PDF (873 KB) - Mohr Siebeck Verlag
PDF (873 KB) - Mohr Siebeck Verlag
PDF (873 KB) - Mohr Siebeck Verlag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
§ 1 Gerichte<br />
138<br />
es im Falle einer isolierten Unterbreitung keine Zuständigkeit besitzt. Danach sollte sich<br />
aus der Einzelzuständigkeit im Rahmen eines Sachzusammenhangs keine Globalzuständigkeit<br />
für alle zusammengehörenden Fragen ableiten lassen. Das deutsche Kompetenzsystem<br />
stelle weitgehend auf die geltend gemachten Anspruchsgrundlagen ab, so dass<br />
örtliche, sachliche und internationale Zuständigkeit bei verschiedenen materiellrechtlichen<br />
Anspruchsgrundlagen für denselben prozessualen Anspruch gespalten werden<br />
könnten. Deshalb könne nur ein grundlegender Eingriff des Gesetzgebers in dieses System<br />
einen Wandel bewirken. Bisher habe der Gesetzgeber aber kein anderes Zuständigkeitssystem<br />
geschaffen. Das gelte sowohl für den Reformentwurf 1931 (zu ihm → Brehm<br />
vor § 1 Rdnr. 167 ff.) 14 als auch für das Zweite Gesetz zur Änderung der ZPO 15 sowie für<br />
weitere Novellierungen der ZPO.<br />
3. Prozessökonomische Schwächen<br />
8 Die Gegner eines Gerichtsstandes des Sachzusammenhanges leugnen die Misshelligkeiten<br />
nicht, die sich aus der von ihnen vertretenen Meinung ergeben. So können Schwierigkeiten<br />
durch das Auseinanderfallen der Zuständigkeit für ein und denselben Streitgegenstand<br />
auftreten. Es kann etwa die sachliche Zuständigkeit gespalten werden, wenn der<br />
Mieter seinen Schadensersatzanspruch in Höhe von 6000 Euro aus Vertrag und aus Delikt<br />
begründet. Für die Vertragsansprüche ist wegen § 23 Nr. 2a GVG das AG streitwertunabhängig<br />
zuständig. Die Zuständigkeit des LG wegen der Deliktsansprüche folgt aus dem<br />
Streitwert. Wird ein Schadensersatzanspruch sowohl aus Vertrag als auch aus Delikt abgeleitet,<br />
so ergeben sich Schwierigkeiten auch für die örtliche Zuständigkeit, z. B. beim<br />
Auseinanderfallen des Deliktsgerichtsstandes nach § 32 ZPO (→ H. Roth § 32 Rdnr. 16)<br />
und des Gerichtsstandes des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO (→ H. Roth § 29 Rdnr. 9).<br />
8<br />
9 Macht der Kl bei derartig gespaltenen Gerichtszuständigkeiten unter Berufung auf einen<br />
»Gerichtsstand des Sachzusammenhangs« einen Klagegrund geltend, der vom Gericht<br />
wegen fehlender Kompetenz nicht geprüft werden darf, so kommt es für die Gegner<br />
eines Gerichtsstandes kraft Sachzusammenhangs (→ Rdnr. 7) zu folgenden Konsequenzen:<br />
Das z. B. im Gerichtsstand des § 32 ZPO angerufene Gericht kann das Begehren unter<br />
dem Aspekt des Delikts zusprechen, weil dieser Klagegrund seiner Kompetenz unterliegt.<br />
Ist das aber nicht möglich, weil sich der eingeklagte Anspruch aus dem geltend gemachten<br />
Delikt als unbegründet erweist, so kommt es zu einer teilweisen Abweisung als<br />
unbegründet und als unzulässig. Der für das angerufene Gericht prüfbare Deliktsanspruch<br />
wird als unbegründet und der außerhalb der Kognition des Gerichts liegende vertragliche<br />
Anspruch als unzulässig abgewiesen. Trotz rechtskräftiger Abweisung der Klage<br />
soll der Kl später seinen Vertragsanspruch vor dem zuständigen Gericht geltend machen<br />
können, also etwa im Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach § 29 ZPO oder im<br />
allgemeinen Gerichtsstand des Bekl nach den §§ 12, 13 ZPO. Die Rsp lehnte wegen des<br />
nicht prüfbaren Klagegrundes aus Vertrag eine Teilverweisung an das örtlich zuständige<br />
Gericht ab 16 . Gleichwohl sollte der Einwand der Rechtshängigkeit zu beachten sein. Es sei<br />
nämlich nicht ausgeschlossen, dass das Anhängigmachen der Klage bei dem Gericht, das<br />
nicht alle materiellrechtlichen Gesichtspunkte prüfen darf, den Einwand der Rechtshängigkeit<br />
für den gesamten Streitgegenstand begründet. Damit werde der gleichzeitig geführte<br />
Prozess hinsichtlich der anderen materiellrechtlichen Gesichtspunkte vor demjeni-<br />
9<br />
14<br />
Kritik deshalb von Rosenberg ZZP 57 (1933) 185, 213 f. mit formuliertem Vorschlag.<br />
15<br />
Dazu näher Holtgrave ZZP 86 (1973) 1, 8.<br />
16<br />
BGH NJW 1971, 564.<br />
Herbert Roth