BADEN-WÜRTTEMBERG - Hartmannbund
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Interview mit Dr. Peter<br />
HB: Herr Dr. Peter, seit wann sind Sie Mitglied des <strong>Hartmannbund</strong>es?<br />
Dr. Peter: seit 1950.<br />
HB: Wie kam es dazu?<br />
Dr. Peter: Dr. Deusen, damaliger Vorsitzender des <strong>Hartmannbund</strong>es<br />
in Nord-Baden konnte mich dafür gewinnen.<br />
Die Ärzte befanden sich damals in einem echten „Notzustand“.<br />
In den Kreisen Sinsheim, Mosbach, Buchen und<br />
Tauberbischofsheim gab es zu der damaligen Zeit relativ<br />
wenig Industrie, die Grundlohnsumme war niedrig und auch<br />
die Ärzte mussten mit sehr wenig Geld auskommen. Nach<br />
den üblichen Abzügen durch die KV blieben den einzelnen<br />
Ärzten je nach Anzahl der Scheine pro Fall und Quartal oft<br />
nur 5,- bis 10,- DM pro Krankenschein. Einen „Ausgleich“<br />
erhielten wir durch die Ersatzkassen, die Kriegsbehindertenscheine<br />
und die Scheine des Kreiswohlfahrtsamtes. Diese<br />
vergüteten für die Beratung 1,- und für den Besuch 2,- DM.<br />
HB: Welche Ämter hatten Sie damals inne?<br />
Dr. Peter: Ende der 50er wurde ich im Kreis Buchen zum KV-<br />
Delegierten gewählt. Es war immer ein harter Kampf in den<br />
KV-Delegiertenversammlungen um eine gemeinsame Quote<br />
(dies fand erst ein Ende, als die KV-Führung in Nord-Baden<br />
durch Mitglieder des <strong>Hartmannbund</strong>es und des NAVs abgelöst<br />
wurde).<br />
Prof. Dr. Häussler (Vorsitzender des <strong>Hartmannbund</strong>es Landesverband<br />
Baden-Württemberg von 1949-1957 und Bundesvorsitzender<br />
von 1959-1963) hatte schon vorher mit der<br />
AOK Schorndorf zur Erprobung eine Abrechnung nach Einzelleistungen<br />
vereinbart. Die Patienten, die AOK und auch<br />
die Ärzte waren damit zufrieden.<br />
HB: Was hat die Ärzte damals besonders beschäftigt?<br />
Dr. Peter: Ein großes Thema war die Altersversorgung der<br />
Ärzte, die 1960-61 dann endlich zur Debatte stand. Bereits<br />
1954 sollte der Landtag dazu Stellung nehmen. Dieser lehnte<br />
jedoch eine berufsständige Altersversorgung ab, da nur 54%<br />
der Ärzte dafür waren.<br />
HB: Warum?<br />
Dr. Peter: Viele Kollegen standen vor einem Schuldenberg.<br />
Praxisgründungen, Hausbau, Familienplanung ließen keinen<br />
finanziellen Spielraum. Als jedoch 1960 das Thema wieder<br />
zur Debatte stand, stimmte die Vertreterversammlung des<br />
<strong>Hartmannbund</strong>es mit 75% für eine Altersversorgung. Es bedurfte<br />
guter Überzeugungsarbeit, da manche Kollegen, eine<br />
Minderzahl, der Auffassung waren, als freier Beruf soll jeder<br />
selbst für sich vorsorgen. In der „Praxis“ war das eine Illusion.<br />
Ich wurde vom <strong>Hartmannbund</strong> zur entscheidenden Sitzung<br />
im Innenministerium entsandt und stimmte voller Überzeugung<br />
für die Altersversorgung.<br />
HB: Was änderte sich mit der Altersversorgung für die Ärzte?<br />
Dr. Peter: Die Altersversorgung war ein Segen! Sie war sozial<br />
gestaltet und übernahm vom ersten Tag an die sogenannte<br />
„alte Last“ – die arbeitsunfähigen Ärzte, Witwen und Waisen,<br />
die ohne Einnahmen waren, mit<br />
voller Altersversorgung, ohne dass<br />
die jemals eine DM dafür bezahlt<br />
hatten. Die Stiftung wurde verwaltet<br />
von Dr. Häussler und Frau Teuber, die hier eine hervorragende<br />
Leistung erbrachte. Inzwischen wurde über 4.000<br />
Bedürftigen in entscheidenden Phasen ihres Lebens geholfen.<br />
HB: Wie wurde dies finanziert?<br />
Dr. Peter: Kollegen, die zum doppelten Satz eintraten, bekamen<br />
im Versicherungsfall erst nach 10 Jahren die doppelte<br />
Rente. Unsere berufsständige Altersversorgung hat sich bis<br />
zum heutigen Tag bewährt.<br />
HB: In dieser Zeit wurde ja auch die Stiftung des <strong>Hartmannbund</strong>es<br />
„Ärzte helfen Ärzten“ gegründet. Können Sie dazu<br />
etwas sagen?<br />
Dr. Peter: Deren Gründung war eine gute Tat. Prof. Dr.<br />
Häussler fand hier auch die Unterstützung der Körperschaften.<br />
Es wurde in Berlin ein Studentenwohnheim gebaut, das<br />
primär Kindern von Kollegen in der DDR für die Zeit ihres<br />
Studiums angeboten wurde.<br />
HB: Was war die Aufgabe der Südwestdeutschen Wirtschaftsvereinigung<br />
(SWV)?<br />
Dr. Peter: Im Vordergrund stand der Erwerb von Eigentumswohnungen<br />
als Altersversorgung. Warum die SWV in Konkurs<br />
ging, ist mir heute noch nicht klar.<br />
HB: Was konnte der <strong>Hartmannbund</strong> damals auf politischer<br />
Ebene bewegen?<br />
Dr. Peter: Nach Gesprächen von Dr. Siegfried Häussler, Dr.<br />
Friedrich Thieding (Bundesvorsitzender des <strong>Hartmannbund</strong>es<br />
von 1950-1959) und Dr. Gerhard Jungmann (Bundesvorsitzender<br />
des <strong>Hartmannbund</strong>es von 1963-65 und 1968-69) mit<br />
dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer, beschloss<br />
der Bundestag 1955/56 die Parität zwischen den Krankenkassen<br />
und den KVen. Beim Ärztetag 1956 in Münster<br />
sprach in diesem Zusammenhang der damalige Vorsitzende<br />
der KBV, Dr. Ludwig Sievers von einer Sternstunde der Ärzteschaft.<br />
Für die Honorarverhandlungen mit den Krankenkassen<br />
war das von entscheidender Bedeutung.<br />
HB: Und welche innerärztlichen Fortschritte konnte der <strong>Hartmannbund</strong><br />
erreichen?<br />
Dr. Peter: Zu erwähnen sind hier die Bemühungen von Dr.<br />
Jungmann, dass die Allgemeinmedizin als Facharztgebiet<br />
anerkannt wurde. Das ist der Initiative des <strong>Hartmannbund</strong>es<br />
zu verdanken. Bei der entscheidenden Sitzung der Delegierten<br />
der Bundes-KV in Berlin begründeten Dr. Jungmann und<br />
ich den Antrag als „Praktische Ärzte“. Ich las den Artikel von<br />
Prof. Hochrein vor, der in den „Ärztlichen Mitteilungen“ erschien.<br />
(siehe Anlage). Bei der folgenden Abstimmung wurde<br />
die Allgemeinmedizin mit überzeugender Mehrheit als Facharztgebiet<br />
anerkannt. Daraufhin wurde die Allgemeinmedizin<br />
als Lehrfach an den Universitäten Heidelberg und Ulm eingeführt.