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Grundzüge der Rechtsphilosophie und der Juristischen Methoden ...

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Professor Dr. Rolf Gröschner Sommersemester 2013<br />

<strong>Gr<strong>und</strong>züge</strong> <strong>der</strong> <strong>Rechtsphilosophie</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Juristischen</strong><br />

<strong>Methoden</strong>- <strong>und</strong> Argumentationslehre<br />

Texte zu § 11<br />

Zu Savignys „Gr<strong>und</strong>regeln <strong>der</strong> Auslegung“<br />

Die folgende Passage ist eine wörtliche Wie<strong>der</strong>gabe von Savignys Text im „System des<br />

heutigen Römischen Rechts“, Bd. 1, 1840, § 33 (S. 212 - 215) <strong>und</strong> § 34 (S. 216 - 219). Sie folgt<br />

dem hermeneutischen Gr<strong>und</strong>prinzip, daß die Quelle allen Verstehens <strong>der</strong> jeweilige<br />

Originaltext sein muß. Das gilt nicht nur für Gesetze, son<strong>der</strong>n auch für wissenschaftliche<br />

Texte. Deren Interpretation ist daher eine gute Schule <strong>der</strong> Auslegungskunst.<br />

§ 33.<br />

A. Auslegung einzelner Gesetze.<br />

Gr<strong>und</strong>regeln <strong>der</strong> Auslegung.<br />

„Jedes Gesetz ist dazu bestimmt, die Natur eines Rechtsverhältnisses festzustellen, also<br />

irgend einen Gedanken (sey er einfach o<strong>der</strong> zusammengesetzt) auszusprechen, wodurch das<br />

Daseyn jenes Rechtsverhältnisses gegen Irrthum <strong>und</strong> Willkühr gesichert werde. Soll dieser<br />

Zweck erreicht werden, so müssen Die, welche mit dem Rechtsverhältniß in Berührung<br />

kommen, jenen Gedanken rein <strong>und</strong> vollständig auffassen. Dieses geschieht, indem sie sich in<br />

Gedanken auf den Standpunkt des Gesetzgebers versetzen, <strong>und</strong> dessen Thätigkeit in sich<br />

künstlich wie<strong>der</strong>holen, also das Gesetz in ihrem Denken von Neuem entstehen lassen. Das<br />

ist das Geschäft <strong>der</strong> Auslegung, die wir daher bestimmen können als die Reconstruction des<br />

dem Gesetze inwohnenden Gedankens. Nur auf diese Weise ist es möglich, eine sichere <strong>und</strong><br />

vollständige Einsicht in den Inhalt des Gesetzes zu erlangen, <strong>und</strong> nur so ist daher <strong>der</strong> Zweck<br />

des Gesetzes zu erreichen.<br />

Soweit ist die Auslegung <strong>der</strong> Gesetze von <strong>der</strong> Auslegung jedes an<strong>der</strong>en ausgedrückten<br />

Gedankens (wie sie z.B. in <strong>der</strong> Philologie geübt wird) nicht verschieden. Das Eigenthümliche<br />

<strong>der</strong>selben zeigt sich aber, wenn wir sie in ihre Bestandtheile zerlegen. So müssen wir in ihr<br />

Vier Elemente unterscheiden: ein grammatisches, logisches, historisches <strong>und</strong> systematisches.<br />

Das grammatische Element <strong>der</strong> Auslegung hat zum Gegenstand das Wort, welches den<br />

Übergang aus dem Denken des Gesetzgebers in unser Denken vermittelt. Es besteht daher in<br />

<strong>der</strong> Darlegung <strong>der</strong> von dem Gesetzgeber angewendeten Sprachgesetze.<br />

Das logische Element geht auf die Glie<strong>der</strong>ung des Gedankens, also auf das logische<br />

Verhältnis, in welchem die einzelnen Theile desselben zu einan<strong>der</strong> stehen.<br />

Das historische Element hat zum Gegenstand den zur Zeit des gegebenen Gesetzes für das<br />

vorliegende Rechtsverhältniß durch Rechtsregeln bestimmten Zustand. In diesen Zustand<br />

sollte das Gesetz auf bestimmte Weise eingreifen, <strong>und</strong> die Art dieses Eingreifens, das was<br />

dem Recht durch dieses Gesetz neu eingefügt worden ist, soll jenes Element zur Anschauung<br />

bringen.<br />

Das systematische Element endlich bezieht sich auf den inneren Zusammenhang, welcher<br />

alle Rechtsinstitute <strong>und</strong> Rechtsregeln zu einer großen Einheit verknüpft (§ 5). Dieser<br />

Zusammenhang, so gut als <strong>der</strong> historische, hat dem Gesetzgeber gleichfalls vorgeschwebt,

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