Dokumentation als PDF (2 MB) - Olms
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In zwei Buchhandlungen in Lindau hatte ich dam<strong>als</strong> gelernt, Kunde<br />
zu sein.<br />
Ich sage nicht, dass Fräulein Klein mich hätte warnen müssen, <strong>als</strong> sie<br />
mir 1943 eine Nietzsche-Auswahl mit dem Titel „Von neuen Freiheiten<br />
des Geistes“ verkaufte. Die lange Einleitung war zum Glück<br />
unlesbar uninteressant. Nachher aber die Nietzsche-Partien, das waren<br />
Erweckungen von Satz zu Satz. Nicht nur der Inhalte wegen, sondern<br />
durch die Tonart. „… es ist leichter gigantisch zu sein <strong>als</strong> schön“,<br />
das war die Tonart.<br />
Was der Lehrer Müller, der ein fanatischer Anhänger Hitlers war, in<br />
der Wasserburger Schulbibliothek anbot, konnte ich nur langweilig<br />
oder abstoßend finden. Ich lernte Ich sagen bei Hölderlin, George,<br />
Schiller und Goethe. Ich weiß nichts, was in meinem Leben nicht<br />
mit Büchern zu tun hat.<br />
Ein drastisches Beispiel: 1945, Kriegsende, ich in amerikanischer Gefangenschaft,<br />
lokalisiert im Eisstadion in Garmisch Partenkirchen,<br />
wo auch, ausgelagert, die Bibliothek des Reichssenders München<br />
untergebracht war. Die entdeckte ich, ging nicht mehr zur täglichen<br />
Arbeit, bei der die Verpflegung angeblich besser war, sondern holte<br />
mir Bücher aus den Regalen, und las und las, und fiel dadurch offenbar<br />
einem amerikanischen Offizier auf, kam ins Gespräch und dann<br />
in seinen Jeep, und er fuhr mich an einem Sonntag nach Wasserburg<br />
an den Bodensee. Mein Militärrucksack voller Bücher aus dieser<br />
Reichsrundfunkbibliothek. Hauptsächlich Stifter. Diese nichts <strong>als</strong><br />
glücklich zu nennende Heimkehr hatte ich ganz allein den Büchern<br />
zu verdanken. Und kaum zu Hause, hörte ich, gerade habe sich der<br />
Freiherr von Lützow umgebracht. Er hatte zu meinen Kunden gehört.<br />
Ich hatte neben der Schule einen Kohlenhandel zu betreuen.<br />
Herr von Lützow hatte eine winzige Wohnung im ersten Stock einer<br />
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