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Hoppe: Produktive Lehnkombineme im Neulatein <strong>des</strong> Reformationszeitalters (OPAL 1/2014)<br />

31<br />

Auf diesem Hintergrund kann im Einzelfall <strong>für</strong> Wörter der Sequenz ...lastre Deutungsbedarf<br />

aufkommen; <strong>für</strong> Balzacs scriptolastre beispielsweise wurde „= scriptolatre mit absichtlicher<br />

Verwechslung mit -aster.“ angenommen (Spitzer 1910, S. 128).<br />

Ganz auszuschließen ist <strong>für</strong> Wörter der Sequenz ...lastre – bei wie auch immer zu erklärenden<br />

/l/ – bei Bezeichnungen <strong>für</strong> Personen in ihren Tätigkeiten/Funktionen als Basen (pape/l/astre)<br />

Bildung nach dem Suffix -astre (-âtre) im Sinne von ‘minderwertige Abart <strong>des</strong> in der Basis<br />

Genannten’ vielleicht nicht. Produktivität von -aster (-astra) gerade im Neulatein der Frühen<br />

Neuzeit und Frequenz von einzelnen neulateinischen Bildungen (zum Teil bis heute frequente<br />

Lehnwörter auf |astr| in Nationalsprachen)* (36) legen nahe, diesen Aspekt zu berücksichtigen.<br />

Für weitere Verwirrung hat in der Geschichte der Wortbildung möglicherweise anhaltend gesorgt,<br />

dass umgekehrt im Neulatein auch eindeutige -aster (-astra)-Wörter nachzuweisen<br />

sind, deren Kombinationsbedeutungen ebenso eindeutig auf das „Semantische Paradigma“<br />

von * (37) und damit auch auf -(o)latr/ zu verweisen scheinen. Es handelt sich um<br />

eine weitere Gruppe von (in HOVEN 1994 aufgeführten) pejorativen -aster (-astra)<br />

-Bezeichnungen, nämlich von solchen <strong>für</strong> Anhänger, Parteigänger, Vertreter der in der Basis<br />

genannten Personen und Sachen/Sachverhalte (Tetzeliaster, -tri partisan de Tetzel (avec connot.<br />

péjor.): ap. LUTH., WA Br. I, n o 92, 17; tunicaster, -tri partisan de l’unité de l’Église:<br />

LUTH., WA Br. I, n o 174, 60; mot forgé par dérision au départ de l’expression tunica inconsutilis<br />

(Évangile selon Saint Jean, XIX, 23. – v. inconsutilista)); auch so könnte frühes<br />

(pape/l/astre) gedeutet werden; vgl. unter diesem Aspekt beispielsweise die Paraphrase von<br />

Blochwitz/Runkewitz (1971, S. 124) zu (dem ja von ihnen unter -âtre (-astre) eingeordneten)<br />

gaullâtre: „qui tire de plus en plus sur la ligne gaulliste“.<br />

Es wurde schon angemerkt (vgl. Anm. 35), dass das lateinische, im Neulatein dann produktive<br />

bildungssprachliche Suffix -aster, -astra dieser speziellen Bedeutungen/Verwendungen<br />

im Französischen nicht bewahrt und auch nicht als produktive Lehn-Wortbildungseinheit in<br />

andere Nationalsprachen eingegangen ist. Das Suffix entspricht damit in seiner mangelnden<br />

Weitergabe der im Neulatein produktiven Lehn-Wortbildungseinheit -(o)mastix, → unter 4.<br />

3.1.3.1.2.2 Aufkommen einer gering-produktiven französischen Lehn-Wortbildungseinheit<br />

-(o)lâtre in der Frühen Neuzeit<br />

Erste und zunächst vereinzelt gebliebene, als bildungssprachlich-literatursprachlich erscheinende<br />

französische Lehn-Wortbildung mit -(o)lâtre ist in der Frühen Neuzeit nachweisbar.<br />

Höfler (1972, S. 129, Anm. 17) verweist <strong>für</strong> die französische Lehn-Wortbildung auf „das dem<br />

Suffix zugrundeliegende Ausgangswort idolâtre“. Es dürfte <strong>für</strong> die Zeit und gerade ihre<br />

Wortschöpfer selbst wohl auch Einfluss <strong>des</strong> fachsprachlich-theologischen Neulateins mit seinen<br />

übrigen Lehnwörtern auf |olatra (olatres)|, |olatria| und seinen frühen Lehn-Wortbildungsprodukten<br />

auf -(o)latra, -(o)latria angenommen werden; vgl. die seit dem Spätlatein<br />

tradierten Lehnwörter anthropolatra, anthropolatria und vor allem das neulateinische Lehn-<br />

Wortbildungsprodukt artolatria ‘Brot-, Hostienvergötzung’ aus den Abendmahlskontroversen<br />

<strong>des</strong> Reformationszeitalters und der Nachreformationszeit.<br />

Wie es häufig in der Geschichte französischer Lehn-Wortbildungseinheiten der Fall ist, tritt<br />

auch -(o)lâtre schon bei RABELAIS auf.<br />

Spitzer (1910, S. 111) verzeichnet unter dem Rabelais’schen „-latre“ <strong>des</strong>sen Gastrola(s)tre –<br />

und weist auch darauf hin, dass das Suffix „heute noch produktiv ist“. Spitzers „noch“ bedarf<br />

allerdings einer Einschränkung insofern, als es eine in Wirklichkeit nicht vorhandene bil-<br />

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