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Angstfrei hinausgehen, um zu dienen - Bistum Münster

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29<br />

eine Reflexion über die eigene Religiosität<br />

und den eigenen Glauben z<strong>um</strong><br />

Ausdruck bringt. Ein individualisiertreflexiver<br />

Glaubens<strong>zu</strong>gang kann also<br />

als Kernelement der Religiosität der<br />

Gemeindemitglieder angesehen werden.<br />

Vor diesem Hintergrund kann nicht verwundern,<br />

dass die Ansicht, man könne<br />

auch ohne Kirche religiös sein (Mittelwert<br />

4,22), unmittelbar auf die ersten<br />

drei Statements folgt. Muss also angenommen<br />

werden, dass der Glaube in<br />

den Augen der Befragten nicht mehr auf<br />

die Vermittlung durch die Kirche angewiesen<br />

ist? Diese Diagnose wäre so vermutlich<br />

nicht richtig, denn es folgt mit<br />

einem fast identischen Mittelwert von<br />

4,17 die Überzeugung, die Aussagen der<br />

Bibel und des Glaubensbekenntnisses<br />

seien wahr und gültig. Es werden also<br />

deutliche individuelle Akzente gesetzt,<br />

was durch die letzte Aussage, die mehrheitlich<br />

Zustimmung erfährt, noch<br />

einmal bestätigt wird: „Jede Religion<br />

hat Stärken und Schwächen, man sollte<br />

sich das jeweils Beste herausholen“.<br />

Bei der Frage nach der Bedeutung der<br />

Kirche scheint es jedoch <strong>zu</strong>r Bildung<br />

von zwei Gruppen <strong>zu</strong> kommen. Während<br />

die eine Gruppe sich als von der<br />

Kirche losgelöst betrachtet, folgt die<br />

andere bei aller Tendenz <strong>zu</strong>r Individualisierung<br />

dann doch einem von der Kirche<br />

vertretenen Glaubensverständnis,<br />

was dessen kritische Reflexion keinesfalls<br />

ausschließen muss. Dass diejenigen,<br />

die der Ansicht sind, man könne<br />

auch ohne Kirche religiös sein, eher<br />

da<strong>zu</strong> neigen, die Gültigkeit der Aussagen<br />

der Bibel und des Glaubensbekenntnisses<br />

<strong>zu</strong> bestreiten oder <strong>zu</strong> relativieren,<br />

zeigt sich schließlich daran, dass beide<br />

Aussagen moderat negativ miteinander<br />

korrelieren. Die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass dieser Zusammenhang <strong>zu</strong>fällig ist,<br />

liegt <strong>zu</strong>dem bei 0,1 Prozent. Somit kann<br />

von hoher Signifikanz gesprochen werden.<br />

Obgleich die Gültigkeit und Wahrheit<br />

von Bibel und Glaubensbekenntnis<br />

noch mehrheitlich bejaht wird, wird<br />

eine exklusive Position, wie sie in der<br />

Aussage „Das Christent<strong>um</strong> ist für mich<br />

die einzig akzeptable Religion“ z<strong>um</strong><br />

Ausdruck kommt, mit einem Mittelwert<br />

von 3,62 hingegen eher bestritten.<br />

Im Bereich der eher abgelehnten Einstellungen<br />

z<strong>um</strong> Glauben finden sich ansonsten<br />

vor allem die religionskritischen<br />

Aussagen. Dies schließt den Vorwurf,<br />

Glaubensüberzeugungen machten<br />

intolerant, ebenso ein wie die Haltung,<br />

Religion sei veraltet und man solle sich<br />

lediglich auf Dinge konzentrieren, die<br />

sich mit dem Verstand erschließen<br />

lassen. Auch religiöse Indifferenz liegt<br />

in diesem Spektr<strong>um</strong>. Eine generelle<br />

Irrelevanz von Religiosität wie auch<br />

grundsätzlich ablehnende Positionen<br />

werden mehrheitlich also verneint. Die<br />

wenigste Zustimmung bekommt die<br />

Aussage „Ich möchte gern glauben können,<br />

finde aber keinen Zugang da<strong>zu</strong>“.<br />

Lediglich 7,3 Prozent stimmen dieser<br />

Aussage eher oder genau <strong>zu</strong>. Dadurch<br />

zeigt sich bei aller Relevanz von Religion,<br />

dass von einer religiösen Suche<br />

keine Rede sein kann. Es darf also<br />

davon ausgegangen werden, dass diejenigen,<br />

die selbst über keinen Zugang<br />

z<strong>um</strong> Glauben verfügen, dies mehrheitlich<br />

als unproblematisch empfinden.<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden,<br />

dass die Gemeindemitglieder sich vor<br />

allem durch individualisierte, kritisch<br />

reflektierte Formen des Glaubens<br />

auszeichnen, die (lediglich) bei einem<br />

Teil mit einer Distanzierung von der<br />

Kirche einhergehen. Dabei ist man<br />

generell jedoch der Überzeugung, dass<br />

Religion und Glaube auch heute noch<br />

wichtige Antworten geben können.<br />

Nils Friedrichs<br />

Folgerungen<br />

Die durchweg positive Einstellung z<strong>um</strong><br />

Glauben überraschte uns. Die Gemeindemitglieder<br />

sehen sich in der Mehrzahl<br />

als gläubige Christen, ihr Glaube<br />

ist einerseits stark individualisiert und<br />

orientiert sich andererseits doch am<br />

Glaubensbekenntnis der Kirche. Die<br />

Sehnsucht nach Gemeinschaft korrespondiert<br />

mit einer Individualisierung<br />

eigener Glaubensüberzeugungen.<br />

Aufgabe der Verkündigung und der<br />

Katechese kann es daher nicht sein, die<br />

Glaubenswahrheiten als <strong>zu</strong> glauben<br />

hin<strong>zu</strong>stellen, sondern ihre Bedeutung<br />

für das eigene Leben auf<strong>zu</strong>zeigen.<br />

Wenn die Menschen spüren, dass der<br />

Glaube mit ihrem Leben etwas <strong>zu</strong> tun<br />

hat, sind sie bereit, ihn für ihr Leben <strong>zu</strong><br />

übernehmen.<br />

Die viel beschworene Sehnsucht nach<br />

Religion in unserer Gesellschaft wurde<br />

durch die Umfrage nicht bestätigt. Das<br />

bestätigen auch die eher kleinen Gruppen,<br />

die sich für Bibelkreise und Glaubensgesprächsgruppen<br />

interessieren.<br />

Herausforderung: Verbindung von Glaube und Leben<br />

Im Ernstfall, bei Krisen und an Wendepunkten des Lebens spielt der Glaube eine Rolle und wird die gemeinschaftliche Feier<br />

in der Kirche gesucht. Hier liegen Chancen und Aufgaben der Gemeinde. So haben wir nach einem schweren Unfall mit<br />

Schulkindern durch das Lokalradio <strong>zu</strong> einem Gottesdienst am Abend desselben Tages eingeladen, und die Kirche war voll.<br />

Trauer und Angst fanden hier eine Ausdrucksmöglichkeit, das gemeinsame Gebet ließ den Glauben für das eigene Leben<br />

wieder bedeutungsvoll und hilfreich erscheinen. 17<br />

Johannes Hammans

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