PDF (873 KB) - Mohr Siebeck Verlag
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1149 Wirkung der Nebenintervention<br />
§ 68<br />
20 Eine immer weiter im Vordringen befindliche Ansicht bejaht indessen zu Recht eine<br />
Interventionswirkung zulasten der Hauptpartei. 57 Der Dritte ist als Streithelfer wie als<br />
Streitverkündeter am Vorprozess formell beteiligt. Diese Beteiligung rechtfertigt die Interventionswirkung<br />
zu seinen Lasten, gebietet unter Beachtung der prozessualen Chancengleichheit<br />
aber ebenso, Prozessergebnisse auch für ihn wirken zu lassen. 58 Das gilt<br />
insbesondere für den Streithelfer, der für die Hauptpartei den Sieg herbeigeführt hat;<br />
gleichgestellt ist aber auch der untätige Dritte, da er möglicherweise das zum Sieg Erforderliche<br />
getan hätte, wenn es die Hauptpartei nicht selbst gemacht hätte. Es entspricht<br />
daher dem Zweck der Interventionswirkung (→ Rdnr. 2), im Interesse des Dritten und im<br />
öffentlichen Interesse eine erneute und u. U. widersprüchliche Beurteilung derselben Fragen<br />
zu verhindern. Den Zweck der Interventionswirkung dagegen auf den Schutz der<br />
Partei zu beschränken, betrachtet das Institut zu einseitig aus dem Blickwinkel des<br />
Zwecks der Streitverkündung (→ § 72 Rdnr. 2). Auch der Wortlaut von §§ 68, 74 hindert<br />
eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften zulasten der unterstützten Partei<br />
nicht, da der Gesetzgeber eine solche Wirkung nicht ausschließen wollte, sie vielmehr gar<br />
nicht erwogen hat. 59 Schließlich erkennt ja auch die Gegenauffassung eine Interventionswirkung<br />
zulasten der Partei an, wenn sie auf Grund der Unteilbarkeit der Interventionswirkung<br />
die Partei mit Vortrag ausschließt.<br />
20<br />
2. Umfang dieser Interventionswirkung<br />
21 Die Argumente für eine Interventionswirkung zulasten der unterstützten Partei rechtfertigen<br />
allerdings nicht eine umfassende Interventionswirkung hinsichtlich aller der Interventionswirkung<br />
fähigen Feststellungen, 60 sondern ebenfalls wie im umgekehrten Verhältnis<br />
(→ Rdnr. 11) nur eine in ihrem Umfang beschränkte Interventionswirkung. 61 Die<br />
Einschränkung ist wiederum aus der Sicht des Streithelfers zu bestimmen. 62 Er konnte im<br />
Vorprozess auf Grund seiner Unterstützungsfunktion nur Feststellungen zugunsten der<br />
unterstützten Partei erzielen. Daher rechtfertigen seine Interessen und die ihm zu gewährende<br />
Chancengleichheit (→ Rdnr. 20) eine Interventionswirkung zu seinen Gunsten lediglich<br />
dahin gehend, dass die Partei Feststellungen nicht mehr angreifen kann, die ihr<br />
günstig waren. 63 So verhindert die Interventionswirkung zulasten der unterstützten Partei<br />
ihren doppelten Gewinn mit entgegengesetzter Begründung, wie die Interventionswir-<br />
21<br />
57<br />
A. Blomeyer ZPR 2 § 113 II 4; Diedrich Interventionswirkung, S. 146 ff.; Dorpalen Judicium<br />
1933, 143 ff.; Gerhardt ZZP 108 (1995), 550 f.; Häsemeyer ZZP 84 (1971), 198; Hellwig Lb 2, 515;<br />
Jacoby Musterprozeßvertrag, S. 26 ff.; Lammenett Nebenintervention, S. 157 ff.; Lüke Beteiligung,<br />
S. 341 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald 17 § 50 Rdnr. 57; Schneider MDR 1961, 8; Stahl Beiladung,<br />
S. 139; Wieczorek/Schütze/Mansel 3 Rdnr. 141 f.; Ziegert Interventionswirkung, S. 182 ff.<br />
58<br />
Diedrich Interventionswirkung, S. 149; Gerhardt ZZP 108 (1995), 551; Häsemeyer JR 1988,<br />
70; Jacoby Musterprozeßvertrag, S. 29; Lüke Beteiligung, S. 342; Wieczorek/Schütze/Mansel 3<br />
Rdnr. 142; Ziegert Interventionswirkung, S. 189.<br />
59<br />
Vgl. Motive, 87, 91 f. = Hahn Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen (1880)<br />
II, 177 f., 181; wie hier Jacoby Musterprozeßvertrag, S. 27; Ziegert Interventionswirkung, S. 183 f.;<br />
ähnlich Lüke Beteiligung, S. 344; a. M. MünchKommZPO/Schultes 4 Rdnr. 10.<br />
60<br />
So aber Diedrich Interventionswirkung, S. 146 ff.; Lammenett Nebenintervention, S. 157 ff.;<br />
Lüke Beteiligung, S. 345 ff.; Stahl Beiladung, S. 139; Ziegert Interventionswirkung, S. 182 ff.<br />
61<br />
So auch Häsemeyer ZZP 84 (1971), 198; Jacoby Musterprozeßvertrag, S. 28 ff.; Wieczorek/<br />
Schütze/Mansel 3 Rdnr. 142; dahin tendierend Gerhardt ZZP 108 (1995), 550 f.<br />
62<br />
Jacoby Musterprozeßvertrag, S. 28; zu den abweichenden Ansätzen von Häsemeyer ZZP 84<br />
(1971), 198 und Wieczorek/Schütze/Mansel 3 Rdnr. 142 → Rdnr. 9.<br />
63<br />
Jacoby Musterprozeßvertrag, S. 28; Wieczorek/Schütze/Mansel 3 Rdnr. 142; ähnlich Häsemeyer<br />
ZZP 84 (1971), 198. – Die Ausschlusswirkung zulasten der unterstützten Partei bezieht sich<br />
also gerade auf die Feststellungen, der der Streithelfer widersprechen kann (→ Rdnr. 11).<br />
Florian Jacoby