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Gefahren für die Rechtsgüter der angreifenden Nebenkl., ist kein Raum. Stattdessen wird der neue Tatrichter auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage der von ihm dazu getroffenen Feststellungen zu erörtern haben, ob es dem Angekl. in dem Zeitpunkt der<br />

Zufahrt auf die Nebenkl. möglich war, den gegen ihn geführten Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit schonender<br />

als geschehen zurückzuweisen. Sollte sich wiederum ergeben, dass der Angekl. mit Vollgas auf die in seinem<br />

Fahrweg laufenden Nebenkl. zugefahren ist, wird dabei gegebenenfalls die Frage beantwortet werden müssen, ob<br />

diese die Nebenkl. erheblich gefährdende Fahrweise tatsächlich erforderlich war, um sie von ihrem Angriffsvorhaben<br />

abzubringen. Wurde der Nebenkl. K auch nach den neu getroffenen Feststellungen nur deshalb gravierend verletzt,<br />

weil er aus ungeklärtem Gr<strong>und</strong> nicht zur Seite, sondern auf die Motorhaube des Fahrzeugs des Angekl. sprang, wird<br />

auch entschieden werden müssen, ob diese Entwicklung aus der an dieser Stelle maßgeblichen Sicht eines objektiven<br />

Beobachters vorhersehbar war. Wäre dies zu verneinen, müsste diese Auswirkung als nicht vorhersehbare Folge bei<br />

der vergleichenden Betrachtung mit anderen möglichen Verteidigungshandlungen außer Ansatz bleiben (vgl. für eine<br />

andere Fallkonstellation BGH, BGHR § 32 Abs. 2 Erforderlichkeit 14 = BeckRS 1998, BECKRS Jahr 05707).<br />

[29]c) Gelangt der neue Tatrichter zu dem Ergebnis, dass sich der Angekl. bei der Abwehr des Angriffs der Nebenkl.<br />

in den Grenzen des Erforderlichen gehalten hat, entfiele damit auch die Rechtswidrigkeit des gefährlichen Eingriffs<br />

in den Straßenverkehr gem. § STGB § 315 b STGB § 315B Absatz I Nr. 3 StGB. Dies hat der Senat bereits in seinem<br />

Urteil vom 26. 3. 1974 (BGH Aktenzeichen 4STR39973 4 StR 399/73 unter 4 a, insow. in BGHSt 25, BGHST Jahr<br />

25 Seite 306 = NJW 1974, NJW Jahr 1974 Seite 1340 = MDR 1974, MDR Jahr 1974 Seite 679 = VerkMitt 1974, Nr.<br />

VERKMITT Jahr 97 <strong>und</strong> JZ 1974, JZ Jahr 1974 Seite 621 nicht abgedr.) implizit bejaht, indem er für einen vergleichbaren<br />

Fall die Möglichkeit einer Putativnotwehr <strong>und</strong> dementsprechend eine Bestrafung wegen fahrlässigen<br />

gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ STGB § 315 b STGB § 315B Absatz I Nr. 3, STGB § 315B Absatz<br />

V StGB) in Betracht zog. Dem steht nicht entgegen, dass § STGB § 315 b StGB vornehmlich die öffentliche Sicherheit<br />

des Straßenverkehrs schützt <strong>und</strong> die Bewahrung der Individualrechtsgüter der gefährdeten Verkehrsteilnehmer<br />

von diesem Schutzzweck lediglich mit umfasst wird (BGHSt 48, BGHST Jahr 48 Seite 119 [BGHST Jahr 48 123] =<br />

NJW 2003, NJW Jahr 2003 Seite 836 = NStZ 2003, NSTZ Jahr 2003 Seite 266; Ernemann, in: Satzger/Schmitt/Widmaier,<br />

StGB, § 315 b Rdnr. 1). Zwar vermag Notwehr gr<strong>und</strong>sätzlich nur Eingriffen in die Rechtsgüter<br />

des Angreifers die Rechtswidrigkeit zu nehmen (vgl. Rönnau/Hohn, in: LK-StGB, § 32 Rdnr. 159), doch ist in der<br />

Rechtsprechung anerkannt, dass § STGB § 32 StGB ausnahmsweise auch die Verletzung von Universalrechtsgütern<br />

zu rechtfertigen vermag, wenn deren Begehung – wie hier – untrennbar mit der erforderlichen Verteidigung verb<strong>und</strong>en<br />

ist (vgl. BGH, NStZ 2012, NSTZ Jahr 2012 Seite 452; NStZ-RR 2010, NSTZ-RR Jahr 2010 Seite 140; NStZ<br />

1999, NSTZ Jahr 1999 Seite 347; NStZ-RR 1997, NSTZ-RR Jahr 1997 Seite 97 = StV 1996, STV Jahr 1996 Seite<br />

660; NStZ 1981, NSTZ Jahr 1981 Seite 299, jew. zu mit der Notwehrhandlung begangenen Verstößen gegen das<br />

Waffengesetz; a. A. Rönnau/Hohn, in: LK-StGB, § 32 Rdnr. 160; Erb, in: MünchKomm-StGB, § 32 Rdnr. 123;<br />

Kindhäuser, in: NK-StGB, § 32 Rdnrn. KINNEUPAEKOSTGB STGB § 32 Randnummer 80 f.; Maatz, MDR 1985,<br />

MDR Jahr 1985 Seite 881 [MDR Jahr 1985 882]).<br />

[30]d) Ergibt sich dagegen, dass die Grenzen des Erforderlichen überschritten worden sind, wird sich ein Eingehen<br />

auf § STGB § 33 StGB anschließen müssen. Dabei wird zu beachten sein, dass eine Exkulpierung nach dieser Vorschrift<br />

nur zu rechtfertigen ist, wenn sich der Angekl. auf Gr<strong>und</strong> der Bedrohung durch die Nebenkl. in einem psychischen<br />

Ausnahmezustand mit einem Störungsgrad bef<strong>und</strong>en hat, der eine erhebliche Reduzierung seiner Fähigkeit das<br />

Geschehen zu verarbeiten zur Folge hatte (BGH, NStZ-RR 1997, NSTZ-RR Jahr 1997 Seite 65 [NSTZ-RR Jahr<br />

1997 66]; NStZ 1995, NSTZ Jahr 1995 Seite 76 [NSTZ Jahr 1995 77]; BGHR StGB § 33 Furcht 2 = BeckRS 1992,<br />

BECKRS Jahr 31083824; vgl. NJW 2001, NJW Jahr 2001 Seite 3200 = NStZ 2001, NSTZ Jahr 2001 Seite 591<br />

[NSTZ Jahr 2001 593]; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 33 Rdnr. 3; Matt/Renzikowski/Engländer, § 33 Rdnr.<br />

10; Erb, in: MünchKomm-StGB, § 33 Rdnr. 23 m. w. Nachw.). War dies der Fall, kann ein entschuldigender Notwehrexzess<br />

auch dann noch anzunehmen sein, wenn die Überschreitung der Notwehrgrenzen durch andere (sthenische)<br />

Affekte (Wut, Zorn etc.) mitverursacht worden ist (BGH, StV 1999, STV Jahr 1999 Seite 148 = BeckRS 1998,<br />

BECKRS Jahr 31357362; NStZ-RR 1999, NSTZ-RR Jahr 1999 Seite 264; NStZ 1987, NSTZ Jahr 1987 Seite 20 =<br />

BGHR StGB § 33 Nothilfe 1). Hierzu bedarf es konkreter Feststellungen <strong>und</strong> einer wertenden Gesamtbetrachtung<br />

aller relevanten Umstände.<br />

[31]Das LG hat auf der Gr<strong>und</strong>lage der von ihm getroffenen Feststellungen zutreffend in der von den vermummt<br />

auftretenden Nebenkl. ausgehenden Bedrohungslage, der durch den Überraschungseffekt bedingten zugespitzten<br />

Entscheidungssituation <strong>und</strong> den Angaben von Zeugen zum psychischen Zustand des Angekl. unmittelbar nach der<br />

Tat wichtige Beweisanzeichen für einen Affekt i. S. des § STGB § 33 StGB gesehen <strong>und</strong> dem die gegen einen sol-<br />

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