Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Politik<br />
Bilderberger<br />
googeln anders<br />
Nachlese zum Treffen 2011<br />
in St. Moritz<br />
Franz Bludorf<br />
Frau Merkel bei weitem in den Schatten<br />
stellen – ihr Kanzlerbonus ist praktisch<br />
aufgebraucht –, die SPD zog auch<br />
erstmals wieder an den Grünen vorbei,<br />
was natürlich eine Vorbedingung<br />
dafür ist, daß Steinbrück überhaupt<br />
eine Chance hat, das Kanzleramt zu<br />
erobern.<br />
xxxxx xxxx xxx xx xxxxx<br />
Manche Geheimnisse brauchen<br />
etwas länger, um an die Öffentlichkeit<br />
zu dringen. Selten zuvor<br />
in ihrer fast 60jährigen Geschichte haben<br />
die Bilderberger mit der Teilnehmerliste<br />
ihres Treffens so lange hinter<br />
dem Berg gehalten wie diesmal. Für die<br />
<strong>Matrix3000</strong>-Redaktion, die genau einen<br />
Tag vor Beginn der Tagung in den Druck<br />
gehen mußte, bedeutete dies, daß wir<br />
uns damals nur an Hinweise von Insidern<br />
halten konnten.<br />
Doch diesmal waren die Insiderinformationen<br />
nicht ganz korrekt. So<br />
wurde vorab lanciert, Hamburgs Bürgermeister<br />
Olaf Scholz (SPD) sei unter<br />
den geladenen Teilnehmern gewesen.<br />
Inzwischen wurde die Teilnehmerliste<br />
veröffentlicht, und jetzt wissen wir es<br />
genauer: Nicht Scholz, sondern sein<br />
Parteifreund, Ex-Finanzminister Peer<br />
Steinbrück, war auf der Tagung zugegen<br />
– übrigens als einziger deutscher Politiker.<br />
Doch die Kernaussage unseres<br />
Artikels aus Band 64 bleibt bestehen:<br />
Ganz offenbar wollten die Bilderberger<br />
sich Optionen für eine mögliche rotgrüne<br />
Koalition offenhalten. Nach der<br />
Tagung dauerte es kaum zwei Wochen,<br />
dann ging Steinbrück an die Öffentlichkeit<br />
und meldete seine Ansprüche an,<br />
bei der Bundestagswahl 2013 gegen<br />
Angela Merkel anzutreten. Gleichzeitig<br />
kamen die Umfragewerte in Bewegung.<br />
Nicht nur, daß Steinbrücks<br />
Popularitätswerte inzwischen die von<br />
Auch weitere Details über die Agenda<br />
des Treffens in St. Moritz sind<br />
inzwischen durchgesickert. So soll<br />
es ein Anliegen der Bilderberger sein,<br />
die USA aus dem Libyen-Konflikt wieder<br />
herauszuziehen. Viel interessanter ist<br />
jedoch, daß ganz offenbar die moderne<br />
Online-World und ihre Bedeutung<br />
für die weltweiten Informationsflüsse<br />
und die Meinungsbildung in der Bevölkerung<br />
eine wichtige Rolle spielten. Es<br />
kann kein Zufall sein, daß die Creme<br />
des Online-Zeitalters in St. Moritz in einer<br />
beispiellosen Häufung versammelt<br />
war: Auf der einen Seite NSA-Direktor<br />
Keith B. Alexander, auf der anderen<br />
Spitzenvertreter von Google, Facebook,<br />
dem professionellen Business-Network<br />
LinkedIn und dem Internet-Marktplatz<br />
Amazon. Die Liste wurde komplettiert<br />
durch die Anwesenheit ausgewählter<br />
Journalisten, u. a. von der Zeit, Helsingin<br />
Sanomat, The Economist oder dem NRC<br />
Handelsblad. Es gibt Hinweise, wonach<br />
das freie und unzensierte Internet schon<br />
bald der Vergangenheit angehören wird,<br />
und ganz offenbar wollen die Bilderberger<br />
auch dann das Heft des Handelns in<br />
der Hand behalten.<br />
Wir publizieren an dieser Stelle die<br />
komplette Teilnehmerliste der Bilderberg-Konferenz<br />
in St. Moritz, so daß Sie<br />
sich ein eigenes Bild von der Breite des<br />
Spektrums an Entscheidungsträgern<br />
und Lobbyisten machen können. ■<br />
8 MATRIX 3000 Band <strong>65</strong> / September/Oktober 2011