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Matrix3000 Europas Absturz (Ausgabe 65) (Vorschau)

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News<br />

CDU-Abgeordneter<br />

fordert Dicken-Steuer<br />

Je stärker Deutschland durch Hilfszahlungen<br />

an marode EU-Staaten<br />

belastet wird, desto mehr suchen<br />

Politiker nach Möglichkeiten, wo<br />

man zur Kompensation noch an<br />

den Sozialsystemen zusammenstreichen<br />

und das gesellschaftliche<br />

Solidarprinzip – einst eine tragende<br />

Säule der sozialen Marktwirtschaft<br />

– untergraben kann. Der sächsische<br />

CDU-Bundestagsabgeordnete<br />

Marco Wanderwitz hat allen Ernstes<br />

angeregt, es müsse erlaubt sein,<br />

darüber nachzudenken, daß man<br />

die ungesunden Eßgewohnheiten<br />

einiger Bürger und deren gesundheitliche<br />

Folgen nicht länger der<br />

beitragszahlenden Gemeinschaft<br />

aufbürden dürfe. Er fordert daher<br />

Steuererhöhungen für Dicke. Da<br />

dies ohne Einführung einer Gesundheitspolizei<br />

in der Praxis nur schwer<br />

umsetzbar sein dürfte, kamen schon<br />

bald weniger radikale Vorschläge<br />

ins Spiel, die aber im Prinzip an die<br />

Anfänge der mittlerweile an Fanatismus<br />

grenzenden Rauchverbote<br />

erinnern. So empfahl der Gesundheitsökonom<br />

Jürgen Wasem Sondersteuern<br />

auf Schokolade, Alkohol<br />

und Risikosportgeräte. Warum zahlen<br />

dann eigentlich Versicherungen<br />

noch bei Verletzungen nach Autounfällen?<br />

Jeder weiß schließlich,<br />

daß Autofahren gefährlich ist, und<br />

niemand wird gezwungen, sich ans<br />

Steuer zu setzen. Und wann kommt<br />

das Zwangsmüsli zum Frühstück?<br />

Japan, Provinz<br />

Fukushima, nach dem<br />

Tsunami vom März 2011<br />

Wetten auf die Apokalypse<br />

Die Perversion nimmt kein Ende,<br />

wenn es um Gier nach Profit und die<br />

Erschließung neuer Verdienstquellen<br />

geht. Es gibt tatsächlich Menschen auf<br />

unserem Planeten, die sich aus tiefstem<br />

Herzen darüber freuen, wenn die<br />

Schlagzeilen der Tagespresse über<br />

Katastrophen mit vielen Toten, über<br />

einen Wirtschaftscrash oder einen<br />

neuen Krieg berichten.<br />

Seit neuestem können betuchte Spekulanten<br />

nämlich nicht nur auf den<br />

Tod einzelner Menschen wetten (<strong>Matrix3000</strong><br />

berichtete darüber in Band<br />

64), sondern sogar auf die globale<br />

Apokalypse. Was immer an Heimsuchungen<br />

der Welt bevorstehen mag<br />

– gigantische Kataklysmen, der Zusammenbruch<br />

der US-Wirtschaft,<br />

Krieg im Nahen Osten – wer sein Geld<br />

in Mark Spitznagels hochspekulativen<br />

Hedge Fonds Universal Investments<br />

einzahlt, der verdient sich am globalen<br />

Elend eine goldene Nase.<br />

Die Spekulation auf das im Grunde<br />

Undenkbare erfordert große Geduld,<br />

denn es kann Jahre oder Jahrzehnte<br />

dauern, bis der Katastrophenfall eingetreten<br />

ist und die Renditen sprudeln.<br />

In den Jahren dazwischen verlieren<br />

die Investoren täglich Geld. Es<br />

ist also kein Anlagemodell für Leute,<br />

die kein ausreichendes finanzielles<br />

Durchhaltevermögen haben. Spitznagel<br />

zählt daher bislang auch nur 15<br />

Privatinvestoren zu seinen Kunden,<br />

die jeder mit mindestens 50 Millionen<br />

Dollar dabei sind. Das bislang äußerst<br />

ereignisreich verlaufene Jahr 2011<br />

– Fukushima, Griechenland-Pleite,<br />

US-Haushaltskrise, Umstürze im Nahen<br />

Osten – lassen Wetten auf den<br />

„einstürzenden Himmel“ lukrativer<br />

erscheinen denn je zuvor. Im Gegensatz<br />

zu den meisten Anlegern, die in<br />

unsicheren Zeiten ihr Portfolio möglichst<br />

breit streuen, um das Risiko zu<br />

minimieren, gehen die Kunden der<br />

„Armageddon-Fonds“ den diametral<br />

entgegengesetzten Weg: Sie<br />

setzen auf das scheinbar Unmögliche<br />

und warten dann ab,<br />

um im Fall des Falles um so<br />

satter abzusahnen.<br />

Was noch erschreckender ist:<br />

Die Abzocke mit der Apokalypse<br />

ist beileibe nicht mehr nur<br />

eine Domäne einiger skrupelloser<br />

Superreicher, die den<br />

Hals nicht voll genug bekommen<br />

können und denen kein Geld der<br />

Welt zu schmutzig ist. Mittlerweile beteiligen<br />

sich in den USA sogar staatliche<br />

Pensionsfonds an den Wetten auf<br />

den Weltuntergang. Das ist natürlich<br />

in mehrerlei Hinsicht skandalös. Zum<br />

einen fragt man sich, wie Manager<br />

öffentlicher Fonds, die dem Gemeinwohl<br />

verpflichtet sein sollten, sich an<br />

derlei menschenverachtenden Spielchen<br />

beteiligen können. Zum anderen<br />

muß auch die Frage erlaubt sein:<br />

An wen werden die Fondsmanager<br />

eigentlich die Renditen auszahlen,<br />

wenn es tatsächlich zum „Zahltag“<br />

kommen sollte.<br />

Wie lange wird es wohl noch dauern,<br />

bis man auch noch auf eine Invasion<br />

feindseliger Außerirdischer spekulieren<br />

kann? Oder auf einen möglichen<br />

Weltuntergang am 21. 12. 2012,<br />

wenn der Maya-Kalender endet?<br />

Oder decken Spitznagels Universal<br />

Investments auch diese Risiken bereits<br />

ab?<br />

Band <strong>65</strong> / September/Oktober 2011 MATRIX 3000 13

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