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Gut Aiderbichl Sommer Magazin - Die Pfote

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Liebe, Wohlfühlen und Mobbing<br />

Unsere Schimpansen<br />

entwickeln Persönlichkeit<br />

<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Affen Refugium<br />

"Nesthäkchen" Xsara (13) ist im Labor<br />

geboren worden und durchlebt gerade ihre<br />

Pubertät. Mit ihrer Pflegerin Bettina (r.)<br />

steht sie auf Kriegsfuß. Bettina hat ihr<br />

irgendwann einmal zu wenig Aufmerksamkeit<br />

geschenkt. Jetzt spuckt sie nach ihr,<br />

wenn sie die Anlage betritt.<br />

Das oberste Gebot für<br />

unsere <strong>Aiderbichl</strong>er-Pfleger<br />

ist im Zusammenleben<br />

mit Tieren:<br />

Geduld.<br />

Schimpansen sind unsere<br />

direkten Vorfahren<br />

und werden selbst vom Gesetz<br />

her als Menschenaffen<br />

in einer Sonderrolle und<br />

nicht als Tiere gesehen.<br />

Diva Xsara wurde stets<br />

von allen verwöhnt<br />

Menschen sehr ähnlich,<br />

verhalten sie sich auch wie<br />

diese. So steckt Xsara immer<br />

noch in der Pubertät<br />

und erwartet sich von allen<br />

Erwachsenen, ob Mensch<br />

oder Artgenossen, dass dies<br />

toleriert wird. Manchmal<br />

treibt sie es auf die Spitze<br />

und führt sich wie eine<br />

Diva auf. Trotzig ist sie die<br />

Einzige, die bisher noch<br />

nicht in die Außenanlage<br />

gegangen ist. Sie will ihre<br />

Opfer-Rolle auskosten.<br />

Schreien und weinen: „Ich<br />

bin einsam und zurückgelassen.“<br />

Und besonders die<br />

älteren Schimpansinnen<br />

bringen ihr dann Köstlichkeiten<br />

von draußen ins Innengehege.<br />

Bloß damit das<br />

Kind sich wohlfühlt. Mittlerweile<br />

langweilt sie sich<br />

selbst mit ihrer Vorgehensweise<br />

und fühlt sich jetzt<br />

von ihrer Pflegerin Bettina<br />

bitterlich vernachlässigt.<br />

Das bildet sie sich so sehr<br />

ein, dass sie uns zu verstehen<br />

geben will, dass sie<br />

auch anders kann. Sonst<br />

ist sie nämlich für ihr unglaubliches<br />

Charisma bekannt.<br />

Bockig ignoriert Xsara jeden<br />

Versuch der Versöhnung<br />

Bettina weiß, wie man<br />

Schimpansen früh morgens<br />

begrüßt: "Hallo und<br />

guten Morgen", hallt es<br />

dann von allen Pflegerinnen<br />

und die Schimpansen<br />

hüpfen vor Freude und grüßen<br />

auf ihre Art zurück.<br />

Johannes natürlich ausgenommen,<br />

denn er hat sich<br />

seine eigene Art und Weise<br />

ausgedacht, wie er das<br />

Trauma der Vergangenheit<br />

vergessen kann. Johannes<br />

ist zum Langschläfer geworden.<br />

Xsara sieht in diesem<br />

Moment die erste Möglichkeit<br />

des Tages, um ihre<br />

Trotzigkeit auszuleben.<br />

Das aber nur, wenn Bettina<br />

<strong>Die</strong>nst hat. Sie giftet sie an<br />

und spuckt in ihre Richtung.<br />

Bettina zu diesen Ausfällen<br />

befragt, lächelt verlegen:<br />

"Irgendwann sind wir<br />

wieder die besten Freundinnen.<br />

Das ging jahrelang<br />

gut mit uns beiden. Pubertät<br />

ist halt Pubertät – da<br />

muss man durchhalten."<br />

In der Männergruppe<br />

tut sich auch so einiges.<br />

Seit es die Außenanlagen<br />

gibt, kann sich jeder nach<br />

Herzenslust aus dem Weg<br />

gehen. Aber wohin die Herren<br />

auch sehen, da gibt es<br />

Hass und Liebe liegen so<br />

nahe beieinander<br />

nur Männer. Außer, dass<br />

es sich bei unseren Pflegern<br />

um Pflegerinnen handelt.<br />

Das hat Isidor sogar<br />

durch die Panzerglasscheibe<br />

wahrgenommen. Wie<br />

ein kleiner Schuljunge, der<br />

sich in die Lehrerin verliebt<br />

hat, verändert er sein<br />

ganzes Wesen, sobald Bianca<br />

in Sichtweite ist. Dann<br />

lächelt er, streicht sich<br />

über die Haare auf seinem<br />

Kopf und wird, man mag es<br />

kaum glauben, rot im Gesicht.<br />

Das sind die schönsten<br />

Momente in seinem Leben,<br />

wenn er seine verehrte<br />

Bianca anhimmeln kann.<br />

Und Bianca ist gerührt. Ist<br />

es nicht der Beweis dafür,<br />

dass sie Lebewesen sind,<br />

wie wir? Auch bei Isidor<br />

handelt es sich um einen<br />

sogenannten Wildfang.<br />

Erinnert er sich noch an<br />

das erste schreckliche Erlebnis<br />

seines Lebens? Damals,<br />

1979, als er als Baby<br />

von Schimpansenfängern<br />

seiner Familie und Mutter<br />

beraubt wurde. Er blieb als<br />

Einziger am Leben. Alle<br />

anderen wurden erschossen.<br />

Denn freiwillig würden<br />

Schimpansen ihre Babys<br />

niemals hergeben.<br />

Dann war er bis 2002<br />

im Labor. Nach dem Umzug<br />

ins Affenhaus in Gänserndorf<br />

begann seine Resozialisierung.<br />

Und 2009<br />

wurde er mit 39 anderen<br />

Ex-Labor-Schimpansen aus<br />

einer Konkursmasse von<br />

<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> übernommen.<br />

2011, als die neu errichteten<br />

Außenanlagen<br />

Kindliche Verehrung eines<br />

erwachsenen Schimpansen<br />

fertig waren, erlebte er, wie<br />

auch die anderen das erste<br />

Mal seit ihrer Gefangennahme,<br />

wie schön die Welt<br />

draußen ist.<br />

Langsam verblassen<br />

die Bilder der Zeit im Labor.<br />

Eine innere Ausgegli-<br />

Jeder sollte einmal in seinem Leben dort gewesen sein<br />

Beim <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Affen Refugium<br />

handelt es sich um eine der wenigen<br />

Institutionen weltweit, die sich<br />

Isidor (o.) himmelt<br />

Pflegerin Bianca an<br />

chenheit stellt sich ein.<br />

Und damit auch die erklärbare<br />

Sehnsucht, geliebt zu<br />

werden. Bianca weiß um<br />

alles und geht geduldig<br />

mit ihm um.<br />

traumatisierter Ex-Labor-Schimpansen<br />

und -Tieraffen annimmt.<br />

<strong>Aiderbichl</strong>er Plus-Paten haben exklusiv<br />

die Möglichkeit, sie an ausgewählten<br />

Daten (siehe Seite 39) zu<br />

besuchen. Sie engagieren sich für<br />

eine gesicherte Zukunft der Schimpansen.<br />

Bei ihnen wissen wir, dass<br />

sie bei ihrem Besuch das gebührende<br />

Einfühlungsvermögen mitbringen.<br />

Denn es handelt sich um traumatisierte<br />

Lebewesen, die uns ganz<br />

vorsichtig ihre Versöhnung, nach all<br />

dem Schlimmen, was sie durch uns<br />

Menschen erlebt haben, anbieten.<br />

Bitte werden auch Sie Plus-Pate.<br />

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