PDF (873 KB) - Mohr Siebeck Verlag
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§ 3 Gerichte<br />
224<br />
rechtmäßigen Klauselwerken (§ 1 UKlaG) und Einhaltung von Verbraucherschutzgesetzen<br />
(§ 2 UKlaG) relativiert (→ Stichwort »Allgemeine Geschäftsbedingungen« [Rdnr. 47]).<br />
f) Insolvenzfeststellungsklagen<br />
8 § 182 InsO beschränkt das richterliche Ermessen auf die Schätzung der zu erwartenden<br />
Insolvenzquote. Hier wird ausnahmsweise die Einbringlichkeit einer Forderung berücksichtigt<br />
(→ H. Roth § 2 Rdnr. 16). Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG gilt die Norm auch für den<br />
Gebührenstreitwert (→ Stichwort »Insolvenzfeststellungsklage« [Rdnr. 55]).<br />
8<br />
g) Aktienrechtliche Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen des Aktionärs<br />
9 Nach § 247 Abs. 1 AktG ist ausnahmsweise nicht das gegebenenfalls geringere Interesse<br />
des Kl maßgebend, sondern (auch und vor allem) die unternehmerische Bedeutung (→ H.<br />
Roth § 2 Rdnr. 17; → § 3 Stichwort »Aktiengesellschaft« [Rdnr. 47]). Die Norm hat Ausnahmecharakter<br />
und ist nicht analog auf Feststellungsklagen anwendbar, mit denen das<br />
Bestehen oder Nichtbestehen eines Gesellschaftsvertrages oder eines Gesellschafterbeschlusses<br />
bei Personengesellschaften oder des Beschlusses der Mitgliederversammlung<br />
eines Vereins geltend gemacht wird 8 . Über § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG gilt die Norm auch für<br />
den Gebührenstreitwert 9 .<br />
9<br />
2. Angreiferinteresse<br />
10 Sind die genannten normativen Streitwerte (→ Rdnr. 2 ff.) nicht einschlägig, so kommt<br />
§ 3 ZPO zur Anwendung. Nunmehr ist der Streitwert konkret i.d.S. zu bestimmen, dass<br />
das Interesse des Angreifers für die Wertberechnung entscheidend ist 10 . Er bestimmt den<br />
Streitgegenstand und die Wertberechnung ist ihrerseits am Streitgegenstand ausgerichtet<br />
(→ H. Roth § 2 Rdnr. 11 ff.) 11 . Maßgebend ist das objektive wirtschaftliche Interesse (→<br />
Rdnr. 14 ff.) 12 . Auf Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage oder des Antrags kommt es<br />
nicht an 13 . Zivilrechtsfremde generalpräventive Erwägungen können grundsätzlich nicht<br />
zu einer Erhöhung des Streitwerts über das Angreiferinteresse hinaus führen 14 . Der ZPO<br />
liegt die Vorstellung zugrunde, dass für jeden vermögensrechtlichen Streitgegenstand<br />
eine Wertberechnung möglich ist 15 . Das Gesetz kennt keine nicht schätzbaren Vermögensrechte.<br />
Demnach ist das Ausweichen auf Pauschalwerte grundsätzlich verboten, auch<br />
wenn die Wertfeststellung sich als schwierig erweist 16 . Das Zurückgreifen auf Pauschalwerte<br />
ohne Rücksicht auf die wahren Vermögenswerte bedeutet eine pflichtwidrige Ab-<br />
10<br />
8<br />
BGH ZIP 1992, 918 (Verein); a. A. Happ/Pfeifer ZGR 1991, 103, 117 f.<br />
9<br />
BT-Drucks 12/6962, 61.<br />
10<br />
OLG Stuttgart FamRZ 2009, 1621; E. Schumann NJW 1982, 1257, 1260.<br />
11<br />
BGH NJW-RR 2005, 503; OLG Düsseldorf JurBüro 2011, 645.<br />
12<br />
RGZ 45, 404 (Vereinigte Zivilsenate); BayObLG JurBüro 1995, 27; AG München JurBüro<br />
2011, 28; Stickelbrock 410.<br />
13<br />
OLG Nürnberg FamRZ 2009, 1620, 1621.<br />
14<br />
OLG Celle BeckRS 2011, 28345 (Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG); OLG Schleswig-Holstein<br />
ZUM 2010, 68 (Urheberrechtsverletzung auf Internetseite); a. A. OLG Schleswig-Holstein<br />
JurBüro 2009, 256 (unerwünschte e-mail-Werbung).<br />
15<br />
RGZ 10, 322; anders noch das Gemeine Recht, Wetzell 3 717 f.<br />
16<br />
Ein anderes Verständnis bei OLG Braunschweig JurBüro 1977, 403; OLG Köln JurBüro 1971,<br />
718; OLG Frankfurt a. M. Rpfleger 1957, 124; LG Bonn AGS 2011, 90 (4000 Euro bei ehrverletzenden<br />
Äußerungen).<br />
Herbert Roth