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pressespiegel ernst-may-gesellschaft e.v.

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Kletterrosen an der Hauswand empor. Wilde Kamille wuchert neben dem Weg, der zur Haustür<br />

führt. Im Garten, hinter dem Haus, findet die Idylle ein jähes Ende. Die Schaufel eines Baggers,<br />

der fast die gesamte Rasenfläche ausfüllt, kracht in die berstenden Fenster, die Schaufel<br />

reißt das Mauerwerk auf und hinterlässt drei große Löcher in der Hauswand.<br />

Ludwig-Wilhelm Schleiter ist außer sich. Der Anwohner der Siedlung hat monatelang dafür<br />

gekämpft, dass dieser Moment niemals eintritt. Unter dem Arm trägt er einen mehrere Zentimeter<br />

starken Ordner, aus dem er immer wieder neue Dokumente holt. Doch all die Anwaltsbriefe<br />

und Baupläne helfen ihm in diesem Moment auch nicht mehr. Für Schleiter verschwindet<br />

an der Straße Höhenblick am Rande des Ginnheimer Niddatals ein Kulturdenkmal, geschaffen<br />

von Ernst Mays "rechter Hand", Carl Hermann Rudloff. "Die versuchen, jetzt schnell<br />

Fakten zu schaffen", glaubt er.<br />

"Die", das sind für den 70-Jährigen alle, die dafür eintreten, dass die beschauliche Doppelhaushälfte<br />

mit dem Flachdach und dem weiß getünchten Putz dem Erdboden gleichgemacht<br />

wird. Anwälte, die Bauaufsicht und natürlich der Bauherr, Axel Dignaß, Chefarzt der<br />

Medizinischen Klinik I des Markus-Krankenhauses. Er ist am Dienstagmorgen, als der Tieflader<br />

mit dem orangefarbenen Bagger in die Straße Höhenblick einbiegt, nicht da. Wohl aber eine<br />

Handvoll seiner künftigen Nachbarn. Und die geben sich kämpferisch.<br />

Auf dem schmalen Weg, der zum Garten an der Rückseite des Hauses führt, parkt der BMW<br />

von Alex Vukailovic. Der Bagger ist damit erstmal gestoppt. Eher symbolisch liegen dahinter<br />

die Fahrräder von Angela Rühle und ihrem kleinen Sohn. Bei den Anwohnern keimt Hoffnung<br />

auf, als die herbeigerufenen Polizisten den Abriss auf Eis legen, bis die Genehmigung von der<br />

städtischen Bauaufsicht bestätigt wird. Was kurz darauf geschieht. Der Bagger rückt vor, auch<br />

die Hecke am Rand des Grundstücks hat ihm nichts entgegenzusetzen. Die nächste Hoffnung<br />

der Anwohner, einen Baustopp durch einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht zu erwirken,<br />

erfüllt sich zunächst nicht.<br />

Aufschrei der Nachbarschaft<br />

Die Geschichte des Bauprojekts, Höhenblick 54, ist eine mit vielen Windungen. Anfang 2008<br />

kauft Chefarzt Axel Dignaß das seit einigen Monaten leerstehende Haus. Eine Doppelhaushälfte,<br />

Teil der einheitlichen Siedlung, deren Dächer stufenweise zur Nidda herabführen. Anfang<br />

Juni stellt Dignaß den Anwohnern seine Pläne vor: den Abriss des um 1930 gebauten<br />

Hauses und einen Neubau, der nicht nur ein Stockwerk höher als alle umliegenden Häuser ist,<br />

sondern auch fast die doppelte Wohnfläche des Nachbarhauses aufweist. Ein Aufschrei geht<br />

durch die Nachbarschaft, 107 Bewohner formieren sich zur Protestgruppe.<br />

Am 12. August scheint sich das Blatt zu Gunsten der Anwohner zu wenden. Christian Mohr<br />

vom Hessischen Landesamt für Denkmalpflege bescheinigt dem Haus, da es von Carl Herrmann<br />

Rudloff gebaut wurde, den Denkmalschutz. Zwei Tage später erteilt die Bauaufsicht<br />

ungeachtet dessen die Bau- und Abrissgenehmigung. "Die Stadt hat uns einfach übergangen",<br />

sagt Mohr, der seine Stellungnahme sogar auf Bitten des städtischen Oberkonservators<br />

Stefan Timpe verfasst hat. Mark Gellert, Sprecher des Planungsdezernats, das der Bauaufsicht<br />

und dem städtischen Denkmalschutz vorsteht, sieht dennoch keinen Grund, die Genehmigung<br />

zurückzuziehen. Mohrs Stellungnahme sei nicht mehr als eine "Meinungsäußerung", die<br />

man nicht berücksichtigen müsse und die außerdem nicht in Form einer "amtlichen Stellungnahme"<br />

eingegangen sei. "Wir haben alles richtig gemacht", sagt er.<br />

Am Abend steht das Haus noch. Wo einst Fenster waren, klaffen jetzt aber Löcher. Wie Anwohner<br />

berichten, will sich die zuständige Richterin am Verwaltungsgericht am Mittwoch mit<br />

dem Eilantrag beschäftigen. Und wieder keimt Hoffnung auf, bei den kämpferischen Anwohnern<br />

der Siedlung Höhenblick. Bericht: Sebastian Amaral Anders<br />

Frankfurter Rundschau, Mittwoch, 3. September 2008<br />

Ginnheim<br />

Richterin stoppt Abriss<br />

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