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Gastkolumne<br />

Warum Syrien zerfällt<br />

dem Ersten Weltkrieg von aussen verordnete<br />

nationalstaatliche Korsett zeigt noch<br />

immer seine Folgen: Die Vielfalt der Bevölkerungsgruppen,<br />

religiös oder ethnisch, ist<br />

offensichtlich benutzbar zur Durchsetzung<br />

politischer Interessen. Wenn Angst, Neid<br />

und Misstrauen geschürt werden, so ist eine<br />

Herrscher wie Ben Ali und Mubarak, wie Ghaddafi und Assad<br />

waren nicht mehr vonnöten.<br />

Das war ein hoffnungsschwangeres Aufseufzen,<br />

als «der Neue», der Sohn dem<br />

Vater folgte, als die Republik endgültig<br />

«dynastisiert» wurde. Der Zweite derer von<br />

Assad war jung, ein Hoffnungsträger. Für<br />

viele Syrer ebenso wie für die Weltpresse.<br />

Er war so jung, dass man für seine Zulassung<br />

zum Präsidentenamt sogar die Verfassung<br />

ändern «musste»!<br />

Doch irgendwie kam dann alles anders.<br />

Oder doch nicht? Die Hoffnung<br />

wurde durch ein paar Lockerungsmassnahmen<br />

geschürt und – wie üblich, wenn der<br />

schlimmste Druck nachlässt – brach sie sich<br />

Bahn in allerhand «Unruhe»: Dinge wurde<br />

gesagt, die unter dem ersten Assad nicht<br />

gesagt worden wären, neue Gruppierungen<br />

bildeten sich.<br />

Dann, 2001, kam 9/11, und alle mussten<br />

zusammenstehen, um den internationalen<br />

Terror abzuwehren: Israel nutzte<br />

das Argument gegen die Palästinenser; in<br />

Ägypten bediente sich Mubarak seiner für<br />

die Repression, und anderswo, eben auch in<br />

Syrien, machte man es gern ebenso.<br />

Doch irgendwie änderten sich die Verhältnisse:<br />

Al-Qaida hörte auf, eine straff<br />

zentralisierte Organisation zu sein, und<br />

so waren diese Herrscher wie Ben Ali und<br />

Mubarak, wie Ghaddafi und Assad eigentlich<br />

nicht mehr vonnöten – auch nicht zur<br />

Sicherstellung der strategischen Interessen<br />

in Westasien oder der Ölversorgung aus<br />

arabischen Quellen.<br />

Der sich ausbreitende Volksunmut und<br />

die Reaktion darauf waren unterschiedlich,<br />

denn die Bevölkerungszusammensetzung<br />

und die Herrschaftsstrukturen sind nicht<br />

überall die gleichen. Besonders das nach<br />

Staatenbildung auf der Basis von Gleichheit<br />

und Minoritätenschutz nicht mehr möglich.<br />

Dies gilt auch für Syrien: Während der<br />

Staat nicht nur sein Volk, sondern auch das<br />

Land zerbombt, wird von allen Seiten die<br />

religiöse und/oder ethnische Säuberung<br />

und Einigelung vorangetrieben. Das Alawitengebiet<br />

wird abgegrenzt, die Kurden fliehen,<br />

die Gruppierungen mit Muslimbrüder-<br />

Hartmut Fähndrich ist Übersetzer aus dem<br />

Arabischen ins Deutsche. Er lehrt an der ETH<br />

Zürich und hat die <strong>Schweiz</strong>erische Gesellschaft<br />

Mittlerer Osten und Islamische Kulturen<br />

mitbegründet.<br />

Tendenzen scheinen immer mehr die Oppositionstruppen<br />

zu dominieren, während<br />

sich die Opposition im Ausland verbal aufreibt.<br />

Und der Präsident redet von Wahlen<br />

und neuem Anfang und schmäht die Opposition,<br />

weil sie Waffen trägt. Den friedlichen<br />

Beginn der Proteste hat er vergessen oder<br />

von Anfang an ausgeblendet.<br />

Hartmut Fähndrich<br />

Bild: zVg<br />

«Menschen» 4/13 Caritas 25

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