Der Maler Bô Yin Râ - Die Seite für Sucher nach spiritueller Wahrheit
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ganz in der Freiheit dieses Gesetzes aufgegangen ist, kann man sich eins mit dem Pulsschlag<br />
der göttlich individuierten Welt erleben. Es ist ein beseligender Abglanz des Urorganismus<br />
in seiner strahlenden Spannkraft, Gesundheit und Bewusstheit.<br />
Wir werden <strong>Bô</strong> <strong>Yin</strong> <strong>Râ</strong> am Werk sehen, diesem Gesetz in seinen Landschaften wieder<br />
und wieder Ausdruck zu verleihen, bis er gar dazu übergeht, es nicht bloß anzuwenden, sondern<br />
es geradezu und ohne Umschweife, ohne das störrische oder ablenkende Mittel physischer<br />
Formkomponenten, noch unmittelbarer darzustellen in jenen von ihm als geistlich bezeichneten<br />
Bildern, die dann von unüberlegten Betrachtern mitunter als Futurismus oder<br />
auch Kubismus kläglich missverstanden worden sind. Es leuchtet ein, dass zu solchem Beginnen<br />
nur die höchste und vollbewusste Erlebnisfähigkeit und Einfühlung in die göttliche<br />
Willenssphäre ermächtigen. Erschleichung, Missbrauch oder verständnisloses Nachahmen<br />
solch geistlicher Formgesichte sind gleichbedeutend mit schwerer Versündigung.<br />
Wenden wir uns jedoch zu den Landschaften zurück und sehen wir zu, wie er baute, wie<br />
er schon in seinen frühesten Gebilden gebaut hat.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Maler</strong>ei lebt nicht von Farbe allein. <strong>Die</strong> Stellen, wo die Farbflächen zusammenstoßen,<br />
einander überbranden oder verschmelzen, wenn sie nicht, wie vorzugsweise in dekorativ genannter<br />
Kunst zu geschehen pflegt, säuberlich aneinandergrenzen, sind nicht minder wichtig.<br />
<strong>Die</strong>se Stellen, diese mehr oder minder klar gezogenen Grenzen nennen wir kurz Linien, auch<br />
wenn sie vom Begriff der mathematischen Linie abweichen. <strong>Die</strong> Farbfläche löst auf und befreit;<br />
die Linie bindet und fesselt. Beider Widerspiel bedeutet die <strong>Maler</strong>ei, die denn auch<br />
zwischen den beiden Polen schwingt.<br />
<strong>Bô</strong> <strong>Yin</strong> <strong>Râ</strong> ist von den Extremen der einseitig malerischen, die Linie zersetzenden <strong>Maler</strong>ei,<br />
wie die Barockzeit sie liebte, und der vorzüglich linearen, die Farbe stark drosselnden<br />
<strong>Maler</strong>ei, wie sie etwa der florentinischen Renaissance gemäß gewesen ist, gleich weit entfernt.<br />
Unerschütterlich hält er die Mitte zwischen den beiden Polen, nämlich dort, wo die paradiesische,<br />
die recht eigentlich äquatoriale Freiheit herrscht. Man vermöchte es kaum zu<br />
entscheiden, ob diese Bilder mehr gezeichnet oder mehr gemalt, also farbig durchlichtet sind.<br />
Sie enthalten beides in glücklichem Maß: Zeichnung, also Linie, und Licht, also Farbe. <strong>Der</strong><br />
Kenner graphischer Werke und ebenso der Genießer koloristischer Valeurs fühlt sich in der<br />
Betrachtung dieser Landschaften zufrieden gestellt.<br />
So kommt stets die Vorstellung lebenspiegelnder Körperlichkeit, mithin das Bild eines<br />
Organismus zustande. Es ist recht bemerkenswert, wie sehr diese organisierende Kraft in aller<br />
von <strong>Bô</strong> <strong>Yin</strong> <strong>Râ</strong> angestrebten Gestaltung von Anfang an lebendig enthalten ist. Vielleicht<br />
setzen wir diesen Anfang etwas spät. Aber ist es nicht gemäß, dem Menschen seinen wirklichen<br />
Anfang erst dann zuzubilligen, wenn Natur und Studium den Jüngling vollkommen<br />
zum Mann haben heranreifen lassen? Das pflegt so um das dreißigste Jahr hin zu geschehen,<br />
jenes Jahr, in welchem gemeinhin die Zeit des Empfangens durch die Zeit des Gebens abgelöst<br />
wird.