Agritechnica: Tipps für den Messebesuch ... - LMV-Jobbörse
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Das Portal „Hofgruender.de“ will Abgebende<br />
und Suchende zusammenführen.<br />
fotolia.com<br />
hofgründer.de<br />
Fälle so. Da wird der Hof übergeben wie<br />
innerhalb der Familie, mit Hofübergabevertrag.<br />
Das ist eine Schenkung unter Auflagen.<br />
on track: Welche Auflagen sind das?<br />
Vieth: Das kann ein Baraltenteil sein, also<br />
eine Rente für <strong>den</strong> abgeben<strong>den</strong> Landwirt.<br />
Die Höhe ist abhängig vom Bedarf der Altenteiler<br />
und der Leistungsfähigkeit des Betriebes.<br />
In der Regel sind das Zahlungen<br />
zwischen 500 und 1000 Euro pro Monat.<br />
Auflagen können aber auch ein Wohnrecht,<br />
Naturalentnahmen usw. sein. Wichtig für die<br />
Altenteiler ist, dass sie auf dem Hof bleiben<br />
können. Denn einen alten Baum verpflanzt<br />
man nicht.<br />
on track: Muss man in diesen Fällen als Hofübernehmer<br />
das Altbauern-Ehepaar im Alter<br />
auch pflegen?<br />
Vieth: Viele Übernehmer sind bereit sich<br />
um die Altbauern zu kümmern. Das hat weniger<br />
mit einem „Muss“ zu tun, vielmehr<br />
weil man es gerne macht und sich moralisch<br />
verpflichtet fühlt. Allerdings sollte man sich<br />
davor hüten, die Pflege in <strong>den</strong> Hofübergabevertrag<br />
sorglos einzutragen. Denn dann<br />
kann der Staat verlangen, dass der Hofnachfolger<br />
für die gesamten Kosten aufkommt.<br />
Die Pflegestufe 3 kann 3000 Euro pro Person<br />
im Monat kosten, das wäre der Ruin<br />
für <strong>den</strong> Hof. Wenn man so etwas einträgt,<br />
dann maximal bis Erreichen der Pflegestufe<br />
1. Aber die Pflege kostet nicht nur Geld, sie<br />
kann junge Menschen auch psychisch und<br />
physisch überfordern. Bei der Hofübergabe<br />
muss man drei Interessen berücksichtigen:<br />
Die des Abgebers, des Übernehmers und<br />
des Hofes. Letzterer darf unter der Vereinbarung<br />
zwischen Abgeber und Übernehmer<br />
nicht lei<strong>den</strong>.<br />
on track: Viele Hofgründer entschei<strong>den</strong><br />
sich für die Direktvermarktung. Warum ist<br />
das so?<br />
Vieth: Die Neueinsteiger brauchen schnell<br />
Liquidität, darauf achten wir auch bei der<br />
Beratung sehr genau. Mit der Direktvermarktung<br />
hat man unmittelbar Nachfrage<br />
nach <strong>den</strong> Produkten. Ich halte es für einen<br />
guten Ansatz, auf die Verbraucher zuzugehen<br />
und sie unter Umstän<strong>den</strong> sogar zu Partnern<br />
zu machen, wie z.B. beim Konzept<br />
der solidarischen Landwirtschaft. Wenn die<br />
Landwirte mehr Geld für die Produkte haben<br />
wollen, müssen sie Verständnis dafür<br />
wecken, was diese eigentlich wert sind.<br />
on track: Warum ist der Ökolandbau bei<br />
Neueinsteigern beliebt? Hat das eher mit der<br />
Einstellung der Gründer zu tun oder mit der<br />
möglichen Wertschöpfung?<br />
Vieth: Es stimmt, 90 % der Hofgründer<br />
steigen in <strong>den</strong> Ökolandbau ein. Das hat aber<br />
nicht nur etwas mit Ideologie zu tun. Das<br />
hängt unter anderem mit der Hofgröße zusammen.<br />
Ungefähr ein Viertel der Betriebe<br />
ohne Nachfolger gibt an, keine wirtschaftliche<br />
Perspektive zu haben. Wenn man so<br />
einen Betrieb übernimmt, der in der Regel<br />
zu <strong>den</strong> kleineren zählt, und damit Geld verdienen<br />
will, ist der Ökolandbau ideal. Denn<br />
er bietet die Chance, mit viel Handarbeit<br />
und ohne großen Kapitaleinsatz zu starten,<br />
gerade beim Gemüseanbau. Dazu kommt,<br />
dass die Produkte bei <strong>den</strong> Verbrauchern<br />
sehr gefragt sind. Aber auch wirtschaftlich<br />
gut dastehende Betriebe wer<strong>den</strong> häufig im<br />
Rahmen des Generationswechsels auf Ökolandbau<br />
umgestellt.<br />
on track: Eine Hofgemeinschaft ist ja ideal,<br />
weil man sich gegenseitig vertreten kann und<br />
sich jeder mit seinen Fähigkeiten einbringen<br />
kann. Kommt es häufig vor, dass Neueinsteiger<br />
in Gemeinschaften starten?<br />
Vieth: Viele streben das an, aber meistens<br />
wird daraus nichts. Denn häufig stellt sich<br />
bei der Hofsuche heraus, wo die unterschiedlichen<br />
Interessen sind. Erst nach einiger<br />
Zeit merkt man, dass die Menschen<br />
doch nicht so zusammenpassen, wie sie gedacht<br />
haben. Dann ist es besser, man trennt<br />
sich gleich, als wenn alle Kapital investieren<br />
und nach einem Jahr wieder alles auseinander<br />
geht. Wenn man eine Hofgemeinschaft<br />
grün<strong>den</strong> will, müssen aber nicht nur<br />
die Menschen passen. Sie müssen auch einen<br />
Hof fin<strong>den</strong>, der Wohnraum für alle bietet<br />
und wo auch das Umfeld eine solche Gemeinschaft<br />
akzeptiert.<br />
on track: Sie sind jetzt fünf Jahre tätig. Haben<br />
Sie das Gefühl, <strong>den</strong> Strukturwandel ein<br />
Stück aufzuhalten?<br />
Vieth: Auf je<strong>den</strong> Fall. 70 % der Betriebe in<br />
Deutschland haben keinen Nachfolger und<br />
viele der Betriebe stehen wirtschaftlich gut<br />
da. Aber viele Neueinsteiger wer<strong>den</strong> entmutigt,<br />
weil sie bei <strong>den</strong> Landwirtschaftsämtern<br />
anrufen und gesagt bekommen, dass eine<br />
Hofgründung oder außerfamiliäre Hofübernahme<br />
nicht möglich oder unsinnig sei.<br />
Wir bekommen das leider regelmäßig mit.<br />
hofgruender.de versucht, dem etwas entgegen<br />
zu setzen. Wir verstehen uns als Marktplatz<br />
für Menschen und Höfe und ermöglichen<br />
dadurch, dass die Altbauern eine<br />
Anerkennung für ihre Arbeit erhalten und<br />
ihr Lebenswerk fortgeführt wird. Das ganze<br />
hat schließlich auch eine ökonomische Seite<br />
– ohne Nachfolger fließt kein Altenteil.<br />
Für viele Altbauern bedeutet das dann einen<br />
großen finanziellen Einschnitt – wir bekommen<br />
mit, dass immer mehr Bauern in Altersarmut<br />
geraten. Wenn die Höfe in Betrieb<br />
bleiben, hält das nicht nur das Höfesterben<br />
auf, sondern belebt auch die Dörfer. Untersuchungen<br />
zeigen, dass sich in bäuerlich aktiven<br />
Dörfern mehr Familie ansiedeln.<br />
on track: Wie könnte die Bewegung noch<br />
breiter wer<strong>den</strong>?<br />
Vieth: Ich würde mir wünschen, dass die<br />
Hofgründung an <strong>den</strong> Lehrplänen der Unis<br />
stärker berücksichtigt wird. Es nützt nichts,<br />
nur ein Seminar zum Businessplan anzubieten.<br />
Existenzgründer in der Landwirtschaft<br />
brauchen andere Informationen, z.B. eine<br />
Liquiditätsplanung. Oder das Erarbeiten<br />
eines richtigen Konzepts: Was passt zu mir<br />
und meiner Familie? Aber neben <strong>den</strong> Existenzgründern<br />
brauchen auch künftige Berater<br />
Informationen zur Hofgründung. Damit<br />
könnten wir die Unwissenheit auf <strong>den</strong><br />
Ämtern bekämpfen.<br />
Das Interview führte Hinrich Neumann.<br />
2.2013 | on track | 29