Das neue Mahlzeit! Magazin - Spar
Das neue Mahlzeit! Magazin - Spar
Das neue Mahlzeit! Magazin - Spar
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
19<br />
»Die Zulassungskriterien und<br />
bürokratischen Hürden für kleine<br />
Bauern müssen entschärft werden.«<br />
BEATE KOLLER, ARCHE NOAH<br />
Konsumenten und der Landwirtschaft<br />
dient.<br />
Hans Reisetbauer: Ich finde es sehr<br />
wichtig, dass wir Getreidebauern auf<br />
zertifiziertes Saatgut zurückgreifen<br />
können, damit wir wissen, welche<br />
Sorte für welche Bodenbeschaffenheit<br />
am geeignetsten ist. Ich glaube<br />
auch, dass eine totale Liberalisierung<br />
ein Fehler wäre, denn dann könnte<br />
möglicherweise gentechnisch<br />
verändertes Saatgut in Österreich<br />
auftauchen.<br />
Koller: Es gibt viel Platz zwischen<br />
einem de facto alternativlosen,<br />
verpflichtenden Registrierungssystem<br />
und der totalen Liberalisierung.<br />
Bei der geplanten Verordnung<br />
wird alles Saatgut bereits vor dem<br />
Markteintritt so scharf geprüft, als ob<br />
es ein Medikament wäre. Nicht<br />
einmal Lebensmittel, die viel unmittelbarer<br />
auf die Gesundheit wirken<br />
können, werden so streng geregelt<br />
wie das Saatgut. Der Preis: Viele<br />
kleine Anbieter können da nicht mit,<br />
Vielfalt verschwindet. Man sollte<br />
transparent kennzeichnen, die<br />
Bauern informieren und selbst<br />
entscheiden lassen, welches Saatgut<br />
sie wollen.<br />
Heinz Reitbauer: Auch für mich ist<br />
ganz klar, wenn man für große<br />
Anbauflächen eine Sicherheit<br />
bekommen möchte, dann nimmt<br />
man zertifiziertes Saatgut. Diese Art<br />
von Absicherung gibt es auch in der<br />
Gastronomie: Wenn ich eine große<br />
Schnitzel-Kette aufmache und viel<br />
frittieren muss, nehme ich ein Öl,<br />
von dem ich ganz sicher weiß, wie<br />
hoch sein Rauchpunkt ist, wie es<br />
schmeckt, wie lange es haltbar ist.<br />
Und dafür braucht es gesetzliche<br />
Prüfverfahren. Aber ich denke nicht,<br />
dass es für seltene, kaltgepresste Öle,<br />
die nur in kleinen Mengen regional<br />
hergestellt werden und die nur von<br />
wenigen Menschen benützt werden,<br />
dieselben aufwändigen Prüfverfahren<br />
geben muss.<br />
Koller: Denn selbst bei zertifiziertem<br />
Saatgut gibt es keine hundertprozentige<br />
Sicherheit, wie gut es unter<br />
lokalen Bedingungen funktioniert.<br />
Meist bringen diese Sorten nur<br />
unter optimalen Bedingungen und<br />
mit den entsprechenden Düngemitteln<br />
und Pestiziden die versprochene<br />
Leistung.<br />
Reisetbauer: Ich glaube, wir sind uns<br />
alle einig, dass es gewisse Qualitätsanforderungen<br />
und -standards in<br />
puncto Lebensmittelsicherheit<br />
geben muss, um etwa<br />
gentechnische Verunreinigungen<br />
von Saatgut zu<br />
vermeiden, und auch, um<br />
zu gewährleisten, dass<br />
keine gesundheitliche<br />
Bedrohung vom Saatgut<br />
ausgeht. Aber muss das<br />
auf Kosten der Vielfaltssamen<br />
sein?<br />
SPAR <strong>Mahlzeit</strong>!: Sollte das EU-Gesetz<br />
nicht vielmehr so formuliert<br />
werden, dass beides nebeneinander<br />
existieren kann?<br />
Gerhard Drexel: <strong>Das</strong> ist unbedingt<br />
notwendig und wünschenswert.<br />
Denn wenn nur die wenigen großen<br />
Industrie-Konzerne weltweit das<br />
Saatgut kontrollieren, dann haben<br />
sie auch die Kontrolle darüber, was<br />
die Landwirte anbauen, was das<br />
Saatgut kostet und in letzter Konsequenz<br />
auch, welche Lebensmittel<br />
dann noch auf den Markt kommen.<br />
<strong>Das</strong> würde auf den Punkt gebracht<br />
bedeuten: EU-Einheitsgemüse statt<br />
regionaler Vielfalt, steil ansteigende<br />
Saatgutpreise, die dann über die<br />
Nahrungsmittelkette zu stark<br />
steigenden Lebensmittelpreisen<br />
führen müssen. Und das wollen wir<br />
wohl wirklich nicht haben, dass wir<br />
künftig nur noch diese Einheitskost<br />
bekommen – und diese dann auch<br />
noch mehr kostet. Darum kann ich<br />
in Richtung EU nur sagen: Hände<br />
weg von unserem Saatgut!<br />
Reitbauer: Dieses Einheitsobst und<br />
-gemüse wäre auch eine einzige<br />
Katastrophe für die Identität unserer<br />
regionalen Küchen. <strong>Das</strong> gilt natürlich<br />
für die europäische Gastronomie<br />
»Diese Verordnung wäre eine Verurteilung<br />
zum Zwergsein – und wäre der Tod der<br />
klein strukturierten Landwirtschaft.«<br />
DR. GERHARD DREXEL, SPAR-VORSTANDSVORSITZENDER