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lookKIT 02/2011 - PKM - KIT

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<strong>02</strong>11<br />

50 gesichter<br />

Heinrich-Hertz-Gastprofessur<br />

Für absolute<br />

Transparenz<br />

Politiker und Schlichter, Bergsteiger und Philosoph:<br />

Heiner Geißler hält zwei Vorlesungen am <strong>KIT</strong><br />

Von Klaus Rümmele<br />

Zur Gastprofessur<br />

Dr. Heiner Geißler tritt die Heinrich-Hertz-Gastprofessur<br />

<strong>2011</strong> an. Er hält zwei öffentliche Vorträge:<br />

Am 28. Juni spricht er über „Innovation und Ethik in<br />

einer Welt des Umbruchs“, am 7. Juli über „Sprache<br />

und Information in der politischen Auseinandersetzung“<br />

(jeweils von 18 Uhr an im Audimax, Straße<br />

am Forum 1, <strong>KIT</strong>-Campus Süd). Mit der Heinrich-<br />

Hertz-Gastprofessur ehren die Karlsruher Universitätsgesellschaft<br />

(KUG) und das <strong>KIT</strong> einmal im Jahr<br />

herausragende Persönlichkeiten aus Wissenschaft,<br />

Wirtschaft, Kultur und Politik für ihre Leistungen<br />

und Beiträge für Forschung und Gesellschaft. Die<br />

KUG hat die mit 7500 Euro dotierte Gastprofessur<br />

1987 gestiftet, dem Jahr, in dem es sich zum 100.<br />

Mal jährte, dass Heinrich Hertz die Entdeckung der<br />

elektromagnetischen Wellen an der Universität<br />

Karlsruhe gelang.<br />

Herr Geißler, nehmen Politik und Wissenschaft<br />

die Sorgen der Menschen bei Fortschritt<br />

und Technologie nicht ernst genug?<br />

Zweifellos. Politik und Wissenschaft, aber auch<br />

die Ökonomie, haben sich von den Interessen der<br />

Menschen und den Grundwerten des menschlichen<br />

Lebens entfernt. Die Erdölplattform im Golf von<br />

Mexiko oder das Atomkraftwerk in Fukushima sind<br />

gute Beispiele: Der Bau dieser Anlagen gründete<br />

auf einer hohen physikalischen und technischen<br />

Intelligenz, die Folgen für den Menschen haben die<br />

Verantwortlichen aber nicht richtig eingeschätzt<br />

oder aus finanziellen Gründen außer Acht<br />

gelassen.<br />

Immer mehr Bürgerinnen und Bürger protestieren<br />

massiv dagegen. Was bewegt sie?<br />

Sie erkennen, dass sie angelogen wurden. Die Aussage<br />

„Kernenergie ist sicher“ ist nicht wahr. Jetzt stellt sich<br />

heraus, dass Fukushima überall ist. Auch Karlsruhe kann<br />

in die Luft gehen, wenn ein vollgetankter Jumbo in den<br />

Meiler bei Philippsburg fliegt. Die Menschen wurden<br />

im Glauben gelassen, dass deutsche Kraftwerke die<br />

sichersten sind. Aber das stimmt nicht. In Politik und<br />

Wissenschaft hat es an Technikfolgenabschätzung<br />

gefehlt – auch beim Atommüll. Die Experten wussten,<br />

dass er die biologischen Systeme Millionen Jahre<br />

belastet, so lange sich die Strahlung eben auswirkt.<br />

Wären auch moralische und metaphysische Intelligenz<br />

gefragt gewesen, hätte man mit der Kernenergie<br />

nicht beginnen dürfen, bevor die Endlagerung sicher<br />

gestellt ist. Es mangelt der Wissenschaft häufig auch<br />

an kreativer, an prospektiver Intelligenz: Warum hat<br />

niemand ein Unglück wie das in Japan vorhergesagt?<br />

Sie plädieren in der Politik für eine neue<br />

Form der Bürgermitbestimmung, die direkte<br />

Bürgerbeteiligung. Wie kann sie für die<br />

Forschung aussehen?<br />

Die Wissenschaft muss die Öffentlichkeit einbeziehen,<br />

wenn es um die Folgen technologischer Entwicklungen<br />

geht, wenn physikalische, technische oder<br />

chemische Erfindungen in die Wirklichkeit umgesetzt<br />

werden sollen. Es braucht die öffentliche Diskussion<br />

darüber, ob Kernkraftwerke, Stromterrassen oder<br />

Erdölplattformen verantwortbar sind.<br />

Aber sind viele wissenschaftliche Themen<br />

dafür nicht zu komplex?<br />

Man muss diese Komplexität auflösen. Die<br />

Schlichtung bei Stuttgart 21 hat es vorgemacht:<br />

In sieben Sitzungen haben wir einen Faktencheck<br />

gemacht vom Fahrplan bis zu den Folgen für die<br />

Tierwelt, Entscheidungen in Frage gestellt und mit Pro<br />

und Contra beantwortet. Von den Verantwortlichen<br />

verlangt das sprachliche Intelligenz: Sie müssen<br />

ihre Vorhaben und Entwicklungen den Menschen<br />

verständlich machen.

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