Der Maler Bô Yin Râ - Die Seite für Sucher nach spiritueller Wahrheit
Der Maler Bô Yin Râ - Die Seite für Sucher nach spiritueller Wahrheit
Der Maler Bô Yin Râ - Die Seite für Sucher nach spiritueller Wahrheit
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
mag wohl zutreffen, ohne dass freilich die Arbeiten der Landschaftsmaler, die sich von jener<br />
durch Mythos, Legende und Geschichte so ungemein ausgezeichneten Natur anregen ließen,<br />
da<strong>für</strong> sprächen. <strong>Die</strong> Motive der deutschen, italienischen, französischen und englischen Romantiker,<br />
welche ja so gern im Süden gewirkt haben, sind gewiss reizvoll, aber gar nicht einfach.<br />
Nicht einmal die Leistungen der größten unter diesen Landschaftsmalern, um ganz abzusehen<br />
von den sehr schätzenswerten holländischen Romanisten, sind einfacher und<br />
schlichter Struktur, so harmonisch und einheitlich sie sind; wir denken hier an die Franzosen<br />
Nicolas Poussin und Claude Lorrain sowie an den Engländer William Turner. <strong>Die</strong> im Süden<br />
empfangenen künstlerischen Gesichte unseres Meisters sind durchwegs einfacher, klarer,<br />
fasslicher, gewissermaßen geometrisierter aufgebaut und dadurch unmittelbarer mit einem<br />
Blick zu begreifen und zu empfinden. Im allgemeinen ist es ja ein Zeichen reifsten Alters,<br />
wenn die Arbeiten «einfach» werden und damit geistnäher, weil ja der Geist einfach ist. Das<br />
kann man bei Künstlern wie Tizian und Rembrandt besonders stark bemerken. Es ist das<br />
Zeichen der Meisterschaft. Als <strong>Bô</strong> <strong>Yin</strong> <strong>Râ</strong> in Griechenland weilte und wirkte, war er physisch<br />
nicht alt, sondern zählte noch nicht vierzig Jahre. Aber er hatte dort jene entscheidenden<br />
Erlebnisse, die ihn nicht bloß künstlerisch, sondern vor allem in geistiger Hinsicht zum<br />
Meister gemacht haben. Hellas war der Kulminationspunkt seiner geistigen Biographie. Von<br />
damals an bekommen seine Schöpfungen jene Einfachheit der Struktur, zu welcher andere,<br />
sogar sehr geniale Menschen, wenn überhaupt, erst in späteren Lebensjahren gelangen. <strong>Die</strong>se<br />
durchsichtige Einfachheit unterscheidet also unseres Erachtens seine griechischen Studien<br />
und Bilder von allen übrigen, zu denen Hellas und überhaupt die Mittelmeerländer sonst<br />
Künstlerhände angeregt haben.<br />
<strong>Die</strong>se Überlegung ist <strong>für</strong> die weitere Betrachtung sehr dienlich und bestätigt sich ganz besonders<br />
an jener Ölstudie, von der sie ihren Ausgang nahm. Das Motiv könnte kaum einfacher<br />
sein, wirkt aber merkwürdig groß und eindrücklich, zumal deswegen, weil dieses<br />
schlichte Grabmal die Grundzüge geistiger Architektur in schmuckloser Großartigkeit aufweist:<br />
den Raumwürfel unten <strong>für</strong> die Welt des Grabes und als Höhle der Vergänglichkeit; die<br />
Halbkugel der Dachkuppel oben <strong>für</strong> die himmlische Welt; inmitten das überleitende achtkantige<br />
Stück, gewonnen aus zwei überkreuzten Quadratplatten (unter Wegschneidung der vorkragenden<br />
Dreieckspitzen) <strong>für</strong> den Mittler zwischen Unten und Oben, den Menschen. Somit<br />
wird die geometrisierte Höhle des Grabes gleichzeitig zur Höhle der Erlösung. Es zeigt sich<br />
hier übrigens, wie innig der Südländer und Orientale noch vor nicht allzu langer Zeit im<br />
geistgemäßen Bauenkönnen geborgen zu sein vermochten. <strong>Die</strong>ses schlichte Gebäude besitzt<br />
mehr innere Wirklichkeit und Wahrhaftigkeit als viele Städte europäisch-amerikanischen<br />
Gepräges.<br />
Das alles würde nun <strong>für</strong> ein Bild noch wenig oder gar nichts bedeuten, wenn dieses nicht<br />
eben aus eigener Kraft der hier gemeinten Wirklichkeit zum Ausdruck verhelfen könnte, wie<br />
tatsächlich durch die paar Pinselstriche einer kleinen Skizze geschehen ist. Obwohl es sich<br />
um eine Naturstudie handelt, hat die liebevoll schaffende Hand bereits die empfangene Gabe<br />
verwandelt und wertvoll gemacht, so dass ein von rasch fliehenden Stimmungen umgaukeltes<br />
Ungefähr dieser Erde in sich gebunden, geklärt und geeint, also recht eigentlich «erlöst»