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Erdbebensicherheit von bestehenden ... - IngWare GmbH

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<strong>Erdbebensicherheit</strong> <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong><br />

Mauerwerksgebäuden<br />

Projektarbeit<br />

Herbstsemester 2011/2012<br />

Berner Fachhochschule<br />

Architektur, Holz und Bau<br />

Master Research Unit<br />

Integral Planning and Construction<br />

Vertiefungsrichtung<br />

Bauen im Bestand<br />

Thema<br />

Gegenüberstellung verschiedener Erdbebenberechnungsverfahren<br />

und Berechnung eines Beispielgebäudes<br />

Verfasser<br />

Dominik van den Heuvel<br />

Advisor<br />

Dr. ès sciences Martin Schollmayer<br />

Ort und Datum Bern, 17. Februar 2012


<strong>Erdbebensicherheit</strong> <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong><br />

Mauerwerksgebäuden<br />

Projektarbeit<br />

Herbstsemester 2011/2012<br />

Berner Fachhochschule<br />

Architektur, Holz und Bau<br />

Thema<br />

Gegenüberstellung verschiedener Erdbebenberechnungsverfahren<br />

und Berechnung eines Beispielgebäudes<br />

Verfasser<br />

Dominik van den Heuvel<br />

Advisor<br />

Dr. ès sciences Martin Schollmayer<br />

Ort und Datum Bern, 17. Februar 2012


I<br />

Zusammenfassung<br />

Problemstellung<br />

Die Anforderungen bezüglich Erdbeben haben mit jeder Normengeneration zugenommen.<br />

Bei Bauten, insbesondere bei Mauerwerksbauten, die vor 1989 oder gar vor 1970 erstellt<br />

wurden, ist aus heutiger Sicht häufig eine ungenügende <strong>Erdbebensicherheit</strong> festzustellen.<br />

Das hängt auch damit zusammen, dass das nichtlineare Materialverhalten <strong>von</strong> Mauerwerk<br />

noch nicht genügend erforscht wurde und so die Überprüfung der <strong>Erdbebensicherheit</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>bestehenden</strong> Mauerwerksbauten teilweise noch mit den alten, recht konservativen, kräftebasierten<br />

Methoden durchgeführt wird.<br />

Auftrag<br />

Ziel dieser Studie ist es, einen ersten allgemeinen Überblick über das Thema Erdbeben zu<br />

vermitteln. Weiter werden die verschiedenen Erdbebenberechnungsverfahren beschrieben,<br />

die Vor- und Nachteile aufgezählt und die Verfahren untereinander verglichen. An einem<br />

einfachen Beispielgebäude werden die Berechnungen der kräftebasierten Ersatzkraft- und<br />

Antwortspektrenverfahren sowie des verformungsbasierten PushOver-Verfahrens durchgeführt<br />

und die Resultate mit Hilfe des Erfüllungsgrads α verglichen.<br />

Resultat<br />

Der Vergleich der verschiedenen Berechnungsverfahren zeigt, dass eine möglichst realitätsnahe<br />

Überprüfung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksbauten nur mit verformungsbasierten Verfahren<br />

gewährleistet werden kann, da diese das nichtlineare Materialverhalten vom Mauerwerk<br />

am besten abbilden. Die Resultatauswertung der Beispielberechnungen unterstreichen<br />

die Vorteile der verformungsbasierten Verfahren. Die Erfüllungsgrade liegen mit dem<br />

PushOver-Verfahren über denen der kraftbasierten Verfahren. Je höher dabei das plastische<br />

Verformungsvermögen der einzelnen Wände ist, desto höher ist der Erfüllungsgrad.<br />

Methodik<br />

Bis auf die Beispielberechnungen besteht diese Arbeit vorwiegend aus der Zusammenfassung<br />

und dem Zusammentragen <strong>von</strong> Erdbebenliteratur. Diese bezieht sich vorwiegend auf<br />

die <strong>Erdbebensicherheit</strong> <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Bauten, insbesondere <strong>von</strong> Mauerwerksbauten. Dem<br />

Leser soll damit eine Übersicht der verschiedenen Verfahren und deren Anwendungsbereiche<br />

gegeben werden. Als Vergleichskriterium der Beispielberechnung wird nur der Schubwiederstand<br />

der Wände im untersten Geschoss gewählt, unter der Annahme, dass dieser<br />

massgebend ist.


II<br />

Danksagung<br />

Ich danke Marc Althaus, Dipl. Bauingenieur FH, Weber + Brönnimann AG, der mich mit<br />

zahlreichen Inputs für die Arbeit unterstützt hat. Mein Dank geht insbesondere an Dr. Martin<br />

Schollmayer, Professor für Stahl- und Verbundbau, der mich betreut hat und bei offenen<br />

Fragen immer zur Verfügung stand. Weiter danke ich Daniela Meier und Lia van den Heuvel<br />

für die Grammatikkorrekturen.<br />

Ich bestätige mit meiner Unterschrift die hier vorliegende Arbeit selber geschrieben und erarbeitet<br />

zu haben. Alle Angaben und Informationen stammen unverändert <strong>von</strong> den angegebenen<br />

Quellen.<br />

Dominik van den Heuvel<br />

Bern, Februar 2012


III<br />

Übersicht<br />

1 Einleitung 1<br />

2 Erdbeben 3<br />

3 Übersicht Berechnungsverfahren 18<br />

4 Ersatzkraftverfahren 22<br />

5 Antwortspektrenverfahren 23<br />

6 PushOver-Verfahren 27<br />

7 Anwendung auf bestehende Bauten 32<br />

8 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung 37<br />

9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 41<br />

10 Beispielrechnung 52<br />

11 Schlussbemerkung 80<br />

Literaturverzeichnis 81<br />

Abbildungsverzeichnis 83<br />

Tabellenverzeichnis 86<br />

Anhang A A-1


V<br />

Inhalt<br />

1 Einleitung 1<br />

2 Erdbeben 3<br />

2.1 Ursachen <strong>von</strong> Erdbeben 3<br />

2.2 Definitionen 3<br />

2.3 Seismologische Klassierung 5<br />

2.4 Naturgefahr Erdbeben 7<br />

2.5 Entwicklung Erdbebennorm CH 9<br />

2.6 Erdbeben nach CH Norm 10<br />

2.6.1 Baugrundklasse 11<br />

2.6.2 Bemessungsspektrum 11<br />

2.6.3 Bauwerksklasse und Bedeutungsfaktor 11<br />

2.6.4 Modale Masse 12<br />

2.6.5 Exzentrizität 12<br />

2.6.6 Nachweis der Tragsicherheit / Gebrauchstauglichkeit 12<br />

2.7 Tragwiderstand und Duktilität 13<br />

2.8 Erdbebengerechter Entwurf 14<br />

3 Übersicht Berechnungsverfahren 18<br />

3.1 Kraftbasierte Verfahren 18<br />

3.1.1 Ersatzkraftmetverfahren 18<br />

3.1.2 Antwortspektrenverfahren 18<br />

3.1.3 Time History Analyse 19<br />

3.2 Verformungsbasierte Verfahren 19<br />

3.2.1 PushOver-Verfahren 20<br />

3.2.2 Kapazitätsspektrenverfahren 20<br />

3.2.3 Direct Displacement Verfahren 20<br />

3.3 Vergleich der Verfahren 21<br />

4 Ersatzkraftverfahren 22<br />

5 Antwortspektrenverfahren 23<br />

5.1 Einmassenschwinger 23<br />

5.2 Mehrmassenschwinger 24<br />

5.3 Antwortspektren 25<br />

6 PushOver-Verfahren 27<br />

6.1 Grundprinzipien 27<br />

6.2 Kapazitätskurve 28


VI<br />

6.3 PushOver-Diagramm und Performance-Point 29<br />

6.4 Modellbildung 30<br />

6.5 Mauerwerk / Betonwände unter Beanspruchung 30<br />

7 Anwendung auf bestehende Bauten 32<br />

7.1 Definition αeff 32<br />

7.2 Beurteilung der <strong>Erdbebensicherheit</strong> 32<br />

7.2.1 Individualrisiko 32<br />

7.2.2 Rettungseffizienz 33<br />

7.2.3 Verhältnismässigkeit 33<br />

7.2.4 Zumutbarkeit 33<br />

7.2.5 Rechnerische Beurteilung 34<br />

7.3 Einwirkungen 34<br />

7.3.1 Kräftebasierte Verfahren 34<br />

7.3.2 Verformungsbasierte Verfahren 35<br />

8 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung 37<br />

8.1 Mauerwerksscheiben unter seismischer Belastung 37<br />

8.1.1 Schubversagen 37<br />

8.1.2 Reibungsversagen 37<br />

8.1.3 Biegeversagen 37<br />

8.2 Mauerwerkseigenschaften 38<br />

8.3 Experimentelle und numerische Untersuchungen 38<br />

8.3.1 Rahmenwirkung als Folge <strong>von</strong> Riegeln in Mauerwerksgebäuden 38<br />

8.3.2 Schubverhalten unter statisch-zyklischer Beanspruchung 39<br />

8.4 Berechnungsverfahren 40<br />

9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 41<br />

9.1 Zustandserfassung und Baustoffkennwerte 41<br />

9.2 Einwirkungen 42<br />

9.3 Gebäudemodell 43<br />

9.3.1 Lokale Effekte 43<br />

9.3.2 Decken 44<br />

9.3.3 Unregelmässige Grund- und Aufrisse 46<br />

9.3.4 Rahmenwirkung 47<br />

9.3.5 Sich kreuzende Wände 48<br />

9.4 Verhalten der Wände unter Querbeanspruchung 48<br />

9.5 Verhalten der Wände in der Ebene 49<br />

9.5.1 Tragwiderstand 49<br />

9.5.2 Steifigkeit 50<br />

9.5.3 Verformungsvermögen 51


VII<br />

10 Beispielrechnung 52<br />

10.1 Ersatzkraftverfahren 53<br />

10.1.1 Statische Beanspruchung 53<br />

10.1.2 Abschätzung der ersten Eigenschwingung 55<br />

10.1.3 Bemessungsspektrum 55<br />

10.1.4 Ersatzlast und Verteilung auf die einzelnen Geschosse 56<br />

10.1.5 Schubnachweis 57<br />

10.1.6 Schubnachweis der Wände 1 + 2 (in X-Richtung) nach SIA 266 57<br />

10.1.7 Schubnachweis der Wände 1 + 2 (in X-Richtung) nach SIA D 0237 59<br />

10.1.8 Schubnachweis der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung) nach SIA 266 61<br />

10.1.9 Schubnachweis der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung) nach SIA D 0237 62<br />

10.2 Antwortspektrenverfahren 63<br />

10.2.1 Statische Beanspruchung 63<br />

10.2.2 Berechnung der Eigenschwingungen 64<br />

10.2.3 Ersatzlast und Verteilung auf die einzelnen Geschosse 64<br />

10.2.4 Schubnachweis der Wände 1 + 2 67<br />

10.2.5 Schubnachweis der Wände 3 + 4 68<br />

10.3 PushOver-Verfahren 70<br />

10.3.1 Statische Beanspruchung 70<br />

10.3.2 Ergebnisse der Berechnung 70<br />

10.3.3 Kontrolle der maximalen Verschiebung 72<br />

10.3.4 Diskussion der maximalen Verschiebung 76<br />

10.4 Vergleich der Resultate 76<br />

10.4.1 Vergleich der Grundschwingzeit 77<br />

10.4.2 Vergleich der Ersatzkraft 77<br />

10.4.3 Vergleich <strong>von</strong> αeff 78<br />

11 Schlussbemerkung 80<br />

Literaturverzeichnis 81<br />

Abbildungsverzeichnis 83<br />

Tabellenverzeichnis 86<br />

Anhang A A-1<br />

Vereinbarung Projektarbeit Herbstsemester 2011 / 2012 A-1


Kapitel 1 Einleitung 1<br />

1 Einleitung<br />

Die Erdbebengefährdung in der Schweiz wurde lange Zeit unterschätzt. Untersuchungen<br />

des Bundesamtes für Umwelt zeigen jedoch, dass das Erdbebenrisiko die weitaus grössere<br />

Naturgefahr darstellt als beispielsweise Lawinen und Überschwemmungen. Die Wahrscheinlichkeit<br />

eines Erdbebens grosser Intensität ist hierzulande zwar kleiner als anderswo,<br />

würde aber in der Schweiz grosse Schäden verursachen. Die Erdbeben in Basel (1356) und in<br />

Visp (1855) bezeugen diese Gefahr. Die im Jahr 2003 erschienene neue Generation der SIA<br />

Normen, welche sich auch auf die europäische Normen abstützt, trägt der neu eingeschätzten<br />

Erdbebengefahr Rechnung. Das SIA Merkblatt 2018 – Überprüfung bestehender Gebäude<br />

bezüglich Erdbeben, welches 2004 erschien, regelt zudem auch den Umgang mit <strong>bestehenden</strong><br />

Bauten, welcher bis anhin gänzlich vernachlässigt wurde.<br />

Verschiedene Studien zeigen, dass der Bauwerksbestand in der Schweiz auf drei Erdbeben-<br />

Normgenerationen aufgeteilt werden kann. 70 % der Gebäude wurden vor 1970 gebaut, damals<br />

gab es noch keine Erdbebennorm. Knapp 20 % wurden in der Zeitspanne zwischen<br />

1970 und 1989 erstellt und sind demnach nach veralteter Erdbebennorm bemessen. Nur ca.<br />

10 % der Gebäude wurden nach 1989 und somit nach den modernen Erdbebennormen erstellt.<br />

Gemäss einer vorsichtigen Schätzung, dürfte mindestens ein Fünftel aller Gebäude<br />

eine ungenügende <strong>Erdbebensicherheit</strong> aufweisen, ein Grossteil da<strong>von</strong> sind Mauerwerksgebäude.<br />

In verschiedenen Dokumentationen wird darauf hingewiesen, dass in der Schweiz in<br />

grossem Ausmass und wie in kaum einem anderen Land, tragendes Mauerwerk für die Abtragung<br />

<strong>von</strong> Schwerelasten in mehrgeschossigen Bauwerken eingesetzt wurde und wird [6,<br />

Kap. 4, S. 1].<br />

Für den Nachweis der <strong>Erdbebensicherheit</strong> stehen verschiedene Berechnungsverfahren zur<br />

Verfügung. Zum einen die kraftbasierten Verfahren, welche vorwiegend für die Bemessung<br />

<strong>von</strong> Neubauten eingesetzt werden. Zum anderen die verformungsbasierten Verfahren, welche<br />

eine möglichst realitätsnahe Modellierung des Verformungsvermögens <strong>von</strong> Bauwerken<br />

ermöglichen und vorwiegend für den Nachweis <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden eingesetzt werden.<br />

Das Ersatzkraftverfahren, wie auch das Antwortspektrenverfahren, gehören zu den<br />

kraftbasierten Methoden, das PushOver-Verfahren zu den verformungsbasierten Verfahren.<br />

Durch ein umfangreiches Literaturstudium erarbeitete ich mir eine Übersicht über Erdbeben<br />

allgemein, die Grundlagen des erdbebengerechten Entwurfs, insbesondere aber über die<br />

verschiedenen Erdbebenberechnungsverfahren, deren Vor-, resp. Nachteile sowie deren<br />

Anwendungsgebiete. In den Kapitel 4 bis 6 werden die in der Schweiz am häufigsten angewendeten<br />

Ersatzkraft- und Antwortspektrenverfahren sowie das PushOver-Verfahren detailliert<br />

beschrieben und deren Funktionsweise erläutert. In einem zweiten Schritt wird genauer<br />

auf die eigentliche Vertiefungsrichtung Bauen im Bestand eingegangen, indem das<br />

SIA Merkblatt 2018 untersucht und in Bezug auf das Verhalten <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksbauten<br />

im Erdbebenfall angewendet wird. Der letzte Teil der Arbeit befasst sich wie-


2 Einleitung Kapitel 1<br />

derum mit den drei häufigsten Erdbebenberechnungsverfahren in der Schweiz. Anhand eines<br />

Beispielgebäudes werden die kräftebasierten Ersatzkraft- und Antwortspektrenverfahren<br />

sowie das verformungsbasierte PushOver-Verfahren durchgerechnet und untereinander<br />

verglichen. Ein Hauptaugenmerk wird dabei auf den Vergleich der Verschiebungen aus dem<br />

PushOver-Verfahren mit der theoretisch berechneten Verschiebung gemäss den SIA Normen,<br />

dem SIA Merkblatt 2018 und diversen Literaturangaben gelegt. Daraus lässt sich feststellen,<br />

dass die Verschiebungen aus dem PushOver-Verfahren sehr genau mit den theoretisch<br />

berechneten Verschiebungen übereinstimmen und damit die Resultate der Schubwiderstände<br />

untereinander verglichen werden können.<br />

Für das Literaturstudium werden vorwiegend SIA Dokumentationen aber auch Softwaredokumentationen<br />

sowie weitere nationale und internationale Literatur verwendet. Die Arbeit<br />

hat einen Umfang <strong>von</strong> 9 ETCS, was einem ungefähren Arbeitsaufwand <strong>von</strong> 270 Stunden entspricht.


Kapitel 2 Erdbeben 3<br />

2 Erdbeben<br />

2.1 Ursachen <strong>von</strong> Erdbeben<br />

Durch Konvektionsströmungen im Erdmantel bewegen sich die Platten der Erdkruste relativ<br />

zueinander. Wird der Widerstand der bewegenden Platten an den Plattengrenzen durch die<br />

entstehenden Reibungskräfte überschritten, bewegen sie sich ruckartig und lösen so Erdbeben<br />

aus [2, S. 3]. Es kann zwischen drei Typen <strong>von</strong> Plattengrenzen unterschieden werden.<br />

Die gegeneinander gerichtete Bewegung zweier Platten wird Konvergenz genannt. Dabei<br />

findet eine Überschiebung statt, bei der die dichtere unter die weniger dichte Platte geschoben<br />

wird (Subduktionszone). Diese verursachen im Allgemeinen eine grosse Erdbebenaktivität.<br />

Als Beispiel für Subduktionszonen können die Alpen, aber auch das Himalaya Gebirge<br />

genannt werden [2, S. 3].<br />

Driften zwei Platten auseinander, nennt man das Divergenz. Durch diesen Prozess kann<br />

flüssiges Material aufsteigen und erhärtet an der Oberfläche. Dabei entstehen langgezogene<br />

Grabenbrüche. Die Divergenzzonen können nahezu immer mit vulkanischen Aktivitäten in<br />

Verbindung gebracht werden. Es werden jedoch nur selten starke Erdbeben ausgelöst. Der<br />

Ostafrikanische Graben oder der Mittelozeanische Rücken sind Beispiele dafür [2, S. 3].<br />

Der dritte Typ <strong>von</strong> Plattengrenzen ist die sogenannte Transform-Störung. Dabei gleiten zwei<br />

Platten in horizontaler Richtung aneinander vorbei. Im Gegensatz zur Divergenzzone werden<br />

dabei kaum vulkanische Aktivitäten verursacht. Entlang <strong>von</strong> Transform-Störungen entstehen<br />

viele und starke Erdbeben. Eins der bekanntesten Beispiele ist der San Andreas Graben<br />

[2, S. 3].<br />

2.2 Definitionen<br />

Die folgenden Definitionen stammen aus [5] und wurden teilweise wörtlich zitiert. Sie sollen<br />

einen Überblick der wichtigsten Fachwörter im Bereich Erdbeben liefern.<br />

Erdbeben<br />

Fühlbare oder zumindest instrumentell messbare Erschütterungen der Erdoberfläche, welche<br />

dann entstehen, wenn die Erdbebenwellen aus dem Erdinneren die Erdoberfläche erreichen.<br />

Hypozentrum<br />

(auch Erdbebenherd, Herd) Im Bereich des Hypozentrums beginnen sich die Gesteinsmassen<br />

entlang einer Verwerfung aneinander vorbeizubewegen. Falls die Gesteinsmassen brechen,<br />

beginnt der Bruch im Bereich des Hypozentrums.


4 Erdbeben Kapitel 2<br />

Epizentrum<br />

Punkt an der Oberfläche, welcher direkt über dem Hypozentrum liegt.<br />

Herdtiefe<br />

Die Tiefe des Hypozentrums bzw. die Distanz zwischen Hypozentrum und Epizentrum.<br />

Erdbebengefährdung<br />

Gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Erdbeben mit einer gewissen Stärke in einem<br />

bestimmten Gebiet in einem gewissen Zeitraum auftritt. Die Stärke eines Erdbebens wird in<br />

vielen Fällen als Intensitätswert oder als maximale Bodenbeschleunigung angegeben.<br />

Erdbebenrisiko<br />

Das Erdbebenrisiko ist das Produkt aus Erdbebengefährdung (Auftretenswahrscheinlichkeit<br />

eines Bebens einer bestimmten Stärke) und Schadenausmass. Das Schadenausmass ist das<br />

Produkt aus betroffenen Werten und der Verletzbarkeit dieser Werte.<br />

Intensität<br />

Wert zwischen I und XII, den man mit Hilfe der Intensitätsskala die Auswirkungen eines<br />

Erdbebens zuordnet. Die Intensität ist unter anderem abhängig <strong>von</strong> der Distanz zum Epizentrum,<br />

der Tiefe des Hypozentrums sowie dem Erdbebenverhalten des lokalen Untergrundes.<br />

Es gilt: Je stärker der Grad der Auswirkung, desto grösser die Intensität. Eine Intensitätsangabe<br />

bezieht sich immer auf ein bestimmtes Gebiet (Dorf, Stadt, Region).<br />

Magnitude<br />

Die Magnitude ist ein Mass für die im Hypozentrum freigesetzte Energie. Sie wird aufgrund<br />

<strong>von</strong> Seismogrammen errechnet. Die Distanz zwischen seismischer Station und Hypozentrum<br />

wird bei der Berechnung der Magnitude berücksichtigt, damit der berechnete Magnitudenwert<br />

unabhängig <strong>von</strong> der Distanz zwischen seismischer Station und Hypozentrum ist. Die<br />

Magnitude kann nicht beliebig gross sein, da die Energie, welche ein Erdbeben freisetzen<br />

kann, begrenzt ist. So geht man generell da<strong>von</strong> aus, dass Erdbeben mit Magnitude grösser<br />

als 9.5 (Chile, 1960) sehr unwahrscheinlich sind und Erdbeben mit Magnitude grösser als 10<br />

aus rein wissenschaftlicher Sicht kaum vorstellbar sind.<br />

Seismogramm<br />

Instrumentelle Aufzeichnung <strong>von</strong> Bodenbewegungen während eines Erdbebens. Aufgrund<br />

der Seismogramme kann man die Distanz zwischen Hypozentrum und seismischer Station,<br />

die Tiefe des Erdbebenherds, die Magnitude, die Grösse und die räumliche Orientierung der<br />

Bruchflächen messen.


Kapitel 2 Erdbeben 5<br />

Verwerfung<br />

Trennflächen im Untergrund, entlang welchen sich Gesteinsmassen relative zueinander bewegen<br />

können. Nicht an jeder Verwerfung kommt es zu Bewegungen. Verwerfungen können<br />

jede beliebige räumliche Orientierung einnehmen. Sie können auch verschiedene Grössenordnungen<br />

aufweisen, <strong>von</strong> wenigen Zentimetern bis zu mehreren hundert Kilometer.<br />

Lithosphärenplatten<br />

Die Lithosphäre umfasst die Erdkruste. Die Mächtigkeit variiert <strong>von</strong> wenigen Kilometern am<br />

mittelozeanischen Rücken bis 100 oder 200 km unter den Kontinenten. Die Lithosphäre ist in<br />

sieben grosse und zahlreiche kleine Lithosphärenplatten unterteilt. Diese Platten befinden<br />

sich in ständiger Bewegung, die durch thermische Konvektionsströme im Erdmantel verursacht<br />

wird.<br />

2.3 Seismologische Klassierung<br />

Um Erdbeben zu erfassen und untereinander vergleichen zu können, ist es nötig ihre Stärke<br />

zu ermitteln. Dies geschieht entweder anhand der Magnitude oder der Intensität. Die Magnitude<br />

ist ein Mass der, bei der Entstehung <strong>von</strong> Erdbeben freigesetzten, Energie. Sie wird zum<br />

Beispiel mit der Richterskala gemessen.<br />

2 2 3 ∗ log<br />

<br />

<br />

Die Richterskala ist nach oben offen. Durch die logarithmische Definition der Formel bedeutet<br />

eine Zunahme der Stärke um einen Punkt eine etwa 30-mal so hohe Energie. Im Gegensatz<br />

zur Richterskala beruht die Mercalliskala auf der subjektiven Wahrnehmung der Erdbebenauswirkung.<br />

Aus der Mercalliskala wurde die Europäische Makroseismische Skala<br />

„EMS-98“ entwickelt. Die verschiedenen Stufen, deren Definition und Beschreibung kann in<br />

Tabelle 2-1 abgelesen werden.


6 Erdbeben Kapitel 2<br />

Tabelle 2-1 Europäische Makroseismische Skala EMS-98 [2, S. 4]<br />

EMS Definition Beschreibung<br />

I nicht fühlbar nicht fühlbar<br />

II<br />

kaum bemerkbar<br />

Nur sehr vereinzelnd <strong>von</strong> ruhenden Personen wahrgenommen.<br />

III schwach Von wenigen Personen in Gebäuden wahrgenommen. Ruhende Personen<br />

fühlen ein leichtes Schwingen oder Erschüttern.<br />

IV deutlich Im Freien vereinzelnd, in Gebäuden <strong>von</strong> vielen Personen wahrgenommen.<br />

Einige Schlafende erwachen. Geschirr und Fenster klirren, Türen<br />

klappern.<br />

V stark Im Freien <strong>von</strong> wenigen, in Gebäuden <strong>von</strong> den meisten Personen wahrgenommen.<br />

Viele Schlafende erwachen. Wenige werden verängstigt.<br />

Gebäude werden insgesamt erschüttert. Hängende Gegenstände können<br />

stark pendeln, kleine Gegenstände werden verschoben. Türen und Fenster<br />

schlagen auf oder zu.<br />

VI<br />

VII<br />

VIII<br />

leichte Gebäudeschäden<br />

Gebäudeschäden<br />

schwere Gebäudeschäden<br />

Viele Personen erschrecken und flüchten ins Freie. Einige Gegenstände<br />

fallen um. An vielen Häusern, vornehmlich in schlechtem Zustand, entstehen<br />

leichte Schäden wie feine Mauerrisse und das Abfallen <strong>von</strong> kleinen<br />

Verputzteilen.<br />

Die meisten Personen erschrecken und flüchten ins Freie. Möbel werden<br />

verschoben. Gegenstände fallen in grossen Mengen aus Regalen. An<br />

vielen Häusern solider Bauart treten mässige Schäden auf. Vornehmlich<br />

Gebäude in schlechtem Zustand zeigen grössere Risse und Einsturz <strong>von</strong><br />

Mauerwerkswänden.<br />

Viele Personen verlieren das Gleichgewicht. An vielen Gebäuden einfacher<br />

Bausubstanz treten schwere Schäden auf. Gebäude sehr einfacher<br />

Bauart stürzen ein.<br />

IX zerstörend Allgemeine Panik unter den Betroffenen. Sogar gut gebaute Bauten zeigen<br />

sehr schwere Schäden und teilweisen Einsturz tragender Bauteile.<br />

Viele schwächere Bauten stürzen ein.<br />

X sehr zerstörend Viele gut gebaute Häuser werden zerstört oder erleiden schwere Beschädigungen.<br />

XI verwüstend Die meisten Bauwerke, selbst einige mit gutem erdbebengerechtem<br />

Konstruktionsentwurf und Ausführung, werden zerstört.<br />

XII<br />

vollständig<br />

verwüstend<br />

Nahezu alle Konstruktionen werden zerstört.


Kapitel 2 Erdbeben 7<br />

2.4 Naturgefahr Erdbeben<br />

In der Schweiz wird die Bedrohung durch Erdbeben im Allgemeinen aufgrund der seltenen<br />

Ereignisse unterschätzt. Die Eintrittswahrscheinlichkeit <strong>von</strong> starken Beben ist in der Schweiz<br />

relativ gering. Das Schadenspotential jedoch umso grösser. Wenn man sich die Definition<br />

eines Risikos genauer anschaut, spielen diese zwei Faktoren hinein.<br />

∗ <br />

Die Studie „KATARISK“ vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz analysiert die einzelnen<br />

Gefährdungen und vergleicht deren Risiken. Die Abbildung 2-1 zeigt dabei die grosse Bedeutung<br />

der Naturgefahr Erdbeben.<br />

Abbildung 2-1<br />

Anteil der Risiken der verschiedenen Naturgefahren gemäss der Studie KATA-<br />

RISK – Katastrophen und Notlagen in der Schweiz.<br />

Durchschnittlich ereignen sich in der Schweiz Erdbeben mit einer Magnitude ≥ 1.0 etwa<br />

einmal pro Tag, solche mit einer Magnitude ≥ 4.0 etwa einmal pro Jahr. Durch Erdbeben solcher<br />

Stärke werden im Normalfall noch keine Gebäude beschädigt, es wird jedoch deutlich,<br />

dass Erdbeben in der Schweiz keine Seltenheit sind und bei der Planung berücksichtigt werden<br />

müssen [Schweizerischer Erdbebendienst]. Erdbeben in der Grössenordnung Magnitude<br />

5.0 sind in der Schweiz zwar selten, kommen aber immer wieder vor, wie die Abbildung 2-2<br />

zeigt.


8 Erdbeben Kapitel 2<br />

Abbildung 2-2<br />

Historische Erdbeben Schweiz (Schweizerischen Erdbebendienst).<br />

In der Schweiz ist alle 10 Jahre mit einem Beben der Stärke 5 und wie in der Abbildung 2-2<br />

zu sehen, ca. alle 100 Jahre ein Beben der Stärke 6 zu erwarten.<br />

Die Abbildung 2-3 zeigt die Gefährdungskarte der Schweiz. Am stärksten gefährdet ist das<br />

Wallis, gefolgt <strong>von</strong> Basel, Graubünden und dem Alpennordrand. Die Gefährdungskarte<br />

stellt den zu erwartenden Wert der horizontalen Bodenbeschleunigung für eine Wiederkehrperiode<br />

<strong>von</strong> 475 Jahren dar. Die Abbildung 2-3 bezieht sich auf einen harten Felsuntergrund.<br />

Die mögliche Erhöhung der Bodenbeschleunigung aufgrund des lokalen Untergrunds<br />

muss an jedem Standort zusätzlich einberechnet werden.<br />

Abbildung 2-3<br />

Erdbebengefährdungskarte der Schweiz (Schweizerischen Erdbebendienst).<br />

Die Schweizer Rückversicherer schätzen die Schäden eines Erdbebens der Stärke 5.5 bis 6.0<br />

auf 7 Milliarden Franken. Ein Erdbeben der Stärke 6 bis 6.5 könnte sogar Schäden in der Höhe<br />

<strong>von</strong> 40 Milliarden Franken verursachen. Diese hohen Kosten entstehen, weil die meisten<br />

Gebäude in der Schweiz nicht, oder nach veralteten Grundsätzen, auf Erdbeben dimensioniert<br />

wurden [2, S. 6].


Kapitel 2 Erdbeben 9<br />

2.5 Entwicklung Erdbebennorm CH<br />

In den 50er Jahren werden die Erdbebeneinwirkungen in der Schweiz erstmals bei der Bemessung<br />

<strong>von</strong> Talsperren berücksichtigt. Erst 20 Jahre später werden, unter anderem als Folge<br />

der starken internationalen Entwicklung des Erdbebeningenieurwesens, die ersten Erdbebenbestimmungen<br />

für normale Bauwerke in der Schweiz erlassen [10, S. 33]. Seit der Einführung<br />

der Norm SIA 160 im Jahre 1970 wird das Erdbeben mit einer horizontalen Ersatzkraft<br />

berücksichtigt. Diese horizontale Ersatzkraft beträgt 2 % der vertikalen Last (5 % im<br />

Kanton Basel-Stadt) [2, S. 6]. Die im Jahre 1975 erschienene SIA Empfehlung 160/2 sollte die<br />

„praktische[n] Massnahmen zum Schutze der Bauwerke gegen Erdbeben“ regeln, findet aber<br />

in der Praxis wenig Beachtung [10, S. 33].<br />

Die im Jahre 1989 überarbeitete Norm SIA 160 verfeinert den Ansatz zur Erdbebenberechnung.<br />

Wichtige Konzepte wie Bauwerksklassen, konzeptionelle und konstruktive Massnahmen<br />

des erdbebengerechten Entwurfs, Antwortspektren- und Reduktionsfaktoren in Abhängigkeit<br />

der Bauweisen werden eingeführt [10, S. 33]. Auch in der überarbeiteten Norm<br />

wird weiterhin mit einer einzigen statischen Ersatzlast pro Geschossdecke gerechnet. Diese<br />

wird jedoch abhängig <strong>von</strong> der ersten, abgeschätzten Eigenfrequenz des Gebäudes anhand<br />

<strong>von</strong> Antwortspektren ermittelt. Zudem unterscheidet die SIA 160 (1989) zwischen drei verschiedenen<br />

Bauwerksklassen. Dadurch wird die horizontale Ersatzkraft abhängig <strong>von</strong> der<br />

Bedeutung der jeweiligen Bauwerke. Zusätzlich wird die Schweiz in drei Gefährdungszonen<br />

aufgeteilt, was die regional unterschiedlich starke Gefährdung durch Erdbeben berücksichtigt.<br />

Um das Verhalten des Bauwerks unter Erdbebeneinfluss zu verbessern werden zudem<br />

konzeptionelle und konstruktive Massnahmen beschrieben [2, S. 6].<br />

Die heute geltende Norm SIA 261 tritt 2003 in Kraft. Diese berücksichtigt neu eine Bemessungssituation<br />

„Erdbeben“. Die Erdbebeneinwirkung wird darin deutlich erhöht und die<br />

Anwendung des in der Vorgängernorm beschriebenen Ersatzkraftverfahrens wird durch die<br />

Definition <strong>von</strong> strengen Grenzen auf ein paar wenige reale Bauteile eingeschränkt. Das neue<br />

Standardberechnungsverfahren ist das Antwortspektrenverfahren. Es basiert auf einem ähnlichen<br />

Ansatz wie das Ersatzkraftverfahren, da auch bei diesem Verfahren eine statische Ersatzlast<br />

zur Abbildung der Erdbebeneinwirkung verwendet wird. Diese Ersatzkräfte werden<br />

jedoch beim Antwortspektrenverfahren anhand mehrerer Eigenfrequenzen berechnet und<br />

für jedes finite Element des Modells eingeführt. Das hat zur Folge, dass das Antwortspektrenverfahren<br />

nur an sehr einfachen Beispielen <strong>von</strong> Hand gerechnet werden kann. So kommen<br />

im Allgemeinen 3D-Modelle zum Einsatz, an denen die Eigenschwingungen berechnet<br />

und die grosse Anzahl <strong>von</strong> Ersatzkräften eingeführt werden [2, S. 6]. In der Norm SIA 261<br />

sind neu sechs unterschiedliche Baugrundklassen (gegenüber nur zwei in der Norm SIA 160<br />

1989) aufgeführt. Auch das elastische Antwortspektrum hat sich gegenüber der Norm SIA<br />

160 1989 geändert. Es ist schmäler und höher geworden [11, S. 60 f.].


10 Erdbeben Kapitel 2<br />

Abbildung 2-4 zeigt die stetige Zunahme der Erdbebenbeschleunigung und im Gegensatz<br />

dazu die stetige Abnahme der daraus resultierenden Verschiebung für ein gewöhnliches<br />

Gebäude (Bauwerksklasse I in der Zone Z1) gemäss den früheren Normen im Vergleich zur<br />

heute gültigen Norm SIA 261 (2003). Zusammenfassend kann man sagen, dass in den früheren<br />

Normen die maximal zu erwartende Beschleunigung stark unterschätzt und die zu erwartenden<br />

Verschiebungen überschätzt wurden [13, S. 10].<br />

Abbildung 2-4 Links: Vergleich der elastischen Bemessungsspektren der Beschleunigung der<br />

Normen SIA 160 (1970), SIA 160 (1989) und SIA 261 (2003) für die Bauwerksklasse I in der Zone<br />

Z1 [13, S. 9]. Rechts: Vergleich der elastischen Bemessungsspektren der Verschiebung der Normen<br />

SIA 160 (1970), SIA 160 (1989) und SIA 261 (2003) für die Bauwerksklasse I in der Zone Z1<br />

[13, S. 9].<br />

Das Merkblatt SIA 2018 wird 2004 herausgegeben. Es ist eine Erweiterung der Norm SIA 261<br />

und regelt vor allem die Erdbebeneinwirkung auf bestehende Gebäude. So muss bei <strong>bestehenden</strong><br />

Gebäuden nicht zwingend ein Erfüllungsgrad <strong>von</strong> 1.0 erreicht werden. Zudem wird<br />

im Merkblatt auf die Verwendung des PushOver-Verfahrens für bestehende Bauten hingewiesen.<br />

2.6 Erdbeben nach CH Norm<br />

Die Durchführung <strong>von</strong> Erdbebenberechnungen, die Bemessung und die konstruktive<br />

Durchbildung <strong>von</strong> Bauteilen sind durch die SIA in folgenden Normen sowie Dokumentationen<br />

festgelegt:<br />

- Norm SIA 260 Grundlagen der Projektierung <strong>von</strong> Tragwerken<br />

- Norm SIA 261 Einwirkungen auf Tragwerke<br />

- Normen SIA 262 - 267 Materialnormen<br />

- Merkblatt SIA 2018 Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben<br />

- Doku SIA D 0181 Einführung in die Normen SIA 260 und 261<br />

- Doku SIA D 0191 Bemessungsbeispiele zu den Normen SIA 260 und 261<br />

- Doku SIA D 0211 Einführung in das Merkblatt SIA 2018


Kapitel 2 Erdbeben 11<br />

Die Einwirkung aus Erdbeben auf Tragwerke wird in der Norm SIA 261 mit den Bemessungsspektren<br />

bestimmt. Auf die Bemessungsspektren, haben mehrere Parameter einen Einfluss.<br />

Der Bedeutungsfaktor γf, welcher Anhand der Bauwerksklassen festgelegt ist, bildet<br />

die Wichtigkeit und das Gefahrenpotential ab. Die horizontale Bodenbeschleunigung agd<br />

berücksichtigt die verschiedenen Gefährdungen der Erdbebenzonen und kann anhand der<br />

Karte „Gefährdungszonen Erdbeben“ in der SIA Norm 261 Anhang F festgelegt werden. Der<br />

Verhaltensbeiwert q wird im Kapitel 2.6 näher beschrieben. Die Baugrundklassen, welche<br />

die Parameter zur Berechnung der Antwortspektren definiert, sind in der Norm SIA 261 aufgelistet<br />

[2, S. 10].<br />

2.6.1 Baugrundklasse<br />

Je nach Baugrundklasse ist mit unterschiedlichen Antwortspektren zu rechnen. Je härter der<br />

Baugrund, z.B. Fels (Baugrundklasse A), desto kleiner werden die Erdbebenbemessungsparameter,<br />

da bei weicherem Baugrund mit grösseren Erdbebenkräften gerechnet werden<br />

muss. Abbildung 2-5 zeigt die Auswirkung der verschiedenen Bodenklassen auf die Antwortspektren<br />

für eine viskose Dämpfung <strong>von</strong> ξ = 0.05.<br />

Abbildung 2-5 Elastische Antwortspektren für eine viskose Dämpfung ξ = 0.05 [18, S. 61].<br />

2.6.2 Bemessungsspektrum<br />

In der Norm 261 16.2.4 sind die Bemessungsspektren in der Form <strong>von</strong> mathematischen Gleichungen<br />

(30 bis 33) beschrieben. Die Bemessungsspektren basieren auf elastischen Antwortspektren,<br />

welche in der Norm SIA 261 mit einer viskosen Dämpfung ξ = 0.05, den Baugrundklassen<br />

A bis E, einem Korrekturfaktor η für andere viskose Dämpfungen, dem Verhaltensbeiwert<br />

q sowie der Bodenbeschleunigung agd definiert sind [2, S. 20].<br />

2.6.3 Bauwerksklasse und Bedeutungsfaktor<br />

Nicht alle Bauwerke weisen die gleiche Wichtigkeit auf. Aus diesem Grund wird bei der<br />

Erdbebenbemessung gemäss der Norm SIA 261 eine Einteilung in drei Bauwerksklassen


12 Erdbeben Kapitel 2<br />

(BWK I bis BWK III) vorgenommen. Rechnerisch wird der unterschiedliche Schutzgrad mit<br />

dem Bedeutungsfaktor γf berücksichtigt. Ein BWK I weist ein γf <strong>von</strong> 1.0 auf, was auf eine<br />

Wiederkehrperiode <strong>von</strong> 475 Jahren hindeutet. Ein Gebäude der Bauwerksklasse BWK III<br />

hingegen wird mit einem Bedeutungsfaktor γf <strong>von</strong> 1.4 bemessen und sollte somit einem Erdbeben,<br />

wie es alle 1‘200 Jahre stattfindet, standhalten. Die Entstehung und Bedeutung der<br />

Wiederkehrperiode wird im Kapitel 5.3 näher erläutert.<br />

2.6.4 Modale Masse<br />

An die Beschleunigung agd tragen nicht alle modalen Massen einen signifikanten Beitrag bei.<br />

Darum schreibt die Norm SIA 261 vor, dass so viele modale Massen berücksichtigt werden<br />

müssen, bis ihre Summe mindestens 90 % der realen Masse entsprechen. Dies kann über die<br />

Anzahl der Eigenschwingungen gesteuert werden.<br />

2.6.5 Exzentrizität<br />

Da die Ersatzkräfte beim Antwortspektrenverfahren an den Knoten des Finite-Element-<br />

Netzes angesetzt werden, wird so die Exzentrizität infolge asymmetrischen Grundriss berücksichtigt.<br />

Nebst der Exzentrizität aus asymmetrischem Grundriss muss aber auch die<br />

Torsion infolge zufälliger Exzentrizität berücksichtig werden. Diese wird z.B. durch Bauungenauigkeiten,<br />

Unterlagsböden mit variabler Stärke und durch nicht gleichmässige Verteilung<br />

der Nutzlasten verursacht. Gemäss der Norm SIA 261 muss die zufällige Exzentrizität<br />

als 5 % der Gebäudebreite in beide Richtungen angesetzt werden [2, S. 20].<br />

2.6.6 Nachweis der Tragsicherheit / Gebrauchstauglichkeit<br />

Die Erdbebeneinwirkung ist als aussergewöhnliche Einwirkung zu betrachten. Für den<br />

Nachweis der Tragsicherheit sind grundsätzlich die charakteristischen Werte der ständigen<br />

Einwirkung Gk, die quasiständigen Werte der veränderlichen Einwirkungen ψ2 ∗ Qk sowie<br />

die dazugehörigen Erdbebenlasten AEd zu berücksichtigen. Für die Tragsicherheit gilt:<br />

ψ ∗ <br />

Die Gebrauchstauglichkeit ist grundsätzlich nur für Gebäude der Bauwerksklasse III nachzuweisen.<br />

Dabei kann die Erdbebeneinwirkung gegenüber dem Nachweis der Tragsicherheit<br />

um die Hälfte reduziert werden. Für die Gebrauchstauglichkeit gilt demnach:<br />

0.5 ∗ ψ ∗ <br />

Mit dieser Einwirkung muss für den Gebrauchstauglichkeitsnachweis muss der Stockwerksdrift<br />

d nachgewiesen werden. Der Drift ist die seitliche Auslenkung pro Stockwerk


Kapitel 2 Erdbeben 13<br />

und ist bei Gebäuden mit sprödem Bauteilverhalten auf d ≤ h/500, bei Gebäuden mit duktilem<br />

Bauteilverhalten auf d ≤ h/200 begrenzt.<br />

2.7 Tragwiderstand und Duktilität<br />

Das Erdbebenverhalten eines Tragwerks wird vorwiegend durch den Tragwiderstand gegen<br />

horizontale Kräfte und durch die vorhandene Duktilität (Verformungsvermögen) bestimmt.<br />

Die Abbildung 2-6 zeigt, was Duktilität bedeutet. Als Duktilität bezeichnet man das Verhältnis<br />

(utot/uy) zwischen der Verformung (utot) beim Versagen und der Verformung (uy) bei Beginn<br />

der Plastifizierung.<br />

Abbildung 2-6 Allgemeine Festlegung der Duktilität [12, S. 40].<br />

Ein Tragwerk kann so ausgebildet werden, dass es einen genügend grossen Tragwiderstand<br />

gegen horizontale Kräfte aufweist, ohne dass es plastische Verformungen erfährt. In diesem<br />

Fall besteht kein Duktilitätsbedarf, d.h. es ist kein Verformungsvermögen des Tragwerks<br />

erforderlich. Eine zweite mögliche Lösung besteht darin, ein Tragwerk mit einem tiefen<br />

Tragwiderstand, einer aber umso höheren Duktilität zu schaffen. Damit werden unter Einwirkung<br />

des Bebens grosse Verformungen und wahrscheinlich auch grosse Schäden entstehen,<br />

das Bauwerk wird aber nicht einstürzen. Eine Lösung zwischen den beiden Extremvarianten<br />

ist anzustreben. Damit wird das Bemessungsbeben nur mässige plastische Verformungen<br />

erzeugen, der Duktilitätsbedarf bleibt dabei verhältnismässig gering. Diese Variante ist<br />

gerade in der Schweiz, wo die Seismizität eher gering ist, gleichzeitig die akzeptierten Schäden<br />

eher mässig sind, am vorteilhaftesten [1, Kap. 13]. Eine ausreichende Duktilität führt<br />

dazu, dass sich ein Tragwerk während eines Erdbebens plastisch verformt und in den plastisch<br />

verformten Bereichen Energie dissipiert [12, S. 40].<br />

Zur Berücksichtigung des Verformungsverhaltens eines Tragwerks unter Erdbebeneinwirkung<br />

wird der Verhaltensbeiwert q definiert. Er wird in der jeweiligen Materialnorm SIA 262<br />

bis 267 festgelegt. Der Verhaltensbeiwert wird angesetzt um das inelastische Verhalten eines<br />

Bauwerks im, per Definition linear-elastischen Antwortspektrenverfahren, abzubilden. Damit<br />

wird der Einfluss der Dämpfung durch Energiedissipation berücksichtigt. Der Verhal-


14 Erdbeben Kapitel 2<br />

tensbeiwert mindert das Bemessungsspektrum der Beschleunigung aus der Norm SIA 261<br />

ab. Je duktiler ein Baustoff respektive ein Tragwerk ist, desto grösser ist der Verhaltensbeiwert<br />

und desto geringer wird das Bemessungsspektrum der Beschleunigung. In der Normenreihe<br />

SIA 261 bis 267 wird grundsätzlich zwischen duktilem und nicht-duktilem Tragwerksverhalten<br />

unterschieden. Die Verhaltensbeiwerte q sind für nicht duktiles Tragwerksverhalten<br />

dementsprechend kleiner als für duktiles Verhalten. Die Anwendung des Konzept<br />

des nicht duktilen Tragwerksverhaltens ist im Allgemeinen nur für kleine Erdbebenkräfte zu<br />

empfehlen, d.h. für leichte Bauwerke in den niedrigen Erdbebenzonen und bei günstigen<br />

Baugrundverhältnissen. Durch die konstruktive Ausbildung für duktiles Tragwerksverhalten<br />

können die Erdbebenbeanspruchungen auf bis zu 30% der entsprechenden Werte für<br />

nichtduktiles Verhalten reduziert werden [11, S. 64 f.].<br />

Bei den verformungsbasierten Verfahren wird keine Duktilität vorgegeben, sie wird aus den<br />

Berechnungen bestimmt. Durch die Berücksichtigung <strong>von</strong> Nichtlinearitäten bei den verformungsbasierten<br />

Verfahren wird meist eine höhere Duktilität erreicht als dies in den SIA<br />

Normen vorgegeben ist.<br />

2.8 Erdbebengerechter Entwurf<br />

Die Norm SIA 261, Abschnitt 16.4 legt konzeptionelle und konstruktive Massnahmen in Abhängigkeit<br />

der Erdbebenzone sowie der Bauwerksklasse fest. Dabei wird zwischen empfohlenen<br />

Massnahmen, nur in Ausnahmefällen zu missachtenden, und zwingenden Massnahmen<br />

unterschieden. Wenn der projektierende Ingenieur bereits in einer frühen Phase in die<br />

Projektplanung einbezogen wird, können häufig fachgerechte konzeptionelle Entwürfe vom<br />

Architekten in die Planung einbezogen werden. Die Kosten für „erdbebengerechtes Bauen“<br />

sinken so auf ein Minimum. Bei Nachrechnungen <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden ist das leider<br />

nicht mehr möglich. Trotzdem kann anhand <strong>von</strong> ein paar wesentlichen Punkten eine erste<br />

grobe Abschätzung über den zu erwartenden Erdbebenerfüllungsgrad gegeben werden. Die<br />

nachfolgenden Grundsätze sollen helfen ein neues Gebäude fachgerecht zu konzipieren, aber<br />

auch ein bestehendes Gebäude auf dessen <strong>Erdbebensicherheit</strong> zu beurteilen. Die konzeptionellen<br />

Entwurfsgrundsätze sowie die Abbildungen wurden aus [10, S. 13-16] übernommen.<br />

In einem erdbebengerechten Entwurf werden weiche Erdgeschosse und weiche Obergeschosse,<br />

wie in Abbildung 2-7 dargestellt, vermieden. Aussteifungselemente, welche in den<br />

Obergeschossen vorhanden sind und im Erdgeschoss nur durch relativ dünne Stützen ersetzt<br />

werden, bewirken ein in horizontaler Richtung weiches Erdgeschoss und führen zum<br />

Stützenmechanismus. Dasselbe gilt auch für Aussteifungselemente welche in den Obergeschossen<br />

weggelassen werden.


Kapitel 2 Erdbeben 15<br />

Abbildung 2-7 Links: Weiches Erdgeschoss und der daraus resultierende Stützenmechanismus,<br />

welcher zum Einsturz führen kann [10, S. 12]. Rechts: Weiches Obergeschoss und der daraus resultierende<br />

Stützenmechanismus, welcher zum Einsturz führen kann [10, S. 12].<br />

Eine asymmetrische Aussteifung des Gebäudes, wie in Abbildung 2-8 gezeigt, sollte vermieden<br />

werden. Wenn das Widerstandszentrum W nicht mit dem Massezentrum M zusammenfällt,<br />

führt dies zu starker Torsion mit Verdrehung des Gebäudes um das Steifigkeitszentrum<br />

S (Schubmittelpunkt). Dies wiederum führt vorwiegend zum Versagen der Stützen die weit<br />

<strong>von</strong> S entfernt stehen. Auch das Versetzen <strong>von</strong> aussteifenden Elementen ebenfalls in Abbildung<br />

2-8 dargestellt, sollte vermieden werden. Bei den Versetzungen können auch bei beträchtlichem<br />

Mehraufwand vor allem die Biegemomente und Querkräfte der Aussteifungen<br />

nicht einwandfrei übertragen werden.<br />

Abbildung 2-8 Links: Unsymmetrische Aussteifung des Gebäudes führt zu grosser Verdrehung<br />

um den Schubmittelpunkt [10, S. 13]. Rechts: Bei Versetzten Aussteifungen ist es schwierig die Biegemomente<br />

und die Querkräfte einwandfrei zu übertragen [10, S. 13].<br />

Steifigkeits- und Widerstandssprünge über die Höhe des Tragwerks können zu einem unregelmässigen<br />

dynamischen Verhalten führen. Dabei wirkt vor allem eine Vergrösserung der<br />

Steifigkeit und damit des Widerstandes <strong>von</strong> unten nach oben, wie in Abbildung 2-9 zu sehen,<br />

wesentlich ungünstiger als umgekehrt. Wie die Widerstandssprünge sollten auch<br />

Mischsysteme aus Stahlbetonrahmen und tragenden Mauerwerkswänden vermieden werden.<br />

Denn die Mauerwerkswände werden praktisch die gesamten Erdbebenkräfte abtragen,<br />

da sie wesentlich steifer sind als die Rahmen. Sollten die Mauerwerkswände infolge Erdbebenkräfte<br />

versagen, können sie auch die Schwerelasten nicht mehr abtragen und es kommt


16 Erdbeben Kapitel 2<br />

zum Totaleinsturz. Oft genügt es bei mässiger Seismizität, wie dies in der Schweiz meist der<br />

Fall ist, pro Hauptrichtung zwei, über die gesamte Gebäudehöhe verlaufende, Stahlbetontragwände<br />

anzuordnen (Abbildung 2-9). Dabei ist zu beachten, dass Wände mit L-Querschnitt<br />

und solche mit U-Querschnitt statisch meist wesentlich weniger ideal sind, als einfache,<br />

gerade Wände, da es bei der duktilen Gestaltung zu Schwierigkeiten führen kann.<br />

Abbildung 2-9 Links: Steifigkeits- und Widerstandssprünge über die Höhe des Tragwerks<br />

[10, S. 13]. Rechts: Mögliche Anordnung mit zwei Stahlbetontragwänden pro Hauptrichtung<br />

[10, S. 14].<br />

Das Ausfüllen <strong>von</strong> Rahmen durch Mauerwerk sollte vermieden werden, da das steife, spröde<br />

Mauerwerk am Anfang eines Erdbebens fast die ganzen Erdbebenkräfte aufnimmt, dabei<br />

aber oft auf schiefen Druck oder durch Gleiten versagt. Weiter kann das Mauerwerk, wie in<br />

Abbildung 2-10 zu sehen, relativ dünne Stützen abscheren. Viel besser ist es, die Mauerwerkswände<br />

nichttragend auszuführen und durch Fugen vom Skelettbau, mit einem sehr<br />

weichen, schallhemmenden Stoff zu trennen sowie gegen Querbeschleunigung zu sichern.<br />

Abbildung 2-10 Links: Das Ausfüllen <strong>von</strong> Rahmen mit Mauerwerk kann zum abscheren <strong>von</strong> den<br />

Stahlstützen führen [10, S. 14]. Rechts: Trennen <strong>von</strong> nichttragenden Mauerwerkswänden mittels<br />

einem sehr weicher und schallhemmenden Stoff [10, S. 15].<br />

Kurze Stützen oder Brüstungen in Rahmen, wie in Abbildung 2-11 zu sehen, sollten vermieden<br />

werden. In Rahmen mit starken Riegeln können die Stützen bis zu ihrem plastischen<br />

Moment beansprucht werden. Bei kurzen Stützen ist zu beachten, dass sich ein enormer<br />

Momentengradient und somit eine grosse Querkraft aufbaut, welche bereits vor dem Errei-


Kapitel 2 Erdbeben 17<br />

chen des plastischen Moments zum Schubbruch führen kann. Dasselbe Phänomen entsteht<br />

durch das fugenlose Einfügen <strong>von</strong> Brüstungen in den Rahmen. Auch hier entsteht ein<br />

Schubbruch oder, falls die Schubfestigkeit gegeben ist, ein Stützenmechanismus mit wesentlichen<br />

Effekten 2. Ordnung.<br />

Abbildung 2-11 Links: Steife Riegel verursachen eine grosse Querkraft in den kurzen Stützen, welche<br />

zum Schubbruch führen kann [10, S. 15]. Rechts: Dasselbe Phänomen wie bei den kurzen Stützen<br />

tritt bei fugenlos eingefügten Brüstungen auf [10, S. 15].<br />

Es sollten möglichst kompakte Grundrisse angestrebt werden und allfällige Fugen zwischen<br />

benachbarten Gebäuden müssen fachgerecht ausgebildet sein. Die Abbildung 2-12 zeigt links<br />

ein stark aufgelöster Grundriss, welcher unterschiedlich Schwingverhalten aufweist. Wird<br />

das Gebäude in zwei kompakte Grundrisse geteilt, können grossen Belastungen im Übergangsbereich<br />

vermieden werden. Bei der Trennung durch Fugen ist jedoch darauf zu achten,<br />

dass die Fugen eine gewisse Mindestbreite aufweisen müssen, sie nicht gefüllt sind und keine<br />

Kontaktbrücken aufweisen. So kann vermieden werden, dass die Gebäude im Falle eines<br />

Erdbebens zusammenstossen. Dies ist besonders gefährlich wenn die Geschossdecken der<br />

benachbarten Gebäude auf unterschiedlicher Höhe sind und gegen Stützen stossen, da diese<br />

stark beschädigt werden können.<br />

Abbildung 2-12 Links: Kompakte Grundrisse sind anzustreben, da sonst unterschiedliche Schwingungen<br />

auftreten welche zu grossen Belastungen im Übergangsbereich führen [10, S. 16]. Rechts: Die<br />

Fugen zwischen den Gebäuden müssen fachgerecht ausgeführt werden [10, S. 16].


18 Übersicht Berechnungsverfahren Kapitel 3<br />

3 Übersicht Berechnungsverfahren<br />

Ein Bauwerk erfährt während eines Erdbebens eine dynamisch-zyklische Beanspruchung,<br />

welche über den elastischen Bereich hinausgeht. Aus diesem Grund ist das Erdbebenverhalten<br />

<strong>von</strong> Bauwerken in seiner Komplexität schwer fassbar. Die beschriebenen Methoden unterscheiden<br />

sich stark im Berechnungsaufwand und in der Realitätsnähe. Der Gebäudetyp<br />

und die notwendigen Nachweise entscheiden schlussendlich darüber, welches Verfahren am<br />

geeignetsten ist.<br />

3.1 Kraftbasierte Verfahren<br />

Bei den kraftbasierten Verfahren werden statische Ersatzlasten eingeführt, welche die Erdbebenkräfte<br />

abbilden. Die daraus resultierenden Auswirkungen in Form <strong>von</strong> Schnittkräften<br />

in den einzelnen Bauteilen, werden deren Tragwiderständen gegenübergestellt<br />

[6, Kap. 2, S. 1]. Es wird meist ein linear elastisches Tragwerksverhalten vorausgesetzt.<br />

Nichtlineare kraftbasierte Verfahren existieren zwar, werden aber wegen des sehr hohen<br />

Rechenaufwands selten eingesetzt. Das plastische Verformungsvermögen und die Überfestigkeit<br />

werden stattdessen mit dem Verhaltensbeiwert q berücksichtigt [13, S. 19]. Das Ersatzkraftverfahren,<br />

das Antwortspektrenverfahren und die Time History Analyse zählen zu<br />

den kraftbasierten Verfahren. Diese Verfahren werden vorwiegend für die Bemessung <strong>von</strong><br />

Neubauten eingesetzt [2, S. 9].<br />

3.1.1 Ersatzkraftmetverfahren<br />

Das Ersatzkraftverfahren beruht auf einem linear elastischen Tragwerksmodell. Aus einer<br />

Näherung der ersten Eigenfrequenz wird die horizontale Gesamtlast errechnet, welche über<br />

eine feste Verteilung gemäss Norm SIA 261, auf die einzelnen Geschosse aufgeteilt wird. Die<br />

Ersatzkraftmethode ist das einzige Verfahren, welches mit einem vertretbaren Aufwand <strong>von</strong><br />

Hand berechnet werden kann [22, S. 44]. Sie ist jedoch nach der Norm SIA 261 nur für Bauten<br />

zugelassen, welche strenge Kriterien zum statischen Tragsystem erfüllen. Die Ersatzkraftmethode<br />

findet, trotz der grossen Einschränkungen, weiterhin ihre Anwendung, da sie<br />

einfach zu berechnen ist.<br />

3.1.2 Antwortspektrenverfahren<br />

Das Antwortspektrenverfahren kann als eine Weiterentwicklung des Ersatzkraftverfahrens<br />

angesehen werden. Auch das Antwortspektrenverfahren ist ein linear elastisches Verfahren.<br />

Da jedes Gebäude einen Mehrmassenschwinger darstellt, werden durch eine modale Transformation<br />

die Mehrmassenschwinger in eine Reihe <strong>von</strong> Einmassenschwinger zerlegt. Für die<br />

einzelnen Einmassenschwinger werden die Eigenform und daraus die maximale Beschleunigung<br />

berechnet. Anschliessend werden sie wieder in einen Mehrmassenschwinger zurück-


Kapitel 3 Übersicht Berechnungsverfahren 19<br />

transformiert. Da der Einfluss der höheren Eigenformen typischerweise immer gering ausfällt,<br />

erlaubt die Norm SIA 261 die Vernachlässigung der Einmassenschwinger sobald die<br />

Summe der angeregten Massen, im Verhältnis zur realen Masse, den Wert 0.9 übersteigt<br />

[2, S. 8]. Die mithilfe der maximalen Beschleunigung ermittelte Ersatzkraft berechnet sich<br />

über die Antwortspektren für jede Eigenform. Es wird eine Ersatzlast pro Eigenform, Richtung<br />

und finitem Element festgelegt.<br />

Das Antwortspektrum wird durch die verschiedenen Baugrundklassen, die Erdbebenzonen,<br />

die Bauwerksklassen und den Verhaltensbeiwerts definiert. Dabei dient der Verhaltensbeiwert<br />

der Berücksichtigung der Überfestigkeit im nichtlinearen Bereich des Tragverhaltens.<br />

Aufgrund der grossen Anzahl <strong>von</strong> Ersatzlasten kann das Antwortspektrenverfahren nicht<br />

mehr <strong>von</strong> Hand gerechnet werden. Um eine ausreichende Genauigkeit zu erreichen ist ein<br />

3D-Modell Voraussetzung. In der Norm SIA 261 wird das Antwortspektrenverfahren ausführlich<br />

beschrieben und als Standardverfahren zur Berücksichtigung <strong>von</strong> Erdbebeneinwirkung<br />

festgelegt [2, S. 10].<br />

3.1.3 Time History Analyse<br />

Die Time History Analyse stellt eine Simulation des Erdbebens dar. Sie ist eine dynamische<br />

Analyse, welche ein Beschleunigungsdiagramm als Anregung verwendet. Es sind mehrere<br />

Rechenläufe notwendig, da pro Rechenlauf nur ein Erdbebenszenario betrachtet werden<br />

kann. Unter den kraftbasierten Berechnungsverfahren nimmt die Time History Analyse die<br />

geringsten Vereinfachungen vor [22, S. 42]. Durch die Erdbebensimulation ist die Time History<br />

Analyse ein sehr exaktes Verfahren, jedoch auch sehr zeitaufwändig. Aus diesem Grund<br />

kommt sie nahezu ausschliesslich zur Überprüfung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden in Frage<br />

[2, S. 10].<br />

3.2 Verformungsbasierte Verfahren<br />

Verformungsbasierte Verfahren definieren eine aus der Erdbebeneinwirkung resultierende<br />

Verformung und berechnen die daraus resultierenden Kräfte. So wird aus der maximale<br />

Auslenkung der durch das Erdbeben erzeugten Bauwerksschwingungen die massgebende<br />

Einwirkung auf das Bauwerk ermittelt. Die daraus resultierenden maximalen Bauteilverformungen<br />

werden deren Verformungsvermögen gegenübergestellt [13, S. 19]. Der Zusammenhang<br />

zwischen der aufgebrachten Horizontallast und der daraus resultierenden Verformung<br />

kann graphisch als Kapazitätskurve dargestellt werden. Durch den Vergleich der maximal<br />

möglichen Verschiebung des Gebäudes und der Zielverschiebung kann die <strong>Erdbebensicherheit</strong><br />

beurteilt werden. Mit verformungsbasierten Verfahren lassen sich Nichtlinearitäten<br />

effizienter berücksichtigen als bei kraftbasierten Verfahren, da das plastische Verhalten<br />

am tatsächlichen Bauwerk untersucht wird und nicht mit Hilfe eines Verhaltensbeiwerts q.<br />

[6, Kap. 2, S. 1]. Verformungsbasierte Verfahren ermöglichen eine Beurteilung der Erdbeben-


20 Übersicht Berechnungsverfahren Kapitel 3<br />

sicherheit des gesamten Gebäudes, ohne jedes einzelne Bauteil betrachten zu müssen. Allerdings<br />

dürfen die Verfahren nur dann angewendet werden, wenn alle tragenden Bauteile und<br />

deren Verbindungen verformungsfähig sind. Gemäss dem Merkblatt SIA 2018 2.2 sind Bauteile<br />

verformungsfähig, wenn sie ein stabiles zyklisch-plastisches Verformungsverhalten<br />

aufweisen und ein sprödes Versagen ausgeschlossen werden kann. Das PushOver-<br />

Verfahren, das Kapazitätsspektrenverfahren und das Direct Displacement Verfahren zählen<br />

zu den verformungsbasierten Verfahren. Verformungsbasierten Verfahren werden vorwiegend<br />

für den Nachweis <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden eingesetzt [2, S. 9].<br />

3.2.1 PushOver-Verfahren<br />

Das PushOver-Verfahren kann linear oder nichtlinear durchgeführt werden. Die nichtlineare<br />

Berechnung ist vor allem für die realistische Betrachtung <strong>von</strong> Mauerwerksbauten sinnvoll.<br />

So kann beispielsweise ein Zugausschluss im Mauerwerk oder Rissbildung berücksichtigt<br />

werden [4, S. 72].<br />

Beim PushOver-Verfahren wird ein Kontrollknoten in konstanten Inkrementen verschoben<br />

und die dazu notwendige totale Horizontallast ermittelt. Die Verteilung der Last basiert dabei<br />

auf der Massenverteilung oder auf der linearisierten ersten Eigenform, wie dies beim<br />

Ersatzkraftverfahren der Fall ist. Die Verschiebung des Kontrollknotens und damit die Berechnung<br />

der totalen Ersatzlast wird weitergeführt bis zum Kollaps des Gebäudes. Das daraus<br />

resultierende PushOver-Diagramm stellt den Zusammenhang zwischen der totalen Horizontallast<br />

(Kraft) und der Verschiebung (des Kontrollknotens) dar. Um die <strong>Erdbebensicherheit</strong><br />

beurteilen zu können wird die, während eines Bebens, maximal auftretende Verschiebung<br />

mit der Verschiebung beim Einsturz verglichen [2, S. 11].<br />

3.2.2 Kapazitätsspektrenverfahren<br />

Das Kapazitätsspektrenverfahren ist eine Weiterentwicklung des PushOver-Verfahrens. Dabei<br />

kann die maximal auftretende Verschiebung des Gebäudes unter Erdbebeneinwirkung<br />

aufgrund des Kapazitätsspektrums noch genauer bestimmt werden als dies beim PushOver-<br />

Verfahren der Fall ist [2, S. 11]. Das duktile Tragverhalten, auf welches das Verfahren zielt,<br />

bedingt eine spezielle konstruktive Ausbildung. Diese garantiert die Duktilität der tragenden<br />

Bauteile eines Tragwerks [12, S. 35].<br />

3.2.3 Direct Displacement Verfahren<br />

Das Direct Displacement Verfahren ist zwar ein verformungsbasiertes Berechnungsverfahren,<br />

beruht aber auf der Annahme eines linearen Ersatzsystems. Weil dadurch keine nichtlineare<br />

Berechnung durchgeführt werden muss, kann die Rechengeschwindigkeit erheblich<br />

gesteigert werden [2, S. 11].


Kapitel 3 Übersicht Berechnungsverfahren 21<br />

3.3 Vergleich der Verfahren<br />

Sowohl die kräftebasierten, wie auch die verformungsbasierten Verfahren sind statische Verfahren,<br />

welche das dynamische Verhalten eines Bauwerks aus dem Vergleich mit dem dynamischen<br />

Verhalten eines Einmassenschwingers ableiten. Der grösste Unterschied ist die<br />

Umrechnung vom elastischen zum elastisch-plastischen Spektrum. Die kraftbasierten Verfahren<br />

verwenden für die Umrechnung den pauschalen Faktor q (Verhaltensbeiwert), was<br />

die Verfahren einfach in der Anwendung macht, jedoch relativ ungenau und meist recht<br />

konservativ ist. Im Gegensatz dazu wird bei den verformungsbasierten Verfahren das tatsächliche<br />

elastisch-plastische Verhalten eines Gebäudes berücksichtigt [6, Kap. 2, S. 15].<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die kräftebasierten Verfahren Schnittkräfte aus Erdbeben<br />

mit dem Widerstand der Bauteile vergleichen. Bei den verformungsbasierten Verfahren<br />

hingegen wird der vom Erdbeben hervorgerufene Verformungsbedarf mit dem Verformungsvermögen<br />

des Bauteils verglichen [13, S. 23].<br />

In der Schweiz werden heute vorwiegend das kräftebasierte Antwortspektrenverfahren und<br />

teilweise das verformungsbasierte PushOver-Verfahren angewendet. Das Antwortspektrenverfahren<br />

wird vor allem bei Neubauten mit einem hohen Betonanteil angewendet, da das<br />

gleiche Modell auch für die statische Bemessung verwendet werden kann. Im Gegensatz<br />

dazu wird das PushOver-Verfahren vorwiegend bei <strong>bestehenden</strong> Gebäuden angewendet, da<br />

das Verfahren geeignet ist um Mauerwerksbauten optimal zu berechnen, weil deren nichtlineares<br />

Verhalten berücksichtigt werden kann. Zudem können die schwachen Elemente identifiziert<br />

und gezielt verstärkt werden. Das verformungsbasierte Verfahren erlaubt eine wirklichkeitsnahe<br />

Erfassung des Bauteilverhaltens untere Erdbebeneinwirkung. Es ist zwar anspruchsvoller<br />

und aufwendiger als das kräftebasierte Verfahren, liefert jedoch meistens einen<br />

höheren Erfüllungsgrad der <strong>Erdbebensicherheit</strong> des Tragwerks [6, Kap. 3, S. 9].<br />

Das kräftebasierte Ersatzkraftverfahren sollte nahezu ausschliesslich bis 2003 zur Erdbebenberechnung<br />

eingesetzt werden, da es nach der neuer Normengeneration nur noch in wenigen<br />

Fällen angewendet werden darf. Da es aber das einzige Verfahren ist, welches mit einem<br />

sinnvollen Aufwand <strong>von</strong> Hand berechnet werden kann, wird es weiterhin eingesetzt. Es sollte<br />

jedoch nicht vergessen werden, dass auch die verformungsbasierten Verfahren noch Vereinfachungen<br />

aufweisen. In Spezialfällen kann daher nur eine Berechnung mit einem Zeitschrittverfahren<br />

(Time History Analyse), angewendet <strong>von</strong> ein paar wenigen Spezialisten,<br />

zuverlässige Ergebnisse liefern [2, S. 10].


22 Ersatzkraftverfahren Kapitel 4<br />

4 Ersatzkraftverfahren<br />

Wie in Kapitel 3 bereits erwähnt, wird beim Ersatzkraftverfahren aus der Näherung der ersten<br />

Eigenfrequenz die horizontale Ersatzlast berechnet, welche über eine feste Verteilung auf<br />

die einzelnen Geschosse wirkt. Die horizontale Ersatzkraft Fd berechnet sich aus:<br />

∗ M<br />

<br />

⁄ <br />

Gemäss Norm SIA 261 wird Fd mithilfe des Ordinatenwerts des Bemessungsspektrums Sd<br />

berechnet.<br />

∗ ∗ <br />

<br />

∗ <br />

Nach Abschätzung der ersten Eigenschwingung T1 gemäss Norm SIA 261 16.5.2.3, mit einem<br />

Ct <strong>von</strong> 0.05,<br />

∗ .<br />

0.05 <br />

äö<br />

kann das massgebende Bemessungsspektrum Sd, welches <strong>von</strong> der ersten Eigenschwingung<br />

abhängig ist, gewählt und daraus die resultierende Ersatzlast berechnet werden.<br />

∗ <br />

∗ 0.67 2.5<br />

<br />

0.67 ∗ <br />

<br />

<br />

2.5 ∗ ∗ <br />

∗ <br />

<br />

<br />

2.5 ∗ <br />

∗ <br />

∗ <br />

∗ <br />

<br />

<br />

2.5 ∗ <br />

∗ <br />

∗ ∗ ∗ <br />

∗ 0.1 ∗ 2.5 ∗ ∗ <br />

<br />

0 <br />

<br />

<br />

<br />

Die horizontale Ersatzlast Fd wird proportional zur Gebäudehöhe verteilt.<br />

, ∗ <br />

∑ <br />

, <br />

ö ,


Kapitel 5 Antwortspektrenverfahren 23<br />

5 Antwortspektrenverfahren<br />

Die Grundlage für die Ermittlung der Antwortspektren bilden Seismogramme <strong>von</strong> Erdbeben<br />

<strong>von</strong> welchen vermutet wird, dass sie an einem bestimmten Ort auftreten können. Ziel ist die<br />

Ermittlung der Maximalantwort eines Systems auf eine vorgegebene Erregung.<br />

5.1 Einmassenschwinger<br />

Eigenschwingung nennt man die Schwingungsform, mit der ein System nach einmaliger<br />

Anregung schwingen kann. Dabei wird zwischen Schwingungen ohne Dämpfung und<br />

Schwingungen mit Dämpfung (Abbildung 5-1) unterschieden. Bei einer Schwingung mit<br />

Dämpfung klingt diese allmählich ab [2, S. 14]. Zwischen der Frequenz f und der Schwingzeit<br />

T besteht folgender Zusammenhang:<br />

1 f<br />

↔ f 1 T<br />

Abbildung 5-1<br />

Dämpfung [2, S. 14].<br />

Links: freie Schwingung ohne Dämpfung [2, S. 14]. Rechts: freie Schwingung mit<br />

Wie in Abbildung 5-2 zu sehen ist, wird bei einer Erdbebenberechnung der Punkt P analog<br />

<strong>von</strong> gemessenen, resp. normierten Erdbeben angeregt.<br />

Abbildung 5-2 Anregung des Einmassenschwingers unter Erdbebeneinwirkung [2, S. 14].


24 Antwortspektrenverfahren Kapitel 5<br />

5.2 Mehrmassenschwinger<br />

Als Mehrmassenschwinger werden beliebige Massensysteme mit elastischen Verbindungen,<br />

beispielsweise ein dreidimensionales Modell, bezeichnet. Um aus einem Mehrmassenschwinger<br />

ein Antwortspektrum zu erhalten, muss eine modale Analyse vorgenommen<br />

werden. Dabei wird ein Mehrmassenschwinger in eine Reihe äquivalenter Einmassenschwinger<br />

zerlegt, siehe Abbildung 5-3.<br />

Abbildung 5-3<br />

Zerlegung eines Mehrmassenschwingers in eine Reihe äquivalenter Einmassenschwinger<br />

[2, S. 16].<br />

Die Ermittlung der modalen Masse M1 bis M4 ist an die Eigenfrequenz des Mehrmassenschwingers<br />

gebunden. Aus diesem Grund muss vorgängig eine Eigenschwingungsanalyse<br />

am Mehrmassenschwinger durchgeführt werden. Die maximale Beschleunigung kann aus<br />

jedem Antwortspektrum der einzelnen modalen Massen berechnet werden. Die Rücktransformation<br />

liefert dann die Beschleunigung welcher der Mehrmassenschwinger erfährt. Die<br />

so berechneten Beschleunigungen des Mehrmassenschwingers stellen die wirklichen maximalen<br />

Beschleunigungen der einzelnen Massen dar. Diese Beschleunigungen werden jedoch<br />

nie gleichzeitig auftreten. Somit wäre eine Summierung der Beschleunigungen zu konservativ.<br />

In der Norm SIA 261 wird darum die Methode SRSS (Square Root of Sum of Squares)<br />

vorgeschlagen, um den unerwünschten Einfluss der Asynchronisierung zu berücksichtigen<br />

[2, S. 17]. Die, aus den verschiedenen Einmassenschwinger, resultierenden Beschleunigung a<br />

beträgt demzufolge:


Kapitel 5 Antwortspektrenverfahren 25<br />

5.3 Antwortspektren<br />

In der Praxis wird das Antwortspektrum für ein Entwurfsbeben berechnet, das aufgrund<br />

einer probabilistischen Gefährdungseinschätzung des Standorts gewählt wird. Das Entwurfsbeben<br />

wird durch drei Variablen definiert [5, Kap. 9, S. 2]:<br />

- Die geplante Lebensdauer des Bauwerks wird als Zeitintervall zwischen dem<br />

Bauende und dem Zeitpunkt definiert, wenn ein geplanter Eingriff in das Tragwerk<br />

unternommen wird. Von vielen Baunormen wird diese Zeit auf 50 Jahre begrenzt.<br />

- Als zweite Variable wird die Wahrscheinlichkeit, dass das angenommene Erdbeben<br />

während der Lebenszeit des Bauwerks nicht auftritt, berücksichtigt.<br />

- Die dritte Variable richtet sich nach der mittleren Wiederkehrperiode des Bebens.<br />

Alle drei Variablen hängen durch folgende Beziehung zusammen:<br />

1 <br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Moderne Erdbebennormen, so auch die SIA 261, gehen <strong>von</strong> einem Entwurfsbeben aus, das<br />

einem Gefährdungsniveau <strong>von</strong> P = 10 % in t = 50 Jahren entspricht. Daraus lässt sich die<br />

Wiederkehrperiode TW berechnen, welche dem Wert in der Norm SIA 261 16.2.1.3 entspricht:<br />

<br />

475 <br />

ln1 <br />

Antwortspektren beziehen sich immer auf die im Kapitel 5.1 genannten Einmassenschwinger.<br />

Jede Grundschwingzeit liefert eine bestimmte maximale Beschleunigung. Wenn man<br />

alle maximalen Beschleunigungen graphisch darstellt, erhält man das Antwortspektrum für<br />

ein bestimmtes Erdbeben. Werden für verschiedene Erdbeben die Antworspektren dargestellt<br />

(farbige Linien in Abbildung 5-4), kann daraus ein umhüllendes Antwortspektrum<br />

(schwarze Linie in Abbildung 5-4) gebildet werden. Dieses Antwortspektrum ist stark vereinfacht<br />

und kann durch mathematische Gleichungen beschreiben werden [2, S. 15]. In der<br />

Norm SIA 261 sind die Gleichungen für die verschiedenen Antwortspektren ersichtlich.


26 Antwortspektrenverfahren Kapitel 5<br />

Abbildung 5-4 Die farbigen Linien zeigen Abtwortspektren aus verschiedenen Erdbeben. Schwarz<br />

ist das umhüllende Antwortspektrum dargestellt, welches <strong>von</strong> der Norm SIA 261 vorgegeben wird<br />

[2, S. 15].<br />

Aufgrund der Antwortspektren kann die maximale Beschleunigung der Masse eines Einmassenschwingers<br />

mit einer bestimmten Eigenfrequenz berechnet werden. Daraus lässt sich<br />

die maximale Erdbebenkraft F aus der Masse m sowie die Schnittkräfte N, V und M im Stab<br />

ableiten (Abbildung 5-5).<br />

∗ <br />

Abbildung 5-5 Resultierende Schnittkräfte aus der Erdbebenkraft F [2, S. 15].


Kapitel 6 PushOver-Verfahren 27<br />

6 PushOver-Verfahren<br />

Beim verformungsbasierten PushOver-Verfahren wird die Struktur bis zum Kollaps verformt.<br />

Die zu einer bestimmten Verformung notwendige Horizontalkraft wird berechnet.<br />

Sobald die Horizontalkraft bei zunehmender Verformung abfällt, bedeutet dies einen teilweisen<br />

Verlust der horizontalen Steifigkeit, zurückzuführen auf eine Plastifizierung einzelner<br />

Bauteile [2, S. 24]. Weil das PushOver-Verfahren in der Schweiz noch nicht allzu bekannt<br />

ist, muss zum Teil auf internationale Literatur zurückgegriffen werden. Einzig das SIA<br />

Merkblatt 2018 beschreibt das PushOver-Verfahren kurz. Weiter kann auf den Eurocode 8<br />

oder auf ACT-40 sowie FEMA 273, 274 und 356 aus den USA zurückgegriffen werden.<br />

6.1 Grundprinzipien<br />

Für das PushOver-Verfahren werden mehrere Kriterien berücksichtigt, deren Kombinationen<br />

zu 24 verschiedenen Analysen führen. Um das gesamte Verhalten des Gebäudes zu berücksichtigen<br />

werden die Kombinationen der vier möglichen Erdbebenrichtungen (X+, X-,<br />

Y+, Y-), zwei Lastverteilungen auf die einzelnen Geschosse und drei Exzentrizitätszustände<br />

untersucht.<br />

Die Lastverteilung kann proportional zur linearisierten ersten Eigenform (Abbildung 6-1<br />

links) erfolgen, wie dies auch bei der Ersatzkraftmethode angewendet wird. Dabei wird ein<br />

vergleichsweise hoher Schwerpunkt der angesetzten Lasten berücksichtigt [23, S. 39]. Damit<br />

wird ein mögliches Kippen des Gebäudes abgebildet. Dies ist vor allem bei hohen Gebäuden<br />

massgebend. Die Verteilung berechnet sich aus:<br />

, 1°Mode ∗ ∗ ∑ ∗ <br />

∑ ∗ ∑ ∗ <br />

Die Lastverteilung proportional zu den angesetzten Massen führt meistens zu einer maximalen<br />

Horizontallast, wodurch der Soft-Storey-Effeks (Versagen eines weichen Geschosses)<br />

berücksichtigt wird. Diese Verteilung wird meist bei niedrigen Gebäuden mit weichem Erdgeschoss<br />

massgebend [24, S. 70 f.]. Die Verteilung berechnet sich aus:<br />

, Massen ∗ ∑ ∗ <br />

∑ ∑ ∗ <br />

Abbildung 6-1<br />

Links: Verteilung der Horizontallast proportional zur Massenverteilung<br />

[24, S. 70]. Rechts: Verteilung der Horizontallast proportional zur 1. Eigenform [24, S. 70].


28 PushOver-Verfahren Kapitel 6<br />

Bei der zufälligen Exzentrizität werden sowohl Bau- und Modellungenauigkeiten, wie auch<br />

eine ungleichmässige Verteilung der Nutzlasten im Gebäude abgebildet. Dadurch wird ein<br />

zusätzlicher Torsionseffekt abgebildet. Dabei wird zwischen den Zuständen der positiven,<br />

der negativen oder keiner Exzentrizität unterschieden.<br />

6.2 Kapazitätskurve<br />

Die Kapazitätskurve bildet die Grundlage des PushOver-Verfahrens. Dabei wird ein festgelegter<br />

Knoten in konstanten Inkrementen verschoben und daraus die jeweils notwendige<br />

Horizontallast berechnet.<br />

Die Abbildung 6-2 zeigt eine typische Kapazitätskurve (schwarze Linie). Sie besteht aus einer<br />

unregelmässigen Linie. Die Steigung der Kurve stellt die Steifigkeit des Gebäudes dar. Der<br />

zwischenzeitliche Abfall der Kurve bedeutet einen teilweisen Verlust der Steifigkeit. Dies<br />

geschieht durch Plastifizierung oder Versagen einzelner Elemente, wodurch eine weitere<br />

Verschiebung des Gebäudes einsetzt, obwohl die angesetzte Last reduziert wird. Aus der<br />

tatsächlichen Kapazitätskurve wird eine vereinfachte, bilineare Kurve (blaue Linie) errechnet.<br />

Abbildung 6-2<br />

typische Kapazitätskurve mit einer unregelmässigen Linie (schwarz) und der daraus<br />

berechneten bilinearen Kurve (blau) [2, S. 27].<br />

Tritt im mittleren Bereich der Kapazitätskurve ein relativ grosser Lastabfall ein (Abbildung<br />

6-3), deutet dies auf den Wechsel der Stabilisierung <strong>von</strong> der Betonkonstruktion auf das Mauerwerk<br />

hin. Dieser Wechsel findet statt, da die Betonelemente bei kleinen Verformungen<br />

aufgrund ihrer höheren Steifigkeiten den Grossteil der Lasten abtragen, es jedoch bei zunehmender<br />

Verformung zu Plastifizierung oder Versagen der Betonteile kommt, worauf die<br />

Mauerwerkelemente einen zunehmenden Anteil der Horizontallasten übernehmen [24, S. 70<br />

f.].


Kapitel 6 PushOver-Verfahren 29<br />

Abbildung 6-3<br />

Lastabfall im mittleren Bereich der Kapazitätskurve, was auf den Übergang <strong>von</strong><br />

der Betonkonstruktion auf das Mauerwerk hindeutet [2, S. 27].<br />

6.3 PushOver-Diagramm und Performance-Point<br />

Aus dem PushOver-Diagramm lassen sich mehrere wichtige Punkte ablesen, wie die Abbildung<br />

6-4 zeigt. Das Versagen des ersten Elements lässt sich meist nicht direkt aus der Kapazitätskurve<br />

ablesen, da es sich häufig um ein untergeordnetes Bauteil (z.B. Fenstersturz)<br />

handelt. Wichtig ist die korrekte Beurteilung des Teileinsturzes, da aus diesem der Erfüllungsfaktor<br />

αeff berechnet wird [24, S. 71]. Der zweite Faktor für die Berechnung <strong>von</strong> αeff ist<br />

der Performance-Point. Mithilfe des Performance-Points kann die maximale, während eines<br />

Erdbebens zu erwartende, Verformung Dmax bestimmt werden. Die Abbildung 6-4 zeigt, wie<br />

Dmax bestimmt wird. Als erstes wird aus der tatsächlichen Kapazitätskurve (schwarz) eine<br />

vereinfachte, bilineare Kurve errechnet (blau). Der Schnittpunkt der Verlängerung (blau gestrichelt)<br />

des linear elastischen Teils der bilinearen Kapazitätskurve mit dem elastischen Bemessungsspektrum<br />

der Verschiebung (grün) für einen äquivalenten Einmassenschwinger<br />

bildet den Performance-Point [23, S. 26]. Um die maximale Verschiebung Dmax zu erhalten<br />

muss nur noch eine vertikale Linie (rot) vom Performance-Point auf die Achse der Verschiebung<br />

gezogen werden [2, S. 28]. Ist die Verschiebung Dmax beim Performance-Point kleiner<br />

als die Verschiebung Du beim Kollaps, liegt der Erfüllungsfaktor über eins.<br />

Abbildung 6-4<br />

Aus der Kapazitätskurve und dem elastischen Bemessungsspektrum kann der Performance-Point<br />

berechnet werden [2, S. 28].


30 PushOver-Verfahren Kapitel 6<br />

6.4 Modellbildung<br />

Im Gegensatz zu einem finite-Elemente-Programm können mit dem PushOver-Verfahren<br />

auch Makroelemente eingesetzt werden, welche möglichst grosse Wandteile mit dem gleichen<br />

Tragverhalten zu einem einzigen Element zusammenfassen. So wird eine schnellere<br />

und exaktere Berechnung ermöglicht. Um das horizontale Tragverhalten des Gebäudes realistisch<br />

abzubilden, sind die Materialeigenschaften wie Steifigkeit und Bruchlast <strong>von</strong> grosser<br />

Bedeutung. Hingegen haben die geometrischen Feinheiten des Gebäudes einen eher kleinen<br />

Einfluss [2, S. 26].<br />

6.5 Mauerwerk / Betonwände unter Beanspruchung<br />

Um eine Last-Verformungskurve zu berechnen muss zu jedem Zeitpunkt der Zustand der<br />

einzelnen Bauteile bekannt sein. Sobald ein Element plastifiziert, kann es keine weiteren<br />

Kräfte mehr aufnehmen. Versagt ein Element, können gar keine Kräfte mehr übertragen<br />

werden. Die möglichen Versagensarten sind Abscheren, Kippen, Versagen unter Druck und<br />

Versagen unter Zug. Die häufigsten Versagensarten <strong>von</strong> Mauerwerk unter Erdbebenbeanspruchung<br />

sind die eben genannten Kippen und Abscheren [2, S. 25]. Unter Abscheren wird<br />

ein Aufreissen der Fugen unter Erdbebenbeanspruchung verstanden. Wie in Abbildung 6-5<br />

links zu sehen ist, entstehen dabei Kreuzrisse. Wenn die Fugen oben und unten aufreissen<br />

und sich das ganze Element verdreht, handelt es sich um das Versagen durch Kippen (Abbildung<br />

6-5 rechts).<br />

Abbildung 6-5 Links: Abscheren des Mauerwerks unter Erdbebenbeanspruchung [2, S. 25].<br />

Rechts: Kippen des Mauerwerks unter Erdbebenbeanspruchung [2, S. 25].<br />

Wird die Druckfestigkeit des Mauerwerks überschritten, spricht man vom Versagen unter<br />

Druck (Abbildung 6-6 links). Dieser Versagensmechanismus tritt typischerweise am Wandfuss,<br />

gegen die Wandenden auf, ist aber eher selten. Auch Versagen unter Zug tritt eher selten<br />

auf. Die Fugen reissen dabei im unteren Bereich der Wand, ausgehend <strong>von</strong> den<br />

Wandenden auf, siehe Abbildung 6-6 rechts [2, S. 25].


Kapitel 6 PushOver-Verfahren 31<br />

Abbildung 6-6<br />

Mauerwerks unter Zug [2, S. 25].<br />

Links: Versagen des Mauerwerks unter Druck [2, S. 25]. Rechts: Versagen des<br />

Die eben beschriebenen Versagensmechanismen können analog auch auf Betonwände unter<br />

Erdbebenbeanspruchung angewendet werden. Betonwände besitzen jedoch einen deutlich<br />

höheren E-Modul, weshalb sie auch eine erheblich grössere Verformungskapazität aufweisen.<br />

Bei Mischbauweisen werden somit die Betonwände bei kleinen Verformungen anteilsmässig<br />

mehr Last übernehmen als die Mauerwerkswände [2, S. 25].


32 Anwendung auf bestehende Bauten Kapitel 7<br />

7 Anwendung auf bestehende Bauten<br />

Das SIA Merkblatt 2018 befasst sich mit dem Erdbebennachweis <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden.<br />

Dabei wird erstmals der Erfüllungsfaktor α eingeführt. Das Merkblatt hat zum Ziel, das Individualrisiko<br />

auf einen akzeptierbar kleinen Wert zu reduzieren. Das heisst, dass der Erfüllungsfaktor<br />

<strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden unter Umständen kleiner eins sein darf.<br />

7.1 Definition αeff<br />

Ein zentraler Begriff bei der Überprüfung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Bauten ist der Erfüllungsfaktor<br />

αeff. Der Erfüllungsfaktor gibt an, zu wie viel Prozent das bestehende Tragwerk die geltenden<br />

Normen für Neubauten erfüllt. Für die rechnerische Beurteilung der Tragsicherheit wird<br />

beim kräftebasierten Verfahren der Quotient des Tragwiderstands Rd und der dazugehörigen<br />

Einwirkung Ed gebildet. Beim verformungsbasierten Verfahren wird das Verschiebungsvermögen<br />

wR,d durch die Zielverschiebung wd dividiert [13, S. 20].<br />

<br />

<br />

,<br />

<br />

Bei Gebäuden der Bauwerksklasse III muss zudem noch die Gebrauchstauglichkeit nachgewiesen<br />

werden. Dabei wird der Bemessungswert der Gebrauchsgrenze Cd mit der Zielverschiebung<br />

wd, und der halben Erdbebeneinwirkung Ad dividiert [13, S. 20].<br />

<br />

<br />

∗ 0.5 ∗ <br />

7.2 Beurteilung der <strong>Erdbebensicherheit</strong><br />

Bei der Beurteilung der <strong>Erdbebensicherheit</strong> <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden werden das Individualrisiko,<br />

die Rettungseffizienz, die Verhältnismässigkeit sowie die Zumutbarkeit untersucht.<br />

7.2.1 Individualrisiko<br />

Das Individualrisiko gibt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Einzelperson infolge Erdbeben<br />

zu Tode kommt, normiert auf ein Jahr, an. Diese Wahrscheinlichkeit soll gemäss SIA Merkblatt<br />

2018 auf 10 -5 pro Jahr beschränkt werden, was im Vergleich zu anderen Möglichkeiten<br />

zu Tode zu kommen relativ klein ist [13, S. 5]. Die Abbildung 7-1 zeigt, dass der Risikofaktor<br />

10 -5 einem Erfüllungsgrad αeff <strong>von</strong> 0.25 entspricht. Aus diesem Grund beträgt der minimale<br />

Erfüllungsfaktor für alle Bauwerke 0.25.


Kapitel 7 Anwendung auf bestehende Bauten 33<br />

Abbildung 7-1 αeff steht in Abhängigkeit zum Risikofaktor [2, S. 32].<br />

7.2.2 Rettungseffizienz<br />

Der statistisch aufzuwendende Betrag um ein Menschenleben vor dem Erdbebentod zu retten<br />

wird als Rettungskosten RKM bezeichnet. Sind die Rettungskosten tief, bedeutet dies,<br />

dass die Massnahmen effizient sind und deshalb ergriffen werden sollten. Sind sie jedoch<br />

hoch, sind die Massnahmen nicht verhältnismässig und müssen somit nicht ergriffen werden<br />

[2, S. 33].<br />

7.2.3 Verhältnismässigkeit<br />

Der Begriff der Verhältnismässigkeit drückt eine Abwägung zwischen verschiedenen Interessen<br />

oder Zielen aus. Gemäss dem Merkblatt 2018 gilt eine <strong>Erdbebensicherheit</strong>smassnahme<br />

als verhältnismässig, wenn die Rettungskosten RKM unter CHF 10 Mio. pro gerettetes<br />

Menschenleben liegen.<br />

7.2.4 Zumutbarkeit<br />

An sich sind Massnahmen zwingend zu ergreifen wenn αeff < αmin ist. Wenn jedoch Gebäude<br />

nur gelegentlich <strong>von</strong> Personen betreten werden und die Massnahmen zur Erhöhung der<br />

<strong>Erdbebensicherheit</strong> sehr aufwendig sind, können die notwendigen Massnahmen unter Umständen<br />

nicht zumutbar sein. Als zumutbar gilt eine Erdbebensicherungsmassnahme, wenn<br />

die Rettungskosten RKM unter CHF 100 Mio. pro gerettetes Menschenleben liegen. Sind die<br />

Massnahmen nicht zumutbar, muss mit betrieblichen Massnahmen das Risiko zumindest auf<br />

wenige und / oder kurze Expositionszeiten beschränkt werden [13, S. 8].


34 Anwendung auf bestehende Bauten Kapitel 7<br />

7.2.5 Rechnerische Beurteilung<br />

Wie in Abbildung 7-2 zu sehen, beträgt der minimale Erfüllungsfaktor für die Bauwerksklassen<br />

I und II αmin = 0.25. Für Gebäude der Bauwerksklasse III beträgt αmin = 0.40. Für<br />

αmin < αeff < 1.0 ist die Verhältnismässigkeit der geplanten Massnahmen zu belegen. Bei kurzer<br />

Restnutzungsdauer und einem Erfüllungsfaktor nahe 1.0 ist die Verhältnismässigkeit nur<br />

selten gegeben. Aus diesem Grund wurde der zulässige Reduktionsfaktor αadm definiert. Er<br />

grenzt den Bereich ab, bei dem der Nachweis der Verhältnismässigkeit in der Regel nicht<br />

erbracht werden kann und deshalb auch nicht verlangt wird.<br />

Abbildung 7-2<br />

Restnutzungsdauer [2, S. 32].<br />

Bereiche <strong>von</strong> αeff bezüglich der Schwellenwerte αmin und αadm abhängig <strong>von</strong> der<br />

Liegt αeff unter αmin, müssen zwingend Massnahmen ergriffen werden. Liegt αeff zwischen<br />

αmin und αadm, muss die Verhältnismässigkeit der Massnahmen überprüft werden und liegt<br />

αeff über αadm, sind keine Massnahmen notwendig.<br />

Liegt αeff zwischen αmin und αadm und ist die Verhältnismässigkeit gegeben, müssen Massnahmen<br />

zur Erhöhung der <strong>Erdbebensicherheit</strong> ergriffen werden. Der erreichte Erfüllungsgrad<br />

nach ausgeführten Massnahmen wird als αint bezeichnet. Dieser muss grundsätzlich<br />

≥ 1.0 sein. Wird αint ≥ 1.0 mit den finanziellen Mittel, welche als verhältnismässig beurteilt<br />

werden, nicht erreicht, müssen mindestens die am weitesten gehenden Teilmassnahmen (die<br />

noch verhältnismässig sind) ergriffen werden [2, S. 31 ff.].<br />

7.3 Einwirkungen<br />

7.3.1 Kräftebasierte Verfahren<br />

Bei einer Überprüfung bestehender Gebäude mittels kräftebasierten Verfahren sind die Erdbebeneinwirkungen<br />

unverändert der Norm SIA 261 zu entnehmen. Der Verhaltensbeiwert q<br />

wird gemäss den Normen SIA 262 bis 266 gewählt. Dabei muss bei den meisten <strong>bestehenden</strong>


Kapitel 7 Anwendung auf bestehende Bauten 35<br />

Gebäuden <strong>von</strong> nicht duktilem Tragwerksverhalten ausgegangen werden. Einzig für Stahlbetontragwerke<br />

erlaubt das Merkblatt SIA 2018, den Verhaltensbeiwert q höher anzusetzen,<br />

auch wenn nicht alle Bedingungen für duktiles Tragwerksverhalten gemäss SIA 262 erfüllt<br />

sind. Als Voraussetzung dafür, müssen jedoch mindestens für alle wesentlichen tragenden<br />

Bauteile duktilitätsfördernde konstruktive Massnahmen vorhanden sein [13, S. 12].<br />

7.3.2 Verformungsbasierte Verfahren<br />

Wird ein verformungsbasiertes Verfahren für die Überprüfung bestehender Gebäude angewendet,<br />

wird die Erdbebeneinwirkung durch das elastische Bemessungsspektrum der Beschleunigung<br />

Sad und das elastische Bemessungsspektrum der Verschiebung Sud dargestellt.<br />

Zwischen den beiden Antwortspektren besteht folgender Zusammenhang:<br />

<br />

<br />

Dabei ist ω die Eigenkreisfrequenz des Einmassenschwingers. Daraus lässt sich die Eigenfrequenz<br />

f berechnen, aus welcher sich wiederum die Schwingzeit T ableiten lässt:<br />

1 2 <br />

Durch Auflösen dieser Gleichung nach ω und Einsetzen in den Vergleich zwischen elastischem<br />

Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad und elastischem Bemessungsspektrum<br />

der Verschiebung Sud entsteht die im SIA Merkblatt 2018 aufgeführte Gleichung:<br />

<br />

4 <br />

Im Ergebnis handelt es sich beim elastischen Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad<br />

um das elastische Antwortspektrum gemäss SIA 261 für 5 % Dämpfung (Dämpfungskorrekturbeiwert<br />

η = 1) multipliziert mit dem Bedeutungsfaktor γf. Es unterscheidet sich jedoch<br />

gegenüber dem Bemessungsspektrum gemäss Norm SIA 261 durch die Einheit [m/s 2 ], den<br />

fehlenden q-Faktor und den fehlenden unteren Schwellenwert für grosse Schwingzeiten<br />

[13, S. 13 f.]. Abbildung 7-3 zeigt die elastischen Bemessungsspektren der Beschleunigungen<br />

für alle Baugrundklassen und die elastischen Bemessungsspektren der Verschiebung für alle<br />

Baugrundklassen.


36 Anwendung auf bestehende Bauten Kapitel 7<br />

Abbildung 7-3 Links: Elastische Bemessungsspektren der Beschleunigung in Funktion der Baugrundklasse<br />

für Zone Z1 und Bauwerksklasse I [13, S. 13]. Rechts: Elastische Bemessungsspektren<br />

der Verschiebung in Funktion der Baugrundklasse für Zone Z1 und Bauwerksklasse I [13, S. 13].<br />

Obwohl für das verformungsbasierte Verfahren das elastische Bemessungsspektrum der<br />

Verschiebung verwendet wird, bedeutet dies nicht, dass die inelastische Verformung vernachlässigt<br />

wird. Nach dem Prinzip der gleichen Verschiebung [d] wird für eine gegebene<br />

Anregung die maximale Verschiebung des inelastischen Einmassenschwingers gleich gross<br />

ist, wie diejenige des elastischen Einmassenschwingers. Sowohl die Erdbebenbemessung der<br />

SIA Normen, wie auch die des Eurocode 8 beruht auf diesem Prinzip. Das elastische Spektrum<br />

der Verschiebung ist somit gleichzeitig auch das inelastische und beide sind unabhängig<br />

vom Verhaltensbeiwert q [13, S. 14].<br />

In Abbildung 7-4 ist die Kombination des elastischen Antwortspektrums der Beschleunigung<br />

und der Verschiebung sowie einer möglichen Kapazitätskurve, normiert auf die modale<br />

Masse m* und Γ, abgebildet. Die Kombination erlaubt eine anschauliche graphische Gegenüberstellung<br />

<strong>von</strong> Verschiebungsbedarf, dem elastischen Bemessungsspektrum (ADRS-<br />

Spektrum = Acceleration Displacement Response Spectra) und dem Verschiebungsangebot<br />

(Kapazitätskurve des Tragwerks).<br />

Abbildung 7-4<br />

Elastisches Bemessungsspektrum mit Kapazitätskurve, normiert auf die modale<br />

Masse m* und Γ, zur Bestimmung der Zielverschiebung wd [16, S. 17].


Kapitel 8 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung 37<br />

8 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung<br />

Das Mauerwerk stellt seit Jahrhunderten eine der wichtigsten Bauweisen dar. Die einfachen<br />

Ausführung und die neuen Entwicklungen zur Verbesserung der mechanischen Festigkeit,<br />

der thermischen Isolation und der Schalldämpfung sowie neue Bauweisen wie die Vorfabrikation,<br />

die Klebefugen und die Montagehilfen führten dazu, dass der Mauerwerksbau auch<br />

heute noch zu den häufigsten Bauweisen gehört. Bis vor kurzem wurde jedoch kaum Forschung<br />

im Bereich Mauerwerksbauten unter Erdbebeneinwirkung betrieben. Auswertungen<br />

<strong>von</strong> Erdbebenschäden an Mauerwerksbauten belegen aber die Notwendigkeit einer normativen<br />

Regelung und die Relevanz aktueller Forschung auf diesem Gebiet. In den letzten Jahren<br />

wurde das Verformungs- und Bruchverhalten <strong>von</strong> Mauerwerk durch zahlreiche experimentelle<br />

Untersuchungen erforscht. Auch sind zahlreiche numerische Modelle für Mauerwerk<br />

entwickelt worden, welche eine genaue Verfolgung des Tragverhaltens <strong>von</strong> Mauerwerk<br />

bis hin zum Versagen erlauben [8, S. 385].<br />

8.1 Mauerwerksscheiben unter seismischer Belastung<br />

Bei seismischer Belastung wird das Mauerwerk zusätzlich zu den Vertikallasten durch horizontal<br />

wirkende Erdbebenkräfte belastet. In Abhängigkeit vom Verhältnis zwischen Horizontal-<br />

und Vertikallasten sowie Höhe und Länge der Mauerwerkswand können verschiedene<br />

Versagensarten auftreten. Das Gesamtversagen einer Mauerwerksscheibe ist meist eine<br />

Kombination aus den beschriebenen Versagensarten.<br />

8.1.1 Schubversagen<br />

Das Schubversagen entsteht durch eine kritische Kombination <strong>von</strong> Hauptdruck- und Hauptzugspannungen.<br />

Bei einer geringen Vertikallast bildet sich ein treppenförmiger Riss in der<br />

Stoss- und Lagerfuge. Da die Mauerwerksscheibe nach der Rissbildung noch mehr Vertikallast<br />

bis zum Gesamtversagen aufnehmen kann, führt das Schubversagen zu einem duktilen<br />

Verhalten. Sollten die Risse durch die Steine verlaufen, deutet dies auf eine eher hohe Vertikallast<br />

und auf Mauersteine mit eher geringer Festigkeit hin [8, S. 385 f.].<br />

8.1.2 Reibungsversagen<br />

Ist die Vertikallast im Vergleich zur Horizontallast noch geringer als beim Schubversagen,<br />

tritt ein horizontales Gleiten entlang einer Lagerfuge im unteren Wandbereich auf.<br />

8.1.3 Biegeversagen<br />

Biegeversagen treten vorzugsweise bei schlanken Wandscheiben durch Querzugversagen<br />

der gedrückten Mauersteinen und Fugen im Auflagerbereich ein. Diese Versagensart weist


38 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung Kapitel 8<br />

ein eher duktiles Verhalten auf, welches aber mit zunehmender Vertikallast abnimmt<br />

[8, S. 286].<br />

8.2 Mauerwerkseigenschaften<br />

Das Mauerwerk hat aber nebst den vielen, eben genannten, Vorteilen, auch bedeutende<br />

Nachteile. So weist es beispielsweise eine beschränkte Verformbarkeit und eine geringe Festigkeit<br />

gegenüber horizontalen Einwirkungen auf, beides Eigenschaften, welche bei seismischer<br />

Beanspruchung <strong>von</strong> Bedeutung wären. Das führt dazu, dass Mauerwerk nur in beschränktem<br />

Masse als erdbebentauglich bezeichnet werden kann [14, S. 51]. Die hohe Steifigkeit<br />

erlaubt es in den meisten Fällen nicht den absteigenden Bereich des Bemessungsspektrums<br />

auszunützen. Weitere Nachteile vom Mauerwerk sind der geringe Biegewiderstand<br />

in Querrichtung der Mauerwerkswand sowie die mit der Ausfachung <strong>von</strong> Rahmen<br />

verbundene Probleme. Wegen des geringen Biegewiderstands versagen die Wände oft infolge<br />

einer Querbeanspruchung (senkrecht zur Wandebene), was auch als out-of-plane failure<br />

bezeichnet wird [12, S. 38].<br />

Trotz der moderaten Seismizität in der Schweiz ist es heute kaum mehr möglich, Gebäude<br />

aus unbewehrtem Mauerwerk erdbebensicher zu bemessen. Eine zusätzliche Bewehrung<br />

ermöglicht eine bemerkenswerte Erhöhung der Duktilität. Bewehrtes Mauerwerk stellt damit<br />

eine mögliche Lösung für die Erdbebenbemessung dar [12, S. 38]. Die Bemessung <strong>von</strong><br />

unbewehrtem Mauerwerk gilt sogar für Zonen mit einer Bodenbeschleunigung aus Erdbeben<br />

<strong>von</strong> 0.1 g und weniger als kaum möglich. Mehrere Studien bestätigen, dass die in den<br />

meisten heute gültigen Normwerken zu findenden Bemessungsverfahren für unbewehrtes<br />

Mauerwerk eher konservativ sind [14, S. 43].<br />

8.3 Experimentelle und numerische Untersuchungen<br />

Generell ist der Wissensstand über das Verhalten <strong>von</strong> Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung<br />

bis heute noch zu wenig hoch. Nur wenige Forschungsarbeiten haben das Thema der<br />

spezifischen Eigenschaften <strong>von</strong> Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkungen behandelt. Der<br />

Aufwand für theoretische und experimentelle Forschung auf dem Gebiet des Mauerwerks<br />

sollte demnach erhöht werden. [14, S. 51]. Momentan laufen in diese Richtung vermehrt Bemühungen.<br />

So laufen zurzeit an den verschiedensten Hochschulen in der Schweiz Forschungsarbeiten<br />

mit dem Thema Mauerwerk im Erdbebenfall, dessen Ergebnisse in naher<br />

Zukunft zu einer Aktualisierung der Normenreihe führen wird.<br />

8.3.1 Rahmenwirkung als Folge <strong>von</strong> Riegeln in Mauerwerksgebäuden<br />

Rahmenwirkung als Folge <strong>von</strong> Riegeln in Mauerwerksgebäuden werden in der Regel nicht<br />

beachtet. Numerische Berechnungen haben aber gezeigt, dass Riegelelemente das Kraft-<br />

Verformungsverhalten einer Mauerwerksscheibe massgeblich beeinflussen. Um den Einfluss


Kapitel 8 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung 39<br />

besser zu verstehen und um mechanische sowie numerische Modelle zu validieren werden<br />

zurzeit Forschungsprojekte durchgeführt. In der Beispielberechnung im Kapitel 10 wird die<br />

Rahmenwirkung abgeschätzt und der Schubnachweis daraus neu berechnet. Der Erfüllungsgrad<br />

im Gegensatz zur herkömmlichen Berechnung steigt um das zwei bis dreifache.<br />

Bei Gebäuden mit Stahlbetondecken lassen sich grundsätzlich drei verschiedene Riegeltypen<br />

unterscheiden. Riegel aus Mauerwerk, Stahlbetondecken und Fenstersturz (Abbildung 8-1 a),<br />

sind häufig in älteren Gebäuden zu finden. Je jünger die Gebäude, desto grösser werden im<br />

Allgemeinen die Fensteröffnungen. Oft verschwindet der Fenstersturz ganz und der Fensterrahmen<br />

zieht sich bis zur Stahlbetondecke (Abbildung 8-1 b). In ganz neuen Gebäuden verschwindet<br />

zum Teil auch der Mauerwerksriegel und das Fenster reicht <strong>von</strong> Decke zu Decke<br />

(Abbildung 8-1 c) [14, S. 43].<br />

Abbildung 8-1<br />

Riegeltypen [14, S. 44].<br />

Fassaden <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden mit Stahlbetondecken und unterschiedlichen<br />

Erste Auswertungen der Versuche mit den verschiedenen Riegeltypen zeigen, dass das<br />

Mauerwerk des Riegels den Lastabtragungsmechanismus verändert und den Riegel deutlich<br />

verstärkt. Zudem lassen die Versuche den Rückschluss zu, dass die Riegel mit Stahlbetonbalken<br />

oder –decken eine erhebliche Verformungskapazität besitzen [14, S. 50].<br />

8.3.2 Schubverhalten unter statisch-zyklischer Beanspruchung<br />

Um bessere Kenntnisse der Eigenschaften <strong>von</strong> Mauerwerk unter statisch-zyklischer Beanspruchung<br />

zu erhalten, wurden verschiedene, in der Schweiz hergestellte, Mauerwerkswände<br />

untersucht. Dabei lag das Hauptaugenmerk auf der Analyse des Verhaltens <strong>von</strong> Mauerwerkswänden<br />

unter der Einwirkung <strong>von</strong> vertikalen und horizontalen Kräften und Verformungen<br />

sowie auf der Ermittlung der spezifischen Eigenschaften und Beurteilung des entsprechenden<br />

Erdbebenwiderstands [14, S. 52].<br />

Die statisch-zyklischen Belastungsversuche zeigen durchwegs höhere Schubwiderstände als<br />

die in den verschiedenen Normen und Richtlinien enthaltenen Werte. Grundsätzlich gilt,<br />

dass eine Erhöhung der Normalkraft eine Erhöhung des Schubwiderstands und eine Verrin-


40 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung Kapitel 8<br />

gerung der Verformung nach sich zieht. Die Belastungsversuche haben gezeigt, dass die verschiedenen<br />

Mauerwerkswände teils beträchtliche Horizontalkräfte in Wandebene aufnehmen<br />

können. Es sollte somit möglich sein, Mauerwerkswände in bestimmten Fällen als Tragelement<br />

gegen horizontale Einwirkungen einzusetzen [14, S. 57 f.]. Zum heutigen Zeitpunkt<br />

sind die Auswertungen der Versuche aber noch nicht abgeschlossen. Zudem reicht die Anzahl<br />

Versuche noch nicht aus um eine statistische Auswertung durchzuführen, und die Resultate<br />

in der SIA Norm 266 aufzunehmen.<br />

8.4 Berechnungsverfahren<br />

Mehrere Studien haben gezeigt, dass in der Schweiz etwa zwei Drittel der Gebäude aus<br />

Mauerwerk und ohne Berücksichtigung der <strong>Erdbebensicherheit</strong> gebaut wurden. Viele dieser<br />

Gebäude bringen jedoch genügend horizontalen Widerstand mit, da die Schweiz ein Land<br />

mit mittlerer Seismizität ist. Um das Erdbebenrisiko besser bestimmen zu können, braucht es<br />

eine möglichst genaue Darstellung der Verletzbarkeit des Gebäudes.<br />

Das Verfahren Lang [7, S. 407-426] schlägt ein verformungsbasiertes Verfahren vor, in dem<br />

jede Tragwand mittels einer bilinearen Kapazitätskurve dargestellt wird. Daraus resultieren<br />

realistische Schätzungen der Verschiebekapazität des Gebäudes. Ausserdem ist es heutzutage<br />

möglich, nichtlineare Computersimulationen <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden, z.B. mit dem<br />

Programm 3Muri, welches auf Makroelement-Modellen basiert, durchzuführen [14, S. 27].


Kapitel 9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 41<br />

9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden<br />

Die Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden bezüglich ihrer <strong>Erdbebensicherheit</strong> stösst in der<br />

Praxis immer wieder auf Probleme. In den letzten Jahren wurden aus diesem Grund verschiedene<br />

SIA Dokumentationen erarbeitet und herausgegeben. Das folgende Kapitel soll<br />

eine Wegleitung für die Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden unter Erdbebenbeanspruchung<br />

sein. Es soll die notwendigen Arbeiten und Nachweise auflisten, kurz beschreiben<br />

und mit Literaturangaben untermauern. Der grösste Teil der Literaturangaben stammt aus<br />

der SIA Dokumentation D 0237, welche sich mit der Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerkswänden<br />

befasst. So auch die Abbildung 9-1, welche anhand eines Flussdiagramms die nötigen Schritte<br />

bei der Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden bezüglich Erdbeben aufzeigt.<br />

Abbildung 9-1<br />

Flussdiagramm zur Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden bezüglich <strong>Erdbebensicherheit</strong><br />

[15, S. 8].<br />

9.1 Zustandserfassung und Baustoffkennwerte<br />

Die Zustandserfassung mittels Rekonstruktion der Baugeschichte des Gebäudes ist eine<br />

wichtige Grundlage für die Beurteilung der <strong>Erdbebensicherheit</strong>. Baujahr und ursprünglicher<br />

Verwendungszweck geben oft wichtige Hinweise auf die verwendeten Baustoffe und Bautechniken.<br />

Zudem müssen mögliche Umbauten eruiert werden. Umbauten am Tragsystem


42 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden Kapitel 9<br />

sind in der Vergangenheit meist nur in Bezug auf die Tragsicherheit für vertikale Lasten beurteilt<br />

worden, der Einfluss auf die horizontale Aussteifung wurde oft vernachlässigt<br />

[15, S. 11].<br />

Die Angaben zur Bestimmung der Baustoffeigenschaften <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden finden<br />

sich im Merkblatt SIA 2018 oder in der Norm SIA 269/2. Die Baustoffeigenschaften <strong>von</strong> Natursteinmauerwerk<br />

können der Norm SIA 269/6 entnommen werden. In vielen Fällen, insbesondere<br />

bei Gebäuden, welche vor 1943, d.h. vor der Einführung der ersten Mauerwerksnorm,<br />

gebaut worden sind, sind Sondierungen und Materialuntersuchungen unumgänglich.<br />

Bei der Überprüfung <strong>von</strong> Mauerwerk ist es wichtig, den effektiven Mauerwerksquerschnitt,<br />

den Mauerwerksverband und die Art der vermauerten Steine zu bestimmen. Häufig wurden<br />

in einem Gebäude verschiedene Mauerwerkstypen verwendet, was mehrere Sondierungen<br />

notwendig macht. Bei dicken Wänden ist zudem immer die Möglichkeit eines mehrschaligen,<br />

im Kern meist schwächeren, Wandquerschnitts zu beachten. Auch die Art der Decken<br />

hat einen wesentlichen Einfluss auf das Verhalten des gesamten Gebäudes unter Erdbebeneinwirkung.<br />

Holzbalkendecken sind beispielsweise nur in einer Achse gelagert und deshalb<br />

eventuell ungenügend verankert. Betondecken sind möglicherweise nur teilweise im Mauerwerk<br />

eingebunden, was den Tragwiderstand der Wände massiv reduziert [15, S. 11 ff.].<br />

9.2 Einwirkungen<br />

Die Einwirkungen aus Eigenlast, Auflast und Nutzlast müssen für bestehende Gebäude bestimmt,<br />

und eventuell in einer neuen Nutzungsvereinbarung festgehalten werden. Die Lastbeiwerte<br />

sowie die Reduktionsfaktoren müssen analog <strong>von</strong> Neubauten angenommen werden<br />

und sind der Norm SIA 261 zu entnehmen.<br />

Für die Berechnung der Erdbebeneinwirkung auf die Tragwände, können die Bemessungsspektren<br />

der Beschleunigung der Norm SIA 261 oder die Bemessungsspektren der Verschiebung<br />

des Merkblatts SIA 2018 benutzt werden. Der Zusammenhang der beiden Bemessungsspektren<br />

wird im Kapitel 10.3.3, näher erläutert.<br />

Zur Berechnung der Erdbebeneinwirkung auf die querbeanspruchten Wände, werden die<br />

Stockwerksantwortspektren benötigt. Abbildung 9-2 zeigt eine vereinfachte Verteilung der<br />

Antwortbeschleunigung über die Höhe des Gebäudes. Ausgehend vom Spektralwert der<br />

Beschleunigung des elastischen Bemessungsspektrums Sad auf der Höhe hE kann die Stockwerksbeschleunigung<br />

ai auf der Höhe der Geschossdecken durch eine lineare Extrapolation<br />

bestimmt werden, wobei der Einfluss der Bodenbeschleunigung agd für Geschosse unterhalb<br />

<strong>von</strong> hE berücksichtigt werden [15, S. 16 f.]. hE lässt sich folgendermassen bestimmen:<br />

∑ ∗ ∗ <br />

∑ ∗


Kapitel 9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 43<br />

Abbildung 9-2 Verteilung der Stockwerksbeschleunigung über die Gebäudehöhe [15, S. 17].<br />

Auf den Verhaltensbeiwert q wurde im Kapitel 2.7 bereits eingegangen. An dieser Stelle ist<br />

deshalb nur noch zu erwähnen, dass im Rahmen der Revision der Norm SIA 266 zurzeit diskutiert<br />

wird, ob für regelmässige Gebäude ein q-Wert > 1.5 angenommen werden darf. Für<br />

das kraftbasierte Verfahren wird jedoch weiterhin auf den Wert in der Norm SIA 266 verwiesen.<br />

Um allfällige Tragreserven eines Gebäudes aus unbewehrtem Mauerwerk aufzudecken,<br />

sollte ein verformungsbasiertes Verfahren angewendet werden [15, S. 17].<br />

9.3 Gebäudemodell<br />

Bei der Modellierung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden ist es wichtig sowohl die vertikalen Elemente<br />

als auch die horizontalen Elemente und deren Verbindungen untereinander korrekt<br />

abzubilden.<br />

9.3.1 Lokale Effekte<br />

Unter lokalen Effekten wird das Zusammenwirken der Wände untereinander, aber auch in<br />

Verbindung mit den angrenzenden Decken verstanden. Nur wenn der Einfluss der Verbindungen<br />

zwischen Decken und Wänden sowie zwischen den orthogonalen Wänden bekannt<br />

ist, kann eine korrekte Modellierung vorgenommen werden. Abbildung 9-3 zeigt ein paar<br />

mögliche Verbindungen und deren Auswirkungen auf einzelne Tragwerke. Es ist unerlässlich,<br />

dass das genaue Zusammenspiel der einzelnen Tragwerke untereinander bekannt ist.


44 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden Kapitel 9<br />

Abbildung 9-3<br />

Einfluss der Verbindung zwischen Decken und Wänden sowie zwischen den orthogonalen<br />

Wänden [15, S. 19 f.].<br />

9.3.2 Decken<br />

Die Decke muss sowohl die Integrität des Gebäudes gewährleisten, d.h. den Zusammenhalt<br />

der einzelnen Tragwerke, aber auch die vertikalen und horizontalen Kräfte auf die Wände<br />

verteilen. Dabei spielt die Tragrichtung der Decke eine wichtige Rolle. Trägt die Decke als<br />

Platte, können die Kräfte gleichmässig in alle Richtungen verteilt werden. Trägt sie aber undirektional,<br />

können die Kräfte nur in eine Richtung abgetragen werden, wie dies beispielsweise<br />

bei einer Holzbalkendecke der Fall ist. Der Widerstand der Decke in der Ebene muss<br />

demnach grösser sein als die generierten Trägheitskräfte. Bei Betondecken ist der Widerstand<br />

durch den Beton und die Bewehrung in der Regel gegeben. Bei Holzbalkendecken<br />

wird der Widerstand in der Ebene durch die Verbindung zwischen den Balken und den Brettern<br />

bestimmt. Ist eine Vernagelung nicht gegeben, kann der Widerstand der Decke in der<br />

Ebene nicht nachgewiesen werden [15, S. 21].


Kapitel 9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 45<br />

Die Krafteinleitung <strong>von</strong> der Decke in die Wände geschieht im Neubau über eine entsprechende<br />

Bemessung der Verbindung. Bei <strong>bestehenden</strong> Gebäuden muss diese Verbindung<br />

überprüft werden. Beispielsweise müssen Anker, welche die Decke mit den Wänden verbinden,<br />

auf ihren Widerstand überprüft werden. Sind weder Anker noch Bewehrung vorhanden,<br />

muss überprüft werden ob die Kräfte über Reibung und/oder Druck übertragen werden<br />

können. Trägt das Deckensystem undirektional, muss eine Verbindung mit den Wänden<br />

parallel zur Erdbebeneinwirkung sichergestellt sein. Abbildung 9-4 zeigt die Problematik<br />

<strong>von</strong> undirektionalen Deckensystemen [15, S. 21 f.].<br />

Abbildung 9-4 links: Die Krafteinleitung bei undirektionalen Deckensystemen auf die Wände<br />

parallel zur Erdbebeneinwirkung ist möglich [15, S. 22]. Rechts: Die Krafteinleitung bei undirektionalen<br />

Deckensystemen auf die Wände parallel zur Erdbebeneinwirkung ist aufgrund fehlender Verbindung<br />

nicht möglich. Nur die Wände quer zur Einwirkung werden beansprucht, weisen aber in dieser<br />

Richtung einen geringen Widerstand auf [15, S. 22].<br />

Damit keine lokalen Effekte auftreten, sollte bei flexiblen Deckensystemen, wie z.B. bei<br />

Holzbalkendecken, Ringbalken eingesetzt werden. Sie verbessern den Zusammenhalt der<br />

Wände und fördern somit die Integrität des Gebäudes. Zusätzlich wird durch die Ringbalken<br />

die Krafteinleitung in die Wände verbessert.<br />

Letzter wichtiger Punkt für die Decken sind deren Auflager auf den Wänden. Abhängig vom<br />

Wandauflager, siehe Abbildung 9-5, können die Kräfte exzentrisch in die Wände eingeleitet<br />

werden. Die Exzentrizität kann mit Hilfe der Norm SIA 266 berücksichtigt werden, wobei<br />

für tnom zweimal der Abstand der Normalkraft vom nächstliegenden Rand der Wand angenommen<br />

wird [15, S. 24].


46 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden Kapitel 9<br />

Abbildung 9-5<br />

Nominelle Breite der Druckstrebe in Abhängigkeit der Exzentrizität der Normalkraft<br />

[15, S. 24].<br />

9.3.3 Unregelmässige Grund- und Aufrisse<br />

Zusätzlich zu den Biegeschwingungen können, bei unregelmässiger Anordnung der Wände<br />

im Grundriss, Torsionsschwingungen auftreten. Dies jedoch nur, wenn die Decken in der<br />

Ebene steif sind. Bei flexiblen Deckensystemen, welche keine Koppelung der Wände erlauben,<br />

muss die Torsionsschwingung nicht berücksichtigt werden. Bislang wurden bei kraftbasierten<br />

Verfahren ein translatorischer Anteil und ein Rotationsanteil angesetzt. Heute weiss<br />

man, dass es vor allem auf den Duktilitätsbedarf bzw. das Verformungsvermögen der Wände<br />

ankommt und weniger auf deren Widerstand. Die SIA Dokumentation D 0171 schlägt ein<br />

Berechnungsverfahren vor, welches auf dem Ansatz des Verformungsvermögens beruht.<br />

Dieses Verfahren kann auch zur Berücksichtigung der Torsion beim verformungsbasierten<br />

Verfahren angewendet werden. Es wird in 4 Schritten in [15, S. 26] erklärt.<br />

Bei Tragsystemen mit Unregelmässigkeiten im Aufriss muss die Modellierung ein paar<br />

Grundsätze befolgen. Beispielsweise müssen die Einflüsse <strong>von</strong> Öffnungen sowie unterschiedlich<br />

lange Wände über die Gebäudehöhe berücksichtigt werden. Bei grossen Öffnungen<br />

kann, unter Umständen, nur eine reduzierte Wandlänge zwischen den Öffnungen genutzt<br />

werden. Auch wenn in einer Aussteifungsebene Wände und Stützen gemischt angeordnet<br />

sind, muss der Kräftefluss mit Spannungsfeldern analysiert werden. Krafteinleitung<br />

und Kraftübertragung zwischen Wand, Decke und Stütze werden dabei besonders beachtet.<br />

Einen weiteren Einfluss bilden seitlich versetzte Wände. Übereinander liegende Wände, welche<br />

seitlich geringfügig versetzt sind, können als eine durchgehende Wand betrachtet werden.<br />

Bei grösseren Versätzen erfolgt die Kraftübertragung jedoch über Biegung der Decke<br />

[15, S. 27 f.]. Der Querkraft- und Biegewiderstand der Decke müssen deshalb nachgewiesen<br />

werden.


Kapitel 9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 47<br />

9.3.4 Rahmenwirkung<br />

Der Einfluss der Rahmenwirkung wurde im Kapitel 8.2 bereits diskutiert und wird hier nur<br />

zur Vervollständigung nochmals erwähnt. Abbildung 9-6 zeigt den Einfluss der Wandriegel<br />

auf den Momentenverlauf der Mauerwerkswände.<br />

Abbildung 9-6 Momentenverlauf für drei Fälle unterschiedlich gekoppelter Wände [15, S. 31].


48 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden Kapitel 9<br />

Die Grössenordnung der Rahmenwirkung kann durch den Parameter ho, der Höhe des Momentennullpunktes,<br />

erfasst werden. Für unendlich steife Riegel liegt der Grenzwert bei<br />

h0 = 0.5 * hst. Mit kleiner werdender Rahmenwirkung wird h0 grösser [15, S. 30-32].<br />

9.3.5 Sich kreuzende Wände<br />

Die Wirkung sich kreuzender Wände ist im Allgemeinen positiv, wenn diese zusammenwirken,<br />

d.h. kraftschlüssig miteinander verbunden sind. Bei Wänden, welche in ihrer Ebene<br />

beansprucht werden, dürfen die Flansche der Wände, die rechtwinklig dazu stehen, mit einer<br />

mitwirkenden Breite berücksichtigt werden [i, S. 32]:<br />

,<br />

2 ∗ ,<br />

ü ä, <br />

ü ä, <br />

. , <br />

Stellt sich bei einer Sondierung des kreuzenden Mauerwerks heraus, dass nur eine Teilverzahnung<br />

oder gar keine Verzahnung vorhanden ist, darf keine Flanschwirkung angenommen<br />

werden.<br />

9.4 Verhalten der Wände unter Querbeanspruchung<br />

Das Versagen <strong>von</strong> querbeanspruchten Wänden kann einen Einsturz der Tragwände und<br />

damit schlimmstenfalls den Einsturz des Gebäudes zur Folge haben. Das sogenannte Verhalten<br />

„out-of-plane“ spielt deshalb eine Schlüsselrolle im Erdbebenverhalten unbewehrter<br />

Mauerwerksgebäude. Kritisch sind dabei vor allem Brüstungen und Giebelwände, die typischerweise<br />

aufgrund der einseitigen Lagerbedingungen sehr verletzbar sind. Aber auch Fassadenwände,<br />

vor allem älterer Gebäude mit flexiblen Decken, sind auf ihre Lagerbedingungen<br />

und ein mögliches Versagen aus der Ebene zu untersuchen. Das Verhalten der Wände<br />

unter Querbeanspruchung kann entweder über den Grenzwert der Wandschlankheit, wie im<br />

Merkblatt SIA 2018 angegeben, oder auch mit einem kraftbasierten Verfahren gemäss Norm<br />

SIA 266 bestimmt werden. Der Vergleich mit der Wandschlankheit erlaubt jedoch keine Bestimmung<br />

des Erfüllungsfaktors und das kräftebasierte Verfahren ist häufig sehr konservativ<br />

[15, S. 34 f.].<br />

Die Wandschlankheit kann in einem ersten Schritt mit den Grenzwerten der Wandschlankheit<br />

aus dem Merkblatt SIA 2018 verglichen werden. Sind diese erfüllt, entspricht dies einem<br />

Erfüllungsfaktor αeff ≥ αmin und weitere Analysen sind nicht notwendig. Abbildung 9-7 zeigt<br />

die Grenzwerte der Wandschlankheit. Diese Grenzwerte gelten nur für oben und unten gelagerte<br />

Wände. Auskragende Wände wie Giebelwände, Brüstungen oder freistehende Wände<br />

sind ausgeschlossen.


Kapitel 9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 49<br />

Abbildung 9-7 Wandschlankheiten gemäss Merkblatt SIA 2018<br />

Ist αeff < αmin oder der Erfüllungsfaktor αeff genauer zu bestimmen, kann dies mit dem verformungsbasierten<br />

Verfahren nach [9] erfolgen. In [15, S. 36-42] wird dieses Verfahren detailliert<br />

beschrieben.<br />

9.5 Verhalten der Wände in der Ebene<br />

Da Mauerwerk ein komplexer Baustoff ist, ist die Berechnung des horizontalen Tragwiderstands<br />

nicht ganz trivial. Der horizontale Tragwiderstand hängt im Wesentlichen <strong>von</strong> der<br />

Neigung der Resultierenden aus der kombinierten Beanspruchung aus Normalkraft, Schub<br />

und Biegung in der Ebene im Verhältnis zur Lagerfuge ab.<br />

9.5.1 Tragwiderstand<br />

Abbildung 9-8 zeigt den anisotropen Charakter <strong>von</strong> Mauerwerk. Es ist die Druckfestigkeit in<br />

Abhängigkeit der Lagerfugenneigung α dargestellt [3]. Als Kurvenparameter wird das Verhältnis<br />

der beiden Hauptspannungen gewählt. Die Druckfestigkeit variiert stark in Abhängigkeit<br />

<strong>von</strong> der Lagerfugenneigung α sowie vom Verhältnis σ1/σ2 (Abbildung 9-8). Für die<br />

Bemessung wird normalerweise ein vereinfachter Verlauf der einachsigen Druckfestigkeit<br />

angenommen, wie sie durch die fette schwarze Linie in Abbildung 9-8 dargestellt ist<br />

[15, S. 43].<br />

Abbildung 9-8<br />

Verlauf der zweiachsigen Druckfestigkeit σ2 in Abhängigkeit der Lagerfugenneigung<br />

α [15, S. 43].


50 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden Kapitel 9<br />

In der Norm SIA V177 (1995), der Vorgängernorm der heutigen SIA 266, wurde der Mauerwerksnachweis<br />

mit einem geneigten Spannungsfeld erbracht. Dieser vereinfachte Nachweis<br />

war zum Teil recht konservativ. In der Norm SIA 266 wird der horizontale Tragwiderstand<br />

durch die Überlagerung einer geneigten mit einer vertikalen Druckstrebe bestimmt. Die<br />

Anwendung des erweiterten Nachweises, beschrieben in [15, S. 45] und [15, S. 77 f.] ist insbesondere<br />

bei mehrstöckigen Wänden <strong>von</strong> Bedeutung, weil es den nichtüberdrückten Teil der<br />

Wand, welcher in den Bemessungsdiagrammen nach Norm SIA 266 vernachlässigt wird,<br />

berücksichtigt. Die Anwendung des erweiterten Nachweises ist jedoch aufwendiger, weil er<br />

eine iterative Berechnung verlangt, da die beiden Druckstreben derart überlagert werden,<br />

dass der analytisch bestimmte Querkraftwiderstand maximiert wird. In Kapitel 10.1.6 bis<br />

10.1.9 wurde die Berechnung jeweils mit dem Verfahren nach Norm SIA 266 und mit dem<br />

Verfahren gemäss der Dokumentation SIA D 0237 durchgerechnet.<br />

9.5.2 Steifigkeit<br />

Wird ein verformungsbasiertes Verfahren für die Beurteilung eines Mauerwerksgebäudes<br />

unter horizontaler Erdbebeneinwirkung benutzt, ist die Steifigkeit einer Mauerwerkswand<br />

ein wesentlicher Parameter. Der Wert der Steifigkeit, der in die Berechnung eingehen soll, ist<br />

jedoch sehr umstritten. Es gib bis anhin keinen allgemeinen anerkannten Wert. Die Norm<br />

SIA 266 schlägt vor, die Steifigkeit durch eine pauschale Abschätzformel in Funktion der<br />

Druckfestigkeit des Mauerwerks zu bestimmen (Exk = 1000 * fxk). [21] zeigt jedoch, dass die<br />

Proportionalität zwischen Ex und fx sehr stark variiert und zwischen<br />

200 ∗ 2000 ∗ <br />

liegen kann. Der Eurocode 8 schlägt eine pauschale Abminderung, durch Rissbildung während<br />

des Erdbebens, auf 50% der ungerissenen Steifigkeit vor. Versuchsresultate zeigen, dass<br />

die effektive Steifigkeit <strong>von</strong> Mauerwerkswänden unter horizontaler Erdbebeneinwirkung<br />

mit der Beziehung der Norm SIA 266 für die Abschätzung <strong>von</strong> Exk sowie einer Abminderung<br />

auf 50 % für die Bemessung mit den auf Kräften basierenden Verfahren auf der sicheren Seite<br />

liegt, da mit einer überschätzten Steifigkeit die Erdbebeneinwirkungen überschätzt werden,<br />

wenn man sich im abfallenden Ast des Beschleunigungsspektrum bewegt. Für die Berechnung<br />

mit dem verformungsbasierten Verfahren liegt man mit einer Überschätzung der<br />

gerissenen Steifigkeit jedoch auf der unsicheren Seite, da der Verformungsbedarf des Gebäudes<br />

unterschätzt wird. Es wird daher vorgeschlagen die Steifigkeit für kraftbasierte Verfahren<br />

um 50 % zu reduzieren, wie im Eurocode 8 geschrieben, und für verformungsbasierte<br />

Verfahren die Steifigkeit um 70 % zu reduzieren [14, S. 186 f.]. Exk unter Erdbebeneinwirkung<br />

wird demnach zu:<br />

, 1000 ∗ ∗ 0.5<br />

, 1000 ∗ ∗ 0.3


Kapitel 9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 51<br />

9.5.3 Verformungsvermögen<br />

Das Verformungsvermögen der Mauerwerksbauteile ist der zentrale Parameter im verformungsbasierten<br />

Verfahren. Es ist Thema in zahlreichen Forschungsarbeiten, weil es zurzeit<br />

noch nicht genügend verstanden wird. Erste Versuchsresultate zeigen dabei deutlich, dass<br />

das Verformungsvermögen <strong>von</strong> Mauerwerk nicht so beschränkt ist, wie allgemein angenommen<br />

wird [14, S. 51]. Die Versuche zeigen, dass ein Biegeversagen einen stabilen Versagensmechanismus<br />

darstellt, bei dem grosse Verformungen erreicht werden können. Auch<br />

beim Gleiten entlang der Lagerfuge ist grosses Verformungsvermögen möglich. Ein Schubversagen<br />

durch die Steine hingegen ist eher spröde. Es spielt eine Rolle ob grosse oder eher<br />

kleine Normalkräfte wirken. Bei kleinen Normalkräften verlaufen die Risse normalerweise in<br />

den Mörtelfugen, so dass die dadurch getrennten Wandteile ohne grossen Verlust an horizontalem<br />

Tragwiderstand übereinander gleiten können, was zu einem grossen Verformungsvermögen<br />

führt. Treten jedoch grosse Normalkräfte auf, verlaufen die Risse auch<br />

durch die Steine, was zu glatteren und steileren Bruchoberflächen führt, über die der obere<br />

Teil der Wand ohne grosse Verformungen hinuntergleitet [15, S. 51].


52 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

10 Beispielrechnung<br />

Um die in der Schweiz am häufigsten angewendeten Erdbebenberechnungsverfahren untereinander<br />

vergleichen zu können, wird ein Beispielgebäude mit dem Ersatzkraftverfahren,<br />

dem Antwortspektrenverfahren und dem PushOver-Verfahren durchgerechnet und mithilfe<br />

des Erfüllungsfaktor αeff beurteilt.<br />

Beim Beispielgebäude handelt es sich um einen dreistöckigen Mauerwerksbau mit Stahlbetondecken.<br />

Abbildung 10-1 und 10-2 zeigen die 3-D Ansicht sowie den Grundriss des Gebäudes<br />

mit den dazugehörigen Abmessungen.<br />

Abbildung 10-1 3D-Ansicht des Beispielgebäudes mit dem Berechnungsprogramm Axis<br />

Abbildung 10-2 2D-Grundriss des Beispielgebäudes


Kapitel 10 Beispielrechnung 53<br />

Um die Erdbebenberechnung durchzuführen, müssen die untenstehenden Parameter definiert<br />

werden.<br />

Anzahl Geschosse: 3<br />

Geschosshöhe:<br />

2.60 m<br />

Deckenstärke: 24 cm, Beton C 25/30<br />

Auflast: generell 3.0 kN<br />

Nutzlast: generell 3.0 kN, ψ2 = 0.3<br />

Erdbebenzone: Z2, agd = 1.0 m/s 2<br />

Bauwerksklasse: I, γf = 1.0<br />

Baugrundklasse:<br />

C<br />

Verhaltensbeiwert q: 1.5<br />

Bei allen Berechnungsverfahren wurde die Torsion infolge zufälliger Exzentrizität einfachheitshalber<br />

vernachlässigt. Als Vergleichskriterium wird nur der Schubwiederstand der<br />

Wände im untersten Geschoss gewählt, unter der Annahme, dass diese massgebend sind.<br />

10.1 Ersatzkraftverfahren<br />

10.1.1 Statische Beanspruchung<br />

Anhand der Lasteinzugsflächen kann die statische Beanspruchung der vier Mauerwerkswände<br />

berechnet werden. Zur Kontrolle wird die Handrechnung mit den Resultaten der<br />

Computerrechnung verglichen, siehe Abbildung 10-3 und Tabelle 10-1.<br />

Abbildung 10-3 Lasteinzugsfläche des Beispielgebäudes.


54 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

12 m ∗ 6 m 72 <br />

8 m ∗ 2 m 6 m ∗ 1 m 2 ∗ 1 m ∗ 1 m<br />

2<br />

2 m ∗ 6 m 2 ∗ 1 m ∗ 1 m<br />

2<br />

13 <br />

23 <br />

Die einwirkenden Lasten für den Erdbebenfall sind nach der Norm SIA 260 für aussergewöhnliche<br />

Bemessungssituationen zu berechnen.<br />

E , , ∗ <br />

Die Eigenlast der Decke und der Wände lässt sich wie folgt berechnen:<br />

, EL AL 12.0 m ∗ 6.0 m ∗ 0.24 m ∗ 25.0 kN <br />

m <br />

,ä EL 2 ∗ 4.0 m 2 ∗ 6.0 m ∗ 0.15 m ∗ 2.6 m ∗ 12.0 kN <br />

m <br />

Die Nutzlast darf um den Faktor ψ2 abgemindert werden und beträgt:<br />

∗ 12.0 m ∗ 6.0 m ∗ 0.3 ∗ 3.0 kN <br />

m <br />

Die Einwirkung Ed wird somit:<br />

64.8 kN<br />

E 648 kN 93.6 kN 64.8 kN 806.4 kN <br />

Geschoss<br />

3.0 kN <br />

m 648 kN<br />

93.6 kN<br />

Unter der Annahme, dass der Lastangriff zentrisch in die Wandscheibe erfolgt, treten keine<br />

zusätzlichen Momente auf. Die statische Normalkraft auf die Wände im Erdgeschoss beträgt:<br />

N , 3 ∗ , ,ä ∗ <br />

<br />

∗ 772.8 kN<br />

N , 3 ∗ , ,ä ∗ <br />

∗ <br />

436.8 kN<br />

<br />

Der Vergleich mit der Computerberechnung (Abbildung 10-4 und Tabelle 10-1) zeigt, dass<br />

die Annahme der Lasteinzugsfläche gut übereinstimmt.<br />

Tabelle 10-1<br />

Vergleich der Normalkräfte der Handrechnung mit der Computerrechnung.<br />

Wand 1 (N1, stat) [kN] Wand 2 (N1, stat) [kN] Einzugsfläche [m 2 ]<br />

Handrechnung 772.9 - 23.0<br />

- 436.8 13.0<br />

Computerrechnung 769.6 440.1


Kapitel 10 Beispielrechnung 55<br />

3.000 m 3.000 m<br />

2.000 m2.000 m<br />

2.000 m2.000 m<br />

3.000 m 3.000 m<br />

X<br />

Z<br />

Y<br />

-440.05 kN<br />

-769.55 kN<br />

-769.54 kN<br />

-440.06 kN<br />

Abbildung 10-4 Normalkräfte am Wandfuss aus der Computerrechnung<br />

10.1.2 Abschätzung der ersten Eigenschwingung<br />

Die erste Eigenschwingung kann nach der Norm SIA 261 16.5.2.3 abgeschätzt werden, wobei<br />

Ct 0.05 beträgt:<br />

∗ . 0.23 s<br />

1 <br />

4.29 Hz<br />

Da die Abschätzung der ersten Eigenperiode richtungsunabhängig ist, kann die ermittelte<br />

Frequenz für beide betrachteten Richtungen verwendet werden.<br />

10.1.3 Bemessungsspektrum<br />

Da T1 zwischen Tb und Tc liegt, wird gemäss Norm SIA 262 folgendes Bemessungsspektrum<br />

verwendet:<br />

<br />

2.5 ∗ γ <br />

∗ 0.195<br />

<br />

q = 1.5 SIA 266 4.7.1.4<br />

γf = 1.0 SIA 261 16.3.2<br />

agd = 1.0 m/s 2 SIA 261 16.2.1.2<br />

S = 1.15 SIA 261 16.2.2.4<br />

Wie die Abbildung 10-5 zeigt, liegt die Grundschwingzeit im Bereich des Plateaus des Bemessungsspektrums.<br />

Die horizontale Ersatzlast beträgt 19.5 % der vertikalen Last.


56 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

0.25<br />

0.20<br />

S d [m/s 2 ]<br />

0.15<br />

0.10<br />

0.05<br />

0.00<br />

0.01 0.1 1 10<br />

T [s]<br />

Abbildung 10-5 Bemessungsspektrum nach SIA 261 für die Erdbebenzone Z2, die Bauwerksklasse I<br />

und die Baugrundklasse C. Die rote Linie zeigt die berechnete Grundschwingzeit T und die daraus<br />

resultierende horizontale Beschleunigung Sd.<br />

10.1.4 Ersatzlast und Verteilung auf die einzelnen Geschosse<br />

Die totale vertikale Last des Gebäudes beträgt:<br />

E , 3 ∗ E 2419.2 kN<br />

Die daraus resultierende Ersatzlast wird wie folgt berechnet:<br />

∗ , 471.7 <br />

Die Verteilung der Ersatzlast auf die einzelnen Geschossdecken erfolgt proportional zur jeweiligen<br />

Gebäudehöhe:<br />

, ∗ <br />

∑ <br />

Dabei bezeichnet zi die Höhe der jeweiligen Geschossdecke.<br />

2.6 m . 5.2 m . 7.8 m 15.6 m<br />

, ∗ <br />

∑ <br />

78.6 <br />

,. ∗ .<br />

∑ <br />

,. ∗ .<br />

∑ <br />

157.2 <br />

235.9


Kapitel 10 Beispielrechnung 57<br />

10.1.5 Schubnachweis<br />

Aufgrund der Grundrisssymmetrie können die Horizontallasten zu gleichen Teilen auf die<br />

beiden Wände in der jeweils betrachteten Richtung verteilt werden. Der Schubnachweis<br />

muss demnach einmal für die Wände 1+2 (X-Richtung) und einmal für die Wände 2+3 (Y-<br />

Richtung) geführt werden.<br />

Der Schubnachweis wird gemäss Norm SIA 266, aber auch gemäss SIA Dokumentation<br />

D 0237 geführt. Der Nachweis nach SIA D 0237 berücksichtigt, nebst der Überlagerung einer<br />

geneigten mit einer vertikalen Druckstrebe (wie auch in der Norm SIA 266), auch den nicht<br />

überdrückten Teil der Wand, was sich vor allem bei mehrstöckigen Wänden bezahlt macht.<br />

Für den Nachweis nach SIA 266 wird vom Modell, in Abbildung 10-6 links, ausgegangen.<br />

Der Nachweis nach SIA D 0237 erfolgt nach dem Modell aus Abbildung 10-6 rechts.<br />

Die Wände 1 + 2 haben eine Länge <strong>von</strong> lw = 4.0 m, die Wände 3 + 4 eine Länge <strong>von</strong> lw = 6.0 m.<br />

Alle Wände sind 0.15 m stark und 2.6 m hoch.<br />

Abbildung 10-6 Links: Modell zur Berechnung des Schubwiderstands nach Norm SIA 266<br />

[20, S. 28]. Rechts: Modell zur Berechnung des Schubwiderstands nach Dokumentation D 0237<br />

[15, S. 45].<br />

10.1.6 Schubnachweis der Wände 1 + 2 (in X-Richtung) nach SIA 266<br />

Die Querkrafteinwirkung auf die jeweilige Geschossdecke entspricht, auf Grund der Gebäudesymmetrie,<br />

der Hälfte <strong>von</strong> Fd,i, addiert mit den Querkräften aus den oberen Geschossdecken.


58 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

,. ,.<br />

2<br />

118.0 <br />

,. ,. ,.<br />

2<br />

, ,. ,<br />

2<br />

196.6 <br />

235.9 <br />

Aus den Querkräften und der Geschosshöhe hw <strong>von</strong> 2.6 m können die folgenden Momente<br />

berechnet werden:<br />

,,. M 0 → ä <br />

,,. ,,. h ∗ ,. 306.8 kNm<br />

,,. 2 ∗ h ∗ ,.<br />

2<br />

306.8 kNm<br />

,,. ,,. h ∗ ,. 818.0 kNm<br />

,, 3 ∗ 2 ∗ ,,. h ∗ ,.<br />

2<br />

,, ,, h ∗ , 1 431.3 kNm<br />

818.0 kNm<br />

Die Normalkraft Nxd im EG entspricht dem N1,stat und beträgt 772.8 kN. Aus der Wandlänge<br />

lw =4.0 m sowie der Normalkraft Nxd und den Momenten Mz,EG lässt sich l1 gemäss SIA 266<br />

berechnen:<br />

l 2 ∗ ,,<br />

,<br />

1.88 <br />

Mithilfe der Figur 6 der Norm SIA 266 und der folgenden Einstiegswerte kann ein kV <strong>von</strong><br />

0.14 herausgelesen werden:<br />

0.3 ∗ <br />

<br />

<br />

0.72<br />

<br />

∗ ∗ <br />

0.76<br />

Der Schubwiederstand VRd der Wand, mit tw = 0.15 m und fyd = 1.05 N/mm 2 , lässt sich daraus<br />

wie folgt berechnen:<br />

∗ ∗ ∗ 41.5 <br />

Der Erfüllungsfaktor αeff beträgt bei einer einwirkenden Querkraft VEd <strong>von</strong> 235.9 kN:<br />

<br />

<br />

0.18<br />

Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 1 + 2 (in X-Richtung), für die Berechnung nach SIA<br />

Norm 266, beträgt 0.18.


Kapitel 10 Beispielrechnung 59<br />

10.1.7 Schubnachweis der Wände 1 + 2 (in X-Richtung) nach SIA D 0237<br />

Bei der Überlagerung einer geneigten mit einer vertikalen Druckstrebe müssen die folgenden<br />

Gleichgewichtsbedingungen erfüllt sein, ohne dass die Druckfestigkeit überschritten wird<br />

oder Gleiten eintritt [15, S. 44 ff.].<br />

Gleichgewicht:<br />

, , N <br />

, ∗ , , ∗ , M .<br />

M . M . ∗ <br />

V , ∗ tan <br />

Widerstand (vertikal):<br />

, ∗ ∗ ∗ cos <br />

2 ∗ ,<br />

, ∗ ∗ <br />

2 ∗ ,<br />

tan <br />

Widerstand (horizontal):<br />

∗ ∗ ∗ <br />

2 ∗ ,<br />

<br />

Nach [15, S. 30 ff.] kann für Gebäude, welche mehr als zweistöckig sind, <strong>von</strong> einer Rahmenwirkung<br />

ausgegangen werden. Die Höhe h0, welche den Momentennullpunkt darstellt, wird<br />

dadurch in diesem Beispiel ungefähr:<br />

≅ 2 3 5.2 <br />

Die Normalkraft Nxd im EG entspricht dem N1,stat und beträgt 772.8 kN. Aus der Wandlänge<br />

lw = 4.0 m sowie der Normalkraft Nxd und der Wandbreite tw = 0.15 m, lässt sich die vorhandene<br />

Druckspannung σN berechnen.<br />

<br />

<br />

1.29<br />

∗ N <br />

<br />

mm <br />

Der horizontale Tragwiderstand kann unter folgenden Annahmen abgeschätzt werden:<br />

<br />

tan → maximal 0.6<br />

M . V ∗ <br />

M . ∗


60 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

Aus den vorangehenden Gleichgewichtsbedingungen sowie den eben getroffenen Annahmen<br />

und dem Wert fyd = 0.3 fxd = 1.05 N/mm 2 , gemäss Norm SIA 266, kann folgende Gleichung<br />

für die Berechnung des horizontalen Tragwiderstands VRd,x abgeleitet werden:<br />

V , <br />

∗ ∗ ∗ ∗ <br />

∗ 2 ∗ ∗ ∗ ∗ <br />

143.6 <br />

Mit Hilfe <strong>von</strong> VRd,x kann auf Mz,1d sowie Mz,2d und daraus auf die Abmessungen der Druckstreben<br />

geschlossen werden:<br />

M . V , ∗ 373.4 kNm<br />

M . , ∗ 746.7 <br />

2 ∗ ,<br />

<br />

2.07 <br />

Zur Kontrolle muss überprüft werden ob der Kraftneigungswinkel tanα den maximalen<br />

Wert μd = 0.6 nicht überschreitet:<br />

tan 0.6 <br />

<br />

0.74<br />

Die Annahme <strong>von</strong> tanα = 0.6 ist somit zulässig und die daraus resultierenden Normalkräfte<br />

können berechnet werden:<br />

, ,<br />

239.3 <br />

tan <br />

, , 533.5 <br />

Daraus lässt sich überprüfen, ob die zulässigen Druckspannungen nicht überschritten werden:<br />

<br />

,<br />

∗ ∗ cos 1.05 <br />

<br />

2.45 <br />

,<br />

1.72<br />

∗ <br />

<br />

<br />

Die Gleichgewichtsbedingungen sind alle erfüllt, der maximale Reibungswinkel μd wird<br />

nicht überschritten und die Druckspannungen erfüllen die Anforderungen ebenfalls. VRd,x<br />

kann zu 143.6 kN angenommen werden. Der Erfüllungsfaktor αeff beträgt bei einem VRd <strong>von</strong><br />

143.6 kN und einem VEd <strong>von</strong> 235.9 kN:<br />

<br />

<br />

0.61<br />

Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 1 + 2 (in X-Richtung), für die Berechnung nach SIA Dokumentation<br />

D 0237, beträgt 0.61.


Kapitel 10 Beispielrechnung 61<br />

10.1.8 Schubnachweis der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung) nach SIA 266<br />

Die Querkrafteinwirkung auf die jeweilige Geschossdecke entspricht, auf Grund der Gebäudesymmetrie,<br />

der Hälfte <strong>von</strong> Fd,i, addiert mit den Querkräften aus den oberen Geschossdecken.<br />

Da die Erdbebenersatzlast in beiden Richtungen gleich ist, sind die Querkräfte, wie<br />

auch die Momente identisch mit den Resultaten des Schubnachweises in X-Richtung.<br />

,. ,.<br />

2<br />

118.0 <br />

,. ,. ,.<br />

2<br />

, ,. ,<br />

2<br />

196.6 <br />

235.9 <br />

,,. M 0 → ä <br />

,,. ,,. h ∗ ,. 306.8 kNm<br />

,,. 2 ∗ h ∗ ,.<br />

2<br />

306.8 kNm<br />

,,. ,,. h ∗ ,. 818.0 kNm<br />

,, 3 ∗ 2 ∗ ,,. h ∗ ,.<br />

2<br />

,, ,, h ∗ , 1 431.3 kNm<br />

818.0 kNm<br />

Die Normalkraft Nxd im EG entspricht dem N2,stat und beträgt 436.8 kN. Aus der Wandlänge<br />

lw = 6.0 m sowie der Normalkraft Nxd und den Momenten Mz,EG lässt sich l1 gemäss SIA 266<br />

berechnen:<br />

l 2 ∗ ,,<br />

,<br />

2.25 <br />

Mithilfe der Figur 6 der Norm SIA 266 und der folgenden Einstiegswerte kann kV zu 0.19<br />

herausgelesen werden:<br />

0.3 ∗ <br />

<br />

<br />

0.87<br />

<br />

∗ ∗ <br />

0.37<br />

Der Schubwiederstand VRd der Wand, mit tw = 0.15 m und fyd = 1.05 N/mm 2 , lässt sich daraus<br />

wie folgt berechnen:<br />

∗ ∗ ∗ 67.3 <br />

Der Erfüllungsfaktor αeff beträgt bei einer einwirkenden Querkraft VEd <strong>von</strong> 235.9 kN:<br />

<br />

<br />

0.29


62 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung), für die Berechnung nach SIA<br />

Norm 266, beträgt 0.29.<br />

10.1.9 Schubnachweis der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung) nach SIA D 0237<br />

Die Gleichgewichtsbedingungen sowie die Berechnung <strong>von</strong> h0 sind analog der Berechnung<br />

des Schubnachweis der Wände 1+2 und können dem Kapitel 10.1.7 entnommen werden.<br />

Die Normalkraft Nxd im EG entspricht dem N2,stat und beträgt 436.8 kN. Aus der Wandlänge<br />

lw = 6.0 m sowie der Normalkraft Nxd und der Wandbreite tw = 0.15 m, lässt sich die vorhandene<br />

Druckspannung σN berechnen.<br />

<br />

<br />

0.49<br />

∗ N <br />

<br />

mm <br />

Der horizontale Tragwiderstand kann unter folgenden Annahmen abgeschätzt werden:<br />

<br />

tan → maximal 0.6<br />

M . V ∗ <br />

M . ∗ <br />

Aus den Gleichgewichtsbedingungen im Kapitel 10.1.7 sowie den eben getroffenen Annahmen<br />

und dem Wert fyd = 0.3 fxd = 1.05 N/mm 2 , gemäss Norm SIA 266, kann folgende Gleichung<br />

für die Berechnung des horizontalen Tragwiderstands VRd,x abgeleitet werden:<br />

V , <br />

∗ ∗ ∗ ∗ <br />

∗ 2 ∗ ∗ ∗ ∗ <br />

157.1 <br />

Mit Hilfe <strong>von</strong> VRd,x kann auf Mz,1d sowie Mz,2d und daraus auf die Drucklängen zurückgeschlossen<br />

werden:<br />

M . V , ∗ 408.5 kNm<br />

M . , ∗ 816.9 <br />

2 ∗ ,<br />

<br />

2.26 <br />

Zur Kontrolle muss überprüft werden ob der Kraftneigungswinkel tanα den maximalen<br />

Wert μd = 0.6 nicht überschreitet:<br />

tan , 0.6 <br />

<br />

1.44<br />

Die Annahme <strong>von</strong> tanα = 0.6 ist somit zulässig und die daraus resultierenden Normalkräfte<br />

können berechnet werden:


Kapitel 10 Beispielrechnung 63<br />

, ,<br />

261.8 <br />

tan <br />

, , 175.0 <br />

Daraus lässt sich überprüfen ob die zulässigen Druckspannungen nicht überschritten werden:<br />

<br />

,<br />

∗ ∗ cos 1.05 <br />

<br />

2.45 <br />

,<br />

0.52<br />

∗ <br />

<br />

<br />

Die Gleichgewichtsbedingungen sind alle erfüllt, der maximale Reibungswinkel μd wird<br />

nicht überschritten und die Druckspannungen erfüllen die Anforderungen ebenfalls. VRd,x<br />

kann somit zu 157.1 kN angenommen werden. Der Erfüllungsfaktor αeff beträgt bei einem<br />

VRd <strong>von</strong> 143.6 kN und einem VEd <strong>von</strong> 235.9 kN:<br />

<br />

<br />

0.67<br />

Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung), für die Berechnung nach SIA Dokumentation<br />

D 0237, beträgt 0.67.<br />

10.2 Antwortspektrenverfahren<br />

10.2.1 Statische Beanspruchung<br />

Die statische Beanspruchung der Wände im EG wird durch ein Finite-Elemente-Programm<br />

berechnet. Wie in Tabelle 10-1 ersichtlich, stimmen die Normalkräfte mit der Handrechnung<br />

überein. Die einwirkenden vertikalen Lasten für den Erdbebenfall sind nach der Norm SIA<br />

260 für aussergewöhnliche Bemessungssituationen zu berechnen und verhalten sich analog<br />

den Lasten in Kapitel 10.2.<br />

Aufgrund der Grundrisssymmetrie sind die Horizontallasten zu gleichen Teilen auf die beiden<br />

Wände in der jeweils betrachteten Richtung verteilt. Der Schubnachweis muss demnach<br />

einmal für die Wände 1 + 2 (X-Richtung) und einmal für die Wände 2 + 3 (Y-Richtung) geführt<br />

werden.<br />

Die Wände 1 + 2 haben eine Länge <strong>von</strong> lw = 4.0 m, die Wände 3 + 4 eine Länge <strong>von</strong><br />

lw = 6.0 m. Alle Wände sind 0.15 m stark und 2.6 m hoch.


64 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

10.2.2 Berechnung der Eigenschwingungen<br />

Je mehr Eigenschwingungen berücksichtigt werden, desto grösser wird der angeregte Anteil<br />

der Masse. Da nicht alle Massen einen signifikanten Beitrag an der Beschleunigung agd beitragen,<br />

schreibt die Norm SIA 261 vor, dass so viele Eigenformen berücksichtigt werden<br />

müssen, dass die Summe mindestens 90 % der realen Masse entspricht. In diesem einfachen<br />

Beispiel genügen fünf Eigenformen (Tabelle 10-2).<br />

Tabelle 10-2<br />

Schwingungsanalyse und der daraus resultierende Anteil der angeregten Masse.<br />

Frequenz f [Hz] Schwingzeit T [s] εx εv<br />

1. Eigenform 3.12 0.320 0.830 0<br />

2. Eigenform 4.19 0.239 0 0.847<br />

3. Eigenform 6.81 0.147 0 0<br />

4. Eigenform 9.80 0.102 0.142 0<br />

5. Eigenform 12.23 0.082 0 0.129<br />

0.973 0.976<br />

Die erste und zweite Eigenform regen den mit Abstand grössten Teil der Masse in X- respektive<br />

in Y-Richtung an. Daraus kann geschlossen werden, dass ungefähr die jeweils dazugehörende<br />

Frequenz und Schwingzeit massgebend für die Erdbebenberechnung werden.<br />

10.2.3 Ersatzlast und Verteilung auf die einzelnen Geschosse<br />

Die Ersatzlast welche auf die einzelnen Geschossdecken einwirkt, kann ermittelt werden<br />

indem die Querkraft in den Wänden in jedem Geschoss angezeigt wird und die Querkraft<br />

des jeweils darüber liegenden Geschosses abgezogen wird.


Kapitel 10 Beispielrechnung 65<br />

0.166 0.328 mm<br />

0.06 kN<br />

0.020 0.039 m<br />

2.250 m<br />

1.256 m<br />

0.19 kN<br />

-94.96 kN<br />

2.329 m 1.613 m<br />

0.025 0.049 m<br />

2.157 m<br />

-160.88 kN<br />

1.770 m<br />

nxy<br />

[kN/m]<br />

7.84<br />

2.83<br />

-2.17<br />

-7.18<br />

-12.19<br />

-17.20<br />

-22.21<br />

-27.22<br />

-32.23<br />

-37.23<br />

-42.24<br />

-47.25<br />

-52.26<br />

-57.27<br />

-62.28<br />

-195.32 kN<br />

Abbildung 10-7 Querkräfte der Wand 1 + 2 (X-Richtung) im Erd-, 1.- und 2. Obergeschoss.<br />

3.419 m 2.581 m<br />

nxy<br />

[kN/m]<br />

-91.84 kN<br />

3.163 m 2.837 m<br />

-162.58 kN<br />

3.043 m 2.957 m<br />

7.84<br />

2.83<br />

-2.17<br />

-7.18<br />

-12.19<br />

-17.20<br />

-22.21<br />

-27.22<br />

-32.23<br />

-37.23<br />

-42.24<br />

-47.25<br />

-52.26<br />

-57.27<br />

-62.28<br />

-199.41 kN<br />

Abbildung 10-8 Querkräfte der Wand 3 + 4 (Y-Richtung) im Erd-, 1.- und 2. Obergeschoss.


66 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

1.031 m<br />

0.969 m<br />

0.726 m 1.130 m<br />

1.701 m<br />

1.299 m<br />

1.263 m 1.737 m<br />

-115.32 kN<br />

-80.96 kN<br />

-102.48 kN<br />

-96.68 kN<br />

Abbildung 10-9 Links: Querkraft der Wand 1 + 2 (X-Richtung) im Erdgeschoss, aufgeteilt auf zwei<br />

Integrale. Rechts: Querkraft der Wand 3 + 4 (Y-Richtung) im Erdgeschoss, aufgeteilt auf zwei Integrale.<br />

Abbildungen 10-7 und 10-8 zeigen jeweils die Querkräfte der Wände in X- respektive in Y-<br />

Richtung. Die Querkräfte betragen:<br />

,., 94.9 <br />

,., 160.8 <br />

,, 195.3 <br />

,., 91.8 <br />

,., 162.6 <br />

,, 199.4 <br />

Um die horizontale Ersatzlast zu erhalten muss pro Geschoss und Richtung die angezeigte<br />

Querkraft verdoppelt werden, da das Gebäude zwei identische Wände pro Richtung aufweist<br />

und die Querkraft der darüber liegenden Decke subtrahiert werden. Die einwirkende<br />

Horizontallast pro Geschoss beträgt:<br />

,., 2 ∗ ,., 189.9 <br />

,., 2 ∗ ,., 183.6 <br />

,., 2 ∗ ,., ,., 131.8 <br />

,., 2 ∗ ,., ,., 141.6 <br />

,, 2 ∗ ,, ,., 69.0 <br />

,, 2 ∗ ,, ,., 73.6 <br />

Die totale Horizontallast in X-Richtung beträgt:<br />

,., ,., ,, 390.7 <br />

Die totale Horizontallast in Y-Richtung beträgt:<br />

,., ,., ,, 398.8


Kapitel 10 Beispielrechnung 67<br />

10.2.4 Schubnachweis der Wände 1 + 2<br />

Um ein Schubnachweis der Wände im EG zu führen, werden die maximalen resp. minimalen<br />

Druckkräfte aus Abbildung 10-10, sowie die Schubkräfte aus Abbildung 10-9 links benötigt.<br />

0.945 m1.055 m<br />

1.054 m0.946 m<br />

0.844 m1.156 m<br />

1.156 m0.844 m<br />

-251.26 kN<br />

-251.29 kN<br />

-665.91 kN<br />

-665.76 kN<br />

Abbildung 10-10 Links: Maximale Druckkräfte der Wand 1 + 2 (X-Richtung). Rechts: Minimale<br />

Druckkräfte der Wand 1 + 2 (X-Richtung).<br />

N ∗ 665.91 665.76 1331.7 kN<br />

V ∗ 115.32 80.96 196.3 kN<br />

M , ∗ ∗ <br />

M , 665.91 ∗ 1.156 769.8 kNm<br />

M , 251.26 ∗ 1.055 265.1 kNm<br />

M , 665.76 ∗ 1.156 769.6 kNm<br />

M , 251.29 ∗ 1.054 264.9 kNm<br />

M max M , M , 504.9 <br />

504.9 <br />

M , M , 504.5 <br />

Mit diesen Schnittkräften, der Wandlänge lw =4.0 m, der Wandstärke tw=0.15 m und der<br />

Wandhöhe hw = 2.6 m, kann nun der Mauerwerksnachweis nach Norm SIA 266 durchgeführt<br />

werden:<br />

l 2 ∗ M <br />

N <br />

3.24 <br />

Mithilfe der Figur 6 der Norm SIA 266 und den folgenden Einstiegswerte kann ein kV <strong>von</strong><br />

0.23 herausgelesen werden:<br />

0.3 ∗ <br />

<br />

<br />

1.25<br />

N <br />

∗ ∗ <br />

0.78


68 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

Der Schubwiederstand VRd der Wand, mit tw = 0.15 m und fyd = 1.05 N/mm 2 , lässt sich daraus<br />

wie folgt berechnen:<br />

∗ ∗ ∗ 116.3 <br />

Der Erfüllungsfaktor αeff beträgt bei einer Einwirkenden Querkraft VEd <strong>von</strong> 196.3 kN:<br />

<br />

<br />

0.59<br />

Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 1 + 2 (in X-Richtung), für die Berechnung nach SIA<br />

Norm 266, beträgt 0.59.<br />

10.2.5 Schubnachweis der Wände 3 + 4<br />

Um einen Schubnachweis der Wände im EG durch zu führen, werden die maximalen resp.<br />

minimalen Druckkräfte aus Abbildung 10-11, sowie die Schubkräfte aus Abbildung 10-9<br />

rechts benötigt.<br />

20.60 kN<br />

20.62 kN<br />

0.346 0.520 m m<br />

0.519 0.347 m m<br />

1.330 m 0.804 m<br />

0.804 m 1.330 m<br />

1.449 m<br />

1.551 m<br />

1.551 m 1.449 m<br />

-117.65 kN<br />

-117.66 kN<br />

-430.88 kN<br />

-430.96 kN<br />

Abbildung 10-11 Links: Maximale Druckkräfte der Wand 3 + 4 (Y-Richtung). Rechts: Minimale<br />

Druckkräfte der Wand 3 + 4 (Y-Richtung).<br />

N ∗ 430.88 430.96 861.8 kN<br />

V ∗ 102.48 96.68 199.2 kN<br />

M , ∗ ∗ <br />

M , 430.88 ∗ 1.551 668.3 kNm<br />

M , 117.65 ∗ 0.804 20.60 ∗ 2.65 40.0 kNm<br />

M , 430.96 ∗ 1.551 668.4 kNm<br />

M , 117.66 ∗ 0.804 20.62 ∗ 2.65 40.0 kNm


Kapitel 10 Beispielrechnung 69<br />

M max M , M , 628.3 <br />

628.4 <br />

M , M , 628.4 <br />

Mit diesen Schnittkräften, der Wandlänge lw =6.0 m, der Wandstärke tw=0.15 m und der<br />

Wandhöhe hw = 2.6 m, kann nun der Mauerwerksnachweis nach Norm SIA 266 geführt werden:<br />

l 2 ∗ M <br />

N <br />

4.54 <br />

Mithilfe der Figur 6 der Norm SIA 266 und der folgenden Einstiegswerte kann ein kV <strong>von</strong><br />

0.28 herausgelesen werden:<br />

0.3 ∗ <br />

<br />

<br />

1.75<br />

N <br />

∗ ∗ <br />

0.36<br />

Der Schubwiderstand VRd der Wand, mit tw = 0.15 m und fyd = 1.05 N/mm 2 , lässt sich daraus<br />

wie folgt berechnen:<br />

∗ ∗ ∗ 200.2 <br />

Der Erfüllungsfaktor αeff beträgt bei einer Einwirkenden Querkraft VEd <strong>von</strong> 199.2 kN:<br />

<br />

<br />

1.01<br />

Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung), für die Berechnung nach SIA<br />

Norm 266, beträgt 1.01.


70 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

10.3 PushOver-Verfahren<br />

10.3.1 Statische Beanspruchung<br />

Die einwirkenden vertikalen Lasten für den Erdbebenfall sind nach der Norm SIA 260 für<br />

aussergewöhnliche Bemessungssituationen zu berechnen und verhalten sich analog zu den<br />

Lasten in Kapitel 10.1.<br />

Die Wände 1 + 2 haben eine Länge <strong>von</strong> lw = 4.0 m, die Wände 3 + 4 eine Länge <strong>von</strong><br />

lw = 6.0 m. Alle Wände sind 0.15 m stark und 2.6 m hoch.<br />

10.3.2 Ergebnisse der Berechnung<br />

Die durchgeführte Analyse umfasst die Verschiebung des Kontrollknotens in jeweils positiver<br />

und negativer Richtung. Es werden zwei orthogonale Koordinatenrichtungen betrachtet.<br />

Die Analysen werden für zwei unterschiedliche (Horizontal)-Kraftverteilungen (analog der<br />

Massenverteilung, analog der Verschiebung der 1. Eigenform) durchgeführt. Je nach Analyse<br />

wird eine andere Wand massgebend. Abbildung 10-12 zeigt die PushOver-Kurven der acht<br />

Analysen und in Tabelle 10-3 sind die daraus resultierenden Resultate aufgelistet.<br />

Tabelle 10-3 Resultate für die acht PushOver-Analysen. Du bezeichnet die maximal mögliche Auslenkung<br />

vor dem Kollaps, Dmax die maximale Auslenkung unter Erdbebenbelastung, Del die elastische<br />

Auslenkung, α der Erfüllungsfaktor, q der Verhaltensbeiwert und T* die Schwingzeit.<br />

Du [cm] Dmax [cm] Del [cm] α [-] q [-] T * [s] Bemerkungen<br />

1 1.68 0.89 0.25 1.89 3.56 0.231 X-Richtung<br />

2 1.20 1.04 0.28 1.15 3.15 0.257 X-Richtung<br />

3 1.68 0.89 0.25 1.89 3.56 0.231 X-Richtung<br />

4 1.20 1.04 0.28 1.15 3.15 0.257 X-Richtung<br />

5 0.48 0.17 0.17 2.82 0.95 0.144 Y-Richtung<br />

6 0.29 0.26 0.18 1.12 1.30 0.160 Y-Richtung<br />

7 0.90 0.17 0.14 5.30 1.00 0.144 Y-Richtung<br />

8 1.74 0.21 0.21 8.29 0.96 0.160 Y-Richtung<br />

Massgebend wird der minimale Erfüllungsgrad αeff pro Richtung. Der Erfüllungsfaktor αeff<br />

der Wände 1 + 2 (in X-Richtung), beträgt 1.15. Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 3 + 4 (in<br />

Y-Richtung), beträgt 1.12.


Kapitel 10 Beispielrechnung 71<br />

Abbildung 10-12 PushOver Diagramme aus dem Programm 3Muri, Analyse 1 bis 8, <strong>von</strong> oben links<br />

nach unten rechts. Die Vertikale Achse zeigt die aufgebrachte Horizontalkraft in kN, die horizontale<br />

Achse zeigt die Auslenkung der obersten Decke in cm. Dmax bezeichnet die maximale Auslenkung unter<br />

Erdbebenbelastung, Du bezeichnet die maximal mögliche Auslenkung vor dem Kollaps.


72 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

10.3.3 Kontrolle der maximalen Verschiebung<br />

Gemäss dem SIA Merkblatt 2018 5.3.3 kann zwischen dem Bemessungsspektrum der Beschleunigung<br />

Sad und dem elastischen Bemessungsspektrum der Verschiebung Sud folgende<br />

Beziehung abgeleitet werden:<br />

<br />

4 <br />

Sad kann der Norm SIA 261 16.2.3.1 entnommen werden, woraus sich Sud anschliessend ableiten<br />

lässt:<br />

2.5 ∗ 1<br />

∗ 1 0 <br />

<br />

<br />

<br />

2.5 ∗ ∗ ∗ <br />

<br />

2.5 ∗ ∗ ∗ <br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

2.5 ∗ ∗ ∗ ∗ <br />

<br />

<br />

4 ∗ 2.5 ∗ 1<br />

∗ ∗ 1 0 <br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

4 ∗ ∗ 2.5 ∗ ∗ ∗ <br />

<br />

<br />

<br />

<br />

4 ∗ ∗ 2.5 ∗ ∗ ∗ <br />

<br />

<br />

<br />

<br />

4 ∗ ∗ 2.5 ∗ ∗ ∗ ∗ <br />

<br />

Die Berechnung des Performance Point nach SIA Merkblatt 2018 5.3.2 bezieht sich auf einen<br />

äquivalenten Einmassenschwinger, siehe Abbildung 10-13, und muss deshalb mit dem modalen<br />

Partizipationsfaktor Γ korrigiert werden.<br />

Abbildung 10-13 Veranschaulichung des Unterschieds zwischen Dmax und Sud [24, S. 68].


Kapitel 10 Beispielrechnung 73<br />

Tabelle 10-4<br />

Parameter zur Berechnung des Einmassenschwingers (EMS) und des Partizipationsfaktors.<br />

Sockwerk Höhe hi [m] Masse [kg] Gewicht [kN] Φ mΦ [kg] mΦ 2 mΦh<br />

2.OG 7.8 82201.8 806.4 1.00 82202 82202 641174<br />

1.OG 5.2 82201.8 806.4 0.66 54253 35807 282117<br />

EG 2.6 82201.8 806.4 0.33 27127 8952 70529<br />

Total 246605.5 2419.2 163582 126961 993820<br />

Mit Hilfe der Werte aus Tabelle 10-4 kann der modale Partizipationsfaktor bestimmt werden:<br />

∑ ∗ <br />

∑<br />

<br />

1.29<br />

∗ <br />

<br />

<br />

Für das verformungsbasierte Verfahren wird die Zielverschiebung wd, welche mit dem Verschiebungsvermögen<br />

des Bauteils wR,d verglichen wird, aus dem elastischen Bemessungsspektrum<br />

der Verschiebung Sud wie folgt berechnet:<br />

Für den Periodenbereich T > TC gilt das Prinzip der gleichen Verschiebung:<br />

∗ <br />

Für den Periodenbereich T < TC, dieser Fall tritt bei Mauerwerksgebäuden oft auf, macht das<br />

SIA Merkblatt 2018 keine Angaben. In diesem Fall kann auf die Angabe nach Eurocodes 8<br />

(2004), Teil 1 Anhang B zurückgegriffen werden [15, S. 16]:<br />

∗ ∗ 1 <br />

1 1 ∗ <br />

∗ <br />

qu ist das Verhältnis zwischen dem Bedarf an Tragwiderstand des Tragwerks bei elastischem<br />

Verhalten (Γ * Sad * mE), mit mE für die modale Masse des Einmassenschwingers und dem<br />

vorhandenen Tragwiderstand des Tragwerks VRd, wobei VRd aus den PushOver-Diagrammen<br />

in Abbildung 10.12 herausgelesen werden kann:<br />

∗ ∗ <br />

<br />

Die Werte für das Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad und für das elastische Bemessungsspektrum<br />

der Verschiebung Sud können anhand der Formeln am Anfang des Kapitels<br />

10.3.3 berechnet, oder anhand der Abbildung 10-14 herausgelesen werden. Für die Erdbebenzone<br />

Z2, die Bauwerksklasse I und die Baugrundklasse C ergeben sich das in Abbil-


74 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

dung 10-14 dargestellten Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad und das elastische<br />

Bemessungsspektrum der Verschiebung Sud.<br />

S ad [m/s 2 ]<br />

3.00<br />

2.50<br />

2.00<br />

1.50<br />

1.00<br />

0.50<br />

0.00<br />

0.01 0.1 T [s] 1 10<br />

S ud [m]<br />

0.10<br />

0.08<br />

0.06<br />

0.04<br />

0.02<br />

0.00<br />

0 1 T [s] 2 3<br />

Abbildung 10-14 Links: Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad für die Erdbebenzone Z2, die<br />

Bauwerksklasse I und die Baugrundklasse C. Rechts: Elastisches Bemessungsspektrum der Verschiebung<br />

Sud für die Erdbebenzone Z2, die Bauwerksklasse I und die Baugrundklasse C.<br />

Abbildung 10.15 zeigt das elastische Bemessungsspektrum im ADRS-Format (Acceleration-<br />

Displacement-Response-Spectra), welches aus der Kombination vom Bemessungsspektrum<br />

der Beschleunigung und dem Bemessungsspektrum der Verschiebung entsteht. Diese Grafik<br />

erlaubt eine anschauliche Gegenüberstellung vom Verschiebungsangebot der Mauerwerkswände.<br />

3.00<br />

2.50<br />

S ad [m/s 2 ]<br />

2.00<br />

1.50<br />

1.00<br />

0.50<br />

0.00<br />

0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10<br />

S ud [m]<br />

Abbildung 10-15 Elastisches Bemessungsspektrum im ADRS-Format für die Erdbebenzone Z2, die<br />

Bauwerksklasse I und die Baugrundklasse C.<br />

Wird im Bemessungsspektrum im ADRS-Format die Beschleunigung Sad mit der modalen<br />

Masse (mΦ [kg]) des Einmassenschwingers (siehe Tabelle 10-4) multipliziert und mit den<br />

PushOver-Kurven (Abbildung 10-12) kombiniert (siehe auch Abbildung 7-4), kann der Verschiebungsbedarf<br />

(ADRS-Spektrum) und das Verschiebungsangebot verglichen werden.


Kapitel 10 Beispielrechnung 75<br />

Abbildung 10-16 zeigt diese Kombination bis zu einer Verschiebung Sud <strong>von</strong> 0.5 cm. Mithilfe<br />

der Schwingzeit T * der acht Analysen (Tabelle 10-5) kann die Verschiebung Sud (Tabelle 10-5)<br />

berechnet werden. Trägt man die bilineare Kapazitätskurve der acht Analysen (Abbildung<br />

10-12, blaue Kurven) im Diagramm ein und verlängert den elastischen Teil der Kapazitätskurve<br />

bis zum elastischen Bemessungsspektrum im ADRS-Format (grüne Linie) erhält<br />

man den Verschiebungsbedarf Sud der einzelnen Analysen.<br />

Abbildung 10-16 Teilausschnitt des elastischen Bemessungsspektrums im ADRS-Format, kombiniert<br />

mit den bilinearen Kapazitätskurven aus den PushOver-Analysen.<br />

Im Fall der Beispielrechnung ist T * und damit Sud bekannt. Neben der Zielverschiebung wd<br />

kann zur Überprüfung der Plausibilität zusätzlich noch die elastische Verschiebung Del kontrolliert<br />

werden. Dafür wird in Abbildung 10-16 die Verschiebung Sud auf dem Bemessungsspektrum<br />

im ADRS-Format abgetragen, und eine Gerade durch den Punkt 0/0 gezogen. Dort<br />

wo sich die Gerade mit der Horizontalkraft (aus Abbildung 10-12 herausgelesen) schneidet,<br />

befindet sich der Punkt Del. Dieser Punkt sollte mit dem Knick der bilineare Kapazitätskurve<br />

der acht Analysen (Abbildung 10-12, blaue Kurve) übereinstimmen.


76 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

Es sind nun alle Parameter für die Berechnung der Zielverschiebung wd und der Verschiebung<br />

Del bekannt. Die Tabelle 10-5 kann komplettiert werden.<br />

Tabelle 10-5<br />

Erweiterung der Tabelle 10-4 um die Werte wd (Zielverschiebung) und Del,Abb.10-16.<br />

T * [s] Sad [m/s 2 ] Sud [cm] VRd [kN] Dmax [cm] wd [cm] Del,Abb.10-16 [cm] Del [cm]<br />

1 0.231 2.88 0.39 295 0.89 0.91 0.25 0.245<br />

2 0.257 2.88 0.48 270 1.04 1.08 0.28 0.275<br />

3 0.231 2.88 0.39 295 0.89 0.91 0.25 0.245<br />

4 0.257 2.88 0.48 270 1.04 1.08 0.28 0.275<br />

5 0.144 2.39 0.13 485 0.17 0.18 0.17 0.150<br />

6 0.160 2.53 0.16 460 0.26 0.29 0.18 0.180<br />

7 0.144 2.39 0.13 465 0.17 0.20 0.14 0.140<br />

8 0.160 2.52 0.16 520 0.21 0.23 0.21 0.200<br />

10.3.4 Diskussion der maximalen Verschiebung<br />

Der Vergleich <strong>von</strong> Dmax (den maximal auftretenden Verschiebungen gemäss Berechnung mit<br />

dem PushOver-Programm 3Muri) und wd (der berechneten Zielverschiebung gemäss<br />

[15, S. 16]) zeigt, dass die maximal zu erwartenden Verschiebungen gemäss PushOver-<br />

Analyse sehr gut mit den rechnerischen Zielverschiebungen übereinstimmen. Der Vergleich<br />

<strong>von</strong> Del,Abb.10-16 (der elastischen Verschiebung gemäss Berechnung mit dem PushOver-<br />

Programm 3Muri) und Del (der konstruierten Verschiebung aus Abbildung 10-16) zeigt, dass<br />

die elastische Verschiebungen gemäss PushOver-Analyse sehr gut mit den konstruierten<br />

Verschiebungen übereinstimmen.<br />

Die Herleitung der Vergleiche sowie die übereinstimmenden Resultate der Theorie mit dem<br />

Berechnungsprogramm zeigen, dass das PushOver-Programm 3Muri seine Verschiebungswerte<br />

sehr genau anhand der im Merkblatt SIA 2018 5.3.3 beschriebenen Beziehung zwischen<br />

dem Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad und dem elastischen Bemessungsspektrum<br />

der Verschiebung Sud berechnet.<br />

Die Erfüllungsgrade αeff aus Kapitel 10.3.2 sind somit plausibel und dürfen verwendet werden.<br />

10.4 Vergleich der Resultate<br />

Um die Resultate aus dem Ersatzkraftverfahren, dem Antwortspektrenverfahren und der<br />

PushOver-Analyse miteinander zu vergleichen, stehen drei Vergleichsgrössen zur Verfügung.<br />

Die Grundschwingzeit kann zwischen dem Ersatzkraft- und Antwortspektrenverfah-


Kapitel 10 Beispielrechnung 77<br />

ren verglichen werden. Der Vergleich der Ersatzkraft und vor allem der Vergleich der Erfüllungsgrade<br />

αeff kann zwischen allen drei Verfahren gezogen werden.<br />

10.4.1 Vergleich der Grundschwingzeit<br />

Wie in Tabelle 10-2 zu sehen ist, regen die erste und zweite Eigenform den mit Abstand<br />

grössten Teil der Masse in X- respektive in Y-Richtung an. Daraus kann geschlossen werden,<br />

dass ungefähr die jeweils dazugehörende Frequenz und Schwingzeit massgebend für die<br />

Erdbebenberechnung wird.<br />

Tabelle 10-6<br />

Vergleich der Schwingzeit<br />

Ersatzkraftverfahren<br />

Antwortspektrenverfahen<br />

[X-Richtung]<br />

Antwortspektrenverfahen<br />

[Y-Richtung]<br />

Frequenz f [Hz] 4.29 3.12 4.19<br />

Schwingzeit T [s] 0.23 0.32 0.24<br />

Der Vergleich der Grundschwingzeit in Tabelle 10-6 zeigt, dass die grobe Abschätzung beim<br />

Ersatzkraftverfahren ziemlich genau mit der Grundschwingzeit des Antwortspektrenverfahrens<br />

in X-Richtung übereinstimmt. In Y-Richtung liegt die Frequenz etwas höher, die<br />

Schwingzeit dadurch etwas tiefer als in X-Richtung. Der Grund dafür ist, dass die Masse in<br />

Y-Richtung erst mit der zweiten Eigenform angeregt wird, welche höher liegt als die Erste in<br />

X-Richtung.<br />

10.4.2 Vergleich der Ersatzkraft<br />

Sowohl für das Ersatzkraftverfahren, als auch für das Antwortspektrenverfahren wird eine<br />

Ersatzlast berechnet, welche auf das Gebäude wirkt. Auch bei der PushOver-Analyse kann<br />

eine Ersatzkraft bestimmt werden. Allerdings kann diese nicht eins zu eins mit den Werten<br />

aus den anderen beiden Verfahren verglichen werden. Bei der PushOver-Analyse wird nicht<br />

zuerst eine einwirkende Ersatzkraft bestimmt, sondern es wird Stück um Stück die Verschiebung<br />

des Gebäudes erhöht und jeweils berechnet, welche Kraft nötig wird um dem Gebäude<br />

die jeweilige Auslenkung zu geben. Und um die maximale Verschiebung zu berechnen (Kapitel<br />

10.3.3), wird durch die Multiplikation der modalen Masse des Einmassenschwingers<br />

mit der Beschleunigung Sad die Ersatzlast des Einmassenschwingers berechnet. Diese kann je<br />

nach Gebäudegeometrie stark <strong>von</strong> der Kraft, welche benötigt wird um das Gebäude um Dmax<br />

auszulenken, abweichen. Aus diesem Grund werden in Tabelle 10-7 und in Abbildung 10-17<br />

die Ersatzkräfte des Ersatzkraft- und Antwortspektrenverfahrens mit der benötigten Kraft<br />

um das Gebäude um die berechnete, maximale Verschiebung Dmax auszulenken, verglichen<br />

und nicht mit der einwirkenden Kraft auf den Einmassenschwinger.


78 Beispielrechnung Kapitel 10<br />

Tabelle 10-7<br />

Vergleich der Ersatzkräfte der verschiedenen Erdbebenberechnungsverfahren.<br />

Ersatzkraftver-<br />

Antwortspek-<br />

Antwortspek-<br />

PushOver-<br />

PushOver-<br />

fahren<br />

trenverfahren<br />

X-Richtung<br />

trenverfahren<br />

Y-Richtung<br />

Analyse<br />

X-Richtung<br />

Analyse<br />

Y-Richtung<br />

Fd [kN] 471.7 390.7 398.9 270 460<br />

Ersatzkraft [kN]<br />

in X-Richtung<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

Ersatzkraft [kN]<br />

in X-Richtung<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

Abbildung 10-17 Links: Vergleich der Ersatzkräfte in X-Richtung. Rechts: Vergleich der Ersatzkräfte<br />

in Y-Richtung.<br />

10.4.3 Vergleich <strong>von</strong> αeff<br />

Das wichtigste und schliesslich massgebende Ergebnis ist der Vergleich zwischen den Erfüllungsgraden<br />

der verschiedenen Berechnungsverfahren. Dabei werden in Tabelle 10-8 und in<br />

Abbildung 10-18 pro Richtung vier Werte (Ersatzkraftverfahren wurde auf zwei Arten gerechnet)<br />

untereinander verglichen.<br />

Tabelle 10-8<br />

Vergleich <strong>von</strong> αeff<br />

Ersatzkraftverfah-<br />

Ersatzkraftverfah-<br />

Antwortspektren-<br />

PushOver-<br />

ren (SIA 266)<br />

ren (SIA D 0237)<br />

verfahren<br />

Analyse<br />

αeff X-Richtung 0.18 0.61 0.59 1.15<br />

αeff Y-Richtung 0.29 0.67 1.01 1.12


Kapitel 10 Beispielrechnung 79<br />

1.5<br />

1.5<br />

α eff<br />

in X-Richtung<br />

1<br />

0.5<br />

0.18<br />

0.61 0.59<br />

1.15<br />

1<br />

0.5<br />

0.29<br />

0.67<br />

1.01<br />

1.12<br />

0<br />

0<br />

Ersatzkraftverfahren(SIA 266)<br />

Ersatzkraftverfahren (SIA D 0237)<br />

Antwortspektrenverfahren<br />

PushOver-Analyse<br />

Ersatzkraftverfahren (SIA 266)<br />

Ersatzkraftverfahren (SIA D 0237)<br />

Antwortspektrenverfahren<br />

α eff<br />

in Y-Richtung<br />

PushOver-Analyse<br />

Abbildung 10-18 Links: Vergleich <strong>von</strong> αeff in X-Richtung. Rechts: Vergleich <strong>von</strong> αeff in Y-Richtung.<br />

Die Diagramme in Abbildung 10-18 zeigen die erwarteten Resultate. Das Ersatzkraftverfahren<br />

stellt die konservativste Berechnungsmethode dar, auch wenn der kompliziertere Berechnungsansatz<br />

nach SIA Dokumentation D 0237 klar höhere Erfüllungsgrade liefert als die<br />

Berechnung nach Norm SIA 266. Die Resultate des Antwortspektrenverfahrens liegen zwischen<br />

denen der Ersatzkraftmethoden und der PushOver-Analyse. In Y-Richtung sind sie<br />

praktisch identisch mit der PushOver-Analyse. Das liegt daran, dass in Y-Richtung die Resultate<br />

der PushOver-Analyse im elastischen Bereich liegen (q 1.0, siehe Abbildung 10-12<br />

und Tabelle 10-3). In X-Richtung hingegen liegt die PushOver-Analyse im plastischen Bereich,<br />

die nichtlinearität des Baustoffs wird abgebildet und der Erfüllungsgrad liegt somit<br />

deutlich höher als bei den kraftbasierten Verfahren.


80 Schlussbemerkung Kapitel 11<br />

11 Schlussbemerkung<br />

Ziel dieser Projektarbeit war es, eine Übersicht der verschiedenen Erdbebenberechnungsverfahren,<br />

deren Vor-, resp. Nachteile sowie deren Anwendungsgebiete zu erarbeiten. Die drei<br />

in der Schweiz am häufigsten angewendeten Verfahren Ersatzkraft-, Antworstspektrenverfahren<br />

sowie das PushOver-Verfahren wurden anhand eines Berechnungsbeispiels untereinander<br />

verglichen und aufgrund der Einsatzmöglichkeiten bei er Überprüfung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong><br />

Mauerwerksgebäuden beurteilt.<br />

Sowohl die kräftebasierten Ersatzkraft- und Antwortspektrenverfahren, wie auch das verformungsbasierte<br />

PushOver-Verfahren sind statische Verfahren, welche das dynamische<br />

Verhalten eines Bauwerks aus dem Vergleich mit dem dynamischen Verhaltens eines Einmassenschwingers<br />

ableiten. Der grösste Unterschied ist die Umrechnung vom elastischen<br />

zum elastisch-plastischen Spektrum. Die kräftebasierten Verfahren verwenden für die Umrechnung<br />

den pauschalen Faktor q, was die Verfahren einfach in der Anwendung macht,<br />

jedoch relativ ungenau ist. Im Gegensatz dazu wird beim verschiebungsbasierten Verfahren<br />

das tatsächliche elastisch-plastische Verhalten eines Gebäudes berücksichtigt. So können die<br />

plastischen Tragreserven des Bauwerks viel genauer bestimmt werden und liegen meist<br />

auch höher als bei den Ersatzkraftverfahren.<br />

Die Resultate in Kapitel 10 unterstützen diese Hypothese. Die Erfüllungsgrade αeff, berechnet<br />

mit dem verformungsbasierten PushOver-Verfahren liegen deutlich höher als bei den kräftebasierten<br />

Verfahren. Je nachdem wie stark das plastische Verhalten berücksichtigt werden<br />

kann, ist der Erfüllungsfaktor des PushOver-Verfahrens fast zwei Mal so gross wie derjenige<br />

des Antwortspektrenverfahrens.<br />

Es zahlt sich somit aus, den erhöhten Rechenaufwand des PushOver-Verfahrens zu betreiben,<br />

da die Nichtlinearitäten der Baustoffe besser berücksichtigt werden und somit das plastische<br />

Verhalten am Bauwerk besser und vor allem viel realistischer abgebildet und nicht<br />

pauschal mit einem Duktilitätsfaktor q in Rechnung gestellt wird.


Literaturverzeichnis 81<br />

Literaturverzeichnis<br />

[1] Bachmann, H.: Erdbebensicherung <strong>von</strong> Bauwerken, 2. überarbeitete Auflage, Birkhäuser<br />

Verlag, Basel Boston Berlin, 2002<br />

[2] Erdbeben - Praxis Kursunterlagen, Ingware <strong>GmbH</strong>, Seestrasse 78, 8703 Erlenbach,<br />

Version 1.2, Juni 2008<br />

[3] Ganz, H.-R.: Mauerwerkscheiben unter Normalkraft und Schub, IBK-Bericht Nr.<br />

148, Institut für Baustatik und Konstruktion, ETH Zürich, 1985<br />

[4] Gass, D.: PushOver auf dem Rechner, Die Baustelle, Juni 2011, 72-74<br />

[5] Hausammann, H.: Dynamik und Erdbebeningenieurwesen, Skript, BFH AHB Burgdorf<br />

o.J.<br />

[6] Hausammann, H. et al.: Lastfall Erdbeben für Neu- und Altbauten – wie bemessen<br />

und handeln?, Fachveranstaltung Nr. 864431, Bau und Wissen, Burgdorf, 26. April<br />

2007.<br />

[7] Lang K., Bachmann H.: On the seismic vulnerability of existing unreinforced masonry<br />

buildings, Journal of Earthquake Engineering, Vol. 7, Nr. 3, 2003, 407-426<br />

[8] Meskauris, K. et al.: Bauwerke + Erdbeben, Grundlagen - Anwendungen - Beispiele,<br />

1. Auflage, Vieweg Verlag, Juni 2003<br />

[9] Paulay T., Priestley M.J.N.: Seismic design of reinforced concrete and masonry<br />

buildings, John Wiley & Sons, Inc., New York, 1992<br />

[10] SIA Dokumentation D 0162, Erdbebenvorsorge in der Schweiz / Massnahmen bei<br />

neuen und <strong>bestehenden</strong> Bauwerken, 2000<br />

[11] SIA Dokumentation D 0181, Grundlagen der Projektierung <strong>von</strong> Tragwerken / Einwirkung<br />

auf Tragwerke, Einführung in die Normen SIA 260 und 261, 2003<br />

[12] SIA Dokumentation D 0191, Grundlagen der Projektierung <strong>von</strong> Tragwerken / Einwirkung<br />

auf Tragwerke, Bemessungsbeispiele zu den Normen SIA 261 und 261,<br />

2004<br />

[13] SIA Dokumentation D 0211, Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben,<br />

2005<br />

[14] SIA Dokumentation D 0231, Erdbeben und Mauerwerk, 2009<br />

[15] SIA Dokumentation D 0237, Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden bezüglich Erdbeben,<br />

2010<br />

[16] SIA Merkblatt 2018, Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben,<br />

1. Auflage, 2004<br />

[17] SIA 260, Grundlagen der Projektierung <strong>von</strong> Tragwerken, 1. Auflage, 2003


82 Literaturverzeichnis<br />

[18] SIA 261, Einwirkungen aus Tragwerke, 1. Auflage, 2003<br />

[19] SIA 262, Betonbau, 1. Auflage, 2003<br />

[20] SIA 266, Mauerwerk, 1. Auflage, 2003<br />

[21] Tomaževič M.: Earthquake-Resistant Design of Masonry Buildings, Imperial College<br />

Press, London, 1999<br />

[22] Walker, P., Gass D.: Software für den Bauingenieur, Der Bauingenieur, September<br />

2010, 32-34<br />

[23] 3muri - Einführung Erdbebenberechnung nach PushOver-Verfahren, Ingware<br />

<strong>GmbH</strong>, Seestrasse 78, 8703 Erlenbach, Version 1.0, August 2010<br />

[24] 3muri - Support Buch 2009, Ingware <strong>GmbH</strong>, Seestrasse 78, 8703 Erlenbach, 2009


Abbildungsverzeichnis 83<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Titelblatt Earthquake-ravaged Turkish city of Adazapari, National Geographic, 2007<br />

Abbildung 2-1<br />

Abbildung 2-2<br />

Abbildung 2-3<br />

Abbildung 2-4<br />

Abbildung 2-5<br />

Abbildung 2-6<br />

Abbildung 2-7<br />

Abbildung 2-8<br />

Abbildung 2-9<br />

Abbildung 2-10<br />

Abbildung 2-11<br />

Abbildung 2-12<br />

Abbildung 5-1<br />

Abbildung 5-2<br />

Abbildung 5-3<br />

Abbildung 5-4<br />

Abbildung 5-5<br />

Abbildung 6-1<br />

Abbildung 6-2<br />

Abbildung 6-3<br />

Anteil der Risiken der Naturgefahren gemäss der Studie KATARISK<br />

Historische Erdbeben in der Schweiz<br />

Erdbebengefährdungskarte der Schweiz<br />

Vergleich der elastischen Bemessungsspektren der Beschleunigung und<br />

der Verschiebung der Normen SIA 160 1970, SIA 160 1989 und SIA 261<br />

Elastische Antwortspektren<br />

Allgemeine Festlegung der Duktilität<br />

Weiches Erdgeschoss und Obergeschoss und die daraus resultierenden<br />

Stützenmechanismen, welche zum Einsturz führen können<br />

Unsymmetrische Aussteifung des Gebäudes<br />

Steifigkeits- und Widerstandssprünge über die Höhe des Tragwerks und<br />

mögliche Anordnung mit zwei Stahlbetontragwänden pro Hauptrichtung<br />

Verfüllte Rahmen mit Mauerwerk und Trennung <strong>von</strong> nichttragenden<br />

Mauerwerkswänden<br />

Steife Riegel verursachen eine grosse Querkraft in kurzen Stützen<br />

Kompakte Grundrisse sind anzustreben und Fugen zwischen Gebäuden<br />

müssen fachgerecht ausgeführt werden<br />

Freie Schwingung ohne Dämpfung und freie Schwingung mit Dämpfung<br />

Anregung eines Einmassenschwingers unter Erdbebeneinwirkung<br />

Zerlegung eines Mehrmassenschwingers in eine Reihe äquivalenter Einmassenschwinger<br />

Abtwortspektren aus verschiedenen Erdbeben und das umhüllende Antwortspektrum<br />

<strong>von</strong> der Norm SIA 261<br />

Resultierende Schnittkräfte aus der Erdbebenkraft F<br />

Verteilung der Horizontallast proportional zur Massenverteilung und Verteilung<br />

der Horizontallast proportional zur 1. Eigenform<br />

typische Kapazitätskurve und die daraus berechneten bilinearen Kurve<br />

Abfall im mittleren Bereich der Kapazitätskurve, was auf den Übergang<br />

<strong>von</strong> der Betonkonstruktion auf das Mauerwerk hindeutet


84 Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 6-4<br />

Abbildung 6-5<br />

Abbildung 6-6<br />

Abbildung 7-1<br />

Abbildung 7-2<br />

Abbildung 7-3<br />

Abbildung 7-4<br />

Darstellung des Performance-Point aus der Kapazitätskurve und dem elastischen<br />

Bemessungsspektrum<br />

Abscheren oder Kippen <strong>von</strong> Mauerwerk unter Erdbebenbeanspruchung<br />

Versagen des Mauerwerks unter Druck oder Zug<br />

αeff in Abhängigkeit zum Risikofaktor<br />

Bereiche <strong>von</strong> αeff bezüglich der Schwellenwerte αmin und αadm abhängig <strong>von</strong><br />

der Restnutzungsdauer<br />

Elastische Bemessungsspektren der Beschleunigung und der Verschiebung<br />

in Funktion der Baugrundklasse für Zone Z1 und Bauwerksklasse I<br />

Elastisches Bemessungsspektrum mit Kapazitätskurve, normiert auf die<br />

modale Masse m* und Γ, zur Bestimmung der Zielverschiebung wd<br />

Abbildung 8-1<br />

Abbildung 9-1<br />

Abbildung 9-2<br />

Abbildung 9-3<br />

Abbildung 9-4<br />

Abbildung 9-5<br />

Abbildung 9-6<br />

Fassaden <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden mit Stahlbetondecken und unterschiedlichen<br />

Riegeltypen<br />

Flussdiagramm zur Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden bezüglich<br />

<strong>Erdbebensicherheit</strong><br />

Verteilung der Stockwerksbeschleunigung über die Gebäudehöhe<br />

Einfluss der Verbindung zwischen Decken und Wänden sowie zwischen<br />

den orthogonalen Wänden<br />

Krafteinleitung bei undirektionalen Deckensystemen auf die Wände parallel<br />

zur Erdbebeneinwirkung<br />

Nominelle Breite der Wanddruckstrebe in Abhängigkeit der Exzentrizität<br />

der Normalkraft<br />

Biegemomentenverlauf für drei Fälle unterschiedlich gekoppelter Wände<br />

Abbildung 9-7 Wandschlankheiten gemäss Merkblatt SIA 2018<br />

Abbildung 9-8<br />

Abbildung 10-1<br />

Abbildung 10-2<br />

Abbildung 10-3<br />

Abbildung 10-4<br />

Abbildung 10-5<br />

Verlauf der zweiachsigen Druckfestigkeit σ2 in Abhängigkeit der Lagerfugenneigung<br />

α<br />

3D-Ansicht des Beispielgebäudes mit dem Berechnungsprogramm Axis<br />

2D-Grundriss des Beispielgebäudes mit dem Berechnungsprogramm Axis<br />

Lasteinzugsfläche des Beispielgebäudes<br />

Normalkräfte am Wandfuss aus der Computerrechnung<br />

Bemessungsspektrum nach SIA 261 für die Erdbebenzone Z2, die Bauwerksklasse<br />

I und die Baugrundklasse C, inkl. der daraus resultierenden<br />

horizontale Beschleunigung Sd für das Beispielgebäude


Abbildungsverzeichnis 85<br />

Abbildung 10-6<br />

Abbildung 10-7<br />

Abbildung 10-8<br />

Abbildung 10-9<br />

Modell zur Berechnung des Schubwiderstands nach Norm SIA 266 und<br />

Dokumentation D 0237<br />

Querkräfte der Wand 1+2 (X-Richtung) im Erd-, 1.- und 2. Obergeschoss<br />

Querkräfte der Wand 3+4 (Y-Richtung) im Erd-, 1.- und 2. Obergeschoss<br />

Querkraft der Wand 1+2 (X-Richtung) und Wand 3+4 (Y-Richtung) im<br />

Erdgeschoss, aufgeteilt auf zwei Integrale<br />

Abbildung 10-10 Maximale und minimale Druckkräfte der Wand 1 + 2 (X-Richtung)<br />

Abbildung 10-11 Maximale und minimale Druckkräfte der Wand 3 + 4 (Y-Richtung)<br />

Abbildung 10-12 PushOver Diagramme aus dem Programm 3Muri für Analyse 1 bis 8<br />

Abbildung 10-13 Veranschaulichung des Unterschieds zwischen Dmax und Sud<br />

Abbildung 10-14 Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad und elastisches Bemessungsspektrum<br />

der Verschiebung Sud für die Erdbebenzone Z2, die Bauwerksklasse<br />

I und die Baugrundklasse C<br />

Abbildung 10-15 Elastisches Bemessungsspektrum im ADRS-Format für die Erdbebenzone<br />

Z2, die Bauwerksklasse I und die Baugrundklasse C<br />

Abbildung 10-16 Teilausschnitt des elastischen Bemessungsspektrums im ADRS-Format,<br />

mit den bilinearen Kapazitätskurven aus den PushOver-Analysen<br />

Abbildung 10-17 Vergleich der Ersatzkräfte in X- und Y-Richtung<br />

Abbildung 10-18 Vergleich <strong>von</strong> αeff in X- und Y-Richtung


86 Tabellenverzeichnis<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 2-1<br />

Tabelle 10-1<br />

Tabelle 10-2<br />

Tabelle 10-3<br />

Tabelle 10-4<br />

Tabelle 10-5<br />

Tabelle 10-6<br />

Tabelle 10-7<br />

Tabelle 10-8<br />

Europäische Makroseismische Skala EMS-98<br />

Vergleich der Normalkräfte der Handrechnung mit der Computerrechnung<br />

Schwingungsanalyse und der daraus resultierende Anteil der angeregten<br />

Masse<br />

Resultate für die acht PushOver-Analysen (Du, Dmax ,Del, α, q und T*)<br />

Parameter zur Berechnung des Einmassenschwingers (EMS) und des Partizipationsfaktors<br />

Erweiterung der Tabelle 10-4 um die Werte wd und Del,Abb.10-16<br />

Vergleich der Schwingzeit<br />

Vergleich der verschiedenen Erdbebenberechnungsverfahren<br />

Vergleich <strong>von</strong> αeff


A<br />

.k.h. (Vor Berichtabgabe auf „Weiss“ stellen!)<br />

Anhang A<br />

Vereinbarung Projektarbeit Herbstsemester 2011 / 2012 A-1


A-1 Anhang A<br />

Vereinbarung Projektarbeit Herbstsemester 2011 / 2012


Anhang A A-2


A-3 Anhang A


Anhang A A-4


A-5 Anhang A


Anhang A A-6


A-7 Anhang A


Anhang A A-8

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