PDF (873 KB) - Mohr Siebeck Verlag
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§ 68 Beteiligung Dritter am Rechtsstreit<br />
1142<br />
über der dort geregelten Rechtskraftwirkung (→ Rdnr. 5) in dieser Bezeichnung so wenig<br />
zum Ausdruck, dass zur Vermeidung von Missverständnissen besser von Interventionswirkung<br />
gesprochen werden sollte. 2<br />
2 Die Interventionswirkung ist Ausdruck dessen, dass der Prozess zwischen unterstützter<br />
Partei und Gegner sich auch im Verhältnis von unterstützter Partei und Streithelfer als<br />
Rechtsschutzgewährung darstellt (→ Bork 22 § 114 Rdnr. 9). 3 Die Interventionswirkung<br />
dient damit wie die Rechtskraft (→ Leipold 22 § 322 Rdnr. 27 ff.) privaten und öffentlichen<br />
Interessen zugleich. 4 Besonderes Gewicht haben folgende Funktionen: Die Interventionswirkung<br />
schützt subjektive Rechte der Betroffenen, indem sie deren Durchsetzung unterstützt<br />
und so Rechtsgewissheit und Rechtsfrieden herstellt. Im Interesse der Rechtspflege<br />
vermeidet sie eine doppelte Verhandlung und Entscheidung derselben Fragen.<br />
2<br />
II. Voraussetzungen der Interventionswirkung<br />
3 Die Interventionswirkung ist Urteilswirkung. Sie setzt eine rechtskräftige Entscheidung<br />
voraus. Dagegen wirken andere Vorgänge als Entscheidungen, z. B. ein außergerichtlicher<br />
oder ein Prozessvergleich, nicht (jedenfalls nicht nach § 68) gegenüber dem<br />
Streithelfer, ebenso wenig die im Hauptprozess ergangenen, durch Vergleich usw. nicht<br />
rechtskräftig gewordenen, regelmäßig wirkungslosen Urteile. 5 Die Interventionswirkung<br />
tritt aber ein, wenn ein Urteil durch vergleichsweise Rechtsmittelrücknahme Rechtskraft<br />
erlangt hat 6 oder bereits vor dem Vergleich rechtskräftig geworden und geblieben ist. 7 Die<br />
Interventionswirkung tritt unabhängig davon ein, ob im Folgeverfahren ebenfalls der<br />
Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit oder ein anderer Rechtsweg eröffnet ist. 8<br />
Denn die Rechtswege sind nach der Wertung von § 17 f. GVG gleichwertig, und das Bedürfnis,<br />
durch die Interventionswirkung Urteilskollisionen zu vermeiden, besteht in gleicher<br />
Weise. Ebenso greift die Interventionswirkung in Verfahren mit anderer Verfahrenszuständigkeit<br />
und in Schiedsverfahren. 10 Zur Interventionswirkung im selbständigen<br />
Beweisverfahren → § 66 Rdnr. 9. – Zur Interventionswirkung nach Streitverkündung im<br />
Anwendungsbereich der EuGVVO → Wagner 22 Art. 65 EuGVVO Rdnr. 8 ff.<br />
3<br />
4 Die Interventionswirkung verlangt neben der rechtskräftigen Entscheidung lediglich<br />
einen wirksamen Beitritt in dem Verfahren, in dem die Entscheidung erlassen wurde (zur<br />
4<br />
2<br />
So u. a. Baumgärtel GS Rödig, 1978, 316; A. Blomeyer ZPR 2 § 112 III 3; Costede Studien zum<br />
Gerichtsschutz (1977), S. 314 ff.; Jauernig/Hess ZPR 30 § 83 Rdnr. 20; MünchKommZPO/Schultes 4<br />
Rdnr. 6; Ziegert Interventionswirkung, S. 20 ff.<br />
3<br />
Jacoby Musterprozeßvertrag, S. 29, 32; Ziegert Interventionswirkung, S. 33 f.<br />
4<br />
Vgl. (z. T. unterschiedlich gewichtend) Eibner JurBüro 1988, 150 ff.; Häsemeyer ZZP 84 (1971),<br />
179 ff., 186 f. (ihm folgend Costede Studien zum Gerichtsschutz (1977), S. 314 ff.); Herrmann Grundstruktur<br />
der Rechtshängigkeit (1988), S. 126 ff., 139 f.; Kittner JuS 1985, 705; Milleker ZZP 84<br />
(1971), 99 ff.; Wieczorek/Schütze/Mansel 3 Rdnr. 5 ff.; ausführlich Ziegert Interventionswirkung,<br />
S. 26 ff. m. w. N.<br />
5<br />
BGH NJW 1969, 1481; WM 1967, 198; VersR 1958, 762; RGZ 159, 88; Schwanecke Nebenintervention,<br />
S. 98 ff.<br />
6<br />
BGH NJW 1969, 1480.<br />
7<br />
RGZ 123, 95 (Grundurteil).<br />
8<br />
Häsemeyer ZZP 107 (1994), 234 f.; MünchKommZPO/Schultes 4 Rdnr. 24; Otte Streitentscheidung,<br />
S. 90; Wax LM § 256 Nr. 177; lediglich mit Einschränkungen BSG NJW 2012, 956 Rdnr. 13;<br />
a. M. (obiter) BGHZ 123, 44, 48 f.; Musielak/Weth 10 Rdnr. 4; Zöller/Vollkommer 29 Rdnr. 10.<br />
9<br />
OLG Hamm NJW-RR 1996, 336 (Interventionswirkung eines ZPO-Urteils im FGG-WEG-Verfahren).<br />
10<br />
Bartels TranspR 2002, 19 ff.; → Schlosser 22 § 1042 Rdnr. 28, dort auch zur Interventionswirkung<br />
von Schiedssprüchen.<br />
Florian Jacoby