01.03.2014 Aufrufe

Download - Stadt Grimma

Download - Stadt Grimma

Download - Stadt Grimma

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Seite 16 Amtsblatt der Großen Kreisstadt <strong>Grimma</strong><br />

Ausgabe 03 | 08./09. Februar 2014<br />

Heimatkundliches<br />

es will, kann die Skizze als „sehr modern" auffassen.<br />

Seine Zeichnungen wie Ölbilder sind „eher naturwissenschaftlich<br />

genau" ausgeführt und weniger „romantisch",<br />

wie das zu seiner Zeit in Dresden üblich war. Das<br />

kleine Blatt „Porphyrfelsen bei <strong>Grimma</strong>" stellt einen geborstenen<br />

Felsenpfeiler dar, der noch genauso am Fuß<br />

des „Stufenberges" unschwer zu finden ist. An ihm sind<br />

die Risse und Absprengungen als Formen der Verwitterung<br />

des Porphyrs erkennbar. Diese stehen im deutlichen<br />

Gegensatz zu denen, wie sie im Elbsandsteingebirge<br />

und an dem Granit der Alpen auftreten.<br />

■ Wer war Carl Gustav Carus?<br />

Bleistiftzeichnung wurde mit brauner Tusche überarbeitet.<br />

Wo das mehrmals geschah, entstanden größere<br />

dunkle Stellen, wie sonnige und schattige Partien.<br />

Wahrscheinlich handelt es sich bei allen Blätter um<br />

„bildkünstlerische Notizen" von einer seiner überaus<br />

zahlreichen Reisen. Da er auch geologisch interessiert<br />

war, mögen ihn die eigenartigen, säulenförmigen Absonderungen<br />

des Porphyrs interessiert oder inspiriert<br />

haben, von denen er bestimmt etwas erfahren hatte.<br />

Das Land wurde zu der Zeit erstmals geologisch systematisch<br />

inventarisiert. Vom ganz flachen Muldeufer<br />

her wird der Betrachter über die dunkle Partie des verlängerten<br />

Schlossfelsens in die Tiefe des Bildes geführt.<br />

Der Fluss reichte zu der Zeit noch sehr dicht an<br />

die Felsen heran. Dazwischen gab es nur einen<br />

schmalen Pfad, den die Bauern der Döbener Grundherrschaft<br />

benutzten, um in der Golzerner Mühle ihr<br />

Getreide mahlen zu lassen. Zu der Zeit wurde von dort<br />

aus über die Einwohner von zwanzig Dörfern rechts<br />

der Mulde ein „Mahlzwang" ausgeübt. Die Feueressen<br />

ragen aus dem Grün hervor, sie fallen aber bei dieser<br />

Blickrichtung und Beleuchtung nicht auf. Aus der<br />

Kenntnis der Örtlichkeiten heraus kann man annehmen,<br />

dass er diese Zeichnung an einem Vormittag im<br />

Frühling oder Sommer schuf. Bis zum steilen Felsabbruch<br />

wurde ein Laubwald dargestellt. Dieser verschwand,<br />

als das Gebiet mit Fichten und Kiefern aufgeforstet<br />

wurde. Die Arbeit erwies sich als falsch,<br />

denn der ganze Fichtenbestand fiel nach 1940 einer<br />

Borkenkäferkalamität zum Opfer und wurde teilweise<br />

mit Kiefern aufgeforstet. Die Fläche zum Felsen hin<br />

wurde sich selbst überlassen. Hier wuchsen Birken,<br />

der „Vorwald" wandelte sich zu einem Laubmischwald.<br />

Seit den 1950er Jahren gilt die Felsenpartie von<br />

<strong>Grimma</strong> bis Nerchau als Naturschutzgebiet, welches<br />

nur auf Wegen begangen werden darf. Vergeblich<br />

würde man nach dem Ort suchen, an dem Carus<br />

zeichnete, denn seit 1877 verkehrte hier die Muldentalbahn<br />

zwischen Glauchau und Wurzen. Dazu musste<br />

der hoch angelegte Bahndamm teilweise in das<br />

Bett der Mulde gelegt werden. Auf diese Weise wurde<br />

ein Teil der Flusskrümmung abgeschnitten und die<br />

„Dornaer Lache" gebildet. Sie wurde mit dem Schutt<br />

des Döbener Schlosses verfüllt. Am solide befestigten<br />

Damm bricht sich die Kraft der Mulde und wird zum<br />

linken Ufer gedrängt. Heute führt die Straße zu einem<br />

großen Teil über den ehemaligen Bahndamm, den alten<br />

Weg findet niemand mehr. Dieser gravierende<br />

Eingriff ist uns nicht mehr bewusst, längst sind die<br />

Wunden grün vernarbt. Der Hintergrund wurde diffuser<br />

dargestellt. Eine Waldkulisse bis zum linken Ufer<br />

war kompositorisch nötig.<br />

Die künstlerische Darstellung kann als ein authentisches<br />

historisches Dokument angesehen und gewertet<br />

werden. Der Bildaufbau entspricht dem des späten<br />

18. Jahrhunderts. Es ist eine reine Landschaft, scheinbar<br />

unberührt von Menschen, die auch mit naturwissenschaftlichem<br />

Interesse skizziert wurde.<br />

■ „Blick auf die Muldebrücke in <strong>Grimma</strong>"<br />

Das kleine, von ihm signierte Blatt, welches im Dresdener<br />

Kupferstichkabinett liegt, misst nur 10 mal 17<br />

Zentimeter. Es wurde in der beschriebenen Technik<br />

geschaffen und ist eine der wenigen Arbeiten, die indirekt<br />

bauliches Schaffen der Menschen würdigt. Der<br />

Auffassung entspricht auch die Ansicht des Döbener<br />

Schlosshofes. Die damals unsymmetrische Pöppelmannsche<br />

Steinbrücke faszinierte ihn wie alle Grafiker,<br />

die hierher kamen. Es sind rechts die vier Durchlässe<br />

zu sehen, wie sie bis 2002 existierten. Der hölzerne<br />

Brückenkasten vermittelt den Übergang von der<br />

gebauten <strong>Stadt</strong> zur scheinbar unberührten Natur. Carus<br />

stellte die <strong>Stadt</strong> zusammen mit dem angedeuteten<br />

Dachreiter der Klosterkirche als einen, dunklen differenzierten<br />

Baukörper dar. Dazu sah er den Kontrast<br />

der Felsen auf dem rechten Ufer. Der Hintergrund<br />

wurde höher gezogen, um beide Ufer künstlerisch zu<br />

verbinden. Den Vordergrund ließ er einfach weg. Wer<br />

Der Sohn eines Leipziger Handwerksmeisters fiel<br />

durch Intelligenz und Fleiß auf. So wurde er Schüler<br />

des Thomas-Gymnasiums und fand außerdem einen<br />

väterlichen Freund, der ihn im Zeichnen lehrte. Er<br />

konnte Medizin studieren und hörte nebenbei naturwissenschaftliche<br />

wie philosophische Vorlesungen.<br />

Mit seinem Freund, Dietz, wanderte er 1805 über<br />

Meißen nach Dresden, um dort die Gemäldegalerie zu<br />

besuchen. Einen großen Teil seiner praktischen Ausbildung<br />

absolvierte er in der Geburtshilfe, zu er eine<br />

Neigung entwickelte. Noch vor der medizinischen<br />

Dissertation erwarb er einen philosophischen Titel<br />

und wurde 1811 Dozent für vergleichende Anatomie<br />

an der Leipziger Universität. Bald auch Assistenzarzt<br />

an einem Entbindungsinstitut. Während und nach der<br />

Völkerschlacht half er im französischen Militärhospital<br />

tatkräftig Leiden zu vermindern. Im nächsten Jahr<br />

übersiedelte er mit der Familie nach Dresden und<br />

wurde ordentlicher Professor für Geburtshilfe an der<br />

„Königlich-Sächsischen Chirurgisch-Medizinischen<br />

Akademie", deren „Namensheiliger" er später wurde.<br />

Er entfaltete eine lebhafte Korrespondenz mit sehr<br />

vielen Geistesgrößen und Künstlern der Zeit, so auch<br />

zehn Jahre lang mit J. W. v. Goethe. Dazu gehört gehörte<br />

auch die enge Bekanntschaft mit G. A. Werner<br />

in Freiberg, dem „Vater der sächsischen Geologie und<br />

Mineralogie". In einer schwer überschaubaren Fülle<br />

begann er Veröffentlichungen zu unterschiedlichen<br />

Themen zu schreiben, hielt ebenso viele Vorträge,<br />

gründete Gesellschaften und reiste ständig durch<br />

Europa. Seit 1818 war er mit Caspar David Friedrich<br />

befreundet. Seine Auffassungen von Malerei waren<br />

allerdings sachlicher und weniger gefühlsbetont,<br />

auch wenn sich mitunter die Motive ähnelten. Im<br />

gleichen Jahr beteiligte er sich erstmals an der Ausstellung<br />

der Dresdener Kunstakademie mit fünf Arbeiten.<br />

Seine 1822 erschienen "Briefe über die Landschaftsmalerei"<br />

geben Auskunft über seine bildkünstlerischen<br />

Vorstellungen. Der königliche Leibarzt war<br />

umfassend und vielseitig bis an sein Lebensende tätig,<br />

auch die noch zu Lebzeiten herausgegeben Memoiren<br />

des 80-Jährigen gehören dazu.<br />

Rudolf Priemer<br />

C<br />

M<br />

Y<br />

K

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!