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E-COMMERCE<br />
22 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS<br />
8. Juli 2013 14/13<br />
SECONDHAND IM WEB<br />
Klamotten mit Charakter<br />
Der E-Commerce hat ein neues Lieblingskind: Re-Commerce mit Mode<br />
Staubige Flohmärkte sind von gestern. Heute kauft man „Preloved Fashion“ im Web<br />
chon wie sich die diversen Neugrün-<br />
im Online-Handel mit Second-<br />
Sdungen<br />
hand-Mode bezeichnen, zeugt von einem<br />
Selbstverständnis, das mit dem miefigen<br />
Secondhand-Laden um die Ecke nichts<br />
mehr gemein hat: „Preloved Fashion“. Damit<br />
soll zum Ausdruck kommen, dass die<br />
zum Kauf angebotenen Kleidungsstücke<br />
schon mal jemandes Lieblingsteil gewesen<br />
sind. Die Aussichten für diese Start-ups<br />
wie Rebelle.de, Glamloop.com oder Kirondo.de<br />
sind gut. Neben Büchern (54<br />
Prozent) gehört laut einer Studie der<br />
Unternehmensberatung Sempora Kleidung<br />
(46 Prozent) zu den meistgekauften<br />
Secondhand-Produkten im Web.<br />
Was die Usability betrifft, lassen Platzhirsche<br />
wie eBay noch reichlich Raum für<br />
aufstrebende Konkurrenten. Da das Einstellen<br />
eines Kleidungsstücks bei eBay<br />
nach Auffassung von Maria Spilka, Geschäftsführerin<br />
des Edelight-Ablegers<br />
Mädchenflohmarkt.de, sehr mühsam ist,<br />
lautet die Prämisse beim eigenen Start-up:<br />
so einfach wie möglich. „Der Feinschliff<br />
obliegt dann uns“, so Spilka. „Wir laden<br />
erst mal alles hoch und kontrollieren das<br />
Angebot im Nachhinein, indem wir etwa<br />
Unterwäsche aus hygienischen Gründen<br />
aussortieren und die Verkäuferin dabei<br />
unterstützen, Ware gut darzustellen.“<br />
Schließlich gehören Produktbeschreibung<br />
und gute Aufnahmen zum Einmaleins<br />
eines jeden Online Shops.<br />
Gute Fotos sind oft Mangelware<br />
Das ist jedoch oft nur in der Theorie so –<br />
unterbelichtete Produktfotos von auf dem<br />
Boden ausgebreiteten Kleidungsstücken<br />
sind eher die Regel als die Ausnahme. „Unsere<br />
Zielgruppe sind Mütter. Denen ist das<br />
oft entweder zu umständlich oder zu zeitintensiv“,<br />
schildert Boris Bilsky, Geschäftsführer<br />
der Kinder-Secondhand-Plattform<br />
Kinderado, eines der größten Probleme der<br />
Branche. Bei Mädchenflohmarkt schreibt<br />
man die Verkäuferin im Zweifelsfall an<br />
und begründet, warum beispielsweise das<br />
Foto nicht hochgeladen wurde.<br />
Wer einen Kleiderschrank voller Designersachen<br />
und wenig Zeit hat, kann auch<br />
den Concierge-Service nutzen, erläutert<br />
Spilka: „Die Frauen können uns nach vorheriger<br />
Einladung ein Paket mit den aussortierten<br />
Sachen schicken. Wir übernehmen<br />
Qualitätsprüfung, Produktbeschreibung<br />
und Fotos.“ Die Ware wird für vier<br />
Monate eingelagert, was keinen Käufer<br />
findet, wird zurückgeschickt oder gespendet.<br />
Vor allem bei höherpreisiger Mode,<br />
Luxus- und Vintage-Artikeln sind solche<br />
Services beliebt. Für Plattformen wie Kinderado<br />
hingegen sind die Kosten für dieses<br />
Geschäft zu hoch. Einen solchen Aufwand<br />
für einen Babybody für 2,50 Euro zu<br />
betreiben, wäre schlichtweg Unsinn. Am<br />
besten lässt sich Ware in größerer Stückzahl<br />
verkaufen. Was übrig bleibt, fließt<br />
dann in die üblichen Wiederverwertungsketten<br />
(wie den Verkauf nach Osteuropa).<br />
Das ist ein Volumengeschäft, schon nah an<br />
der Müllverwertung. Im Gegensatz zu<br />
eBay sei Kinderado viel stärker in den Prozess<br />
integriert, betont Bilsky. Die Bezahlung<br />
läuft über die Plattform – und auch<br />
bei der Logistik gibt es Unterstützung in<br />
Form einer Versandmarke. Dafür erhält<br />
Foto: Fotolia / Bernd Rehorst<br />
Kinderado acht Prozent Provision beim<br />
Verkauf und bei jedem Tausch pauschal<br />
2,95 Euro. Mädchenflohmarkt.de kassiert<br />
zehn Prozent für jeden verkauften Marktplatzartikel<br />
und 40 Prozent für den Concierge-Service.<br />
In Abgrenzung zu eBay verstehen sich<br />
die Preloved-Fashion-Start-ups nicht so<br />
sehr als Suchmaschine, sondern als Boutiquen,<br />
mit mehr oder weniger stark ausgeprägtem<br />
Nachhaltigkeitsdenken. „Collaborative<br />
Consumption“ und die Verlängerung<br />
von Produktlebenszyklen ist dabei<br />
nur eine Seite der Medaille, die andere ist<br />
der Community-Gedanke: Es geht auch<br />
um Social Shopping, neue Kontakte und<br />
die vielbeschworene Emotionalisierung<br />
des Shopping-Prozesses. Maria Spilka:<br />
„Wir verkaufen die Artikel nicht einfach<br />
als Secondhand, sondern über Fashion-<br />
Themen, das heißt, wir spielen mit aktuellen<br />
Themen, Trends, Looks und Anlässen.<br />
Wir wollen Lebenszyklen auf unsere Plattform<br />
bringen. Also nicht: Kauf Dir die<br />
Luis-Vuitton-Tasche mit Patina, sondern<br />
gönn Dir mal einen Luxusartikel.“<br />
Hose vom Treffen mit Prinz Albert<br />
Neben einem guten Angebotssortiment<br />
spielt auch der VIP-Faktor eine zentrale<br />
Rolle. Dazu sind die Stuttgarter unter<br />
anderem auf Fashion Weeks unterwegs,<br />
suchen Models, Stylistinnen, Fashion<br />
Blogger und auch Promis als Testimonials.<br />
Demnächst soll eine bekannte deutsche<br />
Schauspielerin beim Mädchenflohmarkt<br />
eine Hose verkaufen, die sie schon mal bei<br />
einem Treffen mit Prinz Albert getragen<br />
hat, verrät Spilka. Für ihr Ziel, die Zahl der<br />
registrierten Nutzer von derzeit 280.000<br />
auf eine Million zu schrauben, muss sie<br />
sich schließlich ins Zeug legen.<br />
■<br />
CHRISTINA ROSE<br />
Ausgewählte Re-Commerce-Angebote aus dem Modebereich<br />
■ Kleiderkreisel.de: Seit 2009 online, Nachhaltigkeit<br />
ist ein Grundprinzip. Versteht sich als<br />
Social-Shopping-Plattform, die Collaborative<br />
Consumption mit neuen Kontakten verbindet;<br />
ist rein werbefinanziert. Ableger für Kinderkleidung:<br />
Mamikreisel.de ist seit Oktober<br />
2012 online.<br />
■ Kirondo.de (vorher: Njunju): Gestartet 2013,<br />
die Betreiber kaufen Teile nach definierten<br />
Qualitätskriterien an und übernehmen die<br />
komplette Abwicklung, der Nutzer schickt<br />
lediglich Kleidertüten. Als Goodie gibt es für<br />
jede Sendung ein Kinderbuch von Janosch.<br />
■ Kidskarton.de: Seit 2011 online, unterstützt<br />
bei jedem bestellten Paket mit 25 Cent das<br />
Deutsche Kinderhilfswerk. Es können nur<br />
ganze Kleiderpakete getauscht werden. Der<br />
Interessent zahlt für das Kleidungspaket Provision,<br />
der Anbieter zahlt keine Versandgebühr.<br />
■ Kinderado.de: Seit Ende 2011 online, es kann<br />
getauscht und gekauft werden. Erweiterung<br />
in andere Segmente (Spielzeug) ist geplant.<br />
■ Mylittlebigswap.de: Seit 2011 online, Tausch<br />
von Kinderkleidung – bislang gab es dafür<br />
Credits, die man wieder für neue Kleidung<br />
ausgeben konnte, jetzt wurde auf Euro umgestellt,<br />
pro Paket geht ein Euro an die Deutsche<br />
Knochenmarkspenderdatei.<br />
■ Mädchenflohmarkt.de: Mitte 2012 gestartet,<br />
Zielgruppe Frauen zwischen 18 und 35 Jahren.<br />
Das Edelight-Spin-off bietet klassischen<br />
Marktplatz und Concierge-Service, zielt auf<br />
Mainstream Premium Brands. Storyline:<br />
„Realistisches Abbild von Kleiderschränken<br />
anderer, die man plündern kann.“<br />
■ Secondglam.com: Verkauf und Kauf ausschließlich<br />
von Luxuswaren aus zweiter Hand,<br />
versteht sich nur als Vermittler zwischen Käufer<br />
und Verkäufer, keine Gebühren für den<br />
Kauf, Einstellen und Entfernen der Ware bis<br />
zum Verkauf kostenlos, unbegrenzte Laufzeit.<br />
Bei Verkauf fallen 15 Prozent Provision (für<br />
Profiseller zehn Prozent Provision) an.<br />
■ Vite-envogue.de: Baut auf Exklusivität („Jedes<br />
Teil gibt es nur einmal“), positioniert sich als<br />
„Premium Fashion Shopping Club“.<br />
■ Glamloop.com, Thestyleflash.com, Vintagehub.de,<br />
Rebelle.de: Befinden sich in der<br />
Startphase oder sind jüngst erst gestartet.