Das Kurzwort zwischen 'Langue' - Universität Koblenz · Landau
Das Kurzwort zwischen 'Langue' - Universität Koblenz · Landau
Das Kurzwort zwischen 'Langue' - Universität Koblenz · Landau
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
140 Sascha Michel<br />
tern nicht auf die Auflistung von Semen reduzieren lässt und Wörter nicht lediglich<br />
durch binäre Merkmalsstrukturen voneinander abgrenzbar sind. Eine Theorie<br />
von Bedeutung sollte die Tatsache berücksichtigen, dass Wörter eine wie<br />
auch immer geartete Kernbedeutung aufweisen, ohne die Kommunikation und<br />
Verständigung nicht möglich ist, die vollständige Bedeutung aber erst durch die<br />
Äußerungssituation, den Kontext, entfaltet, angereichert und präzisiert wird. 14<br />
Die Kernbedeutung eines Wortes soll als deskriptive Bedeutung bezeichnet<br />
werden, die „ein Konzept für seine potenziellen Referenten“ (Löbner 2003: 29)<br />
darstellt. 15 Zu der deskriptiven, primären Bedeutung treten „kulturelle Assoziationen“,<br />
Konnotationen, die bisweilen auch sekundäre Bedeutungsaspekte genannt<br />
werden (vgl. Löbner 2003: 48). 16 Deskriptive Bedeutung und Konnotationen<br />
17 sind sowohl hinsichtlich der Ausdrucksbedeutung als auch der Äußerungs-<br />
14 Die Prototypentheorie, die von auf Prototypen basierenden kognitiven Repräsentationen<br />
von Kategorien und unscharfen Grenzen <strong>zwischen</strong> benachbarten Kategorien ausgeht, stellt eine<br />
adäquate semantische Theorie dar. Die Bedeutung von Wörtern ergibt sich aus der Gradierung<br />
und Gewichtung der Eigenschaften (bzw. Eigenschaften und Vorgänge bei Adjektiven<br />
und Verben) der prototypischen Repräsentanten der entsprechenden Kategorie, vgl.<br />
Mangasser-Wahl (2000).<br />
15 Gelegentlich wird auch der Terminus denotative Bedeutung verwendet. Hinzu tritt die Referenzbedeutung,<br />
d. h. die Extension eines Begriffes. Diese wird an dieser Stelle nicht weiter<br />
verfolgt (vgl. Fußnote 8).<br />
16 Nach Hermanns (1995) können Wörter (1) kognitive, (2) emotive und (3) präskriptive Bedeutungselemente<br />
enthalten, also (1) Sachverhalte darstellen und Gegenstände bezeichnen,<br />
(2) Gefühlswerte zum Ausdruck bringen oder (3) imperativisch gebraucht werden. Manche<br />
Wörter sind in dieser Hinsicht multifunktional, indem sie alle drei Komponenten vereinen.<br />
Diese Bedeutungspotenziale auf unterschiedlichen Ebenen sind bei der Ausdrucksbedeutung<br />
Teil der lexikalisierten Wortbedeutung.<br />
17 In Anlehnung an Coseriu spricht Weber (2002: 457) von Bezeichnung (= Referenz), Bedeutung<br />
(= deskriptive Bedeutung) und Evokation (= Konnotation). Eine nähere Charakterisierung<br />
der triadischen Beziehung <strong>zwischen</strong> Ausdruck, Inhalt und Referenz bei Kurzwörtern soll<br />
hier unterbleiben. Es ist sicher auch hier, wie bereits zuvor erwähnt, von Graden der Motiviertheit/Demotiviertheit<br />
und Transparenz auszugehen, d. h. in der Anfangsphase lässt sich das<br />
<strong>Kurzwort</strong> unter Bezug auf die Bedeutung der Vollform auf den Referenten beziehen, wobei<br />
bei zunehmender Verdrängung der Vollform ein allgemeines, kategoriales Wissen die Verbindung<br />
<strong>zwischen</strong> <strong>Kurzwort</strong> und Vollform herstellt. So dürfte zu Beginn der Bildung des<br />
<strong>Kurzwort</strong>es ARD der Referenzbezug durch die Bedeutung der Vollform Anstalt des öffentlichen<br />
Rechts erfolgt sein, während heute in den meisten Fällen eine kategoriale Einordnung<br />
wie Fernsehsender bzw. Fernsehanstalt bzw. das mit diesem Frame verbundene Wissen die<br />
Verknüpfung herstellt. Im Übrigen ist die häufig angeführte These, fremdsprachige Kurzwörter<br />
wie SARS, HIV o. ä. seien Entlehnungen und keine Kurzwörter im eigentlichen Sinne, ge-