte<br />
und gut situierte Hersteller <strong>der</strong> traditionellen<br />
Fliegerei diese ultraleichte,<br />
zarte Pflanze mit großem Argwohn beobachtet<br />
und so mache Gelegenheit zu<br />
nutzen versucht, um diese Art <strong>der</strong> kostengünstigen<br />
Fliegerei im Wachstum<br />
zu behin<strong>der</strong>n.<br />
Deshalb hat es etwas länger gedauert,<br />
bis diese kostengünstigere Art des<br />
Fliegens den Durchbruch schaffte. Der<br />
Markt, das heißt die Macht <strong>der</strong> Nachfrage<br />
hat entschieden. Seit Jahren hat<br />
<strong>der</strong> UL-Bereich kräftig zugelegt. Nun<br />
bringt auch <strong>der</strong> LSA-Bereich in den<br />
USA große Wachstumsraten. Das haben<br />
viele etablierte Flugzeugbauer<br />
erkannt und beginnen ihre Flugzeugproduktpalette<br />
nach unten hin zu<br />
komplettieren. In Europa wie<strong>der</strong>um<br />
wünschen viele Hersteller eine LSA-<br />
Klasse, um nach oben hin auszubauen<br />
zu können. Sie for<strong>der</strong>n dies mit Argumenten,<br />
als hätte es den UL-Boom nie<br />
gegeben. Lautstark erklären sie, ein<br />
Fliegen unterhalb <strong>der</strong> LSA-Grenzen sei<br />
nicht möglich.<br />
Doch vergessen wir nicht: Ultraleicht<br />
und unter Einsatz von „High End Technologie“<br />
wurde das Fliegen für Otto<br />
Normalbürger erst wie<strong>der</strong> erschwinglich.<br />
Daher möchte ich hier eine Ode<br />
auf die leichte Art des Fliegens anstimmen.<br />
Zugegeben, ich selbst habe<br />
in meinen fliegerischen Anfängen die<br />
„Fetzenflieger und Uhufluggeräte“<br />
belächelt. Jetzt nach langer Beschäftigung<br />
– mit dem Blick eines Ingenieurs,<br />
eines Flugzeugwarts und eines UL-<br />
Vielfliegers – hat sich mir die wahre<br />
Kompetenz <strong>der</strong> gesamten ultraleichten<br />
Flugzeugbauszene erst richtig erschlossen.<br />
Wirklich Geniales ist fast<br />
immer einfach aufgebaut und dabei<br />
hoch effizient. Wir Flieger können uns<br />
glücklich schätzen in einer Zeit leben<br />
zu dürfen, in <strong>der</strong> die ultraleichte Fliegerei<br />
zum zweiten Mal neu erfunden<br />
wurde.<br />
Kurzer Rückblick<br />
In den Pioniertagen <strong>der</strong> Luftfahrt wurde<br />
vor mehr als Hun<strong>der</strong>t Jahren durch<br />
die Entwicklung leichter Verbrennungsmotoren<br />
– statt <strong>der</strong> lange Zeit genutzten<br />
Dampfmaschinen – die Grundlage<br />
für das Fliegen mit Luftfahrzeugen<br />
„schwerer als Luft“ geschaffen. Die<br />
Gebrü<strong>der</strong> Wright machten ihre ersten<br />
Lufthopser mit sehr zerbrechlich<br />
wirkenden Fluggeräten. Und das alles<br />
in einer Zeit, in <strong>der</strong> man noch nicht<br />
einmal wusste, welches die richtige<br />
Flügelanordnung war, wie so ein Flügelprofil<br />
optimal zu gestalten ist, wie<br />
sich das mit <strong>der</strong> Gewichtsverteilung<br />
so verhält, o<strong>der</strong> gar wie man richtig<br />
und optimal zu steuern hat. Und die<br />
Frage, wie man landen sollte, stellte<br />
sich auch erst, als man mal richtig in<br />
die Luft kam. Es herrschte überall Aufbruchstimmung<br />
ge paart mit dem unbändigen<br />
Willen, nun endlich die dritte<br />
Dimension zu erobern. Die Pioniere<br />
sahen in erster Linie die Chancen. Hätten<br />
sie nur auf die Risiken geachtet,<br />
es wäre keiner von ihnen in ein solch<br />
zerbrechliches Fluggerät gestiegen. Es<br />
lagen damals noch keine Erfahrungswerte<br />
vor; niemand kannte das richtige<br />
Motorenkonzept, niemand wusste wie<br />
lange ein Motor hält, wie eine Luftschraube<br />
auszusehen hat (die ersten<br />
Analogien erfolgten in Anlehnung an<br />
Schiffspropellerschrauben). Alles war<br />
sehr improvisiert damals und vieles<br />
wurde aus an<strong>der</strong>en Leichtbaubereichen<br />
beispielsweise Fahrradindustrie<br />
in Form <strong>der</strong> Fahrradkette als Antriebsübertragungselement<br />
übernommen.<br />
Und trotzdem, nur wenige Jahre nach<br />
den ersten Lufthopsern, wagte es Louis<br />
Blériot den Ärmelkanal zu überfliegen.<br />
Die weitere Entwicklung war rasant,<br />
ist uns allen bekannt und eben noch<br />
lange nicht zu Ende.<br />
Innovation und Evolution<br />
Versuch und Irrtum, Innovation und<br />
Evolution, so wie es uns die Natur<br />
seit Jahrmillionen vormacht, hat sich<br />
auch die Fliegerei lange Zeit fortentwickelt.<br />
Entstanden aus den einfachsten<br />
Anfängen wurde die Fliegerei schnell<br />
von den Militärs „domestiziert“. Viele<br />
Entwicklungen wurden erst dadurch<br />
beschleunigt. Einmal mehr gelten hier<br />
die Worte Heraklits: „Krieg ist <strong>der</strong> Vater<br />
aller Dinge“. Die Fliegerei hatte im<br />
Ersten Weltkrieg ihre Unbekümmertheit<br />
und Unschuld verloren, war ihrer<br />
„Kin<strong>der</strong>zeit“ entwachsen und somit<br />
erwachsen geworden. Alles war klar,<br />
die Fliegerei ward ihrer Ge heimnisse<br />
beraubt. Auf einmal galt es, die gewonnenen<br />
Erkenntnisse und Standards zu<br />
bewahren. Die Flug-Sicherheit wurde<br />
zum alles bestimmenden Argument.<br />
Flugzeug-Hersteller-Oligopole entstanden<br />
und teilten den Weltmarkt unter<br />
sich auf.<br />
Fliegerei am Gängelband<br />
Aufgrund <strong>der</strong> überbordenden Vorschriften<br />
wurde es für Newcomer immer<br />
schwieriger, in diesem Geschäft<br />
Fuß zu fassen. Der Vorhang öffnete sich<br />
vor allem <strong>der</strong> Bürokratie, die begann,<br />
mit immer neuen Vorschriften, Gesetzen<br />
und Verordnungen langsam, unauf-<br />
<strong>der</strong> <strong>adler</strong> 07/2010<br />
Motorflug 19