Erdbebensicherheit von bestehenden ... - IngWare GmbH
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<strong>Erdbebensicherheit</strong> <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong><br />
Mauerwerksgebäuden<br />
Projektarbeit<br />
Herbstsemester 2011/2012<br />
Berner Fachhochschule<br />
Architektur, Holz und Bau<br />
Master Research Unit<br />
Integral Planning and Construction<br />
Vertiefungsrichtung<br />
Bauen im Bestand<br />
Thema<br />
Gegenüberstellung verschiedener Erdbebenberechnungsverfahren<br />
und Berechnung eines Beispielgebäudes<br />
Verfasser<br />
Dominik van den Heuvel<br />
Advisor<br />
Dr. ès sciences Martin Schollmayer<br />
Ort und Datum Bern, 17. Februar 2012
<strong>Erdbebensicherheit</strong> <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong><br />
Mauerwerksgebäuden<br />
Projektarbeit<br />
Herbstsemester 2011/2012<br />
Berner Fachhochschule<br />
Architektur, Holz und Bau<br />
Thema<br />
Gegenüberstellung verschiedener Erdbebenberechnungsverfahren<br />
und Berechnung eines Beispielgebäudes<br />
Verfasser<br />
Dominik van den Heuvel<br />
Advisor<br />
Dr. ès sciences Martin Schollmayer<br />
Ort und Datum Bern, 17. Februar 2012
I<br />
Zusammenfassung<br />
Problemstellung<br />
Die Anforderungen bezüglich Erdbeben haben mit jeder Normengeneration zugenommen.<br />
Bei Bauten, insbesondere bei Mauerwerksbauten, die vor 1989 oder gar vor 1970 erstellt<br />
wurden, ist aus heutiger Sicht häufig eine ungenügende <strong>Erdbebensicherheit</strong> festzustellen.<br />
Das hängt auch damit zusammen, dass das nichtlineare Materialverhalten <strong>von</strong> Mauerwerk<br />
noch nicht genügend erforscht wurde und so die Überprüfung der <strong>Erdbebensicherheit</strong> <strong>von</strong><br />
<strong>bestehenden</strong> Mauerwerksbauten teilweise noch mit den alten, recht konservativen, kräftebasierten<br />
Methoden durchgeführt wird.<br />
Auftrag<br />
Ziel dieser Studie ist es, einen ersten allgemeinen Überblick über das Thema Erdbeben zu<br />
vermitteln. Weiter werden die verschiedenen Erdbebenberechnungsverfahren beschrieben,<br />
die Vor- und Nachteile aufgezählt und die Verfahren untereinander verglichen. An einem<br />
einfachen Beispielgebäude werden die Berechnungen der kräftebasierten Ersatzkraft- und<br />
Antwortspektrenverfahren sowie des verformungsbasierten PushOver-Verfahrens durchgeführt<br />
und die Resultate mit Hilfe des Erfüllungsgrads α verglichen.<br />
Resultat<br />
Der Vergleich der verschiedenen Berechnungsverfahren zeigt, dass eine möglichst realitätsnahe<br />
Überprüfung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksbauten nur mit verformungsbasierten Verfahren<br />
gewährleistet werden kann, da diese das nichtlineare Materialverhalten vom Mauerwerk<br />
am besten abbilden. Die Resultatauswertung der Beispielberechnungen unterstreichen<br />
die Vorteile der verformungsbasierten Verfahren. Die Erfüllungsgrade liegen mit dem<br />
PushOver-Verfahren über denen der kraftbasierten Verfahren. Je höher dabei das plastische<br />
Verformungsvermögen der einzelnen Wände ist, desto höher ist der Erfüllungsgrad.<br />
Methodik<br />
Bis auf die Beispielberechnungen besteht diese Arbeit vorwiegend aus der Zusammenfassung<br />
und dem Zusammentragen <strong>von</strong> Erdbebenliteratur. Diese bezieht sich vorwiegend auf<br />
die <strong>Erdbebensicherheit</strong> <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Bauten, insbesondere <strong>von</strong> Mauerwerksbauten. Dem<br />
Leser soll damit eine Übersicht der verschiedenen Verfahren und deren Anwendungsbereiche<br />
gegeben werden. Als Vergleichskriterium der Beispielberechnung wird nur der Schubwiederstand<br />
der Wände im untersten Geschoss gewählt, unter der Annahme, dass dieser<br />
massgebend ist.
II<br />
Danksagung<br />
Ich danke Marc Althaus, Dipl. Bauingenieur FH, Weber + Brönnimann AG, der mich mit<br />
zahlreichen Inputs für die Arbeit unterstützt hat. Mein Dank geht insbesondere an Dr. Martin<br />
Schollmayer, Professor für Stahl- und Verbundbau, der mich betreut hat und bei offenen<br />
Fragen immer zur Verfügung stand. Weiter danke ich Daniela Meier und Lia van den Heuvel<br />
für die Grammatikkorrekturen.<br />
Ich bestätige mit meiner Unterschrift die hier vorliegende Arbeit selber geschrieben und erarbeitet<br />
zu haben. Alle Angaben und Informationen stammen unverändert <strong>von</strong> den angegebenen<br />
Quellen.<br />
Dominik van den Heuvel<br />
Bern, Februar 2012
III<br />
Übersicht<br />
1 Einleitung 1<br />
2 Erdbeben 3<br />
3 Übersicht Berechnungsverfahren 18<br />
4 Ersatzkraftverfahren 22<br />
5 Antwortspektrenverfahren 23<br />
6 PushOver-Verfahren 27<br />
7 Anwendung auf bestehende Bauten 32<br />
8 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung 37<br />
9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 41<br />
10 Beispielrechnung 52<br />
11 Schlussbemerkung 80<br />
Literaturverzeichnis 81<br />
Abbildungsverzeichnis 83<br />
Tabellenverzeichnis 86<br />
Anhang A A-1
V<br />
Inhalt<br />
1 Einleitung 1<br />
2 Erdbeben 3<br />
2.1 Ursachen <strong>von</strong> Erdbeben 3<br />
2.2 Definitionen 3<br />
2.3 Seismologische Klassierung 5<br />
2.4 Naturgefahr Erdbeben 7<br />
2.5 Entwicklung Erdbebennorm CH 9<br />
2.6 Erdbeben nach CH Norm 10<br />
2.6.1 Baugrundklasse 11<br />
2.6.2 Bemessungsspektrum 11<br />
2.6.3 Bauwerksklasse und Bedeutungsfaktor 11<br />
2.6.4 Modale Masse 12<br />
2.6.5 Exzentrizität 12<br />
2.6.6 Nachweis der Tragsicherheit / Gebrauchstauglichkeit 12<br />
2.7 Tragwiderstand und Duktilität 13<br />
2.8 Erdbebengerechter Entwurf 14<br />
3 Übersicht Berechnungsverfahren 18<br />
3.1 Kraftbasierte Verfahren 18<br />
3.1.1 Ersatzkraftmetverfahren 18<br />
3.1.2 Antwortspektrenverfahren 18<br />
3.1.3 Time History Analyse 19<br />
3.2 Verformungsbasierte Verfahren 19<br />
3.2.1 PushOver-Verfahren 20<br />
3.2.2 Kapazitätsspektrenverfahren 20<br />
3.2.3 Direct Displacement Verfahren 20<br />
3.3 Vergleich der Verfahren 21<br />
4 Ersatzkraftverfahren 22<br />
5 Antwortspektrenverfahren 23<br />
5.1 Einmassenschwinger 23<br />
5.2 Mehrmassenschwinger 24<br />
5.3 Antwortspektren 25<br />
6 PushOver-Verfahren 27<br />
6.1 Grundprinzipien 27<br />
6.2 Kapazitätskurve 28
VI<br />
6.3 PushOver-Diagramm und Performance-Point 29<br />
6.4 Modellbildung 30<br />
6.5 Mauerwerk / Betonwände unter Beanspruchung 30<br />
7 Anwendung auf bestehende Bauten 32<br />
7.1 Definition αeff 32<br />
7.2 Beurteilung der <strong>Erdbebensicherheit</strong> 32<br />
7.2.1 Individualrisiko 32<br />
7.2.2 Rettungseffizienz 33<br />
7.2.3 Verhältnismässigkeit 33<br />
7.2.4 Zumutbarkeit 33<br />
7.2.5 Rechnerische Beurteilung 34<br />
7.3 Einwirkungen 34<br />
7.3.1 Kräftebasierte Verfahren 34<br />
7.3.2 Verformungsbasierte Verfahren 35<br />
8 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung 37<br />
8.1 Mauerwerksscheiben unter seismischer Belastung 37<br />
8.1.1 Schubversagen 37<br />
8.1.2 Reibungsversagen 37<br />
8.1.3 Biegeversagen 37<br />
8.2 Mauerwerkseigenschaften 38<br />
8.3 Experimentelle und numerische Untersuchungen 38<br />
8.3.1 Rahmenwirkung als Folge <strong>von</strong> Riegeln in Mauerwerksgebäuden 38<br />
8.3.2 Schubverhalten unter statisch-zyklischer Beanspruchung 39<br />
8.4 Berechnungsverfahren 40<br />
9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 41<br />
9.1 Zustandserfassung und Baustoffkennwerte 41<br />
9.2 Einwirkungen 42<br />
9.3 Gebäudemodell 43<br />
9.3.1 Lokale Effekte 43<br />
9.3.2 Decken 44<br />
9.3.3 Unregelmässige Grund- und Aufrisse 46<br />
9.3.4 Rahmenwirkung 47<br />
9.3.5 Sich kreuzende Wände 48<br />
9.4 Verhalten der Wände unter Querbeanspruchung 48<br />
9.5 Verhalten der Wände in der Ebene 49<br />
9.5.1 Tragwiderstand 49<br />
9.5.2 Steifigkeit 50<br />
9.5.3 Verformungsvermögen 51
VII<br />
10 Beispielrechnung 52<br />
10.1 Ersatzkraftverfahren 53<br />
10.1.1 Statische Beanspruchung 53<br />
10.1.2 Abschätzung der ersten Eigenschwingung 55<br />
10.1.3 Bemessungsspektrum 55<br />
10.1.4 Ersatzlast und Verteilung auf die einzelnen Geschosse 56<br />
10.1.5 Schubnachweis 57<br />
10.1.6 Schubnachweis der Wände 1 + 2 (in X-Richtung) nach SIA 266 57<br />
10.1.7 Schubnachweis der Wände 1 + 2 (in X-Richtung) nach SIA D 0237 59<br />
10.1.8 Schubnachweis der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung) nach SIA 266 61<br />
10.1.9 Schubnachweis der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung) nach SIA D 0237 62<br />
10.2 Antwortspektrenverfahren 63<br />
10.2.1 Statische Beanspruchung 63<br />
10.2.2 Berechnung der Eigenschwingungen 64<br />
10.2.3 Ersatzlast und Verteilung auf die einzelnen Geschosse 64<br />
10.2.4 Schubnachweis der Wände 1 + 2 67<br />
10.2.5 Schubnachweis der Wände 3 + 4 68<br />
10.3 PushOver-Verfahren 70<br />
10.3.1 Statische Beanspruchung 70<br />
10.3.2 Ergebnisse der Berechnung 70<br />
10.3.3 Kontrolle der maximalen Verschiebung 72<br />
10.3.4 Diskussion der maximalen Verschiebung 76<br />
10.4 Vergleich der Resultate 76<br />
10.4.1 Vergleich der Grundschwingzeit 77<br />
10.4.2 Vergleich der Ersatzkraft 77<br />
10.4.3 Vergleich <strong>von</strong> αeff 78<br />
11 Schlussbemerkung 80<br />
Literaturverzeichnis 81<br />
Abbildungsverzeichnis 83<br />
Tabellenverzeichnis 86<br />
Anhang A A-1<br />
Vereinbarung Projektarbeit Herbstsemester 2011 / 2012 A-1
Kapitel 1 Einleitung 1<br />
1 Einleitung<br />
Die Erdbebengefährdung in der Schweiz wurde lange Zeit unterschätzt. Untersuchungen<br />
des Bundesamtes für Umwelt zeigen jedoch, dass das Erdbebenrisiko die weitaus grössere<br />
Naturgefahr darstellt als beispielsweise Lawinen und Überschwemmungen. Die Wahrscheinlichkeit<br />
eines Erdbebens grosser Intensität ist hierzulande zwar kleiner als anderswo,<br />
würde aber in der Schweiz grosse Schäden verursachen. Die Erdbeben in Basel (1356) und in<br />
Visp (1855) bezeugen diese Gefahr. Die im Jahr 2003 erschienene neue Generation der SIA<br />
Normen, welche sich auch auf die europäische Normen abstützt, trägt der neu eingeschätzten<br />
Erdbebengefahr Rechnung. Das SIA Merkblatt 2018 – Überprüfung bestehender Gebäude<br />
bezüglich Erdbeben, welches 2004 erschien, regelt zudem auch den Umgang mit <strong>bestehenden</strong><br />
Bauten, welcher bis anhin gänzlich vernachlässigt wurde.<br />
Verschiedene Studien zeigen, dass der Bauwerksbestand in der Schweiz auf drei Erdbeben-<br />
Normgenerationen aufgeteilt werden kann. 70 % der Gebäude wurden vor 1970 gebaut, damals<br />
gab es noch keine Erdbebennorm. Knapp 20 % wurden in der Zeitspanne zwischen<br />
1970 und 1989 erstellt und sind demnach nach veralteter Erdbebennorm bemessen. Nur ca.<br />
10 % der Gebäude wurden nach 1989 und somit nach den modernen Erdbebennormen erstellt.<br />
Gemäss einer vorsichtigen Schätzung, dürfte mindestens ein Fünftel aller Gebäude<br />
eine ungenügende <strong>Erdbebensicherheit</strong> aufweisen, ein Grossteil da<strong>von</strong> sind Mauerwerksgebäude.<br />
In verschiedenen Dokumentationen wird darauf hingewiesen, dass in der Schweiz in<br />
grossem Ausmass und wie in kaum einem anderen Land, tragendes Mauerwerk für die Abtragung<br />
<strong>von</strong> Schwerelasten in mehrgeschossigen Bauwerken eingesetzt wurde und wird [6,<br />
Kap. 4, S. 1].<br />
Für den Nachweis der <strong>Erdbebensicherheit</strong> stehen verschiedene Berechnungsverfahren zur<br />
Verfügung. Zum einen die kraftbasierten Verfahren, welche vorwiegend für die Bemessung<br />
<strong>von</strong> Neubauten eingesetzt werden. Zum anderen die verformungsbasierten Verfahren, welche<br />
eine möglichst realitätsnahe Modellierung des Verformungsvermögens <strong>von</strong> Bauwerken<br />
ermöglichen und vorwiegend für den Nachweis <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden eingesetzt werden.<br />
Das Ersatzkraftverfahren, wie auch das Antwortspektrenverfahren, gehören zu den<br />
kraftbasierten Methoden, das PushOver-Verfahren zu den verformungsbasierten Verfahren.<br />
Durch ein umfangreiches Literaturstudium erarbeitete ich mir eine Übersicht über Erdbeben<br />
allgemein, die Grundlagen des erdbebengerechten Entwurfs, insbesondere aber über die<br />
verschiedenen Erdbebenberechnungsverfahren, deren Vor-, resp. Nachteile sowie deren<br />
Anwendungsgebiete. In den Kapitel 4 bis 6 werden die in der Schweiz am häufigsten angewendeten<br />
Ersatzkraft- und Antwortspektrenverfahren sowie das PushOver-Verfahren detailliert<br />
beschrieben und deren Funktionsweise erläutert. In einem zweiten Schritt wird genauer<br />
auf die eigentliche Vertiefungsrichtung Bauen im Bestand eingegangen, indem das<br />
SIA Merkblatt 2018 untersucht und in Bezug auf das Verhalten <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksbauten<br />
im Erdbebenfall angewendet wird. Der letzte Teil der Arbeit befasst sich wie-
2 Einleitung Kapitel 1<br />
derum mit den drei häufigsten Erdbebenberechnungsverfahren in der Schweiz. Anhand eines<br />
Beispielgebäudes werden die kräftebasierten Ersatzkraft- und Antwortspektrenverfahren<br />
sowie das verformungsbasierte PushOver-Verfahren durchgerechnet und untereinander<br />
verglichen. Ein Hauptaugenmerk wird dabei auf den Vergleich der Verschiebungen aus dem<br />
PushOver-Verfahren mit der theoretisch berechneten Verschiebung gemäss den SIA Normen,<br />
dem SIA Merkblatt 2018 und diversen Literaturangaben gelegt. Daraus lässt sich feststellen,<br />
dass die Verschiebungen aus dem PushOver-Verfahren sehr genau mit den theoretisch<br />
berechneten Verschiebungen übereinstimmen und damit die Resultate der Schubwiderstände<br />
untereinander verglichen werden können.<br />
Für das Literaturstudium werden vorwiegend SIA Dokumentationen aber auch Softwaredokumentationen<br />
sowie weitere nationale und internationale Literatur verwendet. Die Arbeit<br />
hat einen Umfang <strong>von</strong> 9 ETCS, was einem ungefähren Arbeitsaufwand <strong>von</strong> 270 Stunden entspricht.
Kapitel 2 Erdbeben 3<br />
2 Erdbeben<br />
2.1 Ursachen <strong>von</strong> Erdbeben<br />
Durch Konvektionsströmungen im Erdmantel bewegen sich die Platten der Erdkruste relativ<br />
zueinander. Wird der Widerstand der bewegenden Platten an den Plattengrenzen durch die<br />
entstehenden Reibungskräfte überschritten, bewegen sie sich ruckartig und lösen so Erdbeben<br />
aus [2, S. 3]. Es kann zwischen drei Typen <strong>von</strong> Plattengrenzen unterschieden werden.<br />
Die gegeneinander gerichtete Bewegung zweier Platten wird Konvergenz genannt. Dabei<br />
findet eine Überschiebung statt, bei der die dichtere unter die weniger dichte Platte geschoben<br />
wird (Subduktionszone). Diese verursachen im Allgemeinen eine grosse Erdbebenaktivität.<br />
Als Beispiel für Subduktionszonen können die Alpen, aber auch das Himalaya Gebirge<br />
genannt werden [2, S. 3].<br />
Driften zwei Platten auseinander, nennt man das Divergenz. Durch diesen Prozess kann<br />
flüssiges Material aufsteigen und erhärtet an der Oberfläche. Dabei entstehen langgezogene<br />
Grabenbrüche. Die Divergenzzonen können nahezu immer mit vulkanischen Aktivitäten in<br />
Verbindung gebracht werden. Es werden jedoch nur selten starke Erdbeben ausgelöst. Der<br />
Ostafrikanische Graben oder der Mittelozeanische Rücken sind Beispiele dafür [2, S. 3].<br />
Der dritte Typ <strong>von</strong> Plattengrenzen ist die sogenannte Transform-Störung. Dabei gleiten zwei<br />
Platten in horizontaler Richtung aneinander vorbei. Im Gegensatz zur Divergenzzone werden<br />
dabei kaum vulkanische Aktivitäten verursacht. Entlang <strong>von</strong> Transform-Störungen entstehen<br />
viele und starke Erdbeben. Eins der bekanntesten Beispiele ist der San Andreas Graben<br />
[2, S. 3].<br />
2.2 Definitionen<br />
Die folgenden Definitionen stammen aus [5] und wurden teilweise wörtlich zitiert. Sie sollen<br />
einen Überblick der wichtigsten Fachwörter im Bereich Erdbeben liefern.<br />
Erdbeben<br />
Fühlbare oder zumindest instrumentell messbare Erschütterungen der Erdoberfläche, welche<br />
dann entstehen, wenn die Erdbebenwellen aus dem Erdinneren die Erdoberfläche erreichen.<br />
Hypozentrum<br />
(auch Erdbebenherd, Herd) Im Bereich des Hypozentrums beginnen sich die Gesteinsmassen<br />
entlang einer Verwerfung aneinander vorbeizubewegen. Falls die Gesteinsmassen brechen,<br />
beginnt der Bruch im Bereich des Hypozentrums.
4 Erdbeben Kapitel 2<br />
Epizentrum<br />
Punkt an der Oberfläche, welcher direkt über dem Hypozentrum liegt.<br />
Herdtiefe<br />
Die Tiefe des Hypozentrums bzw. die Distanz zwischen Hypozentrum und Epizentrum.<br />
Erdbebengefährdung<br />
Gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Erdbeben mit einer gewissen Stärke in einem<br />
bestimmten Gebiet in einem gewissen Zeitraum auftritt. Die Stärke eines Erdbebens wird in<br />
vielen Fällen als Intensitätswert oder als maximale Bodenbeschleunigung angegeben.<br />
Erdbebenrisiko<br />
Das Erdbebenrisiko ist das Produkt aus Erdbebengefährdung (Auftretenswahrscheinlichkeit<br />
eines Bebens einer bestimmten Stärke) und Schadenausmass. Das Schadenausmass ist das<br />
Produkt aus betroffenen Werten und der Verletzbarkeit dieser Werte.<br />
Intensität<br />
Wert zwischen I und XII, den man mit Hilfe der Intensitätsskala die Auswirkungen eines<br />
Erdbebens zuordnet. Die Intensität ist unter anderem abhängig <strong>von</strong> der Distanz zum Epizentrum,<br />
der Tiefe des Hypozentrums sowie dem Erdbebenverhalten des lokalen Untergrundes.<br />
Es gilt: Je stärker der Grad der Auswirkung, desto grösser die Intensität. Eine Intensitätsangabe<br />
bezieht sich immer auf ein bestimmtes Gebiet (Dorf, Stadt, Region).<br />
Magnitude<br />
Die Magnitude ist ein Mass für die im Hypozentrum freigesetzte Energie. Sie wird aufgrund<br />
<strong>von</strong> Seismogrammen errechnet. Die Distanz zwischen seismischer Station und Hypozentrum<br />
wird bei der Berechnung der Magnitude berücksichtigt, damit der berechnete Magnitudenwert<br />
unabhängig <strong>von</strong> der Distanz zwischen seismischer Station und Hypozentrum ist. Die<br />
Magnitude kann nicht beliebig gross sein, da die Energie, welche ein Erdbeben freisetzen<br />
kann, begrenzt ist. So geht man generell da<strong>von</strong> aus, dass Erdbeben mit Magnitude grösser<br />
als 9.5 (Chile, 1960) sehr unwahrscheinlich sind und Erdbeben mit Magnitude grösser als 10<br />
aus rein wissenschaftlicher Sicht kaum vorstellbar sind.<br />
Seismogramm<br />
Instrumentelle Aufzeichnung <strong>von</strong> Bodenbewegungen während eines Erdbebens. Aufgrund<br />
der Seismogramme kann man die Distanz zwischen Hypozentrum und seismischer Station,<br />
die Tiefe des Erdbebenherds, die Magnitude, die Grösse und die räumliche Orientierung der<br />
Bruchflächen messen.
Kapitel 2 Erdbeben 5<br />
Verwerfung<br />
Trennflächen im Untergrund, entlang welchen sich Gesteinsmassen relative zueinander bewegen<br />
können. Nicht an jeder Verwerfung kommt es zu Bewegungen. Verwerfungen können<br />
jede beliebige räumliche Orientierung einnehmen. Sie können auch verschiedene Grössenordnungen<br />
aufweisen, <strong>von</strong> wenigen Zentimetern bis zu mehreren hundert Kilometer.<br />
Lithosphärenplatten<br />
Die Lithosphäre umfasst die Erdkruste. Die Mächtigkeit variiert <strong>von</strong> wenigen Kilometern am<br />
mittelozeanischen Rücken bis 100 oder 200 km unter den Kontinenten. Die Lithosphäre ist in<br />
sieben grosse und zahlreiche kleine Lithosphärenplatten unterteilt. Diese Platten befinden<br />
sich in ständiger Bewegung, die durch thermische Konvektionsströme im Erdmantel verursacht<br />
wird.<br />
2.3 Seismologische Klassierung<br />
Um Erdbeben zu erfassen und untereinander vergleichen zu können, ist es nötig ihre Stärke<br />
zu ermitteln. Dies geschieht entweder anhand der Magnitude oder der Intensität. Die Magnitude<br />
ist ein Mass der, bei der Entstehung <strong>von</strong> Erdbeben freigesetzten, Energie. Sie wird zum<br />
Beispiel mit der Richterskala gemessen.<br />
2 2 3 ∗ log<br />
<br />
<br />
Die Richterskala ist nach oben offen. Durch die logarithmische Definition der Formel bedeutet<br />
eine Zunahme der Stärke um einen Punkt eine etwa 30-mal so hohe Energie. Im Gegensatz<br />
zur Richterskala beruht die Mercalliskala auf der subjektiven Wahrnehmung der Erdbebenauswirkung.<br />
Aus der Mercalliskala wurde die Europäische Makroseismische Skala<br />
„EMS-98“ entwickelt. Die verschiedenen Stufen, deren Definition und Beschreibung kann in<br />
Tabelle 2-1 abgelesen werden.
6 Erdbeben Kapitel 2<br />
Tabelle 2-1 Europäische Makroseismische Skala EMS-98 [2, S. 4]<br />
EMS Definition Beschreibung<br />
I nicht fühlbar nicht fühlbar<br />
II<br />
kaum bemerkbar<br />
Nur sehr vereinzelnd <strong>von</strong> ruhenden Personen wahrgenommen.<br />
III schwach Von wenigen Personen in Gebäuden wahrgenommen. Ruhende Personen<br />
fühlen ein leichtes Schwingen oder Erschüttern.<br />
IV deutlich Im Freien vereinzelnd, in Gebäuden <strong>von</strong> vielen Personen wahrgenommen.<br />
Einige Schlafende erwachen. Geschirr und Fenster klirren, Türen<br />
klappern.<br />
V stark Im Freien <strong>von</strong> wenigen, in Gebäuden <strong>von</strong> den meisten Personen wahrgenommen.<br />
Viele Schlafende erwachen. Wenige werden verängstigt.<br />
Gebäude werden insgesamt erschüttert. Hängende Gegenstände können<br />
stark pendeln, kleine Gegenstände werden verschoben. Türen und Fenster<br />
schlagen auf oder zu.<br />
VI<br />
VII<br />
VIII<br />
leichte Gebäudeschäden<br />
Gebäudeschäden<br />
schwere Gebäudeschäden<br />
Viele Personen erschrecken und flüchten ins Freie. Einige Gegenstände<br />
fallen um. An vielen Häusern, vornehmlich in schlechtem Zustand, entstehen<br />
leichte Schäden wie feine Mauerrisse und das Abfallen <strong>von</strong> kleinen<br />
Verputzteilen.<br />
Die meisten Personen erschrecken und flüchten ins Freie. Möbel werden<br />
verschoben. Gegenstände fallen in grossen Mengen aus Regalen. An<br />
vielen Häusern solider Bauart treten mässige Schäden auf. Vornehmlich<br />
Gebäude in schlechtem Zustand zeigen grössere Risse und Einsturz <strong>von</strong><br />
Mauerwerkswänden.<br />
Viele Personen verlieren das Gleichgewicht. An vielen Gebäuden einfacher<br />
Bausubstanz treten schwere Schäden auf. Gebäude sehr einfacher<br />
Bauart stürzen ein.<br />
IX zerstörend Allgemeine Panik unter den Betroffenen. Sogar gut gebaute Bauten zeigen<br />
sehr schwere Schäden und teilweisen Einsturz tragender Bauteile.<br />
Viele schwächere Bauten stürzen ein.<br />
X sehr zerstörend Viele gut gebaute Häuser werden zerstört oder erleiden schwere Beschädigungen.<br />
XI verwüstend Die meisten Bauwerke, selbst einige mit gutem erdbebengerechtem<br />
Konstruktionsentwurf und Ausführung, werden zerstört.<br />
XII<br />
vollständig<br />
verwüstend<br />
Nahezu alle Konstruktionen werden zerstört.
Kapitel 2 Erdbeben 7<br />
2.4 Naturgefahr Erdbeben<br />
In der Schweiz wird die Bedrohung durch Erdbeben im Allgemeinen aufgrund der seltenen<br />
Ereignisse unterschätzt. Die Eintrittswahrscheinlichkeit <strong>von</strong> starken Beben ist in der Schweiz<br />
relativ gering. Das Schadenspotential jedoch umso grösser. Wenn man sich die Definition<br />
eines Risikos genauer anschaut, spielen diese zwei Faktoren hinein.<br />
∗ <br />
Die Studie „KATARISK“ vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz analysiert die einzelnen<br />
Gefährdungen und vergleicht deren Risiken. Die Abbildung 2-1 zeigt dabei die grosse Bedeutung<br />
der Naturgefahr Erdbeben.<br />
Abbildung 2-1<br />
Anteil der Risiken der verschiedenen Naturgefahren gemäss der Studie KATA-<br />
RISK – Katastrophen und Notlagen in der Schweiz.<br />
Durchschnittlich ereignen sich in der Schweiz Erdbeben mit einer Magnitude ≥ 1.0 etwa<br />
einmal pro Tag, solche mit einer Magnitude ≥ 4.0 etwa einmal pro Jahr. Durch Erdbeben solcher<br />
Stärke werden im Normalfall noch keine Gebäude beschädigt, es wird jedoch deutlich,<br />
dass Erdbeben in der Schweiz keine Seltenheit sind und bei der Planung berücksichtigt werden<br />
müssen [Schweizerischer Erdbebendienst]. Erdbeben in der Grössenordnung Magnitude<br />
5.0 sind in der Schweiz zwar selten, kommen aber immer wieder vor, wie die Abbildung 2-2<br />
zeigt.
8 Erdbeben Kapitel 2<br />
Abbildung 2-2<br />
Historische Erdbeben Schweiz (Schweizerischen Erdbebendienst).<br />
In der Schweiz ist alle 10 Jahre mit einem Beben der Stärke 5 und wie in der Abbildung 2-2<br />
zu sehen, ca. alle 100 Jahre ein Beben der Stärke 6 zu erwarten.<br />
Die Abbildung 2-3 zeigt die Gefährdungskarte der Schweiz. Am stärksten gefährdet ist das<br />
Wallis, gefolgt <strong>von</strong> Basel, Graubünden und dem Alpennordrand. Die Gefährdungskarte<br />
stellt den zu erwartenden Wert der horizontalen Bodenbeschleunigung für eine Wiederkehrperiode<br />
<strong>von</strong> 475 Jahren dar. Die Abbildung 2-3 bezieht sich auf einen harten Felsuntergrund.<br />
Die mögliche Erhöhung der Bodenbeschleunigung aufgrund des lokalen Untergrunds<br />
muss an jedem Standort zusätzlich einberechnet werden.<br />
Abbildung 2-3<br />
Erdbebengefährdungskarte der Schweiz (Schweizerischen Erdbebendienst).<br />
Die Schweizer Rückversicherer schätzen die Schäden eines Erdbebens der Stärke 5.5 bis 6.0<br />
auf 7 Milliarden Franken. Ein Erdbeben der Stärke 6 bis 6.5 könnte sogar Schäden in der Höhe<br />
<strong>von</strong> 40 Milliarden Franken verursachen. Diese hohen Kosten entstehen, weil die meisten<br />
Gebäude in der Schweiz nicht, oder nach veralteten Grundsätzen, auf Erdbeben dimensioniert<br />
wurden [2, S. 6].
Kapitel 2 Erdbeben 9<br />
2.5 Entwicklung Erdbebennorm CH<br />
In den 50er Jahren werden die Erdbebeneinwirkungen in der Schweiz erstmals bei der Bemessung<br />
<strong>von</strong> Talsperren berücksichtigt. Erst 20 Jahre später werden, unter anderem als Folge<br />
der starken internationalen Entwicklung des Erdbebeningenieurwesens, die ersten Erdbebenbestimmungen<br />
für normale Bauwerke in der Schweiz erlassen [10, S. 33]. Seit der Einführung<br />
der Norm SIA 160 im Jahre 1970 wird das Erdbeben mit einer horizontalen Ersatzkraft<br />
berücksichtigt. Diese horizontale Ersatzkraft beträgt 2 % der vertikalen Last (5 % im<br />
Kanton Basel-Stadt) [2, S. 6]. Die im Jahre 1975 erschienene SIA Empfehlung 160/2 sollte die<br />
„praktische[n] Massnahmen zum Schutze der Bauwerke gegen Erdbeben“ regeln, findet aber<br />
in der Praxis wenig Beachtung [10, S. 33].<br />
Die im Jahre 1989 überarbeitete Norm SIA 160 verfeinert den Ansatz zur Erdbebenberechnung.<br />
Wichtige Konzepte wie Bauwerksklassen, konzeptionelle und konstruktive Massnahmen<br />
des erdbebengerechten Entwurfs, Antwortspektren- und Reduktionsfaktoren in Abhängigkeit<br />
der Bauweisen werden eingeführt [10, S. 33]. Auch in der überarbeiteten Norm<br />
wird weiterhin mit einer einzigen statischen Ersatzlast pro Geschossdecke gerechnet. Diese<br />
wird jedoch abhängig <strong>von</strong> der ersten, abgeschätzten Eigenfrequenz des Gebäudes anhand<br />
<strong>von</strong> Antwortspektren ermittelt. Zudem unterscheidet die SIA 160 (1989) zwischen drei verschiedenen<br />
Bauwerksklassen. Dadurch wird die horizontale Ersatzkraft abhängig <strong>von</strong> der<br />
Bedeutung der jeweiligen Bauwerke. Zusätzlich wird die Schweiz in drei Gefährdungszonen<br />
aufgeteilt, was die regional unterschiedlich starke Gefährdung durch Erdbeben berücksichtigt.<br />
Um das Verhalten des Bauwerks unter Erdbebeneinfluss zu verbessern werden zudem<br />
konzeptionelle und konstruktive Massnahmen beschrieben [2, S. 6].<br />
Die heute geltende Norm SIA 261 tritt 2003 in Kraft. Diese berücksichtigt neu eine Bemessungssituation<br />
„Erdbeben“. Die Erdbebeneinwirkung wird darin deutlich erhöht und die<br />
Anwendung des in der Vorgängernorm beschriebenen Ersatzkraftverfahrens wird durch die<br />
Definition <strong>von</strong> strengen Grenzen auf ein paar wenige reale Bauteile eingeschränkt. Das neue<br />
Standardberechnungsverfahren ist das Antwortspektrenverfahren. Es basiert auf einem ähnlichen<br />
Ansatz wie das Ersatzkraftverfahren, da auch bei diesem Verfahren eine statische Ersatzlast<br />
zur Abbildung der Erdbebeneinwirkung verwendet wird. Diese Ersatzkräfte werden<br />
jedoch beim Antwortspektrenverfahren anhand mehrerer Eigenfrequenzen berechnet und<br />
für jedes finite Element des Modells eingeführt. Das hat zur Folge, dass das Antwortspektrenverfahren<br />
nur an sehr einfachen Beispielen <strong>von</strong> Hand gerechnet werden kann. So kommen<br />
im Allgemeinen 3D-Modelle zum Einsatz, an denen die Eigenschwingungen berechnet<br />
und die grosse Anzahl <strong>von</strong> Ersatzkräften eingeführt werden [2, S. 6]. In der Norm SIA 261<br />
sind neu sechs unterschiedliche Baugrundklassen (gegenüber nur zwei in der Norm SIA 160<br />
1989) aufgeführt. Auch das elastische Antwortspektrum hat sich gegenüber der Norm SIA<br />
160 1989 geändert. Es ist schmäler und höher geworden [11, S. 60 f.].
10 Erdbeben Kapitel 2<br />
Abbildung 2-4 zeigt die stetige Zunahme der Erdbebenbeschleunigung und im Gegensatz<br />
dazu die stetige Abnahme der daraus resultierenden Verschiebung für ein gewöhnliches<br />
Gebäude (Bauwerksklasse I in der Zone Z1) gemäss den früheren Normen im Vergleich zur<br />
heute gültigen Norm SIA 261 (2003). Zusammenfassend kann man sagen, dass in den früheren<br />
Normen die maximal zu erwartende Beschleunigung stark unterschätzt und die zu erwartenden<br />
Verschiebungen überschätzt wurden [13, S. 10].<br />
Abbildung 2-4 Links: Vergleich der elastischen Bemessungsspektren der Beschleunigung der<br />
Normen SIA 160 (1970), SIA 160 (1989) und SIA 261 (2003) für die Bauwerksklasse I in der Zone<br />
Z1 [13, S. 9]. Rechts: Vergleich der elastischen Bemessungsspektren der Verschiebung der Normen<br />
SIA 160 (1970), SIA 160 (1989) und SIA 261 (2003) für die Bauwerksklasse I in der Zone Z1<br />
[13, S. 9].<br />
Das Merkblatt SIA 2018 wird 2004 herausgegeben. Es ist eine Erweiterung der Norm SIA 261<br />
und regelt vor allem die Erdbebeneinwirkung auf bestehende Gebäude. So muss bei <strong>bestehenden</strong><br />
Gebäuden nicht zwingend ein Erfüllungsgrad <strong>von</strong> 1.0 erreicht werden. Zudem wird<br />
im Merkblatt auf die Verwendung des PushOver-Verfahrens für bestehende Bauten hingewiesen.<br />
2.6 Erdbeben nach CH Norm<br />
Die Durchführung <strong>von</strong> Erdbebenberechnungen, die Bemessung und die konstruktive<br />
Durchbildung <strong>von</strong> Bauteilen sind durch die SIA in folgenden Normen sowie Dokumentationen<br />
festgelegt:<br />
- Norm SIA 260 Grundlagen der Projektierung <strong>von</strong> Tragwerken<br />
- Norm SIA 261 Einwirkungen auf Tragwerke<br />
- Normen SIA 262 - 267 Materialnormen<br />
- Merkblatt SIA 2018 Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben<br />
- Doku SIA D 0181 Einführung in die Normen SIA 260 und 261<br />
- Doku SIA D 0191 Bemessungsbeispiele zu den Normen SIA 260 und 261<br />
- Doku SIA D 0211 Einführung in das Merkblatt SIA 2018
Kapitel 2 Erdbeben 11<br />
Die Einwirkung aus Erdbeben auf Tragwerke wird in der Norm SIA 261 mit den Bemessungsspektren<br />
bestimmt. Auf die Bemessungsspektren, haben mehrere Parameter einen Einfluss.<br />
Der Bedeutungsfaktor γf, welcher Anhand der Bauwerksklassen festgelegt ist, bildet<br />
die Wichtigkeit und das Gefahrenpotential ab. Die horizontale Bodenbeschleunigung agd<br />
berücksichtigt die verschiedenen Gefährdungen der Erdbebenzonen und kann anhand der<br />
Karte „Gefährdungszonen Erdbeben“ in der SIA Norm 261 Anhang F festgelegt werden. Der<br />
Verhaltensbeiwert q wird im Kapitel 2.6 näher beschrieben. Die Baugrundklassen, welche<br />
die Parameter zur Berechnung der Antwortspektren definiert, sind in der Norm SIA 261 aufgelistet<br />
[2, S. 10].<br />
2.6.1 Baugrundklasse<br />
Je nach Baugrundklasse ist mit unterschiedlichen Antwortspektren zu rechnen. Je härter der<br />
Baugrund, z.B. Fels (Baugrundklasse A), desto kleiner werden die Erdbebenbemessungsparameter,<br />
da bei weicherem Baugrund mit grösseren Erdbebenkräften gerechnet werden<br />
muss. Abbildung 2-5 zeigt die Auswirkung der verschiedenen Bodenklassen auf die Antwortspektren<br />
für eine viskose Dämpfung <strong>von</strong> ξ = 0.05.<br />
Abbildung 2-5 Elastische Antwortspektren für eine viskose Dämpfung ξ = 0.05 [18, S. 61].<br />
2.6.2 Bemessungsspektrum<br />
In der Norm 261 16.2.4 sind die Bemessungsspektren in der Form <strong>von</strong> mathematischen Gleichungen<br />
(30 bis 33) beschrieben. Die Bemessungsspektren basieren auf elastischen Antwortspektren,<br />
welche in der Norm SIA 261 mit einer viskosen Dämpfung ξ = 0.05, den Baugrundklassen<br />
A bis E, einem Korrekturfaktor η für andere viskose Dämpfungen, dem Verhaltensbeiwert<br />
q sowie der Bodenbeschleunigung agd definiert sind [2, S. 20].<br />
2.6.3 Bauwerksklasse und Bedeutungsfaktor<br />
Nicht alle Bauwerke weisen die gleiche Wichtigkeit auf. Aus diesem Grund wird bei der<br />
Erdbebenbemessung gemäss der Norm SIA 261 eine Einteilung in drei Bauwerksklassen
12 Erdbeben Kapitel 2<br />
(BWK I bis BWK III) vorgenommen. Rechnerisch wird der unterschiedliche Schutzgrad mit<br />
dem Bedeutungsfaktor γf berücksichtigt. Ein BWK I weist ein γf <strong>von</strong> 1.0 auf, was auf eine<br />
Wiederkehrperiode <strong>von</strong> 475 Jahren hindeutet. Ein Gebäude der Bauwerksklasse BWK III<br />
hingegen wird mit einem Bedeutungsfaktor γf <strong>von</strong> 1.4 bemessen und sollte somit einem Erdbeben,<br />
wie es alle 1‘200 Jahre stattfindet, standhalten. Die Entstehung und Bedeutung der<br />
Wiederkehrperiode wird im Kapitel 5.3 näher erläutert.<br />
2.6.4 Modale Masse<br />
An die Beschleunigung agd tragen nicht alle modalen Massen einen signifikanten Beitrag bei.<br />
Darum schreibt die Norm SIA 261 vor, dass so viele modale Massen berücksichtigt werden<br />
müssen, bis ihre Summe mindestens 90 % der realen Masse entsprechen. Dies kann über die<br />
Anzahl der Eigenschwingungen gesteuert werden.<br />
2.6.5 Exzentrizität<br />
Da die Ersatzkräfte beim Antwortspektrenverfahren an den Knoten des Finite-Element-<br />
Netzes angesetzt werden, wird so die Exzentrizität infolge asymmetrischen Grundriss berücksichtigt.<br />
Nebst der Exzentrizität aus asymmetrischem Grundriss muss aber auch die<br />
Torsion infolge zufälliger Exzentrizität berücksichtig werden. Diese wird z.B. durch Bauungenauigkeiten,<br />
Unterlagsböden mit variabler Stärke und durch nicht gleichmässige Verteilung<br />
der Nutzlasten verursacht. Gemäss der Norm SIA 261 muss die zufällige Exzentrizität<br />
als 5 % der Gebäudebreite in beide Richtungen angesetzt werden [2, S. 20].<br />
2.6.6 Nachweis der Tragsicherheit / Gebrauchstauglichkeit<br />
Die Erdbebeneinwirkung ist als aussergewöhnliche Einwirkung zu betrachten. Für den<br />
Nachweis der Tragsicherheit sind grundsätzlich die charakteristischen Werte der ständigen<br />
Einwirkung Gk, die quasiständigen Werte der veränderlichen Einwirkungen ψ2 ∗ Qk sowie<br />
die dazugehörigen Erdbebenlasten AEd zu berücksichtigen. Für die Tragsicherheit gilt:<br />
ψ ∗ <br />
Die Gebrauchstauglichkeit ist grundsätzlich nur für Gebäude der Bauwerksklasse III nachzuweisen.<br />
Dabei kann die Erdbebeneinwirkung gegenüber dem Nachweis der Tragsicherheit<br />
um die Hälfte reduziert werden. Für die Gebrauchstauglichkeit gilt demnach:<br />
0.5 ∗ ψ ∗ <br />
Mit dieser Einwirkung muss für den Gebrauchstauglichkeitsnachweis muss der Stockwerksdrift<br />
d nachgewiesen werden. Der Drift ist die seitliche Auslenkung pro Stockwerk
Kapitel 2 Erdbeben 13<br />
und ist bei Gebäuden mit sprödem Bauteilverhalten auf d ≤ h/500, bei Gebäuden mit duktilem<br />
Bauteilverhalten auf d ≤ h/200 begrenzt.<br />
2.7 Tragwiderstand und Duktilität<br />
Das Erdbebenverhalten eines Tragwerks wird vorwiegend durch den Tragwiderstand gegen<br />
horizontale Kräfte und durch die vorhandene Duktilität (Verformungsvermögen) bestimmt.<br />
Die Abbildung 2-6 zeigt, was Duktilität bedeutet. Als Duktilität bezeichnet man das Verhältnis<br />
(utot/uy) zwischen der Verformung (utot) beim Versagen und der Verformung (uy) bei Beginn<br />
der Plastifizierung.<br />
Abbildung 2-6 Allgemeine Festlegung der Duktilität [12, S. 40].<br />
Ein Tragwerk kann so ausgebildet werden, dass es einen genügend grossen Tragwiderstand<br />
gegen horizontale Kräfte aufweist, ohne dass es plastische Verformungen erfährt. In diesem<br />
Fall besteht kein Duktilitätsbedarf, d.h. es ist kein Verformungsvermögen des Tragwerks<br />
erforderlich. Eine zweite mögliche Lösung besteht darin, ein Tragwerk mit einem tiefen<br />
Tragwiderstand, einer aber umso höheren Duktilität zu schaffen. Damit werden unter Einwirkung<br />
des Bebens grosse Verformungen und wahrscheinlich auch grosse Schäden entstehen,<br />
das Bauwerk wird aber nicht einstürzen. Eine Lösung zwischen den beiden Extremvarianten<br />
ist anzustreben. Damit wird das Bemessungsbeben nur mässige plastische Verformungen<br />
erzeugen, der Duktilitätsbedarf bleibt dabei verhältnismässig gering. Diese Variante ist<br />
gerade in der Schweiz, wo die Seismizität eher gering ist, gleichzeitig die akzeptierten Schäden<br />
eher mässig sind, am vorteilhaftesten [1, Kap. 13]. Eine ausreichende Duktilität führt<br />
dazu, dass sich ein Tragwerk während eines Erdbebens plastisch verformt und in den plastisch<br />
verformten Bereichen Energie dissipiert [12, S. 40].<br />
Zur Berücksichtigung des Verformungsverhaltens eines Tragwerks unter Erdbebeneinwirkung<br />
wird der Verhaltensbeiwert q definiert. Er wird in der jeweiligen Materialnorm SIA 262<br />
bis 267 festgelegt. Der Verhaltensbeiwert wird angesetzt um das inelastische Verhalten eines<br />
Bauwerks im, per Definition linear-elastischen Antwortspektrenverfahren, abzubilden. Damit<br />
wird der Einfluss der Dämpfung durch Energiedissipation berücksichtigt. Der Verhal-
14 Erdbeben Kapitel 2<br />
tensbeiwert mindert das Bemessungsspektrum der Beschleunigung aus der Norm SIA 261<br />
ab. Je duktiler ein Baustoff respektive ein Tragwerk ist, desto grösser ist der Verhaltensbeiwert<br />
und desto geringer wird das Bemessungsspektrum der Beschleunigung. In der Normenreihe<br />
SIA 261 bis 267 wird grundsätzlich zwischen duktilem und nicht-duktilem Tragwerksverhalten<br />
unterschieden. Die Verhaltensbeiwerte q sind für nicht duktiles Tragwerksverhalten<br />
dementsprechend kleiner als für duktiles Verhalten. Die Anwendung des Konzept<br />
des nicht duktilen Tragwerksverhaltens ist im Allgemeinen nur für kleine Erdbebenkräfte zu<br />
empfehlen, d.h. für leichte Bauwerke in den niedrigen Erdbebenzonen und bei günstigen<br />
Baugrundverhältnissen. Durch die konstruktive Ausbildung für duktiles Tragwerksverhalten<br />
können die Erdbebenbeanspruchungen auf bis zu 30% der entsprechenden Werte für<br />
nichtduktiles Verhalten reduziert werden [11, S. 64 f.].<br />
Bei den verformungsbasierten Verfahren wird keine Duktilität vorgegeben, sie wird aus den<br />
Berechnungen bestimmt. Durch die Berücksichtigung <strong>von</strong> Nichtlinearitäten bei den verformungsbasierten<br />
Verfahren wird meist eine höhere Duktilität erreicht als dies in den SIA<br />
Normen vorgegeben ist.<br />
2.8 Erdbebengerechter Entwurf<br />
Die Norm SIA 261, Abschnitt 16.4 legt konzeptionelle und konstruktive Massnahmen in Abhängigkeit<br />
der Erdbebenzone sowie der Bauwerksklasse fest. Dabei wird zwischen empfohlenen<br />
Massnahmen, nur in Ausnahmefällen zu missachtenden, und zwingenden Massnahmen<br />
unterschieden. Wenn der projektierende Ingenieur bereits in einer frühen Phase in die<br />
Projektplanung einbezogen wird, können häufig fachgerechte konzeptionelle Entwürfe vom<br />
Architekten in die Planung einbezogen werden. Die Kosten für „erdbebengerechtes Bauen“<br />
sinken so auf ein Minimum. Bei Nachrechnungen <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden ist das leider<br />
nicht mehr möglich. Trotzdem kann anhand <strong>von</strong> ein paar wesentlichen Punkten eine erste<br />
grobe Abschätzung über den zu erwartenden Erdbebenerfüllungsgrad gegeben werden. Die<br />
nachfolgenden Grundsätze sollen helfen ein neues Gebäude fachgerecht zu konzipieren, aber<br />
auch ein bestehendes Gebäude auf dessen <strong>Erdbebensicherheit</strong> zu beurteilen. Die konzeptionellen<br />
Entwurfsgrundsätze sowie die Abbildungen wurden aus [10, S. 13-16] übernommen.<br />
In einem erdbebengerechten Entwurf werden weiche Erdgeschosse und weiche Obergeschosse,<br />
wie in Abbildung 2-7 dargestellt, vermieden. Aussteifungselemente, welche in den<br />
Obergeschossen vorhanden sind und im Erdgeschoss nur durch relativ dünne Stützen ersetzt<br />
werden, bewirken ein in horizontaler Richtung weiches Erdgeschoss und führen zum<br />
Stützenmechanismus. Dasselbe gilt auch für Aussteifungselemente welche in den Obergeschossen<br />
weggelassen werden.
Kapitel 2 Erdbeben 15<br />
Abbildung 2-7 Links: Weiches Erdgeschoss und der daraus resultierende Stützenmechanismus,<br />
welcher zum Einsturz führen kann [10, S. 12]. Rechts: Weiches Obergeschoss und der daraus resultierende<br />
Stützenmechanismus, welcher zum Einsturz führen kann [10, S. 12].<br />
Eine asymmetrische Aussteifung des Gebäudes, wie in Abbildung 2-8 gezeigt, sollte vermieden<br />
werden. Wenn das Widerstandszentrum W nicht mit dem Massezentrum M zusammenfällt,<br />
führt dies zu starker Torsion mit Verdrehung des Gebäudes um das Steifigkeitszentrum<br />
S (Schubmittelpunkt). Dies wiederum führt vorwiegend zum Versagen der Stützen die weit<br />
<strong>von</strong> S entfernt stehen. Auch das Versetzen <strong>von</strong> aussteifenden Elementen ebenfalls in Abbildung<br />
2-8 dargestellt, sollte vermieden werden. Bei den Versetzungen können auch bei beträchtlichem<br />
Mehraufwand vor allem die Biegemomente und Querkräfte der Aussteifungen<br />
nicht einwandfrei übertragen werden.<br />
Abbildung 2-8 Links: Unsymmetrische Aussteifung des Gebäudes führt zu grosser Verdrehung<br />
um den Schubmittelpunkt [10, S. 13]. Rechts: Bei Versetzten Aussteifungen ist es schwierig die Biegemomente<br />
und die Querkräfte einwandfrei zu übertragen [10, S. 13].<br />
Steifigkeits- und Widerstandssprünge über die Höhe des Tragwerks können zu einem unregelmässigen<br />
dynamischen Verhalten führen. Dabei wirkt vor allem eine Vergrösserung der<br />
Steifigkeit und damit des Widerstandes <strong>von</strong> unten nach oben, wie in Abbildung 2-9 zu sehen,<br />
wesentlich ungünstiger als umgekehrt. Wie die Widerstandssprünge sollten auch<br />
Mischsysteme aus Stahlbetonrahmen und tragenden Mauerwerkswänden vermieden werden.<br />
Denn die Mauerwerkswände werden praktisch die gesamten Erdbebenkräfte abtragen,<br />
da sie wesentlich steifer sind als die Rahmen. Sollten die Mauerwerkswände infolge Erdbebenkräfte<br />
versagen, können sie auch die Schwerelasten nicht mehr abtragen und es kommt
16 Erdbeben Kapitel 2<br />
zum Totaleinsturz. Oft genügt es bei mässiger Seismizität, wie dies in der Schweiz meist der<br />
Fall ist, pro Hauptrichtung zwei, über die gesamte Gebäudehöhe verlaufende, Stahlbetontragwände<br />
anzuordnen (Abbildung 2-9). Dabei ist zu beachten, dass Wände mit L-Querschnitt<br />
und solche mit U-Querschnitt statisch meist wesentlich weniger ideal sind, als einfache,<br />
gerade Wände, da es bei der duktilen Gestaltung zu Schwierigkeiten führen kann.<br />
Abbildung 2-9 Links: Steifigkeits- und Widerstandssprünge über die Höhe des Tragwerks<br />
[10, S. 13]. Rechts: Mögliche Anordnung mit zwei Stahlbetontragwänden pro Hauptrichtung<br />
[10, S. 14].<br />
Das Ausfüllen <strong>von</strong> Rahmen durch Mauerwerk sollte vermieden werden, da das steife, spröde<br />
Mauerwerk am Anfang eines Erdbebens fast die ganzen Erdbebenkräfte aufnimmt, dabei<br />
aber oft auf schiefen Druck oder durch Gleiten versagt. Weiter kann das Mauerwerk, wie in<br />
Abbildung 2-10 zu sehen, relativ dünne Stützen abscheren. Viel besser ist es, die Mauerwerkswände<br />
nichttragend auszuführen und durch Fugen vom Skelettbau, mit einem sehr<br />
weichen, schallhemmenden Stoff zu trennen sowie gegen Querbeschleunigung zu sichern.<br />
Abbildung 2-10 Links: Das Ausfüllen <strong>von</strong> Rahmen mit Mauerwerk kann zum abscheren <strong>von</strong> den<br />
Stahlstützen führen [10, S. 14]. Rechts: Trennen <strong>von</strong> nichttragenden Mauerwerkswänden mittels<br />
einem sehr weicher und schallhemmenden Stoff [10, S. 15].<br />
Kurze Stützen oder Brüstungen in Rahmen, wie in Abbildung 2-11 zu sehen, sollten vermieden<br />
werden. In Rahmen mit starken Riegeln können die Stützen bis zu ihrem plastischen<br />
Moment beansprucht werden. Bei kurzen Stützen ist zu beachten, dass sich ein enormer<br />
Momentengradient und somit eine grosse Querkraft aufbaut, welche bereits vor dem Errei-
Kapitel 2 Erdbeben 17<br />
chen des plastischen Moments zum Schubbruch führen kann. Dasselbe Phänomen entsteht<br />
durch das fugenlose Einfügen <strong>von</strong> Brüstungen in den Rahmen. Auch hier entsteht ein<br />
Schubbruch oder, falls die Schubfestigkeit gegeben ist, ein Stützenmechanismus mit wesentlichen<br />
Effekten 2. Ordnung.<br />
Abbildung 2-11 Links: Steife Riegel verursachen eine grosse Querkraft in den kurzen Stützen, welche<br />
zum Schubbruch führen kann [10, S. 15]. Rechts: Dasselbe Phänomen wie bei den kurzen Stützen<br />
tritt bei fugenlos eingefügten Brüstungen auf [10, S. 15].<br />
Es sollten möglichst kompakte Grundrisse angestrebt werden und allfällige Fugen zwischen<br />
benachbarten Gebäuden müssen fachgerecht ausgebildet sein. Die Abbildung 2-12 zeigt links<br />
ein stark aufgelöster Grundriss, welcher unterschiedlich Schwingverhalten aufweist. Wird<br />
das Gebäude in zwei kompakte Grundrisse geteilt, können grossen Belastungen im Übergangsbereich<br />
vermieden werden. Bei der Trennung durch Fugen ist jedoch darauf zu achten,<br />
dass die Fugen eine gewisse Mindestbreite aufweisen müssen, sie nicht gefüllt sind und keine<br />
Kontaktbrücken aufweisen. So kann vermieden werden, dass die Gebäude im Falle eines<br />
Erdbebens zusammenstossen. Dies ist besonders gefährlich wenn die Geschossdecken der<br />
benachbarten Gebäude auf unterschiedlicher Höhe sind und gegen Stützen stossen, da diese<br />
stark beschädigt werden können.<br />
Abbildung 2-12 Links: Kompakte Grundrisse sind anzustreben, da sonst unterschiedliche Schwingungen<br />
auftreten welche zu grossen Belastungen im Übergangsbereich führen [10, S. 16]. Rechts: Die<br />
Fugen zwischen den Gebäuden müssen fachgerecht ausgeführt werden [10, S. 16].
18 Übersicht Berechnungsverfahren Kapitel 3<br />
3 Übersicht Berechnungsverfahren<br />
Ein Bauwerk erfährt während eines Erdbebens eine dynamisch-zyklische Beanspruchung,<br />
welche über den elastischen Bereich hinausgeht. Aus diesem Grund ist das Erdbebenverhalten<br />
<strong>von</strong> Bauwerken in seiner Komplexität schwer fassbar. Die beschriebenen Methoden unterscheiden<br />
sich stark im Berechnungsaufwand und in der Realitätsnähe. Der Gebäudetyp<br />
und die notwendigen Nachweise entscheiden schlussendlich darüber, welches Verfahren am<br />
geeignetsten ist.<br />
3.1 Kraftbasierte Verfahren<br />
Bei den kraftbasierten Verfahren werden statische Ersatzlasten eingeführt, welche die Erdbebenkräfte<br />
abbilden. Die daraus resultierenden Auswirkungen in Form <strong>von</strong> Schnittkräften<br />
in den einzelnen Bauteilen, werden deren Tragwiderständen gegenübergestellt<br />
[6, Kap. 2, S. 1]. Es wird meist ein linear elastisches Tragwerksverhalten vorausgesetzt.<br />
Nichtlineare kraftbasierte Verfahren existieren zwar, werden aber wegen des sehr hohen<br />
Rechenaufwands selten eingesetzt. Das plastische Verformungsvermögen und die Überfestigkeit<br />
werden stattdessen mit dem Verhaltensbeiwert q berücksichtigt [13, S. 19]. Das Ersatzkraftverfahren,<br />
das Antwortspektrenverfahren und die Time History Analyse zählen zu<br />
den kraftbasierten Verfahren. Diese Verfahren werden vorwiegend für die Bemessung <strong>von</strong><br />
Neubauten eingesetzt [2, S. 9].<br />
3.1.1 Ersatzkraftmetverfahren<br />
Das Ersatzkraftverfahren beruht auf einem linear elastischen Tragwerksmodell. Aus einer<br />
Näherung der ersten Eigenfrequenz wird die horizontale Gesamtlast errechnet, welche über<br />
eine feste Verteilung gemäss Norm SIA 261, auf die einzelnen Geschosse aufgeteilt wird. Die<br />
Ersatzkraftmethode ist das einzige Verfahren, welches mit einem vertretbaren Aufwand <strong>von</strong><br />
Hand berechnet werden kann [22, S. 44]. Sie ist jedoch nach der Norm SIA 261 nur für Bauten<br />
zugelassen, welche strenge Kriterien zum statischen Tragsystem erfüllen. Die Ersatzkraftmethode<br />
findet, trotz der grossen Einschränkungen, weiterhin ihre Anwendung, da sie<br />
einfach zu berechnen ist.<br />
3.1.2 Antwortspektrenverfahren<br />
Das Antwortspektrenverfahren kann als eine Weiterentwicklung des Ersatzkraftverfahrens<br />
angesehen werden. Auch das Antwortspektrenverfahren ist ein linear elastisches Verfahren.<br />
Da jedes Gebäude einen Mehrmassenschwinger darstellt, werden durch eine modale Transformation<br />
die Mehrmassenschwinger in eine Reihe <strong>von</strong> Einmassenschwinger zerlegt. Für die<br />
einzelnen Einmassenschwinger werden die Eigenform und daraus die maximale Beschleunigung<br />
berechnet. Anschliessend werden sie wieder in einen Mehrmassenschwinger zurück-
Kapitel 3 Übersicht Berechnungsverfahren 19<br />
transformiert. Da der Einfluss der höheren Eigenformen typischerweise immer gering ausfällt,<br />
erlaubt die Norm SIA 261 die Vernachlässigung der Einmassenschwinger sobald die<br />
Summe der angeregten Massen, im Verhältnis zur realen Masse, den Wert 0.9 übersteigt<br />
[2, S. 8]. Die mithilfe der maximalen Beschleunigung ermittelte Ersatzkraft berechnet sich<br />
über die Antwortspektren für jede Eigenform. Es wird eine Ersatzlast pro Eigenform, Richtung<br />
und finitem Element festgelegt.<br />
Das Antwortspektrum wird durch die verschiedenen Baugrundklassen, die Erdbebenzonen,<br />
die Bauwerksklassen und den Verhaltensbeiwerts definiert. Dabei dient der Verhaltensbeiwert<br />
der Berücksichtigung der Überfestigkeit im nichtlinearen Bereich des Tragverhaltens.<br />
Aufgrund der grossen Anzahl <strong>von</strong> Ersatzlasten kann das Antwortspektrenverfahren nicht<br />
mehr <strong>von</strong> Hand gerechnet werden. Um eine ausreichende Genauigkeit zu erreichen ist ein<br />
3D-Modell Voraussetzung. In der Norm SIA 261 wird das Antwortspektrenverfahren ausführlich<br />
beschrieben und als Standardverfahren zur Berücksichtigung <strong>von</strong> Erdbebeneinwirkung<br />
festgelegt [2, S. 10].<br />
3.1.3 Time History Analyse<br />
Die Time History Analyse stellt eine Simulation des Erdbebens dar. Sie ist eine dynamische<br />
Analyse, welche ein Beschleunigungsdiagramm als Anregung verwendet. Es sind mehrere<br />
Rechenläufe notwendig, da pro Rechenlauf nur ein Erdbebenszenario betrachtet werden<br />
kann. Unter den kraftbasierten Berechnungsverfahren nimmt die Time History Analyse die<br />
geringsten Vereinfachungen vor [22, S. 42]. Durch die Erdbebensimulation ist die Time History<br />
Analyse ein sehr exaktes Verfahren, jedoch auch sehr zeitaufwändig. Aus diesem Grund<br />
kommt sie nahezu ausschliesslich zur Überprüfung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden in Frage<br />
[2, S. 10].<br />
3.2 Verformungsbasierte Verfahren<br />
Verformungsbasierte Verfahren definieren eine aus der Erdbebeneinwirkung resultierende<br />
Verformung und berechnen die daraus resultierenden Kräfte. So wird aus der maximale<br />
Auslenkung der durch das Erdbeben erzeugten Bauwerksschwingungen die massgebende<br />
Einwirkung auf das Bauwerk ermittelt. Die daraus resultierenden maximalen Bauteilverformungen<br />
werden deren Verformungsvermögen gegenübergestellt [13, S. 19]. Der Zusammenhang<br />
zwischen der aufgebrachten Horizontallast und der daraus resultierenden Verformung<br />
kann graphisch als Kapazitätskurve dargestellt werden. Durch den Vergleich der maximal<br />
möglichen Verschiebung des Gebäudes und der Zielverschiebung kann die <strong>Erdbebensicherheit</strong><br />
beurteilt werden. Mit verformungsbasierten Verfahren lassen sich Nichtlinearitäten<br />
effizienter berücksichtigen als bei kraftbasierten Verfahren, da das plastische Verhalten<br />
am tatsächlichen Bauwerk untersucht wird und nicht mit Hilfe eines Verhaltensbeiwerts q.<br />
[6, Kap. 2, S. 1]. Verformungsbasierte Verfahren ermöglichen eine Beurteilung der Erdbeben-
20 Übersicht Berechnungsverfahren Kapitel 3<br />
sicherheit des gesamten Gebäudes, ohne jedes einzelne Bauteil betrachten zu müssen. Allerdings<br />
dürfen die Verfahren nur dann angewendet werden, wenn alle tragenden Bauteile und<br />
deren Verbindungen verformungsfähig sind. Gemäss dem Merkblatt SIA 2018 2.2 sind Bauteile<br />
verformungsfähig, wenn sie ein stabiles zyklisch-plastisches Verformungsverhalten<br />
aufweisen und ein sprödes Versagen ausgeschlossen werden kann. Das PushOver-<br />
Verfahren, das Kapazitätsspektrenverfahren und das Direct Displacement Verfahren zählen<br />
zu den verformungsbasierten Verfahren. Verformungsbasierten Verfahren werden vorwiegend<br />
für den Nachweis <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden eingesetzt [2, S. 9].<br />
3.2.1 PushOver-Verfahren<br />
Das PushOver-Verfahren kann linear oder nichtlinear durchgeführt werden. Die nichtlineare<br />
Berechnung ist vor allem für die realistische Betrachtung <strong>von</strong> Mauerwerksbauten sinnvoll.<br />
So kann beispielsweise ein Zugausschluss im Mauerwerk oder Rissbildung berücksichtigt<br />
werden [4, S. 72].<br />
Beim PushOver-Verfahren wird ein Kontrollknoten in konstanten Inkrementen verschoben<br />
und die dazu notwendige totale Horizontallast ermittelt. Die Verteilung der Last basiert dabei<br />
auf der Massenverteilung oder auf der linearisierten ersten Eigenform, wie dies beim<br />
Ersatzkraftverfahren der Fall ist. Die Verschiebung des Kontrollknotens und damit die Berechnung<br />
der totalen Ersatzlast wird weitergeführt bis zum Kollaps des Gebäudes. Das daraus<br />
resultierende PushOver-Diagramm stellt den Zusammenhang zwischen der totalen Horizontallast<br />
(Kraft) und der Verschiebung (des Kontrollknotens) dar. Um die <strong>Erdbebensicherheit</strong><br />
beurteilen zu können wird die, während eines Bebens, maximal auftretende Verschiebung<br />
mit der Verschiebung beim Einsturz verglichen [2, S. 11].<br />
3.2.2 Kapazitätsspektrenverfahren<br />
Das Kapazitätsspektrenverfahren ist eine Weiterentwicklung des PushOver-Verfahrens. Dabei<br />
kann die maximal auftretende Verschiebung des Gebäudes unter Erdbebeneinwirkung<br />
aufgrund des Kapazitätsspektrums noch genauer bestimmt werden als dies beim PushOver-<br />
Verfahren der Fall ist [2, S. 11]. Das duktile Tragverhalten, auf welches das Verfahren zielt,<br />
bedingt eine spezielle konstruktive Ausbildung. Diese garantiert die Duktilität der tragenden<br />
Bauteile eines Tragwerks [12, S. 35].<br />
3.2.3 Direct Displacement Verfahren<br />
Das Direct Displacement Verfahren ist zwar ein verformungsbasiertes Berechnungsverfahren,<br />
beruht aber auf der Annahme eines linearen Ersatzsystems. Weil dadurch keine nichtlineare<br />
Berechnung durchgeführt werden muss, kann die Rechengeschwindigkeit erheblich<br />
gesteigert werden [2, S. 11].
Kapitel 3 Übersicht Berechnungsverfahren 21<br />
3.3 Vergleich der Verfahren<br />
Sowohl die kräftebasierten, wie auch die verformungsbasierten Verfahren sind statische Verfahren,<br />
welche das dynamische Verhalten eines Bauwerks aus dem Vergleich mit dem dynamischen<br />
Verhalten eines Einmassenschwingers ableiten. Der grösste Unterschied ist die<br />
Umrechnung vom elastischen zum elastisch-plastischen Spektrum. Die kraftbasierten Verfahren<br />
verwenden für die Umrechnung den pauschalen Faktor q (Verhaltensbeiwert), was<br />
die Verfahren einfach in der Anwendung macht, jedoch relativ ungenau und meist recht<br />
konservativ ist. Im Gegensatz dazu wird bei den verformungsbasierten Verfahren das tatsächliche<br />
elastisch-plastische Verhalten eines Gebäudes berücksichtigt [6, Kap. 2, S. 15].<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die kräftebasierten Verfahren Schnittkräfte aus Erdbeben<br />
mit dem Widerstand der Bauteile vergleichen. Bei den verformungsbasierten Verfahren<br />
hingegen wird der vom Erdbeben hervorgerufene Verformungsbedarf mit dem Verformungsvermögen<br />
des Bauteils verglichen [13, S. 23].<br />
In der Schweiz werden heute vorwiegend das kräftebasierte Antwortspektrenverfahren und<br />
teilweise das verformungsbasierte PushOver-Verfahren angewendet. Das Antwortspektrenverfahren<br />
wird vor allem bei Neubauten mit einem hohen Betonanteil angewendet, da das<br />
gleiche Modell auch für die statische Bemessung verwendet werden kann. Im Gegensatz<br />
dazu wird das PushOver-Verfahren vorwiegend bei <strong>bestehenden</strong> Gebäuden angewendet, da<br />
das Verfahren geeignet ist um Mauerwerksbauten optimal zu berechnen, weil deren nichtlineares<br />
Verhalten berücksichtigt werden kann. Zudem können die schwachen Elemente identifiziert<br />
und gezielt verstärkt werden. Das verformungsbasierte Verfahren erlaubt eine wirklichkeitsnahe<br />
Erfassung des Bauteilverhaltens untere Erdbebeneinwirkung. Es ist zwar anspruchsvoller<br />
und aufwendiger als das kräftebasierte Verfahren, liefert jedoch meistens einen<br />
höheren Erfüllungsgrad der <strong>Erdbebensicherheit</strong> des Tragwerks [6, Kap. 3, S. 9].<br />
Das kräftebasierte Ersatzkraftverfahren sollte nahezu ausschliesslich bis 2003 zur Erdbebenberechnung<br />
eingesetzt werden, da es nach der neuer Normengeneration nur noch in wenigen<br />
Fällen angewendet werden darf. Da es aber das einzige Verfahren ist, welches mit einem<br />
sinnvollen Aufwand <strong>von</strong> Hand berechnet werden kann, wird es weiterhin eingesetzt. Es sollte<br />
jedoch nicht vergessen werden, dass auch die verformungsbasierten Verfahren noch Vereinfachungen<br />
aufweisen. In Spezialfällen kann daher nur eine Berechnung mit einem Zeitschrittverfahren<br />
(Time History Analyse), angewendet <strong>von</strong> ein paar wenigen Spezialisten,<br />
zuverlässige Ergebnisse liefern [2, S. 10].
22 Ersatzkraftverfahren Kapitel 4<br />
4 Ersatzkraftverfahren<br />
Wie in Kapitel 3 bereits erwähnt, wird beim Ersatzkraftverfahren aus der Näherung der ersten<br />
Eigenfrequenz die horizontale Ersatzlast berechnet, welche über eine feste Verteilung auf<br />
die einzelnen Geschosse wirkt. Die horizontale Ersatzkraft Fd berechnet sich aus:<br />
∗ M<br />
<br />
⁄ <br />
Gemäss Norm SIA 261 wird Fd mithilfe des Ordinatenwerts des Bemessungsspektrums Sd<br />
berechnet.<br />
∗ ∗ <br />
<br />
∗ <br />
Nach Abschätzung der ersten Eigenschwingung T1 gemäss Norm SIA 261 16.5.2.3, mit einem<br />
Ct <strong>von</strong> 0.05,<br />
∗ .<br />
0.05 <br />
äö<br />
kann das massgebende Bemessungsspektrum Sd, welches <strong>von</strong> der ersten Eigenschwingung<br />
abhängig ist, gewählt und daraus die resultierende Ersatzlast berechnet werden.<br />
∗ <br />
∗ 0.67 2.5<br />
<br />
0.67 ∗ <br />
<br />
<br />
2.5 ∗ ∗ <br />
∗ <br />
<br />
<br />
2.5 ∗ <br />
∗ <br />
∗ <br />
∗ <br />
<br />
<br />
2.5 ∗ <br />
∗ <br />
∗ ∗ ∗ <br />
∗ 0.1 ∗ 2.5 ∗ ∗ <br />
<br />
0 <br />
<br />
<br />
<br />
Die horizontale Ersatzlast Fd wird proportional zur Gebäudehöhe verteilt.<br />
, ∗ <br />
∑ <br />
, <br />
ö ,
Kapitel 5 Antwortspektrenverfahren 23<br />
5 Antwortspektrenverfahren<br />
Die Grundlage für die Ermittlung der Antwortspektren bilden Seismogramme <strong>von</strong> Erdbeben<br />
<strong>von</strong> welchen vermutet wird, dass sie an einem bestimmten Ort auftreten können. Ziel ist die<br />
Ermittlung der Maximalantwort eines Systems auf eine vorgegebene Erregung.<br />
5.1 Einmassenschwinger<br />
Eigenschwingung nennt man die Schwingungsform, mit der ein System nach einmaliger<br />
Anregung schwingen kann. Dabei wird zwischen Schwingungen ohne Dämpfung und<br />
Schwingungen mit Dämpfung (Abbildung 5-1) unterschieden. Bei einer Schwingung mit<br />
Dämpfung klingt diese allmählich ab [2, S. 14]. Zwischen der Frequenz f und der Schwingzeit<br />
T besteht folgender Zusammenhang:<br />
1 f<br />
↔ f 1 T<br />
Abbildung 5-1<br />
Dämpfung [2, S. 14].<br />
Links: freie Schwingung ohne Dämpfung [2, S. 14]. Rechts: freie Schwingung mit<br />
Wie in Abbildung 5-2 zu sehen ist, wird bei einer Erdbebenberechnung der Punkt P analog<br />
<strong>von</strong> gemessenen, resp. normierten Erdbeben angeregt.<br />
Abbildung 5-2 Anregung des Einmassenschwingers unter Erdbebeneinwirkung [2, S. 14].
24 Antwortspektrenverfahren Kapitel 5<br />
5.2 Mehrmassenschwinger<br />
Als Mehrmassenschwinger werden beliebige Massensysteme mit elastischen Verbindungen,<br />
beispielsweise ein dreidimensionales Modell, bezeichnet. Um aus einem Mehrmassenschwinger<br />
ein Antwortspektrum zu erhalten, muss eine modale Analyse vorgenommen<br />
werden. Dabei wird ein Mehrmassenschwinger in eine Reihe äquivalenter Einmassenschwinger<br />
zerlegt, siehe Abbildung 5-3.<br />
Abbildung 5-3<br />
Zerlegung eines Mehrmassenschwingers in eine Reihe äquivalenter Einmassenschwinger<br />
[2, S. 16].<br />
Die Ermittlung der modalen Masse M1 bis M4 ist an die Eigenfrequenz des Mehrmassenschwingers<br />
gebunden. Aus diesem Grund muss vorgängig eine Eigenschwingungsanalyse<br />
am Mehrmassenschwinger durchgeführt werden. Die maximale Beschleunigung kann aus<br />
jedem Antwortspektrum der einzelnen modalen Massen berechnet werden. Die Rücktransformation<br />
liefert dann die Beschleunigung welcher der Mehrmassenschwinger erfährt. Die<br />
so berechneten Beschleunigungen des Mehrmassenschwingers stellen die wirklichen maximalen<br />
Beschleunigungen der einzelnen Massen dar. Diese Beschleunigungen werden jedoch<br />
nie gleichzeitig auftreten. Somit wäre eine Summierung der Beschleunigungen zu konservativ.<br />
In der Norm SIA 261 wird darum die Methode SRSS (Square Root of Sum of Squares)<br />
vorgeschlagen, um den unerwünschten Einfluss der Asynchronisierung zu berücksichtigen<br />
[2, S. 17]. Die, aus den verschiedenen Einmassenschwinger, resultierenden Beschleunigung a<br />
beträgt demzufolge:
Kapitel 5 Antwortspektrenverfahren 25<br />
5.3 Antwortspektren<br />
In der Praxis wird das Antwortspektrum für ein Entwurfsbeben berechnet, das aufgrund<br />
einer probabilistischen Gefährdungseinschätzung des Standorts gewählt wird. Das Entwurfsbeben<br />
wird durch drei Variablen definiert [5, Kap. 9, S. 2]:<br />
- Die geplante Lebensdauer des Bauwerks wird als Zeitintervall zwischen dem<br />
Bauende und dem Zeitpunkt definiert, wenn ein geplanter Eingriff in das Tragwerk<br />
unternommen wird. Von vielen Baunormen wird diese Zeit auf 50 Jahre begrenzt.<br />
- Als zweite Variable wird die Wahrscheinlichkeit, dass das angenommene Erdbeben<br />
während der Lebenszeit des Bauwerks nicht auftritt, berücksichtigt.<br />
- Die dritte Variable richtet sich nach der mittleren Wiederkehrperiode des Bebens.<br />
Alle drei Variablen hängen durch folgende Beziehung zusammen:<br />
1 <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Moderne Erdbebennormen, so auch die SIA 261, gehen <strong>von</strong> einem Entwurfsbeben aus, das<br />
einem Gefährdungsniveau <strong>von</strong> P = 10 % in t = 50 Jahren entspricht. Daraus lässt sich die<br />
Wiederkehrperiode TW berechnen, welche dem Wert in der Norm SIA 261 16.2.1.3 entspricht:<br />
<br />
475 <br />
ln1 <br />
Antwortspektren beziehen sich immer auf die im Kapitel 5.1 genannten Einmassenschwinger.<br />
Jede Grundschwingzeit liefert eine bestimmte maximale Beschleunigung. Wenn man<br />
alle maximalen Beschleunigungen graphisch darstellt, erhält man das Antwortspektrum für<br />
ein bestimmtes Erdbeben. Werden für verschiedene Erdbeben die Antworspektren dargestellt<br />
(farbige Linien in Abbildung 5-4), kann daraus ein umhüllendes Antwortspektrum<br />
(schwarze Linie in Abbildung 5-4) gebildet werden. Dieses Antwortspektrum ist stark vereinfacht<br />
und kann durch mathematische Gleichungen beschreiben werden [2, S. 15]. In der<br />
Norm SIA 261 sind die Gleichungen für die verschiedenen Antwortspektren ersichtlich.
26 Antwortspektrenverfahren Kapitel 5<br />
Abbildung 5-4 Die farbigen Linien zeigen Abtwortspektren aus verschiedenen Erdbeben. Schwarz<br />
ist das umhüllende Antwortspektrum dargestellt, welches <strong>von</strong> der Norm SIA 261 vorgegeben wird<br />
[2, S. 15].<br />
Aufgrund der Antwortspektren kann die maximale Beschleunigung der Masse eines Einmassenschwingers<br />
mit einer bestimmten Eigenfrequenz berechnet werden. Daraus lässt sich<br />
die maximale Erdbebenkraft F aus der Masse m sowie die Schnittkräfte N, V und M im Stab<br />
ableiten (Abbildung 5-5).<br />
∗ <br />
Abbildung 5-5 Resultierende Schnittkräfte aus der Erdbebenkraft F [2, S. 15].
Kapitel 6 PushOver-Verfahren 27<br />
6 PushOver-Verfahren<br />
Beim verformungsbasierten PushOver-Verfahren wird die Struktur bis zum Kollaps verformt.<br />
Die zu einer bestimmten Verformung notwendige Horizontalkraft wird berechnet.<br />
Sobald die Horizontalkraft bei zunehmender Verformung abfällt, bedeutet dies einen teilweisen<br />
Verlust der horizontalen Steifigkeit, zurückzuführen auf eine Plastifizierung einzelner<br />
Bauteile [2, S. 24]. Weil das PushOver-Verfahren in der Schweiz noch nicht allzu bekannt<br />
ist, muss zum Teil auf internationale Literatur zurückgegriffen werden. Einzig das SIA<br />
Merkblatt 2018 beschreibt das PushOver-Verfahren kurz. Weiter kann auf den Eurocode 8<br />
oder auf ACT-40 sowie FEMA 273, 274 und 356 aus den USA zurückgegriffen werden.<br />
6.1 Grundprinzipien<br />
Für das PushOver-Verfahren werden mehrere Kriterien berücksichtigt, deren Kombinationen<br />
zu 24 verschiedenen Analysen führen. Um das gesamte Verhalten des Gebäudes zu berücksichtigen<br />
werden die Kombinationen der vier möglichen Erdbebenrichtungen (X+, X-,<br />
Y+, Y-), zwei Lastverteilungen auf die einzelnen Geschosse und drei Exzentrizitätszustände<br />
untersucht.<br />
Die Lastverteilung kann proportional zur linearisierten ersten Eigenform (Abbildung 6-1<br />
links) erfolgen, wie dies auch bei der Ersatzkraftmethode angewendet wird. Dabei wird ein<br />
vergleichsweise hoher Schwerpunkt der angesetzten Lasten berücksichtigt [23, S. 39]. Damit<br />
wird ein mögliches Kippen des Gebäudes abgebildet. Dies ist vor allem bei hohen Gebäuden<br />
massgebend. Die Verteilung berechnet sich aus:<br />
, 1°Mode ∗ ∗ ∑ ∗ <br />
∑ ∗ ∑ ∗ <br />
Die Lastverteilung proportional zu den angesetzten Massen führt meistens zu einer maximalen<br />
Horizontallast, wodurch der Soft-Storey-Effeks (Versagen eines weichen Geschosses)<br />
berücksichtigt wird. Diese Verteilung wird meist bei niedrigen Gebäuden mit weichem Erdgeschoss<br />
massgebend [24, S. 70 f.]. Die Verteilung berechnet sich aus:<br />
, Massen ∗ ∑ ∗ <br />
∑ ∑ ∗ <br />
Abbildung 6-1<br />
Links: Verteilung der Horizontallast proportional zur Massenverteilung<br />
[24, S. 70]. Rechts: Verteilung der Horizontallast proportional zur 1. Eigenform [24, S. 70].
28 PushOver-Verfahren Kapitel 6<br />
Bei der zufälligen Exzentrizität werden sowohl Bau- und Modellungenauigkeiten, wie auch<br />
eine ungleichmässige Verteilung der Nutzlasten im Gebäude abgebildet. Dadurch wird ein<br />
zusätzlicher Torsionseffekt abgebildet. Dabei wird zwischen den Zuständen der positiven,<br />
der negativen oder keiner Exzentrizität unterschieden.<br />
6.2 Kapazitätskurve<br />
Die Kapazitätskurve bildet die Grundlage des PushOver-Verfahrens. Dabei wird ein festgelegter<br />
Knoten in konstanten Inkrementen verschoben und daraus die jeweils notwendige<br />
Horizontallast berechnet.<br />
Die Abbildung 6-2 zeigt eine typische Kapazitätskurve (schwarze Linie). Sie besteht aus einer<br />
unregelmässigen Linie. Die Steigung der Kurve stellt die Steifigkeit des Gebäudes dar. Der<br />
zwischenzeitliche Abfall der Kurve bedeutet einen teilweisen Verlust der Steifigkeit. Dies<br />
geschieht durch Plastifizierung oder Versagen einzelner Elemente, wodurch eine weitere<br />
Verschiebung des Gebäudes einsetzt, obwohl die angesetzte Last reduziert wird. Aus der<br />
tatsächlichen Kapazitätskurve wird eine vereinfachte, bilineare Kurve (blaue Linie) errechnet.<br />
Abbildung 6-2<br />
typische Kapazitätskurve mit einer unregelmässigen Linie (schwarz) und der daraus<br />
berechneten bilinearen Kurve (blau) [2, S. 27].<br />
Tritt im mittleren Bereich der Kapazitätskurve ein relativ grosser Lastabfall ein (Abbildung<br />
6-3), deutet dies auf den Wechsel der Stabilisierung <strong>von</strong> der Betonkonstruktion auf das Mauerwerk<br />
hin. Dieser Wechsel findet statt, da die Betonelemente bei kleinen Verformungen<br />
aufgrund ihrer höheren Steifigkeiten den Grossteil der Lasten abtragen, es jedoch bei zunehmender<br />
Verformung zu Plastifizierung oder Versagen der Betonteile kommt, worauf die<br />
Mauerwerkelemente einen zunehmenden Anteil der Horizontallasten übernehmen [24, S. 70<br />
f.].
Kapitel 6 PushOver-Verfahren 29<br />
Abbildung 6-3<br />
Lastabfall im mittleren Bereich der Kapazitätskurve, was auf den Übergang <strong>von</strong><br />
der Betonkonstruktion auf das Mauerwerk hindeutet [2, S. 27].<br />
6.3 PushOver-Diagramm und Performance-Point<br />
Aus dem PushOver-Diagramm lassen sich mehrere wichtige Punkte ablesen, wie die Abbildung<br />
6-4 zeigt. Das Versagen des ersten Elements lässt sich meist nicht direkt aus der Kapazitätskurve<br />
ablesen, da es sich häufig um ein untergeordnetes Bauteil (z.B. Fenstersturz)<br />
handelt. Wichtig ist die korrekte Beurteilung des Teileinsturzes, da aus diesem der Erfüllungsfaktor<br />
αeff berechnet wird [24, S. 71]. Der zweite Faktor für die Berechnung <strong>von</strong> αeff ist<br />
der Performance-Point. Mithilfe des Performance-Points kann die maximale, während eines<br />
Erdbebens zu erwartende, Verformung Dmax bestimmt werden. Die Abbildung 6-4 zeigt, wie<br />
Dmax bestimmt wird. Als erstes wird aus der tatsächlichen Kapazitätskurve (schwarz) eine<br />
vereinfachte, bilineare Kurve errechnet (blau). Der Schnittpunkt der Verlängerung (blau gestrichelt)<br />
des linear elastischen Teils der bilinearen Kapazitätskurve mit dem elastischen Bemessungsspektrum<br />
der Verschiebung (grün) für einen äquivalenten Einmassenschwinger<br />
bildet den Performance-Point [23, S. 26]. Um die maximale Verschiebung Dmax zu erhalten<br />
muss nur noch eine vertikale Linie (rot) vom Performance-Point auf die Achse der Verschiebung<br />
gezogen werden [2, S. 28]. Ist die Verschiebung Dmax beim Performance-Point kleiner<br />
als die Verschiebung Du beim Kollaps, liegt der Erfüllungsfaktor über eins.<br />
Abbildung 6-4<br />
Aus der Kapazitätskurve und dem elastischen Bemessungsspektrum kann der Performance-Point<br />
berechnet werden [2, S. 28].
30 PushOver-Verfahren Kapitel 6<br />
6.4 Modellbildung<br />
Im Gegensatz zu einem finite-Elemente-Programm können mit dem PushOver-Verfahren<br />
auch Makroelemente eingesetzt werden, welche möglichst grosse Wandteile mit dem gleichen<br />
Tragverhalten zu einem einzigen Element zusammenfassen. So wird eine schnellere<br />
und exaktere Berechnung ermöglicht. Um das horizontale Tragverhalten des Gebäudes realistisch<br />
abzubilden, sind die Materialeigenschaften wie Steifigkeit und Bruchlast <strong>von</strong> grosser<br />
Bedeutung. Hingegen haben die geometrischen Feinheiten des Gebäudes einen eher kleinen<br />
Einfluss [2, S. 26].<br />
6.5 Mauerwerk / Betonwände unter Beanspruchung<br />
Um eine Last-Verformungskurve zu berechnen muss zu jedem Zeitpunkt der Zustand der<br />
einzelnen Bauteile bekannt sein. Sobald ein Element plastifiziert, kann es keine weiteren<br />
Kräfte mehr aufnehmen. Versagt ein Element, können gar keine Kräfte mehr übertragen<br />
werden. Die möglichen Versagensarten sind Abscheren, Kippen, Versagen unter Druck und<br />
Versagen unter Zug. Die häufigsten Versagensarten <strong>von</strong> Mauerwerk unter Erdbebenbeanspruchung<br />
sind die eben genannten Kippen und Abscheren [2, S. 25]. Unter Abscheren wird<br />
ein Aufreissen der Fugen unter Erdbebenbeanspruchung verstanden. Wie in Abbildung 6-5<br />
links zu sehen ist, entstehen dabei Kreuzrisse. Wenn die Fugen oben und unten aufreissen<br />
und sich das ganze Element verdreht, handelt es sich um das Versagen durch Kippen (Abbildung<br />
6-5 rechts).<br />
Abbildung 6-5 Links: Abscheren des Mauerwerks unter Erdbebenbeanspruchung [2, S. 25].<br />
Rechts: Kippen des Mauerwerks unter Erdbebenbeanspruchung [2, S. 25].<br />
Wird die Druckfestigkeit des Mauerwerks überschritten, spricht man vom Versagen unter<br />
Druck (Abbildung 6-6 links). Dieser Versagensmechanismus tritt typischerweise am Wandfuss,<br />
gegen die Wandenden auf, ist aber eher selten. Auch Versagen unter Zug tritt eher selten<br />
auf. Die Fugen reissen dabei im unteren Bereich der Wand, ausgehend <strong>von</strong> den<br />
Wandenden auf, siehe Abbildung 6-6 rechts [2, S. 25].
Kapitel 6 PushOver-Verfahren 31<br />
Abbildung 6-6<br />
Mauerwerks unter Zug [2, S. 25].<br />
Links: Versagen des Mauerwerks unter Druck [2, S. 25]. Rechts: Versagen des<br />
Die eben beschriebenen Versagensmechanismen können analog auch auf Betonwände unter<br />
Erdbebenbeanspruchung angewendet werden. Betonwände besitzen jedoch einen deutlich<br />
höheren E-Modul, weshalb sie auch eine erheblich grössere Verformungskapazität aufweisen.<br />
Bei Mischbauweisen werden somit die Betonwände bei kleinen Verformungen anteilsmässig<br />
mehr Last übernehmen als die Mauerwerkswände [2, S. 25].
32 Anwendung auf bestehende Bauten Kapitel 7<br />
7 Anwendung auf bestehende Bauten<br />
Das SIA Merkblatt 2018 befasst sich mit dem Erdbebennachweis <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden.<br />
Dabei wird erstmals der Erfüllungsfaktor α eingeführt. Das Merkblatt hat zum Ziel, das Individualrisiko<br />
auf einen akzeptierbar kleinen Wert zu reduzieren. Das heisst, dass der Erfüllungsfaktor<br />
<strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden unter Umständen kleiner eins sein darf.<br />
7.1 Definition αeff<br />
Ein zentraler Begriff bei der Überprüfung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Bauten ist der Erfüllungsfaktor<br />
αeff. Der Erfüllungsfaktor gibt an, zu wie viel Prozent das bestehende Tragwerk die geltenden<br />
Normen für Neubauten erfüllt. Für die rechnerische Beurteilung der Tragsicherheit wird<br />
beim kräftebasierten Verfahren der Quotient des Tragwiderstands Rd und der dazugehörigen<br />
Einwirkung Ed gebildet. Beim verformungsbasierten Verfahren wird das Verschiebungsvermögen<br />
wR,d durch die Zielverschiebung wd dividiert [13, S. 20].<br />
<br />
<br />
,<br />
<br />
Bei Gebäuden der Bauwerksklasse III muss zudem noch die Gebrauchstauglichkeit nachgewiesen<br />
werden. Dabei wird der Bemessungswert der Gebrauchsgrenze Cd mit der Zielverschiebung<br />
wd, und der halben Erdbebeneinwirkung Ad dividiert [13, S. 20].<br />
<br />
<br />
∗ 0.5 ∗ <br />
7.2 Beurteilung der <strong>Erdbebensicherheit</strong><br />
Bei der Beurteilung der <strong>Erdbebensicherheit</strong> <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden werden das Individualrisiko,<br />
die Rettungseffizienz, die Verhältnismässigkeit sowie die Zumutbarkeit untersucht.<br />
7.2.1 Individualrisiko<br />
Das Individualrisiko gibt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Einzelperson infolge Erdbeben<br />
zu Tode kommt, normiert auf ein Jahr, an. Diese Wahrscheinlichkeit soll gemäss SIA Merkblatt<br />
2018 auf 10 -5 pro Jahr beschränkt werden, was im Vergleich zu anderen Möglichkeiten<br />
zu Tode zu kommen relativ klein ist [13, S. 5]. Die Abbildung 7-1 zeigt, dass der Risikofaktor<br />
10 -5 einem Erfüllungsgrad αeff <strong>von</strong> 0.25 entspricht. Aus diesem Grund beträgt der minimale<br />
Erfüllungsfaktor für alle Bauwerke 0.25.
Kapitel 7 Anwendung auf bestehende Bauten 33<br />
Abbildung 7-1 αeff steht in Abhängigkeit zum Risikofaktor [2, S. 32].<br />
7.2.2 Rettungseffizienz<br />
Der statistisch aufzuwendende Betrag um ein Menschenleben vor dem Erdbebentod zu retten<br />
wird als Rettungskosten RKM bezeichnet. Sind die Rettungskosten tief, bedeutet dies,<br />
dass die Massnahmen effizient sind und deshalb ergriffen werden sollten. Sind sie jedoch<br />
hoch, sind die Massnahmen nicht verhältnismässig und müssen somit nicht ergriffen werden<br />
[2, S. 33].<br />
7.2.3 Verhältnismässigkeit<br />
Der Begriff der Verhältnismässigkeit drückt eine Abwägung zwischen verschiedenen Interessen<br />
oder Zielen aus. Gemäss dem Merkblatt 2018 gilt eine <strong>Erdbebensicherheit</strong>smassnahme<br />
als verhältnismässig, wenn die Rettungskosten RKM unter CHF 10 Mio. pro gerettetes<br />
Menschenleben liegen.<br />
7.2.4 Zumutbarkeit<br />
An sich sind Massnahmen zwingend zu ergreifen wenn αeff < αmin ist. Wenn jedoch Gebäude<br />
nur gelegentlich <strong>von</strong> Personen betreten werden und die Massnahmen zur Erhöhung der<br />
<strong>Erdbebensicherheit</strong> sehr aufwendig sind, können die notwendigen Massnahmen unter Umständen<br />
nicht zumutbar sein. Als zumutbar gilt eine Erdbebensicherungsmassnahme, wenn<br />
die Rettungskosten RKM unter CHF 100 Mio. pro gerettetes Menschenleben liegen. Sind die<br />
Massnahmen nicht zumutbar, muss mit betrieblichen Massnahmen das Risiko zumindest auf<br />
wenige und / oder kurze Expositionszeiten beschränkt werden [13, S. 8].
34 Anwendung auf bestehende Bauten Kapitel 7<br />
7.2.5 Rechnerische Beurteilung<br />
Wie in Abbildung 7-2 zu sehen, beträgt der minimale Erfüllungsfaktor für die Bauwerksklassen<br />
I und II αmin = 0.25. Für Gebäude der Bauwerksklasse III beträgt αmin = 0.40. Für<br />
αmin < αeff < 1.0 ist die Verhältnismässigkeit der geplanten Massnahmen zu belegen. Bei kurzer<br />
Restnutzungsdauer und einem Erfüllungsfaktor nahe 1.0 ist die Verhältnismässigkeit nur<br />
selten gegeben. Aus diesem Grund wurde der zulässige Reduktionsfaktor αadm definiert. Er<br />
grenzt den Bereich ab, bei dem der Nachweis der Verhältnismässigkeit in der Regel nicht<br />
erbracht werden kann und deshalb auch nicht verlangt wird.<br />
Abbildung 7-2<br />
Restnutzungsdauer [2, S. 32].<br />
Bereiche <strong>von</strong> αeff bezüglich der Schwellenwerte αmin und αadm abhängig <strong>von</strong> der<br />
Liegt αeff unter αmin, müssen zwingend Massnahmen ergriffen werden. Liegt αeff zwischen<br />
αmin und αadm, muss die Verhältnismässigkeit der Massnahmen überprüft werden und liegt<br />
αeff über αadm, sind keine Massnahmen notwendig.<br />
Liegt αeff zwischen αmin und αadm und ist die Verhältnismässigkeit gegeben, müssen Massnahmen<br />
zur Erhöhung der <strong>Erdbebensicherheit</strong> ergriffen werden. Der erreichte Erfüllungsgrad<br />
nach ausgeführten Massnahmen wird als αint bezeichnet. Dieser muss grundsätzlich<br />
≥ 1.0 sein. Wird αint ≥ 1.0 mit den finanziellen Mittel, welche als verhältnismässig beurteilt<br />
werden, nicht erreicht, müssen mindestens die am weitesten gehenden Teilmassnahmen (die<br />
noch verhältnismässig sind) ergriffen werden [2, S. 31 ff.].<br />
7.3 Einwirkungen<br />
7.3.1 Kräftebasierte Verfahren<br />
Bei einer Überprüfung bestehender Gebäude mittels kräftebasierten Verfahren sind die Erdbebeneinwirkungen<br />
unverändert der Norm SIA 261 zu entnehmen. Der Verhaltensbeiwert q<br />
wird gemäss den Normen SIA 262 bis 266 gewählt. Dabei muss bei den meisten <strong>bestehenden</strong>
Kapitel 7 Anwendung auf bestehende Bauten 35<br />
Gebäuden <strong>von</strong> nicht duktilem Tragwerksverhalten ausgegangen werden. Einzig für Stahlbetontragwerke<br />
erlaubt das Merkblatt SIA 2018, den Verhaltensbeiwert q höher anzusetzen,<br />
auch wenn nicht alle Bedingungen für duktiles Tragwerksverhalten gemäss SIA 262 erfüllt<br />
sind. Als Voraussetzung dafür, müssen jedoch mindestens für alle wesentlichen tragenden<br />
Bauteile duktilitätsfördernde konstruktive Massnahmen vorhanden sein [13, S. 12].<br />
7.3.2 Verformungsbasierte Verfahren<br />
Wird ein verformungsbasiertes Verfahren für die Überprüfung bestehender Gebäude angewendet,<br />
wird die Erdbebeneinwirkung durch das elastische Bemessungsspektrum der Beschleunigung<br />
Sad und das elastische Bemessungsspektrum der Verschiebung Sud dargestellt.<br />
Zwischen den beiden Antwortspektren besteht folgender Zusammenhang:<br />
<br />
<br />
Dabei ist ω die Eigenkreisfrequenz des Einmassenschwingers. Daraus lässt sich die Eigenfrequenz<br />
f berechnen, aus welcher sich wiederum die Schwingzeit T ableiten lässt:<br />
1 2 <br />
Durch Auflösen dieser Gleichung nach ω und Einsetzen in den Vergleich zwischen elastischem<br />
Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad und elastischem Bemessungsspektrum<br />
der Verschiebung Sud entsteht die im SIA Merkblatt 2018 aufgeführte Gleichung:<br />
<br />
4 <br />
Im Ergebnis handelt es sich beim elastischen Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad<br />
um das elastische Antwortspektrum gemäss SIA 261 für 5 % Dämpfung (Dämpfungskorrekturbeiwert<br />
η = 1) multipliziert mit dem Bedeutungsfaktor γf. Es unterscheidet sich jedoch<br />
gegenüber dem Bemessungsspektrum gemäss Norm SIA 261 durch die Einheit [m/s 2 ], den<br />
fehlenden q-Faktor und den fehlenden unteren Schwellenwert für grosse Schwingzeiten<br />
[13, S. 13 f.]. Abbildung 7-3 zeigt die elastischen Bemessungsspektren der Beschleunigungen<br />
für alle Baugrundklassen und die elastischen Bemessungsspektren der Verschiebung für alle<br />
Baugrundklassen.
36 Anwendung auf bestehende Bauten Kapitel 7<br />
Abbildung 7-3 Links: Elastische Bemessungsspektren der Beschleunigung in Funktion der Baugrundklasse<br />
für Zone Z1 und Bauwerksklasse I [13, S. 13]. Rechts: Elastische Bemessungsspektren<br />
der Verschiebung in Funktion der Baugrundklasse für Zone Z1 und Bauwerksklasse I [13, S. 13].<br />
Obwohl für das verformungsbasierte Verfahren das elastische Bemessungsspektrum der<br />
Verschiebung verwendet wird, bedeutet dies nicht, dass die inelastische Verformung vernachlässigt<br />
wird. Nach dem Prinzip der gleichen Verschiebung [d] wird für eine gegebene<br />
Anregung die maximale Verschiebung des inelastischen Einmassenschwingers gleich gross<br />
ist, wie diejenige des elastischen Einmassenschwingers. Sowohl die Erdbebenbemessung der<br />
SIA Normen, wie auch die des Eurocode 8 beruht auf diesem Prinzip. Das elastische Spektrum<br />
der Verschiebung ist somit gleichzeitig auch das inelastische und beide sind unabhängig<br />
vom Verhaltensbeiwert q [13, S. 14].<br />
In Abbildung 7-4 ist die Kombination des elastischen Antwortspektrums der Beschleunigung<br />
und der Verschiebung sowie einer möglichen Kapazitätskurve, normiert auf die modale<br />
Masse m* und Γ, abgebildet. Die Kombination erlaubt eine anschauliche graphische Gegenüberstellung<br />
<strong>von</strong> Verschiebungsbedarf, dem elastischen Bemessungsspektrum (ADRS-<br />
Spektrum = Acceleration Displacement Response Spectra) und dem Verschiebungsangebot<br />
(Kapazitätskurve des Tragwerks).<br />
Abbildung 7-4<br />
Elastisches Bemessungsspektrum mit Kapazitätskurve, normiert auf die modale<br />
Masse m* und Γ, zur Bestimmung der Zielverschiebung wd [16, S. 17].
Kapitel 8 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung 37<br />
8 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung<br />
Das Mauerwerk stellt seit Jahrhunderten eine der wichtigsten Bauweisen dar. Die einfachen<br />
Ausführung und die neuen Entwicklungen zur Verbesserung der mechanischen Festigkeit,<br />
der thermischen Isolation und der Schalldämpfung sowie neue Bauweisen wie die Vorfabrikation,<br />
die Klebefugen und die Montagehilfen führten dazu, dass der Mauerwerksbau auch<br />
heute noch zu den häufigsten Bauweisen gehört. Bis vor kurzem wurde jedoch kaum Forschung<br />
im Bereich Mauerwerksbauten unter Erdbebeneinwirkung betrieben. Auswertungen<br />
<strong>von</strong> Erdbebenschäden an Mauerwerksbauten belegen aber die Notwendigkeit einer normativen<br />
Regelung und die Relevanz aktueller Forschung auf diesem Gebiet. In den letzten Jahren<br />
wurde das Verformungs- und Bruchverhalten <strong>von</strong> Mauerwerk durch zahlreiche experimentelle<br />
Untersuchungen erforscht. Auch sind zahlreiche numerische Modelle für Mauerwerk<br />
entwickelt worden, welche eine genaue Verfolgung des Tragverhaltens <strong>von</strong> Mauerwerk<br />
bis hin zum Versagen erlauben [8, S. 385].<br />
8.1 Mauerwerksscheiben unter seismischer Belastung<br />
Bei seismischer Belastung wird das Mauerwerk zusätzlich zu den Vertikallasten durch horizontal<br />
wirkende Erdbebenkräfte belastet. In Abhängigkeit vom Verhältnis zwischen Horizontal-<br />
und Vertikallasten sowie Höhe und Länge der Mauerwerkswand können verschiedene<br />
Versagensarten auftreten. Das Gesamtversagen einer Mauerwerksscheibe ist meist eine<br />
Kombination aus den beschriebenen Versagensarten.<br />
8.1.1 Schubversagen<br />
Das Schubversagen entsteht durch eine kritische Kombination <strong>von</strong> Hauptdruck- und Hauptzugspannungen.<br />
Bei einer geringen Vertikallast bildet sich ein treppenförmiger Riss in der<br />
Stoss- und Lagerfuge. Da die Mauerwerksscheibe nach der Rissbildung noch mehr Vertikallast<br />
bis zum Gesamtversagen aufnehmen kann, führt das Schubversagen zu einem duktilen<br />
Verhalten. Sollten die Risse durch die Steine verlaufen, deutet dies auf eine eher hohe Vertikallast<br />
und auf Mauersteine mit eher geringer Festigkeit hin [8, S. 385 f.].<br />
8.1.2 Reibungsversagen<br />
Ist die Vertikallast im Vergleich zur Horizontallast noch geringer als beim Schubversagen,<br />
tritt ein horizontales Gleiten entlang einer Lagerfuge im unteren Wandbereich auf.<br />
8.1.3 Biegeversagen<br />
Biegeversagen treten vorzugsweise bei schlanken Wandscheiben durch Querzugversagen<br />
der gedrückten Mauersteinen und Fugen im Auflagerbereich ein. Diese Versagensart weist
38 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung Kapitel 8<br />
ein eher duktiles Verhalten auf, welches aber mit zunehmender Vertikallast abnimmt<br />
[8, S. 286].<br />
8.2 Mauerwerkseigenschaften<br />
Das Mauerwerk hat aber nebst den vielen, eben genannten, Vorteilen, auch bedeutende<br />
Nachteile. So weist es beispielsweise eine beschränkte Verformbarkeit und eine geringe Festigkeit<br />
gegenüber horizontalen Einwirkungen auf, beides Eigenschaften, welche bei seismischer<br />
Beanspruchung <strong>von</strong> Bedeutung wären. Das führt dazu, dass Mauerwerk nur in beschränktem<br />
Masse als erdbebentauglich bezeichnet werden kann [14, S. 51]. Die hohe Steifigkeit<br />
erlaubt es in den meisten Fällen nicht den absteigenden Bereich des Bemessungsspektrums<br />
auszunützen. Weitere Nachteile vom Mauerwerk sind der geringe Biegewiderstand<br />
in Querrichtung der Mauerwerkswand sowie die mit der Ausfachung <strong>von</strong> Rahmen<br />
verbundene Probleme. Wegen des geringen Biegewiderstands versagen die Wände oft infolge<br />
einer Querbeanspruchung (senkrecht zur Wandebene), was auch als out-of-plane failure<br />
bezeichnet wird [12, S. 38].<br />
Trotz der moderaten Seismizität in der Schweiz ist es heute kaum mehr möglich, Gebäude<br />
aus unbewehrtem Mauerwerk erdbebensicher zu bemessen. Eine zusätzliche Bewehrung<br />
ermöglicht eine bemerkenswerte Erhöhung der Duktilität. Bewehrtes Mauerwerk stellt damit<br />
eine mögliche Lösung für die Erdbebenbemessung dar [12, S. 38]. Die Bemessung <strong>von</strong><br />
unbewehrtem Mauerwerk gilt sogar für Zonen mit einer Bodenbeschleunigung aus Erdbeben<br />
<strong>von</strong> 0.1 g und weniger als kaum möglich. Mehrere Studien bestätigen, dass die in den<br />
meisten heute gültigen Normwerken zu findenden Bemessungsverfahren für unbewehrtes<br />
Mauerwerk eher konservativ sind [14, S. 43].<br />
8.3 Experimentelle und numerische Untersuchungen<br />
Generell ist der Wissensstand über das Verhalten <strong>von</strong> Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung<br />
bis heute noch zu wenig hoch. Nur wenige Forschungsarbeiten haben das Thema der<br />
spezifischen Eigenschaften <strong>von</strong> Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkungen behandelt. Der<br />
Aufwand für theoretische und experimentelle Forschung auf dem Gebiet des Mauerwerks<br />
sollte demnach erhöht werden. [14, S. 51]. Momentan laufen in diese Richtung vermehrt Bemühungen.<br />
So laufen zurzeit an den verschiedensten Hochschulen in der Schweiz Forschungsarbeiten<br />
mit dem Thema Mauerwerk im Erdbebenfall, dessen Ergebnisse in naher<br />
Zukunft zu einer Aktualisierung der Normenreihe führen wird.<br />
8.3.1 Rahmenwirkung als Folge <strong>von</strong> Riegeln in Mauerwerksgebäuden<br />
Rahmenwirkung als Folge <strong>von</strong> Riegeln in Mauerwerksgebäuden werden in der Regel nicht<br />
beachtet. Numerische Berechnungen haben aber gezeigt, dass Riegelelemente das Kraft-<br />
Verformungsverhalten einer Mauerwerksscheibe massgeblich beeinflussen. Um den Einfluss
Kapitel 8 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung 39<br />
besser zu verstehen und um mechanische sowie numerische Modelle zu validieren werden<br />
zurzeit Forschungsprojekte durchgeführt. In der Beispielberechnung im Kapitel 10 wird die<br />
Rahmenwirkung abgeschätzt und der Schubnachweis daraus neu berechnet. Der Erfüllungsgrad<br />
im Gegensatz zur herkömmlichen Berechnung steigt um das zwei bis dreifache.<br />
Bei Gebäuden mit Stahlbetondecken lassen sich grundsätzlich drei verschiedene Riegeltypen<br />
unterscheiden. Riegel aus Mauerwerk, Stahlbetondecken und Fenstersturz (Abbildung 8-1 a),<br />
sind häufig in älteren Gebäuden zu finden. Je jünger die Gebäude, desto grösser werden im<br />
Allgemeinen die Fensteröffnungen. Oft verschwindet der Fenstersturz ganz und der Fensterrahmen<br />
zieht sich bis zur Stahlbetondecke (Abbildung 8-1 b). In ganz neuen Gebäuden verschwindet<br />
zum Teil auch der Mauerwerksriegel und das Fenster reicht <strong>von</strong> Decke zu Decke<br />
(Abbildung 8-1 c) [14, S. 43].<br />
Abbildung 8-1<br />
Riegeltypen [14, S. 44].<br />
Fassaden <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden mit Stahlbetondecken und unterschiedlichen<br />
Erste Auswertungen der Versuche mit den verschiedenen Riegeltypen zeigen, dass das<br />
Mauerwerk des Riegels den Lastabtragungsmechanismus verändert und den Riegel deutlich<br />
verstärkt. Zudem lassen die Versuche den Rückschluss zu, dass die Riegel mit Stahlbetonbalken<br />
oder –decken eine erhebliche Verformungskapazität besitzen [14, S. 50].<br />
8.3.2 Schubverhalten unter statisch-zyklischer Beanspruchung<br />
Um bessere Kenntnisse der Eigenschaften <strong>von</strong> Mauerwerk unter statisch-zyklischer Beanspruchung<br />
zu erhalten, wurden verschiedene, in der Schweiz hergestellte, Mauerwerkswände<br />
untersucht. Dabei lag das Hauptaugenmerk auf der Analyse des Verhaltens <strong>von</strong> Mauerwerkswänden<br />
unter der Einwirkung <strong>von</strong> vertikalen und horizontalen Kräften und Verformungen<br />
sowie auf der Ermittlung der spezifischen Eigenschaften und Beurteilung des entsprechenden<br />
Erdbebenwiderstands [14, S. 52].<br />
Die statisch-zyklischen Belastungsversuche zeigen durchwegs höhere Schubwiderstände als<br />
die in den verschiedenen Normen und Richtlinien enthaltenen Werte. Grundsätzlich gilt,<br />
dass eine Erhöhung der Normalkraft eine Erhöhung des Schubwiderstands und eine Verrin-
40 Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung Kapitel 8<br />
gerung der Verformung nach sich zieht. Die Belastungsversuche haben gezeigt, dass die verschiedenen<br />
Mauerwerkswände teils beträchtliche Horizontalkräfte in Wandebene aufnehmen<br />
können. Es sollte somit möglich sein, Mauerwerkswände in bestimmten Fällen als Tragelement<br />
gegen horizontale Einwirkungen einzusetzen [14, S. 57 f.]. Zum heutigen Zeitpunkt<br />
sind die Auswertungen der Versuche aber noch nicht abgeschlossen. Zudem reicht die Anzahl<br />
Versuche noch nicht aus um eine statistische Auswertung durchzuführen, und die Resultate<br />
in der SIA Norm 266 aufzunehmen.<br />
8.4 Berechnungsverfahren<br />
Mehrere Studien haben gezeigt, dass in der Schweiz etwa zwei Drittel der Gebäude aus<br />
Mauerwerk und ohne Berücksichtigung der <strong>Erdbebensicherheit</strong> gebaut wurden. Viele dieser<br />
Gebäude bringen jedoch genügend horizontalen Widerstand mit, da die Schweiz ein Land<br />
mit mittlerer Seismizität ist. Um das Erdbebenrisiko besser bestimmen zu können, braucht es<br />
eine möglichst genaue Darstellung der Verletzbarkeit des Gebäudes.<br />
Das Verfahren Lang [7, S. 407-426] schlägt ein verformungsbasiertes Verfahren vor, in dem<br />
jede Tragwand mittels einer bilinearen Kapazitätskurve dargestellt wird. Daraus resultieren<br />
realistische Schätzungen der Verschiebekapazität des Gebäudes. Ausserdem ist es heutzutage<br />
möglich, nichtlineare Computersimulationen <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden, z.B. mit dem<br />
Programm 3Muri, welches auf Makroelement-Modellen basiert, durchzuführen [14, S. 27].
Kapitel 9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 41<br />
9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden<br />
Die Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden bezüglich ihrer <strong>Erdbebensicherheit</strong> stösst in der<br />
Praxis immer wieder auf Probleme. In den letzten Jahren wurden aus diesem Grund verschiedene<br />
SIA Dokumentationen erarbeitet und herausgegeben. Das folgende Kapitel soll<br />
eine Wegleitung für die Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden unter Erdbebenbeanspruchung<br />
sein. Es soll die notwendigen Arbeiten und Nachweise auflisten, kurz beschreiben<br />
und mit Literaturangaben untermauern. Der grösste Teil der Literaturangaben stammt aus<br />
der SIA Dokumentation D 0237, welche sich mit der Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerkswänden<br />
befasst. So auch die Abbildung 9-1, welche anhand eines Flussdiagramms die nötigen Schritte<br />
bei der Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden bezüglich Erdbeben aufzeigt.<br />
Abbildung 9-1<br />
Flussdiagramm zur Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden bezüglich <strong>Erdbebensicherheit</strong><br />
[15, S. 8].<br />
9.1 Zustandserfassung und Baustoffkennwerte<br />
Die Zustandserfassung mittels Rekonstruktion der Baugeschichte des Gebäudes ist eine<br />
wichtige Grundlage für die Beurteilung der <strong>Erdbebensicherheit</strong>. Baujahr und ursprünglicher<br />
Verwendungszweck geben oft wichtige Hinweise auf die verwendeten Baustoffe und Bautechniken.<br />
Zudem müssen mögliche Umbauten eruiert werden. Umbauten am Tragsystem
42 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden Kapitel 9<br />
sind in der Vergangenheit meist nur in Bezug auf die Tragsicherheit für vertikale Lasten beurteilt<br />
worden, der Einfluss auf die horizontale Aussteifung wurde oft vernachlässigt<br />
[15, S. 11].<br />
Die Angaben zur Bestimmung der Baustoffeigenschaften <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden finden<br />
sich im Merkblatt SIA 2018 oder in der Norm SIA 269/2. Die Baustoffeigenschaften <strong>von</strong> Natursteinmauerwerk<br />
können der Norm SIA 269/6 entnommen werden. In vielen Fällen, insbesondere<br />
bei Gebäuden, welche vor 1943, d.h. vor der Einführung der ersten Mauerwerksnorm,<br />
gebaut worden sind, sind Sondierungen und Materialuntersuchungen unumgänglich.<br />
Bei der Überprüfung <strong>von</strong> Mauerwerk ist es wichtig, den effektiven Mauerwerksquerschnitt,<br />
den Mauerwerksverband und die Art der vermauerten Steine zu bestimmen. Häufig wurden<br />
in einem Gebäude verschiedene Mauerwerkstypen verwendet, was mehrere Sondierungen<br />
notwendig macht. Bei dicken Wänden ist zudem immer die Möglichkeit eines mehrschaligen,<br />
im Kern meist schwächeren, Wandquerschnitts zu beachten. Auch die Art der Decken<br />
hat einen wesentlichen Einfluss auf das Verhalten des gesamten Gebäudes unter Erdbebeneinwirkung.<br />
Holzbalkendecken sind beispielsweise nur in einer Achse gelagert und deshalb<br />
eventuell ungenügend verankert. Betondecken sind möglicherweise nur teilweise im Mauerwerk<br />
eingebunden, was den Tragwiderstand der Wände massiv reduziert [15, S. 11 ff.].<br />
9.2 Einwirkungen<br />
Die Einwirkungen aus Eigenlast, Auflast und Nutzlast müssen für bestehende Gebäude bestimmt,<br />
und eventuell in einer neuen Nutzungsvereinbarung festgehalten werden. Die Lastbeiwerte<br />
sowie die Reduktionsfaktoren müssen analog <strong>von</strong> Neubauten angenommen werden<br />
und sind der Norm SIA 261 zu entnehmen.<br />
Für die Berechnung der Erdbebeneinwirkung auf die Tragwände, können die Bemessungsspektren<br />
der Beschleunigung der Norm SIA 261 oder die Bemessungsspektren der Verschiebung<br />
des Merkblatts SIA 2018 benutzt werden. Der Zusammenhang der beiden Bemessungsspektren<br />
wird im Kapitel 10.3.3, näher erläutert.<br />
Zur Berechnung der Erdbebeneinwirkung auf die querbeanspruchten Wände, werden die<br />
Stockwerksantwortspektren benötigt. Abbildung 9-2 zeigt eine vereinfachte Verteilung der<br />
Antwortbeschleunigung über die Höhe des Gebäudes. Ausgehend vom Spektralwert der<br />
Beschleunigung des elastischen Bemessungsspektrums Sad auf der Höhe hE kann die Stockwerksbeschleunigung<br />
ai auf der Höhe der Geschossdecken durch eine lineare Extrapolation<br />
bestimmt werden, wobei der Einfluss der Bodenbeschleunigung agd für Geschosse unterhalb<br />
<strong>von</strong> hE berücksichtigt werden [15, S. 16 f.]. hE lässt sich folgendermassen bestimmen:<br />
∑ ∗ ∗ <br />
∑ ∗
Kapitel 9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 43<br />
Abbildung 9-2 Verteilung der Stockwerksbeschleunigung über die Gebäudehöhe [15, S. 17].<br />
Auf den Verhaltensbeiwert q wurde im Kapitel 2.7 bereits eingegangen. An dieser Stelle ist<br />
deshalb nur noch zu erwähnen, dass im Rahmen der Revision der Norm SIA 266 zurzeit diskutiert<br />
wird, ob für regelmässige Gebäude ein q-Wert > 1.5 angenommen werden darf. Für<br />
das kraftbasierte Verfahren wird jedoch weiterhin auf den Wert in der Norm SIA 266 verwiesen.<br />
Um allfällige Tragreserven eines Gebäudes aus unbewehrtem Mauerwerk aufzudecken,<br />
sollte ein verformungsbasiertes Verfahren angewendet werden [15, S. 17].<br />
9.3 Gebäudemodell<br />
Bei der Modellierung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Gebäuden ist es wichtig sowohl die vertikalen Elemente<br />
als auch die horizontalen Elemente und deren Verbindungen untereinander korrekt<br />
abzubilden.<br />
9.3.1 Lokale Effekte<br />
Unter lokalen Effekten wird das Zusammenwirken der Wände untereinander, aber auch in<br />
Verbindung mit den angrenzenden Decken verstanden. Nur wenn der Einfluss der Verbindungen<br />
zwischen Decken und Wänden sowie zwischen den orthogonalen Wänden bekannt<br />
ist, kann eine korrekte Modellierung vorgenommen werden. Abbildung 9-3 zeigt ein paar<br />
mögliche Verbindungen und deren Auswirkungen auf einzelne Tragwerke. Es ist unerlässlich,<br />
dass das genaue Zusammenspiel der einzelnen Tragwerke untereinander bekannt ist.
44 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden Kapitel 9<br />
Abbildung 9-3<br />
Einfluss der Verbindung zwischen Decken und Wänden sowie zwischen den orthogonalen<br />
Wänden [15, S. 19 f.].<br />
9.3.2 Decken<br />
Die Decke muss sowohl die Integrität des Gebäudes gewährleisten, d.h. den Zusammenhalt<br />
der einzelnen Tragwerke, aber auch die vertikalen und horizontalen Kräfte auf die Wände<br />
verteilen. Dabei spielt die Tragrichtung der Decke eine wichtige Rolle. Trägt die Decke als<br />
Platte, können die Kräfte gleichmässig in alle Richtungen verteilt werden. Trägt sie aber undirektional,<br />
können die Kräfte nur in eine Richtung abgetragen werden, wie dies beispielsweise<br />
bei einer Holzbalkendecke der Fall ist. Der Widerstand der Decke in der Ebene muss<br />
demnach grösser sein als die generierten Trägheitskräfte. Bei Betondecken ist der Widerstand<br />
durch den Beton und die Bewehrung in der Regel gegeben. Bei Holzbalkendecken<br />
wird der Widerstand in der Ebene durch die Verbindung zwischen den Balken und den Brettern<br />
bestimmt. Ist eine Vernagelung nicht gegeben, kann der Widerstand der Decke in der<br />
Ebene nicht nachgewiesen werden [15, S. 21].
Kapitel 9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 45<br />
Die Krafteinleitung <strong>von</strong> der Decke in die Wände geschieht im Neubau über eine entsprechende<br />
Bemessung der Verbindung. Bei <strong>bestehenden</strong> Gebäuden muss diese Verbindung<br />
überprüft werden. Beispielsweise müssen Anker, welche die Decke mit den Wänden verbinden,<br />
auf ihren Widerstand überprüft werden. Sind weder Anker noch Bewehrung vorhanden,<br />
muss überprüft werden ob die Kräfte über Reibung und/oder Druck übertragen werden<br />
können. Trägt das Deckensystem undirektional, muss eine Verbindung mit den Wänden<br />
parallel zur Erdbebeneinwirkung sichergestellt sein. Abbildung 9-4 zeigt die Problematik<br />
<strong>von</strong> undirektionalen Deckensystemen [15, S. 21 f.].<br />
Abbildung 9-4 links: Die Krafteinleitung bei undirektionalen Deckensystemen auf die Wände<br />
parallel zur Erdbebeneinwirkung ist möglich [15, S. 22]. Rechts: Die Krafteinleitung bei undirektionalen<br />
Deckensystemen auf die Wände parallel zur Erdbebeneinwirkung ist aufgrund fehlender Verbindung<br />
nicht möglich. Nur die Wände quer zur Einwirkung werden beansprucht, weisen aber in dieser<br />
Richtung einen geringen Widerstand auf [15, S. 22].<br />
Damit keine lokalen Effekte auftreten, sollte bei flexiblen Deckensystemen, wie z.B. bei<br />
Holzbalkendecken, Ringbalken eingesetzt werden. Sie verbessern den Zusammenhalt der<br />
Wände und fördern somit die Integrität des Gebäudes. Zusätzlich wird durch die Ringbalken<br />
die Krafteinleitung in die Wände verbessert.<br />
Letzter wichtiger Punkt für die Decken sind deren Auflager auf den Wänden. Abhängig vom<br />
Wandauflager, siehe Abbildung 9-5, können die Kräfte exzentrisch in die Wände eingeleitet<br />
werden. Die Exzentrizität kann mit Hilfe der Norm SIA 266 berücksichtigt werden, wobei<br />
für tnom zweimal der Abstand der Normalkraft vom nächstliegenden Rand der Wand angenommen<br />
wird [15, S. 24].
46 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden Kapitel 9<br />
Abbildung 9-5<br />
Nominelle Breite der Druckstrebe in Abhängigkeit der Exzentrizität der Normalkraft<br />
[15, S. 24].<br />
9.3.3 Unregelmässige Grund- und Aufrisse<br />
Zusätzlich zu den Biegeschwingungen können, bei unregelmässiger Anordnung der Wände<br />
im Grundriss, Torsionsschwingungen auftreten. Dies jedoch nur, wenn die Decken in der<br />
Ebene steif sind. Bei flexiblen Deckensystemen, welche keine Koppelung der Wände erlauben,<br />
muss die Torsionsschwingung nicht berücksichtigt werden. Bislang wurden bei kraftbasierten<br />
Verfahren ein translatorischer Anteil und ein Rotationsanteil angesetzt. Heute weiss<br />
man, dass es vor allem auf den Duktilitätsbedarf bzw. das Verformungsvermögen der Wände<br />
ankommt und weniger auf deren Widerstand. Die SIA Dokumentation D 0171 schlägt ein<br />
Berechnungsverfahren vor, welches auf dem Ansatz des Verformungsvermögens beruht.<br />
Dieses Verfahren kann auch zur Berücksichtigung der Torsion beim verformungsbasierten<br />
Verfahren angewendet werden. Es wird in 4 Schritten in [15, S. 26] erklärt.<br />
Bei Tragsystemen mit Unregelmässigkeiten im Aufriss muss die Modellierung ein paar<br />
Grundsätze befolgen. Beispielsweise müssen die Einflüsse <strong>von</strong> Öffnungen sowie unterschiedlich<br />
lange Wände über die Gebäudehöhe berücksichtigt werden. Bei grossen Öffnungen<br />
kann, unter Umständen, nur eine reduzierte Wandlänge zwischen den Öffnungen genutzt<br />
werden. Auch wenn in einer Aussteifungsebene Wände und Stützen gemischt angeordnet<br />
sind, muss der Kräftefluss mit Spannungsfeldern analysiert werden. Krafteinleitung<br />
und Kraftübertragung zwischen Wand, Decke und Stütze werden dabei besonders beachtet.<br />
Einen weiteren Einfluss bilden seitlich versetzte Wände. Übereinander liegende Wände, welche<br />
seitlich geringfügig versetzt sind, können als eine durchgehende Wand betrachtet werden.<br />
Bei grösseren Versätzen erfolgt die Kraftübertragung jedoch über Biegung der Decke<br />
[15, S. 27 f.]. Der Querkraft- und Biegewiderstand der Decke müssen deshalb nachgewiesen<br />
werden.
Kapitel 9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 47<br />
9.3.4 Rahmenwirkung<br />
Der Einfluss der Rahmenwirkung wurde im Kapitel 8.2 bereits diskutiert und wird hier nur<br />
zur Vervollständigung nochmals erwähnt. Abbildung 9-6 zeigt den Einfluss der Wandriegel<br />
auf den Momentenverlauf der Mauerwerkswände.<br />
Abbildung 9-6 Momentenverlauf für drei Fälle unterschiedlich gekoppelter Wände [15, S. 31].
48 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden Kapitel 9<br />
Die Grössenordnung der Rahmenwirkung kann durch den Parameter ho, der Höhe des Momentennullpunktes,<br />
erfasst werden. Für unendlich steife Riegel liegt der Grenzwert bei<br />
h0 = 0.5 * hst. Mit kleiner werdender Rahmenwirkung wird h0 grösser [15, S. 30-32].<br />
9.3.5 Sich kreuzende Wände<br />
Die Wirkung sich kreuzender Wände ist im Allgemeinen positiv, wenn diese zusammenwirken,<br />
d.h. kraftschlüssig miteinander verbunden sind. Bei Wänden, welche in ihrer Ebene<br />
beansprucht werden, dürfen die Flansche der Wände, die rechtwinklig dazu stehen, mit einer<br />
mitwirkenden Breite berücksichtigt werden [i, S. 32]:<br />
,<br />
2 ∗ ,<br />
ü ä, <br />
ü ä, <br />
. , <br />
Stellt sich bei einer Sondierung des kreuzenden Mauerwerks heraus, dass nur eine Teilverzahnung<br />
oder gar keine Verzahnung vorhanden ist, darf keine Flanschwirkung angenommen<br />
werden.<br />
9.4 Verhalten der Wände unter Querbeanspruchung<br />
Das Versagen <strong>von</strong> querbeanspruchten Wänden kann einen Einsturz der Tragwände und<br />
damit schlimmstenfalls den Einsturz des Gebäudes zur Folge haben. Das sogenannte Verhalten<br />
„out-of-plane“ spielt deshalb eine Schlüsselrolle im Erdbebenverhalten unbewehrter<br />
Mauerwerksgebäude. Kritisch sind dabei vor allem Brüstungen und Giebelwände, die typischerweise<br />
aufgrund der einseitigen Lagerbedingungen sehr verletzbar sind. Aber auch Fassadenwände,<br />
vor allem älterer Gebäude mit flexiblen Decken, sind auf ihre Lagerbedingungen<br />
und ein mögliches Versagen aus der Ebene zu untersuchen. Das Verhalten der Wände<br />
unter Querbeanspruchung kann entweder über den Grenzwert der Wandschlankheit, wie im<br />
Merkblatt SIA 2018 angegeben, oder auch mit einem kraftbasierten Verfahren gemäss Norm<br />
SIA 266 bestimmt werden. Der Vergleich mit der Wandschlankheit erlaubt jedoch keine Bestimmung<br />
des Erfüllungsfaktors und das kräftebasierte Verfahren ist häufig sehr konservativ<br />
[15, S. 34 f.].<br />
Die Wandschlankheit kann in einem ersten Schritt mit den Grenzwerten der Wandschlankheit<br />
aus dem Merkblatt SIA 2018 verglichen werden. Sind diese erfüllt, entspricht dies einem<br />
Erfüllungsfaktor αeff ≥ αmin und weitere Analysen sind nicht notwendig. Abbildung 9-7 zeigt<br />
die Grenzwerte der Wandschlankheit. Diese Grenzwerte gelten nur für oben und unten gelagerte<br />
Wände. Auskragende Wände wie Giebelwände, Brüstungen oder freistehende Wände<br />
sind ausgeschlossen.
Kapitel 9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 49<br />
Abbildung 9-7 Wandschlankheiten gemäss Merkblatt SIA 2018<br />
Ist αeff < αmin oder der Erfüllungsfaktor αeff genauer zu bestimmen, kann dies mit dem verformungsbasierten<br />
Verfahren nach [9] erfolgen. In [15, S. 36-42] wird dieses Verfahren detailliert<br />
beschrieben.<br />
9.5 Verhalten der Wände in der Ebene<br />
Da Mauerwerk ein komplexer Baustoff ist, ist die Berechnung des horizontalen Tragwiderstands<br />
nicht ganz trivial. Der horizontale Tragwiderstand hängt im Wesentlichen <strong>von</strong> der<br />
Neigung der Resultierenden aus der kombinierten Beanspruchung aus Normalkraft, Schub<br />
und Biegung in der Ebene im Verhältnis zur Lagerfuge ab.<br />
9.5.1 Tragwiderstand<br />
Abbildung 9-8 zeigt den anisotropen Charakter <strong>von</strong> Mauerwerk. Es ist die Druckfestigkeit in<br />
Abhängigkeit der Lagerfugenneigung α dargestellt [3]. Als Kurvenparameter wird das Verhältnis<br />
der beiden Hauptspannungen gewählt. Die Druckfestigkeit variiert stark in Abhängigkeit<br />
<strong>von</strong> der Lagerfugenneigung α sowie vom Verhältnis σ1/σ2 (Abbildung 9-8). Für die<br />
Bemessung wird normalerweise ein vereinfachter Verlauf der einachsigen Druckfestigkeit<br />
angenommen, wie sie durch die fette schwarze Linie in Abbildung 9-8 dargestellt ist<br />
[15, S. 43].<br />
Abbildung 9-8<br />
Verlauf der zweiachsigen Druckfestigkeit σ2 in Abhängigkeit der Lagerfugenneigung<br />
α [15, S. 43].
50 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden Kapitel 9<br />
In der Norm SIA V177 (1995), der Vorgängernorm der heutigen SIA 266, wurde der Mauerwerksnachweis<br />
mit einem geneigten Spannungsfeld erbracht. Dieser vereinfachte Nachweis<br />
war zum Teil recht konservativ. In der Norm SIA 266 wird der horizontale Tragwiderstand<br />
durch die Überlagerung einer geneigten mit einer vertikalen Druckstrebe bestimmt. Die<br />
Anwendung des erweiterten Nachweises, beschrieben in [15, S. 45] und [15, S. 77 f.] ist insbesondere<br />
bei mehrstöckigen Wänden <strong>von</strong> Bedeutung, weil es den nichtüberdrückten Teil der<br />
Wand, welcher in den Bemessungsdiagrammen nach Norm SIA 266 vernachlässigt wird,<br />
berücksichtigt. Die Anwendung des erweiterten Nachweises ist jedoch aufwendiger, weil er<br />
eine iterative Berechnung verlangt, da die beiden Druckstreben derart überlagert werden,<br />
dass der analytisch bestimmte Querkraftwiderstand maximiert wird. In Kapitel 10.1.6 bis<br />
10.1.9 wurde die Berechnung jeweils mit dem Verfahren nach Norm SIA 266 und mit dem<br />
Verfahren gemäss der Dokumentation SIA D 0237 durchgerechnet.<br />
9.5.2 Steifigkeit<br />
Wird ein verformungsbasiertes Verfahren für die Beurteilung eines Mauerwerksgebäudes<br />
unter horizontaler Erdbebeneinwirkung benutzt, ist die Steifigkeit einer Mauerwerkswand<br />
ein wesentlicher Parameter. Der Wert der Steifigkeit, der in die Berechnung eingehen soll, ist<br />
jedoch sehr umstritten. Es gib bis anhin keinen allgemeinen anerkannten Wert. Die Norm<br />
SIA 266 schlägt vor, die Steifigkeit durch eine pauschale Abschätzformel in Funktion der<br />
Druckfestigkeit des Mauerwerks zu bestimmen (Exk = 1000 * fxk). [21] zeigt jedoch, dass die<br />
Proportionalität zwischen Ex und fx sehr stark variiert und zwischen<br />
200 ∗ 2000 ∗ <br />
liegen kann. Der Eurocode 8 schlägt eine pauschale Abminderung, durch Rissbildung während<br />
des Erdbebens, auf 50% der ungerissenen Steifigkeit vor. Versuchsresultate zeigen, dass<br />
die effektive Steifigkeit <strong>von</strong> Mauerwerkswänden unter horizontaler Erdbebeneinwirkung<br />
mit der Beziehung der Norm SIA 266 für die Abschätzung <strong>von</strong> Exk sowie einer Abminderung<br />
auf 50 % für die Bemessung mit den auf Kräften basierenden Verfahren auf der sicheren Seite<br />
liegt, da mit einer überschätzten Steifigkeit die Erdbebeneinwirkungen überschätzt werden,<br />
wenn man sich im abfallenden Ast des Beschleunigungsspektrum bewegt. Für die Berechnung<br />
mit dem verformungsbasierten Verfahren liegt man mit einer Überschätzung der<br />
gerissenen Steifigkeit jedoch auf der unsicheren Seite, da der Verformungsbedarf des Gebäudes<br />
unterschätzt wird. Es wird daher vorgeschlagen die Steifigkeit für kraftbasierte Verfahren<br />
um 50 % zu reduzieren, wie im Eurocode 8 geschrieben, und für verformungsbasierte<br />
Verfahren die Steifigkeit um 70 % zu reduzieren [14, S. 186 f.]. Exk unter Erdbebeneinwirkung<br />
wird demnach zu:<br />
, 1000 ∗ ∗ 0.5<br />
, 1000 ∗ ∗ 0.3
Kapitel 9 Beurteilung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong> Mauerwerksgebäuden 51<br />
9.5.3 Verformungsvermögen<br />
Das Verformungsvermögen der Mauerwerksbauteile ist der zentrale Parameter im verformungsbasierten<br />
Verfahren. Es ist Thema in zahlreichen Forschungsarbeiten, weil es zurzeit<br />
noch nicht genügend verstanden wird. Erste Versuchsresultate zeigen dabei deutlich, dass<br />
das Verformungsvermögen <strong>von</strong> Mauerwerk nicht so beschränkt ist, wie allgemein angenommen<br />
wird [14, S. 51]. Die Versuche zeigen, dass ein Biegeversagen einen stabilen Versagensmechanismus<br />
darstellt, bei dem grosse Verformungen erreicht werden können. Auch<br />
beim Gleiten entlang der Lagerfuge ist grosses Verformungsvermögen möglich. Ein Schubversagen<br />
durch die Steine hingegen ist eher spröde. Es spielt eine Rolle ob grosse oder eher<br />
kleine Normalkräfte wirken. Bei kleinen Normalkräften verlaufen die Risse normalerweise in<br />
den Mörtelfugen, so dass die dadurch getrennten Wandteile ohne grossen Verlust an horizontalem<br />
Tragwiderstand übereinander gleiten können, was zu einem grossen Verformungsvermögen<br />
führt. Treten jedoch grosse Normalkräfte auf, verlaufen die Risse auch<br />
durch die Steine, was zu glatteren und steileren Bruchoberflächen führt, über die der obere<br />
Teil der Wand ohne grosse Verformungen hinuntergleitet [15, S. 51].
52 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
10 Beispielrechnung<br />
Um die in der Schweiz am häufigsten angewendeten Erdbebenberechnungsverfahren untereinander<br />
vergleichen zu können, wird ein Beispielgebäude mit dem Ersatzkraftverfahren,<br />
dem Antwortspektrenverfahren und dem PushOver-Verfahren durchgerechnet und mithilfe<br />
des Erfüllungsfaktor αeff beurteilt.<br />
Beim Beispielgebäude handelt es sich um einen dreistöckigen Mauerwerksbau mit Stahlbetondecken.<br />
Abbildung 10-1 und 10-2 zeigen die 3-D Ansicht sowie den Grundriss des Gebäudes<br />
mit den dazugehörigen Abmessungen.<br />
Abbildung 10-1 3D-Ansicht des Beispielgebäudes mit dem Berechnungsprogramm Axis<br />
Abbildung 10-2 2D-Grundriss des Beispielgebäudes
Kapitel 10 Beispielrechnung 53<br />
Um die Erdbebenberechnung durchzuführen, müssen die untenstehenden Parameter definiert<br />
werden.<br />
Anzahl Geschosse: 3<br />
Geschosshöhe:<br />
2.60 m<br />
Deckenstärke: 24 cm, Beton C 25/30<br />
Auflast: generell 3.0 kN<br />
Nutzlast: generell 3.0 kN, ψ2 = 0.3<br />
Erdbebenzone: Z2, agd = 1.0 m/s 2<br />
Bauwerksklasse: I, γf = 1.0<br />
Baugrundklasse:<br />
C<br />
Verhaltensbeiwert q: 1.5<br />
Bei allen Berechnungsverfahren wurde die Torsion infolge zufälliger Exzentrizität einfachheitshalber<br />
vernachlässigt. Als Vergleichskriterium wird nur der Schubwiederstand der<br />
Wände im untersten Geschoss gewählt, unter der Annahme, dass diese massgebend sind.<br />
10.1 Ersatzkraftverfahren<br />
10.1.1 Statische Beanspruchung<br />
Anhand der Lasteinzugsflächen kann die statische Beanspruchung der vier Mauerwerkswände<br />
berechnet werden. Zur Kontrolle wird die Handrechnung mit den Resultaten der<br />
Computerrechnung verglichen, siehe Abbildung 10-3 und Tabelle 10-1.<br />
Abbildung 10-3 Lasteinzugsfläche des Beispielgebäudes.
54 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
12 m ∗ 6 m 72 <br />
8 m ∗ 2 m 6 m ∗ 1 m 2 ∗ 1 m ∗ 1 m<br />
2<br />
2 m ∗ 6 m 2 ∗ 1 m ∗ 1 m<br />
2<br />
13 <br />
23 <br />
Die einwirkenden Lasten für den Erdbebenfall sind nach der Norm SIA 260 für aussergewöhnliche<br />
Bemessungssituationen zu berechnen.<br />
E , , ∗ <br />
Die Eigenlast der Decke und der Wände lässt sich wie folgt berechnen:<br />
, EL AL 12.0 m ∗ 6.0 m ∗ 0.24 m ∗ 25.0 kN <br />
m <br />
,ä EL 2 ∗ 4.0 m 2 ∗ 6.0 m ∗ 0.15 m ∗ 2.6 m ∗ 12.0 kN <br />
m <br />
Die Nutzlast darf um den Faktor ψ2 abgemindert werden und beträgt:<br />
∗ 12.0 m ∗ 6.0 m ∗ 0.3 ∗ 3.0 kN <br />
m <br />
Die Einwirkung Ed wird somit:<br />
64.8 kN<br />
E 648 kN 93.6 kN 64.8 kN 806.4 kN <br />
Geschoss<br />
3.0 kN <br />
m 648 kN<br />
93.6 kN<br />
Unter der Annahme, dass der Lastangriff zentrisch in die Wandscheibe erfolgt, treten keine<br />
zusätzlichen Momente auf. Die statische Normalkraft auf die Wände im Erdgeschoss beträgt:<br />
N , 3 ∗ , ,ä ∗ <br />
<br />
∗ 772.8 kN<br />
N , 3 ∗ , ,ä ∗ <br />
∗ <br />
436.8 kN<br />
<br />
Der Vergleich mit der Computerberechnung (Abbildung 10-4 und Tabelle 10-1) zeigt, dass<br />
die Annahme der Lasteinzugsfläche gut übereinstimmt.<br />
Tabelle 10-1<br />
Vergleich der Normalkräfte der Handrechnung mit der Computerrechnung.<br />
Wand 1 (N1, stat) [kN] Wand 2 (N1, stat) [kN] Einzugsfläche [m 2 ]<br />
Handrechnung 772.9 - 23.0<br />
- 436.8 13.0<br />
Computerrechnung 769.6 440.1
Kapitel 10 Beispielrechnung 55<br />
3.000 m 3.000 m<br />
2.000 m2.000 m<br />
2.000 m2.000 m<br />
3.000 m 3.000 m<br />
X<br />
Z<br />
Y<br />
-440.05 kN<br />
-769.55 kN<br />
-769.54 kN<br />
-440.06 kN<br />
Abbildung 10-4 Normalkräfte am Wandfuss aus der Computerrechnung<br />
10.1.2 Abschätzung der ersten Eigenschwingung<br />
Die erste Eigenschwingung kann nach der Norm SIA 261 16.5.2.3 abgeschätzt werden, wobei<br />
Ct 0.05 beträgt:<br />
∗ . 0.23 s<br />
1 <br />
4.29 Hz<br />
Da die Abschätzung der ersten Eigenperiode richtungsunabhängig ist, kann die ermittelte<br />
Frequenz für beide betrachteten Richtungen verwendet werden.<br />
10.1.3 Bemessungsspektrum<br />
Da T1 zwischen Tb und Tc liegt, wird gemäss Norm SIA 262 folgendes Bemessungsspektrum<br />
verwendet:<br />
<br />
2.5 ∗ γ <br />
∗ 0.195<br />
<br />
q = 1.5 SIA 266 4.7.1.4<br />
γf = 1.0 SIA 261 16.3.2<br />
agd = 1.0 m/s 2 SIA 261 16.2.1.2<br />
S = 1.15 SIA 261 16.2.2.4<br />
Wie die Abbildung 10-5 zeigt, liegt die Grundschwingzeit im Bereich des Plateaus des Bemessungsspektrums.<br />
Die horizontale Ersatzlast beträgt 19.5 % der vertikalen Last.
56 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
0.25<br />
0.20<br />
S d [m/s 2 ]<br />
0.15<br />
0.10<br />
0.05<br />
0.00<br />
0.01 0.1 1 10<br />
T [s]<br />
Abbildung 10-5 Bemessungsspektrum nach SIA 261 für die Erdbebenzone Z2, die Bauwerksklasse I<br />
und die Baugrundklasse C. Die rote Linie zeigt die berechnete Grundschwingzeit T und die daraus<br />
resultierende horizontale Beschleunigung Sd.<br />
10.1.4 Ersatzlast und Verteilung auf die einzelnen Geschosse<br />
Die totale vertikale Last des Gebäudes beträgt:<br />
E , 3 ∗ E 2419.2 kN<br />
Die daraus resultierende Ersatzlast wird wie folgt berechnet:<br />
∗ , 471.7 <br />
Die Verteilung der Ersatzlast auf die einzelnen Geschossdecken erfolgt proportional zur jeweiligen<br />
Gebäudehöhe:<br />
, ∗ <br />
∑ <br />
Dabei bezeichnet zi die Höhe der jeweiligen Geschossdecke.<br />
2.6 m . 5.2 m . 7.8 m 15.6 m<br />
, ∗ <br />
∑ <br />
78.6 <br />
,. ∗ .<br />
∑ <br />
,. ∗ .<br />
∑ <br />
157.2 <br />
235.9
Kapitel 10 Beispielrechnung 57<br />
10.1.5 Schubnachweis<br />
Aufgrund der Grundrisssymmetrie können die Horizontallasten zu gleichen Teilen auf die<br />
beiden Wände in der jeweils betrachteten Richtung verteilt werden. Der Schubnachweis<br />
muss demnach einmal für die Wände 1+2 (X-Richtung) und einmal für die Wände 2+3 (Y-<br />
Richtung) geführt werden.<br />
Der Schubnachweis wird gemäss Norm SIA 266, aber auch gemäss SIA Dokumentation<br />
D 0237 geführt. Der Nachweis nach SIA D 0237 berücksichtigt, nebst der Überlagerung einer<br />
geneigten mit einer vertikalen Druckstrebe (wie auch in der Norm SIA 266), auch den nicht<br />
überdrückten Teil der Wand, was sich vor allem bei mehrstöckigen Wänden bezahlt macht.<br />
Für den Nachweis nach SIA 266 wird vom Modell, in Abbildung 10-6 links, ausgegangen.<br />
Der Nachweis nach SIA D 0237 erfolgt nach dem Modell aus Abbildung 10-6 rechts.<br />
Die Wände 1 + 2 haben eine Länge <strong>von</strong> lw = 4.0 m, die Wände 3 + 4 eine Länge <strong>von</strong> lw = 6.0 m.<br />
Alle Wände sind 0.15 m stark und 2.6 m hoch.<br />
Abbildung 10-6 Links: Modell zur Berechnung des Schubwiderstands nach Norm SIA 266<br />
[20, S. 28]. Rechts: Modell zur Berechnung des Schubwiderstands nach Dokumentation D 0237<br />
[15, S. 45].<br />
10.1.6 Schubnachweis der Wände 1 + 2 (in X-Richtung) nach SIA 266<br />
Die Querkrafteinwirkung auf die jeweilige Geschossdecke entspricht, auf Grund der Gebäudesymmetrie,<br />
der Hälfte <strong>von</strong> Fd,i, addiert mit den Querkräften aus den oberen Geschossdecken.
58 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
,. ,.<br />
2<br />
118.0 <br />
,. ,. ,.<br />
2<br />
, ,. ,<br />
2<br />
196.6 <br />
235.9 <br />
Aus den Querkräften und der Geschosshöhe hw <strong>von</strong> 2.6 m können die folgenden Momente<br />
berechnet werden:<br />
,,. M 0 → ä <br />
,,. ,,. h ∗ ,. 306.8 kNm<br />
,,. 2 ∗ h ∗ ,.<br />
2<br />
306.8 kNm<br />
,,. ,,. h ∗ ,. 818.0 kNm<br />
,, 3 ∗ 2 ∗ ,,. h ∗ ,.<br />
2<br />
,, ,, h ∗ , 1 431.3 kNm<br />
818.0 kNm<br />
Die Normalkraft Nxd im EG entspricht dem N1,stat und beträgt 772.8 kN. Aus der Wandlänge<br />
lw =4.0 m sowie der Normalkraft Nxd und den Momenten Mz,EG lässt sich l1 gemäss SIA 266<br />
berechnen:<br />
l 2 ∗ ,,<br />
,<br />
1.88 <br />
Mithilfe der Figur 6 der Norm SIA 266 und der folgenden Einstiegswerte kann ein kV <strong>von</strong><br />
0.14 herausgelesen werden:<br />
0.3 ∗ <br />
<br />
<br />
0.72<br />
<br />
∗ ∗ <br />
0.76<br />
Der Schubwiederstand VRd der Wand, mit tw = 0.15 m und fyd = 1.05 N/mm 2 , lässt sich daraus<br />
wie folgt berechnen:<br />
∗ ∗ ∗ 41.5 <br />
Der Erfüllungsfaktor αeff beträgt bei einer einwirkenden Querkraft VEd <strong>von</strong> 235.9 kN:<br />
<br />
<br />
0.18<br />
Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 1 + 2 (in X-Richtung), für die Berechnung nach SIA<br />
Norm 266, beträgt 0.18.
Kapitel 10 Beispielrechnung 59<br />
10.1.7 Schubnachweis der Wände 1 + 2 (in X-Richtung) nach SIA D 0237<br />
Bei der Überlagerung einer geneigten mit einer vertikalen Druckstrebe müssen die folgenden<br />
Gleichgewichtsbedingungen erfüllt sein, ohne dass die Druckfestigkeit überschritten wird<br />
oder Gleiten eintritt [15, S. 44 ff.].<br />
Gleichgewicht:<br />
, , N <br />
, ∗ , , ∗ , M .<br />
M . M . ∗ <br />
V , ∗ tan <br />
Widerstand (vertikal):<br />
, ∗ ∗ ∗ cos <br />
2 ∗ ,<br />
, ∗ ∗ <br />
2 ∗ ,<br />
tan <br />
Widerstand (horizontal):<br />
∗ ∗ ∗ <br />
2 ∗ ,<br />
<br />
Nach [15, S. 30 ff.] kann für Gebäude, welche mehr als zweistöckig sind, <strong>von</strong> einer Rahmenwirkung<br />
ausgegangen werden. Die Höhe h0, welche den Momentennullpunkt darstellt, wird<br />
dadurch in diesem Beispiel ungefähr:<br />
≅ 2 3 5.2 <br />
Die Normalkraft Nxd im EG entspricht dem N1,stat und beträgt 772.8 kN. Aus der Wandlänge<br />
lw = 4.0 m sowie der Normalkraft Nxd und der Wandbreite tw = 0.15 m, lässt sich die vorhandene<br />
Druckspannung σN berechnen.<br />
<br />
<br />
1.29<br />
∗ N <br />
<br />
mm <br />
Der horizontale Tragwiderstand kann unter folgenden Annahmen abgeschätzt werden:<br />
<br />
tan → maximal 0.6<br />
M . V ∗ <br />
M . ∗
60 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
Aus den vorangehenden Gleichgewichtsbedingungen sowie den eben getroffenen Annahmen<br />
und dem Wert fyd = 0.3 fxd = 1.05 N/mm 2 , gemäss Norm SIA 266, kann folgende Gleichung<br />
für die Berechnung des horizontalen Tragwiderstands VRd,x abgeleitet werden:<br />
V , <br />
∗ ∗ ∗ ∗ <br />
∗ 2 ∗ ∗ ∗ ∗ <br />
143.6 <br />
Mit Hilfe <strong>von</strong> VRd,x kann auf Mz,1d sowie Mz,2d und daraus auf die Abmessungen der Druckstreben<br />
geschlossen werden:<br />
M . V , ∗ 373.4 kNm<br />
M . , ∗ 746.7 <br />
2 ∗ ,<br />
<br />
2.07 <br />
Zur Kontrolle muss überprüft werden ob der Kraftneigungswinkel tanα den maximalen<br />
Wert μd = 0.6 nicht überschreitet:<br />
tan 0.6 <br />
<br />
0.74<br />
Die Annahme <strong>von</strong> tanα = 0.6 ist somit zulässig und die daraus resultierenden Normalkräfte<br />
können berechnet werden:<br />
, ,<br />
239.3 <br />
tan <br />
, , 533.5 <br />
Daraus lässt sich überprüfen, ob die zulässigen Druckspannungen nicht überschritten werden:<br />
<br />
,<br />
∗ ∗ cos 1.05 <br />
<br />
2.45 <br />
,<br />
1.72<br />
∗ <br />
<br />
<br />
Die Gleichgewichtsbedingungen sind alle erfüllt, der maximale Reibungswinkel μd wird<br />
nicht überschritten und die Druckspannungen erfüllen die Anforderungen ebenfalls. VRd,x<br />
kann zu 143.6 kN angenommen werden. Der Erfüllungsfaktor αeff beträgt bei einem VRd <strong>von</strong><br />
143.6 kN und einem VEd <strong>von</strong> 235.9 kN:<br />
<br />
<br />
0.61<br />
Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 1 + 2 (in X-Richtung), für die Berechnung nach SIA Dokumentation<br />
D 0237, beträgt 0.61.
Kapitel 10 Beispielrechnung 61<br />
10.1.8 Schubnachweis der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung) nach SIA 266<br />
Die Querkrafteinwirkung auf die jeweilige Geschossdecke entspricht, auf Grund der Gebäudesymmetrie,<br />
der Hälfte <strong>von</strong> Fd,i, addiert mit den Querkräften aus den oberen Geschossdecken.<br />
Da die Erdbebenersatzlast in beiden Richtungen gleich ist, sind die Querkräfte, wie<br />
auch die Momente identisch mit den Resultaten des Schubnachweises in X-Richtung.<br />
,. ,.<br />
2<br />
118.0 <br />
,. ,. ,.<br />
2<br />
, ,. ,<br />
2<br />
196.6 <br />
235.9 <br />
,,. M 0 → ä <br />
,,. ,,. h ∗ ,. 306.8 kNm<br />
,,. 2 ∗ h ∗ ,.<br />
2<br />
306.8 kNm<br />
,,. ,,. h ∗ ,. 818.0 kNm<br />
,, 3 ∗ 2 ∗ ,,. h ∗ ,.<br />
2<br />
,, ,, h ∗ , 1 431.3 kNm<br />
818.0 kNm<br />
Die Normalkraft Nxd im EG entspricht dem N2,stat und beträgt 436.8 kN. Aus der Wandlänge<br />
lw = 6.0 m sowie der Normalkraft Nxd und den Momenten Mz,EG lässt sich l1 gemäss SIA 266<br />
berechnen:<br />
l 2 ∗ ,,<br />
,<br />
2.25 <br />
Mithilfe der Figur 6 der Norm SIA 266 und der folgenden Einstiegswerte kann kV zu 0.19<br />
herausgelesen werden:<br />
0.3 ∗ <br />
<br />
<br />
0.87<br />
<br />
∗ ∗ <br />
0.37<br />
Der Schubwiederstand VRd der Wand, mit tw = 0.15 m und fyd = 1.05 N/mm 2 , lässt sich daraus<br />
wie folgt berechnen:<br />
∗ ∗ ∗ 67.3 <br />
Der Erfüllungsfaktor αeff beträgt bei einer einwirkenden Querkraft VEd <strong>von</strong> 235.9 kN:<br />
<br />
<br />
0.29
62 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung), für die Berechnung nach SIA<br />
Norm 266, beträgt 0.29.<br />
10.1.9 Schubnachweis der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung) nach SIA D 0237<br />
Die Gleichgewichtsbedingungen sowie die Berechnung <strong>von</strong> h0 sind analog der Berechnung<br />
des Schubnachweis der Wände 1+2 und können dem Kapitel 10.1.7 entnommen werden.<br />
Die Normalkraft Nxd im EG entspricht dem N2,stat und beträgt 436.8 kN. Aus der Wandlänge<br />
lw = 6.0 m sowie der Normalkraft Nxd und der Wandbreite tw = 0.15 m, lässt sich die vorhandene<br />
Druckspannung σN berechnen.<br />
<br />
<br />
0.49<br />
∗ N <br />
<br />
mm <br />
Der horizontale Tragwiderstand kann unter folgenden Annahmen abgeschätzt werden:<br />
<br />
tan → maximal 0.6<br />
M . V ∗ <br />
M . ∗ <br />
Aus den Gleichgewichtsbedingungen im Kapitel 10.1.7 sowie den eben getroffenen Annahmen<br />
und dem Wert fyd = 0.3 fxd = 1.05 N/mm 2 , gemäss Norm SIA 266, kann folgende Gleichung<br />
für die Berechnung des horizontalen Tragwiderstands VRd,x abgeleitet werden:<br />
V , <br />
∗ ∗ ∗ ∗ <br />
∗ 2 ∗ ∗ ∗ ∗ <br />
157.1 <br />
Mit Hilfe <strong>von</strong> VRd,x kann auf Mz,1d sowie Mz,2d und daraus auf die Drucklängen zurückgeschlossen<br />
werden:<br />
M . V , ∗ 408.5 kNm<br />
M . , ∗ 816.9 <br />
2 ∗ ,<br />
<br />
2.26 <br />
Zur Kontrolle muss überprüft werden ob der Kraftneigungswinkel tanα den maximalen<br />
Wert μd = 0.6 nicht überschreitet:<br />
tan , 0.6 <br />
<br />
1.44<br />
Die Annahme <strong>von</strong> tanα = 0.6 ist somit zulässig und die daraus resultierenden Normalkräfte<br />
können berechnet werden:
Kapitel 10 Beispielrechnung 63<br />
, ,<br />
261.8 <br />
tan <br />
, , 175.0 <br />
Daraus lässt sich überprüfen ob die zulässigen Druckspannungen nicht überschritten werden:<br />
<br />
,<br />
∗ ∗ cos 1.05 <br />
<br />
2.45 <br />
,<br />
0.52<br />
∗ <br />
<br />
<br />
Die Gleichgewichtsbedingungen sind alle erfüllt, der maximale Reibungswinkel μd wird<br />
nicht überschritten und die Druckspannungen erfüllen die Anforderungen ebenfalls. VRd,x<br />
kann somit zu 157.1 kN angenommen werden. Der Erfüllungsfaktor αeff beträgt bei einem<br />
VRd <strong>von</strong> 143.6 kN und einem VEd <strong>von</strong> 235.9 kN:<br />
<br />
<br />
0.67<br />
Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung), für die Berechnung nach SIA Dokumentation<br />
D 0237, beträgt 0.67.<br />
10.2 Antwortspektrenverfahren<br />
10.2.1 Statische Beanspruchung<br />
Die statische Beanspruchung der Wände im EG wird durch ein Finite-Elemente-Programm<br />
berechnet. Wie in Tabelle 10-1 ersichtlich, stimmen die Normalkräfte mit der Handrechnung<br />
überein. Die einwirkenden vertikalen Lasten für den Erdbebenfall sind nach der Norm SIA<br />
260 für aussergewöhnliche Bemessungssituationen zu berechnen und verhalten sich analog<br />
den Lasten in Kapitel 10.2.<br />
Aufgrund der Grundrisssymmetrie sind die Horizontallasten zu gleichen Teilen auf die beiden<br />
Wände in der jeweils betrachteten Richtung verteilt. Der Schubnachweis muss demnach<br />
einmal für die Wände 1 + 2 (X-Richtung) und einmal für die Wände 2 + 3 (Y-Richtung) geführt<br />
werden.<br />
Die Wände 1 + 2 haben eine Länge <strong>von</strong> lw = 4.0 m, die Wände 3 + 4 eine Länge <strong>von</strong><br />
lw = 6.0 m. Alle Wände sind 0.15 m stark und 2.6 m hoch.
64 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
10.2.2 Berechnung der Eigenschwingungen<br />
Je mehr Eigenschwingungen berücksichtigt werden, desto grösser wird der angeregte Anteil<br />
der Masse. Da nicht alle Massen einen signifikanten Beitrag an der Beschleunigung agd beitragen,<br />
schreibt die Norm SIA 261 vor, dass so viele Eigenformen berücksichtigt werden<br />
müssen, dass die Summe mindestens 90 % der realen Masse entspricht. In diesem einfachen<br />
Beispiel genügen fünf Eigenformen (Tabelle 10-2).<br />
Tabelle 10-2<br />
Schwingungsanalyse und der daraus resultierende Anteil der angeregten Masse.<br />
Frequenz f [Hz] Schwingzeit T [s] εx εv<br />
1. Eigenform 3.12 0.320 0.830 0<br />
2. Eigenform 4.19 0.239 0 0.847<br />
3. Eigenform 6.81 0.147 0 0<br />
4. Eigenform 9.80 0.102 0.142 0<br />
5. Eigenform 12.23 0.082 0 0.129<br />
0.973 0.976<br />
Die erste und zweite Eigenform regen den mit Abstand grössten Teil der Masse in X- respektive<br />
in Y-Richtung an. Daraus kann geschlossen werden, dass ungefähr die jeweils dazugehörende<br />
Frequenz und Schwingzeit massgebend für die Erdbebenberechnung werden.<br />
10.2.3 Ersatzlast und Verteilung auf die einzelnen Geschosse<br />
Die Ersatzlast welche auf die einzelnen Geschossdecken einwirkt, kann ermittelt werden<br />
indem die Querkraft in den Wänden in jedem Geschoss angezeigt wird und die Querkraft<br />
des jeweils darüber liegenden Geschosses abgezogen wird.
Kapitel 10 Beispielrechnung 65<br />
0.166 0.328 mm<br />
0.06 kN<br />
0.020 0.039 m<br />
2.250 m<br />
1.256 m<br />
0.19 kN<br />
-94.96 kN<br />
2.329 m 1.613 m<br />
0.025 0.049 m<br />
2.157 m<br />
-160.88 kN<br />
1.770 m<br />
nxy<br />
[kN/m]<br />
7.84<br />
2.83<br />
-2.17<br />
-7.18<br />
-12.19<br />
-17.20<br />
-22.21<br />
-27.22<br />
-32.23<br />
-37.23<br />
-42.24<br />
-47.25<br />
-52.26<br />
-57.27<br />
-62.28<br />
-195.32 kN<br />
Abbildung 10-7 Querkräfte der Wand 1 + 2 (X-Richtung) im Erd-, 1.- und 2. Obergeschoss.<br />
3.419 m 2.581 m<br />
nxy<br />
[kN/m]<br />
-91.84 kN<br />
3.163 m 2.837 m<br />
-162.58 kN<br />
3.043 m 2.957 m<br />
7.84<br />
2.83<br />
-2.17<br />
-7.18<br />
-12.19<br />
-17.20<br />
-22.21<br />
-27.22<br />
-32.23<br />
-37.23<br />
-42.24<br />
-47.25<br />
-52.26<br />
-57.27<br />
-62.28<br />
-199.41 kN<br />
Abbildung 10-8 Querkräfte der Wand 3 + 4 (Y-Richtung) im Erd-, 1.- und 2. Obergeschoss.
66 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
1.031 m<br />
0.969 m<br />
0.726 m 1.130 m<br />
1.701 m<br />
1.299 m<br />
1.263 m 1.737 m<br />
-115.32 kN<br />
-80.96 kN<br />
-102.48 kN<br />
-96.68 kN<br />
Abbildung 10-9 Links: Querkraft der Wand 1 + 2 (X-Richtung) im Erdgeschoss, aufgeteilt auf zwei<br />
Integrale. Rechts: Querkraft der Wand 3 + 4 (Y-Richtung) im Erdgeschoss, aufgeteilt auf zwei Integrale.<br />
Abbildungen 10-7 und 10-8 zeigen jeweils die Querkräfte der Wände in X- respektive in Y-<br />
Richtung. Die Querkräfte betragen:<br />
,., 94.9 <br />
,., 160.8 <br />
,, 195.3 <br />
,., 91.8 <br />
,., 162.6 <br />
,, 199.4 <br />
Um die horizontale Ersatzlast zu erhalten muss pro Geschoss und Richtung die angezeigte<br />
Querkraft verdoppelt werden, da das Gebäude zwei identische Wände pro Richtung aufweist<br />
und die Querkraft der darüber liegenden Decke subtrahiert werden. Die einwirkende<br />
Horizontallast pro Geschoss beträgt:<br />
,., 2 ∗ ,., 189.9 <br />
,., 2 ∗ ,., 183.6 <br />
,., 2 ∗ ,., ,., 131.8 <br />
,., 2 ∗ ,., ,., 141.6 <br />
,, 2 ∗ ,, ,., 69.0 <br />
,, 2 ∗ ,, ,., 73.6 <br />
Die totale Horizontallast in X-Richtung beträgt:<br />
,., ,., ,, 390.7 <br />
Die totale Horizontallast in Y-Richtung beträgt:<br />
,., ,., ,, 398.8
Kapitel 10 Beispielrechnung 67<br />
10.2.4 Schubnachweis der Wände 1 + 2<br />
Um ein Schubnachweis der Wände im EG zu führen, werden die maximalen resp. minimalen<br />
Druckkräfte aus Abbildung 10-10, sowie die Schubkräfte aus Abbildung 10-9 links benötigt.<br />
0.945 m1.055 m<br />
1.054 m0.946 m<br />
0.844 m1.156 m<br />
1.156 m0.844 m<br />
-251.26 kN<br />
-251.29 kN<br />
-665.91 kN<br />
-665.76 kN<br />
Abbildung 10-10 Links: Maximale Druckkräfte der Wand 1 + 2 (X-Richtung). Rechts: Minimale<br />
Druckkräfte der Wand 1 + 2 (X-Richtung).<br />
N ∗ 665.91 665.76 1331.7 kN<br />
V ∗ 115.32 80.96 196.3 kN<br />
M , ∗ ∗ <br />
M , 665.91 ∗ 1.156 769.8 kNm<br />
M , 251.26 ∗ 1.055 265.1 kNm<br />
M , 665.76 ∗ 1.156 769.6 kNm<br />
M , 251.29 ∗ 1.054 264.9 kNm<br />
M max M , M , 504.9 <br />
504.9 <br />
M , M , 504.5 <br />
Mit diesen Schnittkräften, der Wandlänge lw =4.0 m, der Wandstärke tw=0.15 m und der<br />
Wandhöhe hw = 2.6 m, kann nun der Mauerwerksnachweis nach Norm SIA 266 durchgeführt<br />
werden:<br />
l 2 ∗ M <br />
N <br />
3.24 <br />
Mithilfe der Figur 6 der Norm SIA 266 und den folgenden Einstiegswerte kann ein kV <strong>von</strong><br />
0.23 herausgelesen werden:<br />
0.3 ∗ <br />
<br />
<br />
1.25<br />
N <br />
∗ ∗ <br />
0.78
68 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
Der Schubwiederstand VRd der Wand, mit tw = 0.15 m und fyd = 1.05 N/mm 2 , lässt sich daraus<br />
wie folgt berechnen:<br />
∗ ∗ ∗ 116.3 <br />
Der Erfüllungsfaktor αeff beträgt bei einer Einwirkenden Querkraft VEd <strong>von</strong> 196.3 kN:<br />
<br />
<br />
0.59<br />
Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 1 + 2 (in X-Richtung), für die Berechnung nach SIA<br />
Norm 266, beträgt 0.59.<br />
10.2.5 Schubnachweis der Wände 3 + 4<br />
Um einen Schubnachweis der Wände im EG durch zu führen, werden die maximalen resp.<br />
minimalen Druckkräfte aus Abbildung 10-11, sowie die Schubkräfte aus Abbildung 10-9<br />
rechts benötigt.<br />
20.60 kN<br />
20.62 kN<br />
0.346 0.520 m m<br />
0.519 0.347 m m<br />
1.330 m 0.804 m<br />
0.804 m 1.330 m<br />
1.449 m<br />
1.551 m<br />
1.551 m 1.449 m<br />
-117.65 kN<br />
-117.66 kN<br />
-430.88 kN<br />
-430.96 kN<br />
Abbildung 10-11 Links: Maximale Druckkräfte der Wand 3 + 4 (Y-Richtung). Rechts: Minimale<br />
Druckkräfte der Wand 3 + 4 (Y-Richtung).<br />
N ∗ 430.88 430.96 861.8 kN<br />
V ∗ 102.48 96.68 199.2 kN<br />
M , ∗ ∗ <br />
M , 430.88 ∗ 1.551 668.3 kNm<br />
M , 117.65 ∗ 0.804 20.60 ∗ 2.65 40.0 kNm<br />
M , 430.96 ∗ 1.551 668.4 kNm<br />
M , 117.66 ∗ 0.804 20.62 ∗ 2.65 40.0 kNm
Kapitel 10 Beispielrechnung 69<br />
M max M , M , 628.3 <br />
628.4 <br />
M , M , 628.4 <br />
Mit diesen Schnittkräften, der Wandlänge lw =6.0 m, der Wandstärke tw=0.15 m und der<br />
Wandhöhe hw = 2.6 m, kann nun der Mauerwerksnachweis nach Norm SIA 266 geführt werden:<br />
l 2 ∗ M <br />
N <br />
4.54 <br />
Mithilfe der Figur 6 der Norm SIA 266 und der folgenden Einstiegswerte kann ein kV <strong>von</strong><br />
0.28 herausgelesen werden:<br />
0.3 ∗ <br />
<br />
<br />
1.75<br />
N <br />
∗ ∗ <br />
0.36<br />
Der Schubwiderstand VRd der Wand, mit tw = 0.15 m und fyd = 1.05 N/mm 2 , lässt sich daraus<br />
wie folgt berechnen:<br />
∗ ∗ ∗ 200.2 <br />
Der Erfüllungsfaktor αeff beträgt bei einer Einwirkenden Querkraft VEd <strong>von</strong> 199.2 kN:<br />
<br />
<br />
1.01<br />
Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 3 + 4 (in Y-Richtung), für die Berechnung nach SIA<br />
Norm 266, beträgt 1.01.
70 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
10.3 PushOver-Verfahren<br />
10.3.1 Statische Beanspruchung<br />
Die einwirkenden vertikalen Lasten für den Erdbebenfall sind nach der Norm SIA 260 für<br />
aussergewöhnliche Bemessungssituationen zu berechnen und verhalten sich analog zu den<br />
Lasten in Kapitel 10.1.<br />
Die Wände 1 + 2 haben eine Länge <strong>von</strong> lw = 4.0 m, die Wände 3 + 4 eine Länge <strong>von</strong><br />
lw = 6.0 m. Alle Wände sind 0.15 m stark und 2.6 m hoch.<br />
10.3.2 Ergebnisse der Berechnung<br />
Die durchgeführte Analyse umfasst die Verschiebung des Kontrollknotens in jeweils positiver<br />
und negativer Richtung. Es werden zwei orthogonale Koordinatenrichtungen betrachtet.<br />
Die Analysen werden für zwei unterschiedliche (Horizontal)-Kraftverteilungen (analog der<br />
Massenverteilung, analog der Verschiebung der 1. Eigenform) durchgeführt. Je nach Analyse<br />
wird eine andere Wand massgebend. Abbildung 10-12 zeigt die PushOver-Kurven der acht<br />
Analysen und in Tabelle 10-3 sind die daraus resultierenden Resultate aufgelistet.<br />
Tabelle 10-3 Resultate für die acht PushOver-Analysen. Du bezeichnet die maximal mögliche Auslenkung<br />
vor dem Kollaps, Dmax die maximale Auslenkung unter Erdbebenbelastung, Del die elastische<br />
Auslenkung, α der Erfüllungsfaktor, q der Verhaltensbeiwert und T* die Schwingzeit.<br />
Du [cm] Dmax [cm] Del [cm] α [-] q [-] T * [s] Bemerkungen<br />
1 1.68 0.89 0.25 1.89 3.56 0.231 X-Richtung<br />
2 1.20 1.04 0.28 1.15 3.15 0.257 X-Richtung<br />
3 1.68 0.89 0.25 1.89 3.56 0.231 X-Richtung<br />
4 1.20 1.04 0.28 1.15 3.15 0.257 X-Richtung<br />
5 0.48 0.17 0.17 2.82 0.95 0.144 Y-Richtung<br />
6 0.29 0.26 0.18 1.12 1.30 0.160 Y-Richtung<br />
7 0.90 0.17 0.14 5.30 1.00 0.144 Y-Richtung<br />
8 1.74 0.21 0.21 8.29 0.96 0.160 Y-Richtung<br />
Massgebend wird der minimale Erfüllungsgrad αeff pro Richtung. Der Erfüllungsfaktor αeff<br />
der Wände 1 + 2 (in X-Richtung), beträgt 1.15. Der Erfüllungsfaktor αeff der Wände 3 + 4 (in<br />
Y-Richtung), beträgt 1.12.
Kapitel 10 Beispielrechnung 71<br />
Abbildung 10-12 PushOver Diagramme aus dem Programm 3Muri, Analyse 1 bis 8, <strong>von</strong> oben links<br />
nach unten rechts. Die Vertikale Achse zeigt die aufgebrachte Horizontalkraft in kN, die horizontale<br />
Achse zeigt die Auslenkung der obersten Decke in cm. Dmax bezeichnet die maximale Auslenkung unter<br />
Erdbebenbelastung, Du bezeichnet die maximal mögliche Auslenkung vor dem Kollaps.
72 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
10.3.3 Kontrolle der maximalen Verschiebung<br />
Gemäss dem SIA Merkblatt 2018 5.3.3 kann zwischen dem Bemessungsspektrum der Beschleunigung<br />
Sad und dem elastischen Bemessungsspektrum der Verschiebung Sud folgende<br />
Beziehung abgeleitet werden:<br />
<br />
4 <br />
Sad kann der Norm SIA 261 16.2.3.1 entnommen werden, woraus sich Sud anschliessend ableiten<br />
lässt:<br />
2.5 ∗ 1<br />
∗ 1 0 <br />
<br />
<br />
<br />
2.5 ∗ ∗ ∗ <br />
<br />
2.5 ∗ ∗ ∗ <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
2.5 ∗ ∗ ∗ ∗ <br />
<br />
<br />
4 ∗ 2.5 ∗ 1<br />
∗ ∗ 1 0 <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
4 ∗ ∗ 2.5 ∗ ∗ ∗ <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
4 ∗ ∗ 2.5 ∗ ∗ ∗ <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
4 ∗ ∗ 2.5 ∗ ∗ ∗ ∗ <br />
<br />
Die Berechnung des Performance Point nach SIA Merkblatt 2018 5.3.2 bezieht sich auf einen<br />
äquivalenten Einmassenschwinger, siehe Abbildung 10-13, und muss deshalb mit dem modalen<br />
Partizipationsfaktor Γ korrigiert werden.<br />
Abbildung 10-13 Veranschaulichung des Unterschieds zwischen Dmax und Sud [24, S. 68].
Kapitel 10 Beispielrechnung 73<br />
Tabelle 10-4<br />
Parameter zur Berechnung des Einmassenschwingers (EMS) und des Partizipationsfaktors.<br />
Sockwerk Höhe hi [m] Masse [kg] Gewicht [kN] Φ mΦ [kg] mΦ 2 mΦh<br />
2.OG 7.8 82201.8 806.4 1.00 82202 82202 641174<br />
1.OG 5.2 82201.8 806.4 0.66 54253 35807 282117<br />
EG 2.6 82201.8 806.4 0.33 27127 8952 70529<br />
Total 246605.5 2419.2 163582 126961 993820<br />
Mit Hilfe der Werte aus Tabelle 10-4 kann der modale Partizipationsfaktor bestimmt werden:<br />
∑ ∗ <br />
∑<br />
<br />
1.29<br />
∗ <br />
<br />
<br />
Für das verformungsbasierte Verfahren wird die Zielverschiebung wd, welche mit dem Verschiebungsvermögen<br />
des Bauteils wR,d verglichen wird, aus dem elastischen Bemessungsspektrum<br />
der Verschiebung Sud wie folgt berechnet:<br />
Für den Periodenbereich T > TC gilt das Prinzip der gleichen Verschiebung:<br />
∗ <br />
Für den Periodenbereich T < TC, dieser Fall tritt bei Mauerwerksgebäuden oft auf, macht das<br />
SIA Merkblatt 2018 keine Angaben. In diesem Fall kann auf die Angabe nach Eurocodes 8<br />
(2004), Teil 1 Anhang B zurückgegriffen werden [15, S. 16]:<br />
∗ ∗ 1 <br />
1 1 ∗ <br />
∗ <br />
qu ist das Verhältnis zwischen dem Bedarf an Tragwiderstand des Tragwerks bei elastischem<br />
Verhalten (Γ * Sad * mE), mit mE für die modale Masse des Einmassenschwingers und dem<br />
vorhandenen Tragwiderstand des Tragwerks VRd, wobei VRd aus den PushOver-Diagrammen<br />
in Abbildung 10.12 herausgelesen werden kann:<br />
∗ ∗ <br />
<br />
Die Werte für das Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad und für das elastische Bemessungsspektrum<br />
der Verschiebung Sud können anhand der Formeln am Anfang des Kapitels<br />
10.3.3 berechnet, oder anhand der Abbildung 10-14 herausgelesen werden. Für die Erdbebenzone<br />
Z2, die Bauwerksklasse I und die Baugrundklasse C ergeben sich das in Abbil-
74 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
dung 10-14 dargestellten Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad und das elastische<br />
Bemessungsspektrum der Verschiebung Sud.<br />
S ad [m/s 2 ]<br />
3.00<br />
2.50<br />
2.00<br />
1.50<br />
1.00<br />
0.50<br />
0.00<br />
0.01 0.1 T [s] 1 10<br />
S ud [m]<br />
0.10<br />
0.08<br />
0.06<br />
0.04<br />
0.02<br />
0.00<br />
0 1 T [s] 2 3<br />
Abbildung 10-14 Links: Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad für die Erdbebenzone Z2, die<br />
Bauwerksklasse I und die Baugrundklasse C. Rechts: Elastisches Bemessungsspektrum der Verschiebung<br />
Sud für die Erdbebenzone Z2, die Bauwerksklasse I und die Baugrundklasse C.<br />
Abbildung 10.15 zeigt das elastische Bemessungsspektrum im ADRS-Format (Acceleration-<br />
Displacement-Response-Spectra), welches aus der Kombination vom Bemessungsspektrum<br />
der Beschleunigung und dem Bemessungsspektrum der Verschiebung entsteht. Diese Grafik<br />
erlaubt eine anschauliche Gegenüberstellung vom Verschiebungsangebot der Mauerwerkswände.<br />
3.00<br />
2.50<br />
S ad [m/s 2 ]<br />
2.00<br />
1.50<br />
1.00<br />
0.50<br />
0.00<br />
0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10<br />
S ud [m]<br />
Abbildung 10-15 Elastisches Bemessungsspektrum im ADRS-Format für die Erdbebenzone Z2, die<br />
Bauwerksklasse I und die Baugrundklasse C.<br />
Wird im Bemessungsspektrum im ADRS-Format die Beschleunigung Sad mit der modalen<br />
Masse (mΦ [kg]) des Einmassenschwingers (siehe Tabelle 10-4) multipliziert und mit den<br />
PushOver-Kurven (Abbildung 10-12) kombiniert (siehe auch Abbildung 7-4), kann der Verschiebungsbedarf<br />
(ADRS-Spektrum) und das Verschiebungsangebot verglichen werden.
Kapitel 10 Beispielrechnung 75<br />
Abbildung 10-16 zeigt diese Kombination bis zu einer Verschiebung Sud <strong>von</strong> 0.5 cm. Mithilfe<br />
der Schwingzeit T * der acht Analysen (Tabelle 10-5) kann die Verschiebung Sud (Tabelle 10-5)<br />
berechnet werden. Trägt man die bilineare Kapazitätskurve der acht Analysen (Abbildung<br />
10-12, blaue Kurven) im Diagramm ein und verlängert den elastischen Teil der Kapazitätskurve<br />
bis zum elastischen Bemessungsspektrum im ADRS-Format (grüne Linie) erhält<br />
man den Verschiebungsbedarf Sud der einzelnen Analysen.<br />
Abbildung 10-16 Teilausschnitt des elastischen Bemessungsspektrums im ADRS-Format, kombiniert<br />
mit den bilinearen Kapazitätskurven aus den PushOver-Analysen.<br />
Im Fall der Beispielrechnung ist T * und damit Sud bekannt. Neben der Zielverschiebung wd<br />
kann zur Überprüfung der Plausibilität zusätzlich noch die elastische Verschiebung Del kontrolliert<br />
werden. Dafür wird in Abbildung 10-16 die Verschiebung Sud auf dem Bemessungsspektrum<br />
im ADRS-Format abgetragen, und eine Gerade durch den Punkt 0/0 gezogen. Dort<br />
wo sich die Gerade mit der Horizontalkraft (aus Abbildung 10-12 herausgelesen) schneidet,<br />
befindet sich der Punkt Del. Dieser Punkt sollte mit dem Knick der bilineare Kapazitätskurve<br />
der acht Analysen (Abbildung 10-12, blaue Kurve) übereinstimmen.
76 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
Es sind nun alle Parameter für die Berechnung der Zielverschiebung wd und der Verschiebung<br />
Del bekannt. Die Tabelle 10-5 kann komplettiert werden.<br />
Tabelle 10-5<br />
Erweiterung der Tabelle 10-4 um die Werte wd (Zielverschiebung) und Del,Abb.10-16.<br />
T * [s] Sad [m/s 2 ] Sud [cm] VRd [kN] Dmax [cm] wd [cm] Del,Abb.10-16 [cm] Del [cm]<br />
1 0.231 2.88 0.39 295 0.89 0.91 0.25 0.245<br />
2 0.257 2.88 0.48 270 1.04 1.08 0.28 0.275<br />
3 0.231 2.88 0.39 295 0.89 0.91 0.25 0.245<br />
4 0.257 2.88 0.48 270 1.04 1.08 0.28 0.275<br />
5 0.144 2.39 0.13 485 0.17 0.18 0.17 0.150<br />
6 0.160 2.53 0.16 460 0.26 0.29 0.18 0.180<br />
7 0.144 2.39 0.13 465 0.17 0.20 0.14 0.140<br />
8 0.160 2.52 0.16 520 0.21 0.23 0.21 0.200<br />
10.3.4 Diskussion der maximalen Verschiebung<br />
Der Vergleich <strong>von</strong> Dmax (den maximal auftretenden Verschiebungen gemäss Berechnung mit<br />
dem PushOver-Programm 3Muri) und wd (der berechneten Zielverschiebung gemäss<br />
[15, S. 16]) zeigt, dass die maximal zu erwartenden Verschiebungen gemäss PushOver-<br />
Analyse sehr gut mit den rechnerischen Zielverschiebungen übereinstimmen. Der Vergleich<br />
<strong>von</strong> Del,Abb.10-16 (der elastischen Verschiebung gemäss Berechnung mit dem PushOver-<br />
Programm 3Muri) und Del (der konstruierten Verschiebung aus Abbildung 10-16) zeigt, dass<br />
die elastische Verschiebungen gemäss PushOver-Analyse sehr gut mit den konstruierten<br />
Verschiebungen übereinstimmen.<br />
Die Herleitung der Vergleiche sowie die übereinstimmenden Resultate der Theorie mit dem<br />
Berechnungsprogramm zeigen, dass das PushOver-Programm 3Muri seine Verschiebungswerte<br />
sehr genau anhand der im Merkblatt SIA 2018 5.3.3 beschriebenen Beziehung zwischen<br />
dem Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad und dem elastischen Bemessungsspektrum<br />
der Verschiebung Sud berechnet.<br />
Die Erfüllungsgrade αeff aus Kapitel 10.3.2 sind somit plausibel und dürfen verwendet werden.<br />
10.4 Vergleich der Resultate<br />
Um die Resultate aus dem Ersatzkraftverfahren, dem Antwortspektrenverfahren und der<br />
PushOver-Analyse miteinander zu vergleichen, stehen drei Vergleichsgrössen zur Verfügung.<br />
Die Grundschwingzeit kann zwischen dem Ersatzkraft- und Antwortspektrenverfah-
Kapitel 10 Beispielrechnung 77<br />
ren verglichen werden. Der Vergleich der Ersatzkraft und vor allem der Vergleich der Erfüllungsgrade<br />
αeff kann zwischen allen drei Verfahren gezogen werden.<br />
10.4.1 Vergleich der Grundschwingzeit<br />
Wie in Tabelle 10-2 zu sehen ist, regen die erste und zweite Eigenform den mit Abstand<br />
grössten Teil der Masse in X- respektive in Y-Richtung an. Daraus kann geschlossen werden,<br />
dass ungefähr die jeweils dazugehörende Frequenz und Schwingzeit massgebend für die<br />
Erdbebenberechnung wird.<br />
Tabelle 10-6<br />
Vergleich der Schwingzeit<br />
Ersatzkraftverfahren<br />
Antwortspektrenverfahen<br />
[X-Richtung]<br />
Antwortspektrenverfahen<br />
[Y-Richtung]<br />
Frequenz f [Hz] 4.29 3.12 4.19<br />
Schwingzeit T [s] 0.23 0.32 0.24<br />
Der Vergleich der Grundschwingzeit in Tabelle 10-6 zeigt, dass die grobe Abschätzung beim<br />
Ersatzkraftverfahren ziemlich genau mit der Grundschwingzeit des Antwortspektrenverfahrens<br />
in X-Richtung übereinstimmt. In Y-Richtung liegt die Frequenz etwas höher, die<br />
Schwingzeit dadurch etwas tiefer als in X-Richtung. Der Grund dafür ist, dass die Masse in<br />
Y-Richtung erst mit der zweiten Eigenform angeregt wird, welche höher liegt als die Erste in<br />
X-Richtung.<br />
10.4.2 Vergleich der Ersatzkraft<br />
Sowohl für das Ersatzkraftverfahren, als auch für das Antwortspektrenverfahren wird eine<br />
Ersatzlast berechnet, welche auf das Gebäude wirkt. Auch bei der PushOver-Analyse kann<br />
eine Ersatzkraft bestimmt werden. Allerdings kann diese nicht eins zu eins mit den Werten<br />
aus den anderen beiden Verfahren verglichen werden. Bei der PushOver-Analyse wird nicht<br />
zuerst eine einwirkende Ersatzkraft bestimmt, sondern es wird Stück um Stück die Verschiebung<br />
des Gebäudes erhöht und jeweils berechnet, welche Kraft nötig wird um dem Gebäude<br />
die jeweilige Auslenkung zu geben. Und um die maximale Verschiebung zu berechnen (Kapitel<br />
10.3.3), wird durch die Multiplikation der modalen Masse des Einmassenschwingers<br />
mit der Beschleunigung Sad die Ersatzlast des Einmassenschwingers berechnet. Diese kann je<br />
nach Gebäudegeometrie stark <strong>von</strong> der Kraft, welche benötigt wird um das Gebäude um Dmax<br />
auszulenken, abweichen. Aus diesem Grund werden in Tabelle 10-7 und in Abbildung 10-17<br />
die Ersatzkräfte des Ersatzkraft- und Antwortspektrenverfahrens mit der benötigten Kraft<br />
um das Gebäude um die berechnete, maximale Verschiebung Dmax auszulenken, verglichen<br />
und nicht mit der einwirkenden Kraft auf den Einmassenschwinger.
78 Beispielrechnung Kapitel 10<br />
Tabelle 10-7<br />
Vergleich der Ersatzkräfte der verschiedenen Erdbebenberechnungsverfahren.<br />
Ersatzkraftver-<br />
Antwortspek-<br />
Antwortspek-<br />
PushOver-<br />
PushOver-<br />
fahren<br />
trenverfahren<br />
X-Richtung<br />
trenverfahren<br />
Y-Richtung<br />
Analyse<br />
X-Richtung<br />
Analyse<br />
Y-Richtung<br />
Fd [kN] 471.7 390.7 398.9 270 460<br />
Ersatzkraft [kN]<br />
in X-Richtung<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Ersatzkraft [kN]<br />
in X-Richtung<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Abbildung 10-17 Links: Vergleich der Ersatzkräfte in X-Richtung. Rechts: Vergleich der Ersatzkräfte<br />
in Y-Richtung.<br />
10.4.3 Vergleich <strong>von</strong> αeff<br />
Das wichtigste und schliesslich massgebende Ergebnis ist der Vergleich zwischen den Erfüllungsgraden<br />
der verschiedenen Berechnungsverfahren. Dabei werden in Tabelle 10-8 und in<br />
Abbildung 10-18 pro Richtung vier Werte (Ersatzkraftverfahren wurde auf zwei Arten gerechnet)<br />
untereinander verglichen.<br />
Tabelle 10-8<br />
Vergleich <strong>von</strong> αeff<br />
Ersatzkraftverfah-<br />
Ersatzkraftverfah-<br />
Antwortspektren-<br />
PushOver-<br />
ren (SIA 266)<br />
ren (SIA D 0237)<br />
verfahren<br />
Analyse<br />
αeff X-Richtung 0.18 0.61 0.59 1.15<br />
αeff Y-Richtung 0.29 0.67 1.01 1.12
Kapitel 10 Beispielrechnung 79<br />
1.5<br />
1.5<br />
α eff<br />
in X-Richtung<br />
1<br />
0.5<br />
0.18<br />
0.61 0.59<br />
1.15<br />
1<br />
0.5<br />
0.29<br />
0.67<br />
1.01<br />
1.12<br />
0<br />
0<br />
Ersatzkraftverfahren(SIA 266)<br />
Ersatzkraftverfahren (SIA D 0237)<br />
Antwortspektrenverfahren<br />
PushOver-Analyse<br />
Ersatzkraftverfahren (SIA 266)<br />
Ersatzkraftverfahren (SIA D 0237)<br />
Antwortspektrenverfahren<br />
α eff<br />
in Y-Richtung<br />
PushOver-Analyse<br />
Abbildung 10-18 Links: Vergleich <strong>von</strong> αeff in X-Richtung. Rechts: Vergleich <strong>von</strong> αeff in Y-Richtung.<br />
Die Diagramme in Abbildung 10-18 zeigen die erwarteten Resultate. Das Ersatzkraftverfahren<br />
stellt die konservativste Berechnungsmethode dar, auch wenn der kompliziertere Berechnungsansatz<br />
nach SIA Dokumentation D 0237 klar höhere Erfüllungsgrade liefert als die<br />
Berechnung nach Norm SIA 266. Die Resultate des Antwortspektrenverfahrens liegen zwischen<br />
denen der Ersatzkraftmethoden und der PushOver-Analyse. In Y-Richtung sind sie<br />
praktisch identisch mit der PushOver-Analyse. Das liegt daran, dass in Y-Richtung die Resultate<br />
der PushOver-Analyse im elastischen Bereich liegen (q 1.0, siehe Abbildung 10-12<br />
und Tabelle 10-3). In X-Richtung hingegen liegt die PushOver-Analyse im plastischen Bereich,<br />
die nichtlinearität des Baustoffs wird abgebildet und der Erfüllungsgrad liegt somit<br />
deutlich höher als bei den kraftbasierten Verfahren.
80 Schlussbemerkung Kapitel 11<br />
11 Schlussbemerkung<br />
Ziel dieser Projektarbeit war es, eine Übersicht der verschiedenen Erdbebenberechnungsverfahren,<br />
deren Vor-, resp. Nachteile sowie deren Anwendungsgebiete zu erarbeiten. Die drei<br />
in der Schweiz am häufigsten angewendeten Verfahren Ersatzkraft-, Antworstspektrenverfahren<br />
sowie das PushOver-Verfahren wurden anhand eines Berechnungsbeispiels untereinander<br />
verglichen und aufgrund der Einsatzmöglichkeiten bei er Überprüfung <strong>von</strong> <strong>bestehenden</strong><br />
Mauerwerksgebäuden beurteilt.<br />
Sowohl die kräftebasierten Ersatzkraft- und Antwortspektrenverfahren, wie auch das verformungsbasierte<br />
PushOver-Verfahren sind statische Verfahren, welche das dynamische<br />
Verhalten eines Bauwerks aus dem Vergleich mit dem dynamischen Verhaltens eines Einmassenschwingers<br />
ableiten. Der grösste Unterschied ist die Umrechnung vom elastischen<br />
zum elastisch-plastischen Spektrum. Die kräftebasierten Verfahren verwenden für die Umrechnung<br />
den pauschalen Faktor q, was die Verfahren einfach in der Anwendung macht,<br />
jedoch relativ ungenau ist. Im Gegensatz dazu wird beim verschiebungsbasierten Verfahren<br />
das tatsächliche elastisch-plastische Verhalten eines Gebäudes berücksichtigt. So können die<br />
plastischen Tragreserven des Bauwerks viel genauer bestimmt werden und liegen meist<br />
auch höher als bei den Ersatzkraftverfahren.<br />
Die Resultate in Kapitel 10 unterstützen diese Hypothese. Die Erfüllungsgrade αeff, berechnet<br />
mit dem verformungsbasierten PushOver-Verfahren liegen deutlich höher als bei den kräftebasierten<br />
Verfahren. Je nachdem wie stark das plastische Verhalten berücksichtigt werden<br />
kann, ist der Erfüllungsfaktor des PushOver-Verfahrens fast zwei Mal so gross wie derjenige<br />
des Antwortspektrenverfahrens.<br />
Es zahlt sich somit aus, den erhöhten Rechenaufwand des PushOver-Verfahrens zu betreiben,<br />
da die Nichtlinearitäten der Baustoffe besser berücksichtigt werden und somit das plastische<br />
Verhalten am Bauwerk besser und vor allem viel realistischer abgebildet und nicht<br />
pauschal mit einem Duktilitätsfaktor q in Rechnung gestellt wird.
Literaturverzeichnis 81<br />
Literaturverzeichnis<br />
[1] Bachmann, H.: Erdbebensicherung <strong>von</strong> Bauwerken, 2. überarbeitete Auflage, Birkhäuser<br />
Verlag, Basel Boston Berlin, 2002<br />
[2] Erdbeben - Praxis Kursunterlagen, Ingware <strong>GmbH</strong>, Seestrasse 78, 8703 Erlenbach,<br />
Version 1.2, Juni 2008<br />
[3] Ganz, H.-R.: Mauerwerkscheiben unter Normalkraft und Schub, IBK-Bericht Nr.<br />
148, Institut für Baustatik und Konstruktion, ETH Zürich, 1985<br />
[4] Gass, D.: PushOver auf dem Rechner, Die Baustelle, Juni 2011, 72-74<br />
[5] Hausammann, H.: Dynamik und Erdbebeningenieurwesen, Skript, BFH AHB Burgdorf<br />
o.J.<br />
[6] Hausammann, H. et al.: Lastfall Erdbeben für Neu- und Altbauten – wie bemessen<br />
und handeln?, Fachveranstaltung Nr. 864431, Bau und Wissen, Burgdorf, 26. April<br />
2007.<br />
[7] Lang K., Bachmann H.: On the seismic vulnerability of existing unreinforced masonry<br />
buildings, Journal of Earthquake Engineering, Vol. 7, Nr. 3, 2003, 407-426<br />
[8] Meskauris, K. et al.: Bauwerke + Erdbeben, Grundlagen - Anwendungen - Beispiele,<br />
1. Auflage, Vieweg Verlag, Juni 2003<br />
[9] Paulay T., Priestley M.J.N.: Seismic design of reinforced concrete and masonry<br />
buildings, John Wiley & Sons, Inc., New York, 1992<br />
[10] SIA Dokumentation D 0162, Erdbebenvorsorge in der Schweiz / Massnahmen bei<br />
neuen und <strong>bestehenden</strong> Bauwerken, 2000<br />
[11] SIA Dokumentation D 0181, Grundlagen der Projektierung <strong>von</strong> Tragwerken / Einwirkung<br />
auf Tragwerke, Einführung in die Normen SIA 260 und 261, 2003<br />
[12] SIA Dokumentation D 0191, Grundlagen der Projektierung <strong>von</strong> Tragwerken / Einwirkung<br />
auf Tragwerke, Bemessungsbeispiele zu den Normen SIA 261 und 261,<br />
2004<br />
[13] SIA Dokumentation D 0211, Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben,<br />
2005<br />
[14] SIA Dokumentation D 0231, Erdbeben und Mauerwerk, 2009<br />
[15] SIA Dokumentation D 0237, Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden bezüglich Erdbeben,<br />
2010<br />
[16] SIA Merkblatt 2018, Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben,<br />
1. Auflage, 2004<br />
[17] SIA 260, Grundlagen der Projektierung <strong>von</strong> Tragwerken, 1. Auflage, 2003
82 Literaturverzeichnis<br />
[18] SIA 261, Einwirkungen aus Tragwerke, 1. Auflage, 2003<br />
[19] SIA 262, Betonbau, 1. Auflage, 2003<br />
[20] SIA 266, Mauerwerk, 1. Auflage, 2003<br />
[21] Tomaževič M.: Earthquake-Resistant Design of Masonry Buildings, Imperial College<br />
Press, London, 1999<br />
[22] Walker, P., Gass D.: Software für den Bauingenieur, Der Bauingenieur, September<br />
2010, 32-34<br />
[23] 3muri - Einführung Erdbebenberechnung nach PushOver-Verfahren, Ingware<br />
<strong>GmbH</strong>, Seestrasse 78, 8703 Erlenbach, Version 1.0, August 2010<br />
[24] 3muri - Support Buch 2009, Ingware <strong>GmbH</strong>, Seestrasse 78, 8703 Erlenbach, 2009
Abbildungsverzeichnis 83<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Titelblatt Earthquake-ravaged Turkish city of Adazapari, National Geographic, 2007<br />
Abbildung 2-1<br />
Abbildung 2-2<br />
Abbildung 2-3<br />
Abbildung 2-4<br />
Abbildung 2-5<br />
Abbildung 2-6<br />
Abbildung 2-7<br />
Abbildung 2-8<br />
Abbildung 2-9<br />
Abbildung 2-10<br />
Abbildung 2-11<br />
Abbildung 2-12<br />
Abbildung 5-1<br />
Abbildung 5-2<br />
Abbildung 5-3<br />
Abbildung 5-4<br />
Abbildung 5-5<br />
Abbildung 6-1<br />
Abbildung 6-2<br />
Abbildung 6-3<br />
Anteil der Risiken der Naturgefahren gemäss der Studie KATARISK<br />
Historische Erdbeben in der Schweiz<br />
Erdbebengefährdungskarte der Schweiz<br />
Vergleich der elastischen Bemessungsspektren der Beschleunigung und<br />
der Verschiebung der Normen SIA 160 1970, SIA 160 1989 und SIA 261<br />
Elastische Antwortspektren<br />
Allgemeine Festlegung der Duktilität<br />
Weiches Erdgeschoss und Obergeschoss und die daraus resultierenden<br />
Stützenmechanismen, welche zum Einsturz führen können<br />
Unsymmetrische Aussteifung des Gebäudes<br />
Steifigkeits- und Widerstandssprünge über die Höhe des Tragwerks und<br />
mögliche Anordnung mit zwei Stahlbetontragwänden pro Hauptrichtung<br />
Verfüllte Rahmen mit Mauerwerk und Trennung <strong>von</strong> nichttragenden<br />
Mauerwerkswänden<br />
Steife Riegel verursachen eine grosse Querkraft in kurzen Stützen<br />
Kompakte Grundrisse sind anzustreben und Fugen zwischen Gebäuden<br />
müssen fachgerecht ausgeführt werden<br />
Freie Schwingung ohne Dämpfung und freie Schwingung mit Dämpfung<br />
Anregung eines Einmassenschwingers unter Erdbebeneinwirkung<br />
Zerlegung eines Mehrmassenschwingers in eine Reihe äquivalenter Einmassenschwinger<br />
Abtwortspektren aus verschiedenen Erdbeben und das umhüllende Antwortspektrum<br />
<strong>von</strong> der Norm SIA 261<br />
Resultierende Schnittkräfte aus der Erdbebenkraft F<br />
Verteilung der Horizontallast proportional zur Massenverteilung und Verteilung<br />
der Horizontallast proportional zur 1. Eigenform<br />
typische Kapazitätskurve und die daraus berechneten bilinearen Kurve<br />
Abfall im mittleren Bereich der Kapazitätskurve, was auf den Übergang<br />
<strong>von</strong> der Betonkonstruktion auf das Mauerwerk hindeutet
84 Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 6-4<br />
Abbildung 6-5<br />
Abbildung 6-6<br />
Abbildung 7-1<br />
Abbildung 7-2<br />
Abbildung 7-3<br />
Abbildung 7-4<br />
Darstellung des Performance-Point aus der Kapazitätskurve und dem elastischen<br />
Bemessungsspektrum<br />
Abscheren oder Kippen <strong>von</strong> Mauerwerk unter Erdbebenbeanspruchung<br />
Versagen des Mauerwerks unter Druck oder Zug<br />
αeff in Abhängigkeit zum Risikofaktor<br />
Bereiche <strong>von</strong> αeff bezüglich der Schwellenwerte αmin und αadm abhängig <strong>von</strong><br />
der Restnutzungsdauer<br />
Elastische Bemessungsspektren der Beschleunigung und der Verschiebung<br />
in Funktion der Baugrundklasse für Zone Z1 und Bauwerksklasse I<br />
Elastisches Bemessungsspektrum mit Kapazitätskurve, normiert auf die<br />
modale Masse m* und Γ, zur Bestimmung der Zielverschiebung wd<br />
Abbildung 8-1<br />
Abbildung 9-1<br />
Abbildung 9-2<br />
Abbildung 9-3<br />
Abbildung 9-4<br />
Abbildung 9-5<br />
Abbildung 9-6<br />
Fassaden <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden mit Stahlbetondecken und unterschiedlichen<br />
Riegeltypen<br />
Flussdiagramm zur Beurteilung <strong>von</strong> Mauerwerksgebäuden bezüglich<br />
<strong>Erdbebensicherheit</strong><br />
Verteilung der Stockwerksbeschleunigung über die Gebäudehöhe<br />
Einfluss der Verbindung zwischen Decken und Wänden sowie zwischen<br />
den orthogonalen Wänden<br />
Krafteinleitung bei undirektionalen Deckensystemen auf die Wände parallel<br />
zur Erdbebeneinwirkung<br />
Nominelle Breite der Wanddruckstrebe in Abhängigkeit der Exzentrizität<br />
der Normalkraft<br />
Biegemomentenverlauf für drei Fälle unterschiedlich gekoppelter Wände<br />
Abbildung 9-7 Wandschlankheiten gemäss Merkblatt SIA 2018<br />
Abbildung 9-8<br />
Abbildung 10-1<br />
Abbildung 10-2<br />
Abbildung 10-3<br />
Abbildung 10-4<br />
Abbildung 10-5<br />
Verlauf der zweiachsigen Druckfestigkeit σ2 in Abhängigkeit der Lagerfugenneigung<br />
α<br />
3D-Ansicht des Beispielgebäudes mit dem Berechnungsprogramm Axis<br />
2D-Grundriss des Beispielgebäudes mit dem Berechnungsprogramm Axis<br />
Lasteinzugsfläche des Beispielgebäudes<br />
Normalkräfte am Wandfuss aus der Computerrechnung<br />
Bemessungsspektrum nach SIA 261 für die Erdbebenzone Z2, die Bauwerksklasse<br />
I und die Baugrundklasse C, inkl. der daraus resultierenden<br />
horizontale Beschleunigung Sd für das Beispielgebäude
Abbildungsverzeichnis 85<br />
Abbildung 10-6<br />
Abbildung 10-7<br />
Abbildung 10-8<br />
Abbildung 10-9<br />
Modell zur Berechnung des Schubwiderstands nach Norm SIA 266 und<br />
Dokumentation D 0237<br />
Querkräfte der Wand 1+2 (X-Richtung) im Erd-, 1.- und 2. Obergeschoss<br />
Querkräfte der Wand 3+4 (Y-Richtung) im Erd-, 1.- und 2. Obergeschoss<br />
Querkraft der Wand 1+2 (X-Richtung) und Wand 3+4 (Y-Richtung) im<br />
Erdgeschoss, aufgeteilt auf zwei Integrale<br />
Abbildung 10-10 Maximale und minimale Druckkräfte der Wand 1 + 2 (X-Richtung)<br />
Abbildung 10-11 Maximale und minimale Druckkräfte der Wand 3 + 4 (Y-Richtung)<br />
Abbildung 10-12 PushOver Diagramme aus dem Programm 3Muri für Analyse 1 bis 8<br />
Abbildung 10-13 Veranschaulichung des Unterschieds zwischen Dmax und Sud<br />
Abbildung 10-14 Bemessungsspektrum der Beschleunigung Sad und elastisches Bemessungsspektrum<br />
der Verschiebung Sud für die Erdbebenzone Z2, die Bauwerksklasse<br />
I und die Baugrundklasse C<br />
Abbildung 10-15 Elastisches Bemessungsspektrum im ADRS-Format für die Erdbebenzone<br />
Z2, die Bauwerksklasse I und die Baugrundklasse C<br />
Abbildung 10-16 Teilausschnitt des elastischen Bemessungsspektrums im ADRS-Format,<br />
mit den bilinearen Kapazitätskurven aus den PushOver-Analysen<br />
Abbildung 10-17 Vergleich der Ersatzkräfte in X- und Y-Richtung<br />
Abbildung 10-18 Vergleich <strong>von</strong> αeff in X- und Y-Richtung
86 Tabellenverzeichnis<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle 2-1<br />
Tabelle 10-1<br />
Tabelle 10-2<br />
Tabelle 10-3<br />
Tabelle 10-4<br />
Tabelle 10-5<br />
Tabelle 10-6<br />
Tabelle 10-7<br />
Tabelle 10-8<br />
Europäische Makroseismische Skala EMS-98<br />
Vergleich der Normalkräfte der Handrechnung mit der Computerrechnung<br />
Schwingungsanalyse und der daraus resultierende Anteil der angeregten<br />
Masse<br />
Resultate für die acht PushOver-Analysen (Du, Dmax ,Del, α, q und T*)<br />
Parameter zur Berechnung des Einmassenschwingers (EMS) und des Partizipationsfaktors<br />
Erweiterung der Tabelle 10-4 um die Werte wd und Del,Abb.10-16<br />
Vergleich der Schwingzeit<br />
Vergleich der verschiedenen Erdbebenberechnungsverfahren<br />
Vergleich <strong>von</strong> αeff
A<br />
.k.h. (Vor Berichtabgabe auf „Weiss“ stellen!)<br />
Anhang A<br />
Vereinbarung Projektarbeit Herbstsemester 2011 / 2012 A-1
A-1 Anhang A<br />
Vereinbarung Projektarbeit Herbstsemester 2011 / 2012
Anhang A A-2
A-3 Anhang A
Anhang A A-4
A-5 Anhang A
Anhang A A-6
A-7 Anhang A
Anhang A A-8