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Der Maler Bô Yin Râ - Die Seite für Sucher nach spiritueller Wahrheit

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fühlsbahnen elliptisch vorstellen. <strong>Die</strong> Gefühle umschweben und umschwingen zwei Brennpunkte,<br />

ihren Tagpunkt und ihren Nachtpunkt. Und es ist nun, als ob der eiförmige Lauf zum<br />

harmonischen Kreislauf würde. Tag- und Nachtpunkt schmelzen ineinander zum Kreismittelpunkt,<br />

wie männliche und weibliche Seinskräfte zur Einheit innigster Ehe (Hieròs Gámos),<br />

zu jenem geistigen Zustand also, wie ihn gewisse indo-tibetanische Götterbilder versinnbildlichen.<br />

<strong>Die</strong>se sehr zwingenden Idole stellen die männliche Gottheit in Einung mit ihrer Shakti<br />

dar, mit ihrem weiblichen Gegenpol, alles eingeschlossen und behütet vom vielarmigen<br />

Strahlenkranz der Attribute dieses himmlischen Buddhapaares.<br />

<strong>Die</strong> Gefühlsfarbe der von <strong>Bô</strong> <strong>Yin</strong> <strong>Râ</strong> geschaffenen Werke, um auf sie zurückzukommen,<br />

ist also mit unseren stets auf Gegensätze sich stützenden Wortmitteln nicht recht erschöpfend<br />

auszudrücken. Dennoch haben wir Erdgebundenen eine Ahnung von der höheren Gefühlseinung,<br />

die über Lust und Schmerz hinausgeht und schon angedeutet ist in den Ekstasen der<br />

Geschlechtsliebe, deren Empfindung im Grunde weder als Schmerz noch als Lust bezeichnet<br />

werden kann. Ebenso ist sie uns zugänglich in jedem schöpferischen Wirken, überhaupt in<br />

jeder hingebenden Erfüllung einer gesetzten Aufgabe, ferner in meditativer Übung. Es ist das<br />

Erlebnis der Erfüllung überhaupt in seiner ganzen erektiven Gewalt, das Mittelpunktserlebnis<br />

des äonischen Seins, also genau dessen, was wir durch das leider oft von Missbrauch beleidigte,<br />

aber nie zu entehrende Wort Liebe (Minne, caritas, amor, eros, agape, alle trotz<br />

vermeintlicher Verschiedenheit identische Wortbegriffe) ausdrücken wollen. <strong>Die</strong>se Liebe als<br />

Kraft und Seinsgehalt, als Entzückung und Einung, sie lebt in den Bildern von <strong>Bô</strong> <strong>Yin</strong> <strong>Râ</strong>,<br />

welche eben darum über Sondergepräge, Gefühligkeit, Eigenbrötelei und derlei hinausgelangen<br />

und ebenso Erdfarbenheit wie himmlische Geburt aufzuweisen wissen.<br />

*<br />

Mit diesen Erwägungen ist jetzt die Stelle erreicht, von der aus wir die Säulenbilder des<br />

Meisters ihrem innerlichen Gehalt <strong>nach</strong> aufzunehmen vermögen, wobei wir uns zweier starker<br />

Beispiele bedienen dürfen.<br />

Betrachtet man die drei Säulen auf dem Bilde mit den Ruinen des Zeustempels von Nemea<br />

(Abb. S. 92) so hat man den Eindruck, als habe sich die <strong>Maler</strong>ei auf den großartigen Gegenstand<br />

der dorischen Säule hier zum ersten Male besonnen. <strong>Die</strong> Studienblätter von Architekten,<br />

gelegentliche Malversuche oder der graphische Übereifer der ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts,<br />

dem naturgemäß auch dieser Motivschatz nicht entgangen ist, kommen daneben<br />

nicht gar sehr in Betracht. Es geht eben besonders bei diesen geheiligten Säulenschäften mit<br />

ihrem hellenischen Erstgeburtsrecht nicht an, sie als eine beliebige, durch Licht- und Farbenspiele<br />

bemerkenswert gewordene Sache zu behandeln, die man auch einmal malen kann. Übrigens<br />

ist die Säule an sich ein so plastisches Motiv, dass die tonige und impressionistische<br />

<strong>Maler</strong>ei eher aus dem Wege gehen wird, wenn sie sie nicht etwa durch Ruinen- und Stimmungsromantik<br />

umwandelt, wie beispielsweise auf den radierten oder gemalten Veduten des<br />

achtzehnten Jahrhunderts oft geschehen ist. In jedem Fall räumt ihr die <strong>Maler</strong>ei nur eine dekorative<br />

Aufgabe ein, besonders die immer stark linear arbeitende italienische Historienmalerei<br />

des Rinascimento und Barock. Erst eine abstrakt und surrealistisch sich gebende Rich-

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