Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
DESTINATIONS<br />
ST. PETERSBURG<br />
Machtvoll: der<br />
Thronsaal. Powerful:<br />
the Throne Room.<br />
Über den unersättlichen Appetit der Zarin<br />
Katharina der Großen ist bekanntlich viel<br />
getuschelt, erzählt und geschrieben worden.<br />
Ihre zahlreichen Liebschaften und Affären<br />
waren Stoff für Romane und Filme. Auch in<br />
politisch-militärischen Angelegenheiten war<br />
sie nicht untätig: In zwei Kriegen entwendete<br />
sie die Schwarzmeerküste endgültig den<br />
Türken und eroberte die Halbinsel Krim. Aus<br />
gegebenem Anlass interessiert uns aber hier<br />
vor allem jene Katharina, die sich für die<br />
Kunst und die Kultur interessierte. Die Zarin,<br />
die ursprünglich Sophie Auguste Friederike<br />
von Anhalt-Zerbst hieß, verehrte Voltaire und<br />
stand mit dem französischen Philosophen in<br />
einem angeregten Briefwechsel, sie besuchte<br />
ihn auf seinem Landgut Ferney und kaufte<br />
nach seinem Tod seine Bibliothek.<br />
Wie bereits der Stadtgründer Peter der Große<br />
schaute Katharina mit großem Interesse<br />
Richtung Westen. Katharina war eine leidenschaftliche<br />
Kunstsammlerin: Rubens, Tizian,<br />
Rembrandt. 1764 erwarb sie die Sammlung<br />
des preußischen Kaufmanns und Kunsthändlers<br />
Johann Ernst Gotskowski. Das waren<br />
knapp 225 Gemälde, meist flämische und<br />
holländische Meister, und sie hängte sie in<br />
ein Nebengebäude des Winterpalastes, das sie<br />
Eremitage, die „Einsiedelei“, nannte. In den<br />
folgenden Jahren beauftragte Katharina ihre<br />
Botschafter in ganz Europa, an Auktionen<br />
teilzunehmen und künstlerische Arbeiten –<br />
nicht nur Gemälde, sondern auch archäologische<br />
und ethnologische Schätze, Kunsthandwerk,<br />
Skulpturen und Bücher – für die<br />
Eremitage zu erwerben.<br />
Was so begann, wuchs zu einer der größten<br />
Museumssammlungen der Welt heran,<br />
vergleichbar nur mit dem Louvre in Paris oder<br />
dem British Museum in London. Unter Zar<br />
Alexander I. wurde die Eremitage der Öffentlichkeit<br />
zugänglich gemacht. Nach der<br />
Oktoberrevolution 1917 erhielt sie die privaten<br />
Sammlungen der Reichen, des Adels und der<br />
Kirche. Auch die der Romanows. Schließlich<br />
wurde auch der Winterpalast Teil der<br />
Eremitage. Der altösterreichische Schriftsteller<br />
Stefan Zweig, der im Jahr 1928<br />
St. Petersburg besuchte, schrieb in seinem<br />
Buch „Reise nach Russland“: „Dass ich die<br />
Eremitage wirklich gesehen habe, werde ich<br />
nie den Mut haben zu behaupten: ich bin nur<br />
in allen Sälen gewesen.“ Seine erhaben-<br />
Mach mal Pause: Die Anzahl der<br />
Kunstwerke in der Eremitage ist<br />
überwältigend. Taking a break: the<br />
number of works of art at the<br />
Hermitage is overwhelming.<br />
03/2014 skylines | 19