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Hoppe: Produktive Lehnkombineme im Neulatein <strong>des</strong> Reformationszeitalters (OPAL 1/2014)<br />

9<br />

JEODVROU TOU PRODROMOU EPIGRAMMATA [...]/CYRI THEODORI PRODROMI<br />

EPIGRAMMATA [...], Basel 1536; das Widmungsschreiben <strong>des</strong> Herausgebers Hieronymos<br />

Guntios (= Hieronymus Günz) ist griechisch abgefasst (alle Angaben nach Hieronymus 2003,<br />

GG 458). Die Edition griechischer Schriften oder deren Übersetzungen als Phänomen der Zeit<br />

dokumentiert auch im vorliegenden Zusammenhang den „Griechischen Geist“, „aus Basler<br />

Pressen“ (Hieronymus 2003) und anderen; → den Artikel zu nlat. daemonolatria (1595) unter<br />

3.1.2.2.1.1.<br />

Das Kompositum staurolaßtrai (Plural) ‘Kreuzanbeter’ ist <strong>für</strong> die Kirchengeschichte (vor<br />

1328) <strong>des</strong> Kallistos Xanthopoulos Nikephoros nachgewiesen. Das Werk wurde 1553 veröffentlicht<br />

„in einer neuen - <strong>für</strong> die Folgezeit massgebenden lateinischen Übersetzung, nachdem<br />

sie in einer älteren anonymen Übersetzung schon seit 1535 in die Drucke der Autores historiae<br />

ecclesiasticae von Froben und Episcopius [...] aufgenommen worden und kleinere Schriften<br />

1536 griechisch als zweiter Teil zusammen mit den Epigrammata <strong>des</strong> Kyros Theodoros<br />

Prodromos bei Johannes Bebel [...] erschienen waren.“ (Hieronymus 2003, GG 415); Edition<br />

der griechischen Originalausg. Paris 1630; → den Artikel zu nlat. staurolatrae, staurolatria<br />

(1553, 1617) unter 3.1.2.2.1.1.<br />

3.1.2.2 Neulateinische Lehn-Wortbildung mit pejorativem -(o)latria ‘falsche Anbetung, Vergötzung’<br />

und -(o)latra ‘falscher Anbeter, Götzendiener’. Polemische Schlüsselwörter<br />

der reformatorischen Theologie – pejorative Bezeichnungen der Kirchengeschichtsschreibung<br />

Neulateinische Lehn-Wortbildung mit -(o)latria und -(o)latra ist seit dem früheren 16. Jh.<br />

nachweisbar. Tradiertes entlehntes idol(ol)atria mit der Personenbezeichnung idol(ol)atra<br />

(idol(ol)atres) kann als Leitwort <strong>für</strong> die Herausbildung einer produktiven neulateinischen<br />

Lehn-Wortbildungseinheit -(o)latria (mit -(o)latra) betrachtet werden. Stützung durch einige<br />

jüngere, im Bildungszusammenhang der Zeit bekannt gewordene griechische Wörter mit den<br />

Segmenten |olatreia| und |olatrhw|, durch verbreitetes entlehntes anthropolatria/<br />

anthropolatrae und durch weitere Lehnwörter (Zitatwörter/Fremdbezeichnungen), wie sie im<br />

Neulatein <strong>des</strong> 16. Jh.s schon auftreten (staurolatrae), ist wahrscheinlich.<br />

Sekundäre (nachrangige) Lehn-Wortbildung, also Neubildung zum Lehnwort bzw. griechischen<br />

Wort, lässt sich auch im Zusammenhang dieses Lehnsuffixes am Anfang seiner<br />

Kombinemgeschichte im Neulatein <strong>des</strong> 16. Jh.s vermuten (iconolatria, zu eiökonolaßtrhw<br />

„Bilderverehrer“ (LBG); daemonolatria, zu daimonolaßtrhw „Dämonenverehrer“ (LBG));<br />

neulateinische Lehn-Wortbildungsprodukte dieser Art sind daher unter der Gruppe der Wörter<br />

mit Entlehnungshintergrund unter 3.1.2.2.1.1 eingeordnet. Aber von einem griechischen Vorbildwort<br />

unabhängige, primäre neulateinische Lehn-Wortbildung kann auch hier jeweils nicht<br />

mehr ausgeschlossen werden.<br />

Auffallend ist das häufige Vorkommen griechischer Graphie nicht nur <strong>für</strong> Lehnwörter – ein<br />

<strong>für</strong> den griechischen (Lehn-)Wortschatz schon in Schriften der römischen Antike begegnen<strong>des</strong><br />

Verfahren –, sondern auch <strong>für</strong> Lehn-Wortbildungsprodukte. Die Absicht hinter diesen<br />

Schreibweisen <strong>des</strong> 16. und 17. Jh.s dürfte vielfältig sein. Auf den Ursprung <strong>des</strong> Wortes bzw.<br />

<strong>des</strong> Wortmaterials der Lehn-Wortbildungsprodukte sollte wohl in etymologischer Korrektheit<br />

verwiesen werden; die neue Vorliebe <strong>für</strong> das Griechische in der Frühen Neuzeit findet so<br />

einen äußeren Ausdruck der Gelehrsamkeit. Möglicherweise ist <strong>für</strong> bestimmte lehngebildete<br />

Wörter ein Grund der griechischen Graphie auch in einer zur Verhüllung nötigenden Anstößigkeit<br />

<strong>des</strong> kurzen und schlagenden Terminus zu suchen, so <strong>für</strong> artolaria – aörtolatreißa<br />

‘Vergötzung <strong>des</strong> Brotes, der Hostie’ als polemischer Bezeichnung <strong>des</strong> Abendmahlsstreits, die<br />

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