Download - Internet World Business
Download - Internet World Business
Download - Internet World Business
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
46<br />
<strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS MEINUNG<br />
8. Juli 2013 14/13<br />
KOMMENTAR<br />
Unendliche<br />
Weiten<br />
Auf den ersten Blick liest<br />
sich die Meldung wie<br />
ein übertriebener PR-<br />
Gag: Paypal hat eine Initiative<br />
zur Entwicklung<br />
von Bezahlverfahren im<br />
Weltraum gestartet –<br />
Paypal Galactic. Abgesehen<br />
davon, dass natürlich<br />
jeder Star Trek Fan<br />
weiß, dass in den<br />
Ingrid Lommer,<br />
Redakteurin<br />
unendlichen Weiten mit Föderations-Krediten<br />
bezahlt wird: Ist die Weltherrschaft auf dem<br />
Zahlungsmarkt für Paypal nicht genug? Oder soll<br />
die Meldung, die nicht nur in den üblichen Fachblättern,<br />
sondern auch im „Spiegel“, „Daily Telegraph“<br />
und der „Bild“ zu lesen war, nur ein<br />
bisschen frischen Wind in den mitunter drögen<br />
Payment-Markt bringen – und auf deutlich irdischere,<br />
aber nicht weniger ambitionierte Paypal-<br />
Projekte hinweisen? Schließlich legt sich die eBay-<br />
Tochter gerade mächtig ins Zeug: Da wird beispielsweise<br />
ein vereinfachtes Bezahlverfahren für<br />
den TV-Commerce entwickelt, das den alten Marketer-Traum<br />
von der direkt konvertierenden TV-<br />
Werbung Realität werden lassen könnte. Nicht zu<br />
verachten auch die Paypal‘schen Überlegungen<br />
zu einem sicheren Payment-System für Google<br />
Glass und andere tragbare <strong>Internet</strong> Devices. Also<br />
doch nur reine PR, die hübsche Idee vom Weltraum-Geld?<br />
Wer weiß: Der umtriebige Entrepreneur<br />
Elon Musk, einst Mitgründer von Paypal<br />
und dafür bekannt, einen Riecher für ausgefallene<br />
Ideen mit Potenzial zu haben, hat die Millionen<br />
aus dem Paypal-Verkauf an eBay nicht nur in<br />
Elektroautos (Tesla) und Solarenergie (Solarcity)<br />
investiert, sondern auch in SpaceX, einen Anbieter<br />
für Weltraumtourismus. Vor dem Hintergrund<br />
dieser alten Seilschaften wirkt Paypal Galactic auf<br />
einmal nicht mehr ganz so abgespaced – eher<br />
wie eine Idee, deren Zeit noch kommen wird. Na<br />
dann, Paypal: Kurs auf den zweiten Stern von<br />
rechts – und weiter bis zum Morgengrauen.<br />
„So machen wie Amazon?“<br />
Warum das Geschäftsmodell des Online-Riesen nicht als Vorlage taugt<br />
Wir haben den Trend verschlafen – so<br />
oder so ähnlich klingt es in den letzten<br />
beiden Jahren, wenn etablierte Handelsunternehmen<br />
Bilanz ziehen. Mediamarkt/Promarkt<br />
und andere schrumpfen,<br />
Amazon & Co. wachsen. Viele große Handelsunternehmen<br />
haben auch schon zwischen<br />
1995 und 2005, dem gefühlten Steinzeitalter<br />
des Web, durchaus große Anstrengungen<br />
unternommen und mussten dann<br />
doch Amazon das Feld überlassen.<br />
Die „Gewinner“ sehen aber<br />
bei genauer Betrachtung nicht<br />
aus wie richtige Gewinner. Bei<br />
den Umsätzen und Marktanteilen<br />
teilen wenige große<br />
Unternehmen das Feld unter<br />
sich auf, aber die Renditen sind<br />
sehr überschaubar. Es dürfte<br />
nie im Interesse eines Handelsunternehmens<br />
gewesen sein,<br />
sein stationäres Geschäft mit<br />
Renditen zwischen fünf und<br />
15 Prozent gegen ein Online-Geschäft mit<br />
Renditen zwischen null und fünf Prozent<br />
einzutauschen. Es ist nicht erwiesen, dass<br />
die Marktführerschaft in den verschiedenen<br />
Feldern des Online-Handels auch zu<br />
marktführenden Renditen führen kann.<br />
„Wir müssen das so machen wie Amazon“<br />
– diese Aussage fehlt in keinem<br />
Online Workshop, weil Amazon vermeintlich<br />
als Gewinner in diesem großen<br />
Neuverteilungsspiel dasteht. Bis dato lässt<br />
sich dagegen kaum etwas sagen, da Amazon<br />
aktuell das Handelsmodell mit der<br />
größtmöglichen Effizienz betreibt: Große<br />
Auswahl führt zu guter Customer Experience<br />
und damit zu wiederkehrenden Kunden<br />
(Traffic). An diesem Traffic wollen<br />
GASTKOMMENTAR<br />
Alexander Graf<br />
berät Handelskonzerne bei<br />
ihrer E-Commerce-Strategie.<br />
■ www.kassenzone.de<br />
weitere Verkäufer partizipieren, was wiederum<br />
zu mehr Auswahl führt. Beschleunigt<br />
wird das Wachstum durch Skaleneffekte<br />
(Kostenstruktur), deren Ergebnis<br />
wieder in den Preis investiert wird. So<br />
muss also ein modernes Online-Handelsmodell<br />
aussehen.<br />
Das habe ich auf jeden Fall sehr lange<br />
geglaubt, bis ein Baustoffhändler mir<br />
gegenüber einmal trocken bemerkte, dass<br />
ihn das System doch sehr an die Handelsmechanik<br />
eines Großmarktes erinnere.<br />
Ich muss ihm recht geben. Amazon ist also<br />
vielleicht nur die Übertragung des Großmarktprinzips<br />
auf den Endkunden. Das<br />
soll keineswegs die Leistung von Amazon<br />
schmälern, aber sie dient kaum als Maßstab<br />
für zukünftige Geschäftsmodelle im<br />
Handel, die auch ohne Skaleneffekte überleben<br />
können müssen.<br />
Interessant wird es, wenn man darüber<br />
nachdenkt, was nach Amazon kommt.<br />
Wenn man den Aussagen vom Rakuten-<br />
Gründer Hiroshi Mikitani glaubt, dann<br />
dürfte es vor allem um Themen wie Personalisierung<br />
und Big Data gehen. Diese<br />
Argumentation erschließt sich mir nicht,<br />
solange das Angebot nicht essenzielle Bindungseffekte<br />
schafft. Wenn Händler nur<br />
noch Transaktionsstätten sind, ist Kundenbindung<br />
nahezu unmöglich.<br />
Das gilt auch für Amazon und Zalando.<br />
Findet der Kunde das gewünschte Angebot<br />
an anderer Stelle zu einem besseren<br />
Preis, kauft er dort. Ich würde das als Handelswettbewerb<br />
in Superlativen beschreiben.<br />
Der „Größte“, „Beste“, „Schnellste“<br />
gewinnt. Vor wem muss sich Amazon also<br />
fürchten? Es müsste ein Unternehmen sein,<br />
das entweder selbst als Hersteller agiert<br />
oder aber extrem viele Hersteller nahezu<br />
exklusiv unter Vertrag hat. Die meisten<br />
Hersteller der Konsumgüter, die wir bei<br />
Amazon/eBay erwerben, sitzen heute in<br />
China. Zu den europäischen Händlern<br />
gelangt die Ware meist über den klassischen<br />
Handel oder kleine Zwischenhändler,<br />
die Ware direkt in China einkaufen.<br />
Diese kleinen Zwischenhändler ordern in<br />
der Regel nicht in der Fabrik, sondern bei<br />
großen Marktplätzen wie Aliexpress.com,<br />
einem Endkunden-Shop der Alibaba<br />
Group. Für die Alibaba Group wird noch<br />
ein Börsengang in diesem Jahr prognostiziert,<br />
der bei einer Bewertung zwischen 80<br />
und 120 Milliarden US-Dollar liegt.<br />
Muss sich Amazon nun vor Aliexpress &<br />
Co. fürchten? Kurzfristig natürlich nicht,<br />
aber wenn solche Marktplätze erlauben,<br />
direkt ab Fabrik/Hersteller zu kaufen, dann<br />
verliert Amazon seine Preisführerschaft –<br />
ein Kernsuperlativ des Geschäftsmodells.<br />
Insgesamt gesehen treibt eine solche Entwicklung<br />
die Kannibalisierung der klassischen<br />
Handelswertschöpfungsstufen noch<br />
ein Stück weiter voran. In dieser Situation<br />
lohnt es sich stärker als je zuvor über die<br />
eigenen USPs nachzudenken.<br />
■<br />
mail@internetworld.de<br />
Gehört<br />
„Nicht besonders clever“<br />
Zum Beitrag „Streitfall Framing“ (Ausgabe<br />
13/2013, Seite 24):<br />
Die Entscheidung, ob ein Video auf anderen<br />
Webseiten gezeigt werden darf oder nicht,<br />
sollte letztlich klar beim Rechteinhaber liegen.<br />
Es gibt Produzenten, deren Interesse einzig<br />
darin liegt, dass sich ein Inhalt verbreitet, weil<br />
in der Situation das Erregen von Aufmerksamkeit<br />
die relevante Währung ist. Finanzielle Interessen<br />
müssen dabei nicht unbedingt eine<br />
Rolle spielen. Und dann gibt es eine Reihe von<br />
Sendern und Produzenten, für die die Produktion<br />
und Vermarktung von Bewegtbild-Inhalten<br />
essenzielle Geschäftsgrundlagen darstellen,<br />
an dieser Stelle muss man sich für den<br />
Schutz der Urheberrechte aussprechen.<br />
Im beschriebenen Fall hat der Hersteller von<br />
Wasserfiltersystemen allerdings nicht besonders<br />
clever agiert, indem er sein Video einfach<br />
auf Youtube eingestellt hat. Er hätte damit<br />
rechnen müssen, dass die Embed-Funktion<br />
auf Youtube genutzt wird, oder aber Vorkehrungen<br />
treffen können, dass diese Funktion<br />
deaktiviert wird. Es gibt mittlerweile einige<br />
Anbieter und/oder Tools, die eine kontrollierte<br />
Syndizierung von Bewegtbild-Inhalten ermöglichen,<br />
das heißt, eine Verbreitung und Kapitalisierung<br />
der Inhalte bei gleichzeitigem<br />
Schutz der Urheberrechte ist heute schon<br />
möglich. Auch das Geschäftsprinzip von<br />
Snack TV beruht darauf, die Rechte vom Content<br />
Owner einzuholen und den Lizenzgebern<br />
ein kontrolliertes und transparentes Umfeld<br />
für die Vermarktung anzubieten.<br />
CHRISTIAN RYMARENKO,<br />
MANAGING DIRECTOR SNACK TV<br />
Ihre Meinung ist uns wichtig!<br />
Haben Sie Kommentare, Vorschläge oder<br />
Kritik? Schreiben Sie einen Leserbrief an<br />
■ mail@internetworld.de<br />
Haben Sie sich beruflich verändert? Dann<br />
schicken Sie uns doch eine Nachricht an<br />
■ aufstieg@internetworld.de<br />
Fragen zu Ihrem Abo richten Sie bitte an<br />
■ leserservice@internetworld.de<br />
„Gegen Facebook wäre wohl keine Mauer<br />
möglich gewesen.“<br />
EGON KRENZ, von Oktober bis Dezember 1989 letzter Generalsekretär des<br />
Zentrakomittees der SED und Staatsratsvorsitzender der DDR, in einem Gespräch<br />
mit der Wochenzeitung „Die Zeit“<br />
„Wenn ein Partner den anderen ausspioniert, gibt es keine<br />
Verhandlungen auf Augenhöhe.“<br />
Linke-Parteichefin KATJA KIPPING fordert drastische politische Konsequenzen<br />
aus der NSA-Datenspionage-Affäre<br />
„Jeder Redakteur will hinter seinem Artikel<br />
ein Plus haben.“<br />
Axel-Springer-Vorstandschef MATHIAS DÖPFNER sieht in der<br />
Einführung einer Bezahlschranke für jounalistische Inhalte ein stimulierendes<br />
Element für die betroffenen Redaktionen<br />
„Man fordert den mächtigsten Staat auf der Erde nicht heraus,<br />
ohne selber angegriffen zu werden.“<br />
GLENN GREEN, der als Journalist des „Guardian“ die Berichte über die Abhöraktionen des<br />
NSA veröffentlichte, berichtet über persönliche Attacken gegen ihn