Fortschrittskonzepte und Fortschrittsmessung in ...

Seite gestellt. Es gelte, zwei Arten von Theorien zu unterscheiden, die sich mit Individuen
beschäftigen. Diese werden von Lindenberg individual 1 -Theorie und individual 2 -
Theorie genannt. 103
Auf Basis dieser Unterscheidung entwickelt Lindenberg sein Konzept der abnehmenden
Abstraktion. Dabei geht es ihm darum, die Einfachheit und Allgemeingültigkeit der
ökonomischen Modellbildung möglichst beizubehalten und deren Basisannahmen problemspezifisch
mit Brückenannahmen zu verbinden. Durch die methodisch reflektierte
Einführung von Brückenannahmen könnten psychologische Erkenntnisse adäquat in der
Ökonomie berücksichtigt werden. 104 Dies bedeutet für Lindenberg, die Voraussetzungen
zu erfüllen, die er an eine individual 2 -Theorie stellt: 105 Sie soll (a) wenige Informationen
über jedes Individuum, auf das sie angewendet wird, benötigen. Sie muss es (b) erlauben,
institutionelle und soziale Strukturbedingungen als das Handeln bestimmende
Zwischenziele und Zwänge von Handlungen zu definieren. Sie muss es (c) ermöglichen,
dass psychologische (und darin enthalten physiologische) Theorien ihre Annahmen
beeinflussen. Sie muss es (d) ermöglichen, den Grad der Vereinfachung explizit auszudrücken.
So muss es möglich sein, vereinfachte Annahmen derart einzuführen, dass
diese durch komplexere ersetzt werden können, sobald das vorliegende Wissen zunimmt.
Sie muss (e) als Theorie formuliert werden, die menschliches Verhalten im
Aggregat erklären kann.
Lindenberg nennt Bausteine, die die Methode der abnehmenden Abstraktion kennzeichnen.
Ihm geht es (i) darum, die Abstraktion bewusst als Entproblematisierung realer
Phänomene zu verstehen. Diese Vereinfachung sollte nur dann, wenn erforderlich, aufgegeben
werden. Er greift (ii) auf die auch in der klassischen Ökonomie zentrale Annahme
eines nutzenmaximierenden individuellen Akteurs zurück und verbindet diese
mit Brückenannahmen. Er trifft (iii) Vorentscheidungen zum Akteur und zu Messmodellen.
106 Im Einzelnen ist darunter folgendes zu verstehen:
ad (i): In Bezug auf die Funktion der Abstraktion greift Lindenberg auf die im Modellbau
prominente Maxime „So einfach wie möglich, so komplex wie nötig!“ zurück.
Schwierige Aspekte sollten zuerst einmal entproblematisiert werden: Annahmen sind so
zu wählen, dass für die Ableitung von Vorhersagen möglichst wenige zusätzliche An-
103 Vgl. Lindenberg (1991), S. 52 f., Lindenberg (1990), S. 736.
104 Vgl. Lindenberg (1991), S. 49 ff. Vgl. zur Adäquanz der Integration Abschnitt 4 dieses Beitrags.
105 Vgl. auch zur Begründung der Anforderungen Lindenberg (1990), S. 737 ff.
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