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des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid bei unentschuldigter Abwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung<br />

vorschreibe. Mit der Neufassung habe der Gesetzgeber – gerade auch bei Abwesenheit des Betroffenen – eine<br />

Vereinfachung des Verfahrens <strong>und</strong> damit eine Entlastung der Gerichte erreichen wollen, die nach der Zielrichtung<br />

des Gesetzentwurfs dringend geboten erschien. Eine einschränkende Auslegung des § 74 Abs. 2 OWiG würde dieser<br />

Zielrichtung zuwiderlaufen. Die bei vergleichbaren Verfahrenskonstellationen geltenden strafprozessualen Regelungen<br />

geböten keine abweichende Beurteilung. Die Vorschrift des § 74 Abs. 2 OWiG enthalte keine der Bestimmung<br />

in § 329 Abs. 1 Satz 2 StPO vergleichbare Regelung, wonach eine Verwerfung der Berufung nach Zurückverweisung<br />

durch das Revisionsgericht unzulässig ist. Daraus könne der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber bei<br />

der Neufassung des § 74 Abs. 2 OWiG unterschiedliche Regelungen treffen wollte. Ferner könne nicht außer Acht<br />

gelassen werden, dass dem Amtsgericht keine Zwangsmittel zur Verfügung stünden, um das Erscheinen des Betroffenen<br />

vor Gericht zu erzwingen. Der Gesetzgeber habe bei der Neufassung des § 74 Abs. 2 OWiG die noch in §<br />

74 Abs. 2 a.F. neben der Verwerfung des Einspruchs vorgesehenen Möglichkeiten, die Vorführung des Betroffenen<br />

anzuordnen oder ohne den Betroffenen die Hauptverhandlung durchzuführen, angesichts der zwingenden Regelung<br />

des § 74 Abs. 2 OWiG ausdrücklich für entbehrlich gehalten. § 230 Abs. 2 StPO, der die Vorführung eines Angeklagten<br />

im Strafverfahren regele, sei nicht anwendbar. Verhaftung <strong>und</strong> vorläufige Festnahme seien nach § 46 Abs. 3<br />

Satz 1 OWiG unzulässig. Das Verfahren in Abwesenheit des Betroffenen setze voraus, dass dieser auf seinen Antrag<br />

gemäß § 73 Abs. 2 OWiG von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entb<strong>und</strong>en worden sei. Ein nicht<br />

mitwirkungsbereiter Betroffener hätte demnach die Möglichkeit, das Verfahren auf unabsehbare Zeit zu verhindern,<br />

ohne dass eine Verjährung der Ordnungswidrigkeit eintreten würde (§ 32 Abs. 2 OWiG). Dies wäre nicht hinnehmbar.<br />

Deshalb werde die Verwerfung des Einspruchs bei unentschuldigtem Ausbleiben des Betroffenen nach Aufhebung<br />

eines Sachurteils durch das Rechtsbeschwerdegericht in vollem Umfang nach allgemeiner Ansicht als zulässig<br />

angesehen. Die vorstehenden Argumente hätten aber gleichermaßen Geltung für Fälle der Aufhebung nur im Rechtsfolgenausspruch.<br />

Die vom Oberlandesgericht <strong>Hamm</strong> aufgezeigte Lösung würde das Verfahren mit neuen, vom Gesetzgeber<br />

mit der Neuregelung gerade nicht intendierten zusätzlichen Rechtsproblemen belasten. Dafür spreche auch,<br />

dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 67 Abs. 2 OWiG die Möglichkeit der Beschränkung des Einspruchs<br />

auf bestimmte Beschwerdepunkte geschaffen habe <strong>und</strong> es damit als rechtlich zulässig ansehe, dass ein Gericht die<br />

Rechtsfolgen der Tat auf der Basis eines Schuldspruchs durch Bußgeldbescheid der Verwaltungsbehörde festsetze.<br />

Die Tatsache, dass der Gesetzgeber die zwingende Regelung ohne Einschränkungen eingeführt habe, obwohl ihm<br />

bekannt gewesen sei, dass unter der Geltung des § 74 Abs. 2 OWiG a.F. eine Verwerfung des Einspruchs bei vorangegangener<br />

Teilaufhebung im Rechtsfolgenausspruch von den Oberlandesgerichten als unzulässig angesehen wurde,<br />

rechtfertige den Schluss, dass der Gesetzgeber das mögliche Spannungsverhältnis zwischen einem Schuldspruch<br />

durch Urteil <strong>und</strong> einer Rechtsfolgenentscheidung durch bereits vorher ergangenen Bußgeldbescheid im Interesse der<br />

Entlastung der Gerichte bewusst in Kauf genommen habe. Das Oberlandesgericht hat die Sache gemäß § 121 Abs. 2<br />

GVG dem B<strong>und</strong>esgerichtshof vorgelegt <strong>und</strong> die Rechtsfrage wie folgt formuliert: „Darf das Amtsgericht den Einspruch<br />

eines nicht vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entb<strong>und</strong>enen Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid<br />

der Verwaltungsbehörde auch dann noch gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 OWiG verwerfen, wenn das vorangegangene<br />

Sachurteil vom Rechtsbeschwerdegericht nur im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben <strong>und</strong> die Sache im<br />

Umfang der Aufhebung an das Amtsgericht zurückverwiesen worden war?“<br />

3. Der Generalb<strong>und</strong>esanwalt hat angeregt, die Vorlegungsfrage, die sich an der Entscheidung des 1. Strafsenats vom<br />

10. Dezember 1985 – 1 StR 506/85, BGHSt 33, 394 orientiere, an die aktuelle Gesetzeslage anzupassen, nach der das<br />

Amtsgericht den Einspruch zu verwerfen „hat“. Er beantragt zu entscheiden: „Unter den Voraussetzungen des § 74<br />

Abs. 2 OWiG hat das Amtsgericht den Einspruch eines Betroffenen gegen einen Bußgeldbescheid auch dann zu<br />

verwerfen, wenn das vorangegangene Sachurteil vom Rechtsbeschwerdegericht nur im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben<br />

<strong>und</strong> in diesem Umfang an das Amtsgericht zurückverwiesen wurde.“<br />

II.<br />

1. Die Vorlegungsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Vorschrift des § 121 Abs. 2 GVG ist gemäß § 79 Abs. 3 OWiG<br />

für die Rechtsbeschwerde im Sinne des Ordnungswidrigkeitengesetzes entsprechend heranzuziehen (vgl. BGH, Beschluss<br />

vom 20. März 1992 – 2 StR 371/91, BGHSt 38, 251, 254). Das Oberlandesgericht Celle kann nicht seiner<br />

Absicht gemäß entscheiden, ohne von der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts <strong>Hamm</strong> abzuweichen.<br />

2. In der Vorlegungsfrage teilt der Senat die Auffassung des vorlegenden Gerichts.<br />

a) Der Betroffene ist nach § 73 Abs. 1 OWiG zum Erscheinen in der Hauptverhandlung verpflichtet. Er kann aber<br />

nach § 73 Abs. 2 OWiG auf seinen Antrag von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbun-<br />

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