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Der Maler Bô Yin Râ - Die Seite für Sucher nach spiritueller Wahrheit

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Wechselwirkung. Das tritt uns gegenüber wie heraklitisch erblickte Räume und Bühnenbilder<br />

zu Tragödien der Erde. Tatsächlich ist das Gesehene stets einem mächtigen Szenarium<br />

gleich und demgemäß geordnet. Landzungen schieben sich als Kulissen in die Meeresfläche<br />

hinein, Felsblöcke liegen als titanische Versatzstücke inmitten eines imaginativen Theaters,<br />

dessen Drama in die Weite und Tiefe des Schauplatzes <strong>für</strong> das Wechselspiel kosmischer<br />

Chöre und Tragöden brandet. Nicht umsonst ist wenig Vordergrund zu sehen. Was sollte<br />

wohl da der deklamierende Mensch im Erdenkleid, es sei denn, klägliche Staffage zu bilden?<br />

Da aber stockt die Betrachtung vor sich selbst: es regen sich die Schatten der tragischen Geschlechter<br />

von Theben und Troja und Mykene, die prometheischen und tantalidischen Sippen,<br />

die kühnen Trotzdemsager, die Gegenbeispiele der menschlichen Feigheit, und schreiten<br />

still durch die heroischen Räume, die nun wie mächtige Akkorde der Ananke hallen, angestimmt<br />

in unerschütterlichem Rhythmus auf der Urweltharfe als Begleitmusik zum pathetischen<br />

Melos der Heldengestalten. Immer wieder steht denn auch hier der Mensch als Sinn<br />

der Erde mitten im tellurischen Geschehen, obwohl er nirgends in leiblicher Gestalt auftritt.<br />

Wir müssen uns nun zu vergegenwärtigen suchen, wie der <strong>Maler</strong> seine Sache anpackt, wie<br />

die Natur ihm zur Skizze als erste entscheidende Seelenreaktion und wie diese seelische Vorform<br />

zum vollendeten Geistbild wird.<br />

<strong>Die</strong> vergleichende Betrachtung etwa der Skizze, die ein Felsgestade auf der Insel Syra<br />

(Abb. S. 48) wiedergibt, und des auf dieser Grundlage gebauten Bildes «Hochsommersturm»<br />

(Abb. S. 49) wird uns vielleicht in den Besitz einer Sehweise setzen, dank der wir dann andere<br />

Arbeiten des Meisters so ansehen lernen können, wie sie gesehen werden wollen. Denn es<br />

ist ein Irrtum, zu meinen, man brauche nur die Pupillen auf ein Kunstwerk zu richten, um es<br />

sogleich in seiner Ganzheit eines künstlerisch-optischen Tatbestandes richtig sehen und erfassen<br />

zu können.<br />

<strong>Der</strong> Kompositionsbeginn eines Bildes liegt in der Auswahl des Motivs. Mit dem suchenden<br />

Auge siebt der Künstler die Natur, bis Spreu und Flugsand verschwunden sind und die<br />

gedrängte Fülle ihres Wesens sich ihm hingibt. Hier wird das Paradox mitunter wahr, dass<br />

der Teil mehr sein kann als das Ganze. <strong>Die</strong> Stellen, wo der <strong>Maler</strong> Grenzen und Rahmen setzt,<br />

sind überaus wichtig; nicht minder wichtig ist, was er weglässt oder heftiger herausholt innerhalb<br />

des gewählten Rahmens.<br />

<strong>Die</strong> von <strong>Bô</strong> <strong>Yin</strong> <strong>Râ</strong> getroffene Auswahl, die Weise seiner Vereinfachungen, die stolze<br />

Gedrungenheit und die fast naive Größe in seiner Wiedergabe der Natur, alles das kennzeichnet<br />

ihn geistig als gleichsam dorischen Menschen. Das geheiligte dorische Bausystem<br />

steckt als unsichtbarer Kern in den griechischen Landschaften, es waltet bereits in den skizzierten<br />

Naturstudien, deren frische Unmittelbarkeit vom heimlichen Säulenbau bestimmt erscheint.<br />

Nicht grundlos zieht ihn immer wieder das durchsonnte Steingefüge im landschaftlichen<br />

Motivvorrat an und lagern sich die stillen Horizontalen mächtig wie Tempelgebälk<br />

durch seine Landschaften hin, in denen das Vertikale, sofern es in Erscheinung tritt, gebändigt<br />

und gebündelt bleibt und stets der Macht der Waagrechten sich willig fügt. <strong>Die</strong> große<br />

und untadelige Einfachheit der Komposition ist vom gleichen hieratischen Adel.

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