Dokumentation als PDF (2 MB) - Olms

Ich erlebte, dass auch ich mich eingerichtet hatte im Rechthaben.
Der Mangel an Rechtfertigung war verkommen zum intellektuellen
Sport des Rechthabens.
Ich will, um Karl Barths Anspruch spürbar zu machen, einen einzigen
Satz von ihm zitieren:
»Was sich nicht aufheben lassen, sondern sich (als Ja oder Nein!)
selbst rechtfertigen will, das ist eben um deswillen gerichtet. «
Und diese Zertrümmerung sowohl des Zustimmens wie des Kritisierens
erlebst du in einem Buch! KEIN anderes Medium öffnet dich
so wie das Buch. Einfach weil das Buch das Medium der Sprache ist,
und Sprache ist doch der Schlüssel, mit dem wir aufschließbar sind
wie durch nichts sonst.
Was wir sind, sind wir durch Sprache und erfahren wir durch Sprache.
Und wo ist denn die Sprache daheim, wenn nicht im Buch!
Wenn, wie Heidegger sagt, die Sprache das Haus des Seins ist, dann
ist das Buch das Dach dieses Hauses des Seins. Wir, die wir ohne etwas
dafür zu können, mit Büchern aufgewachsen sind, dürfen uns
glücklich schätzen.
Ich könnte mit meinem Kollegen John Updike sagen: „Ohne die
physische Zeugenschaft der Bücher wäre mein Leben unwirklicher.“
Ich hatte lesen gelernt, also empfinden gelernt, als Leser der Schrift,
die „die heilige“ hieß. Das verliert sich nie mehr.
Wenn ich dann lese, wie Heinrich Heine ausdrückte, was die Bibel
für die Juden war und ist — „… ein Buch ist ihr Vaterland, ihr Besitz,
ihr Herrscher, ihr Glück und ihr Unglück“ —, dann lese ich auch
meine Geschichte, denn angefangen hat das Lesen mit dem Katechismus,
mit der Geschichte von Kain und Abel, von Josef und sei-
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