forward ever â backward never«. - Die Linke
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es dadurch jetzt einen »ordentlichen<br />
Schluck aus der Pulle«, das heißt Erhöhungen<br />
um bis zu mehr als sieben Prozent.<br />
Doch auch für die höheren Einkommensgruppen<br />
bleiben an Steigerungen<br />
mindestens 4,02 Prozent übrig.<br />
Eine tarifpolitische Trendwende scheint<br />
möglich und realistisch zu sein.<br />
Auf der anderen Seite musste mit<br />
der Verlängerung der Arbeitszeit eine<br />
bittere Kröte geschluckt werden. <strong>Die</strong><br />
Ausdehnung der Arbeitszeit ist nicht<br />
nur arbeitsmarktpolitisch falsch. Eine<br />
Verkürzung der Arbeitszeit wäre richtig,<br />
auch angesichts der gestiegenen<br />
gesundheitlichen Belastungen durch<br />
Leistungsdruck und Stress und erst<br />
recht unter dem Aspekt, dass mehr Zeit<br />
für das eigene Leben, die aktive Teilnahme<br />
am gesellschaftlichen Geschehen<br />
und die Familie nötig wäre.<br />
Der Streit um die Arbeitszeit ist<br />
hochaktuell. Es zeigt sich jetzt, dass in<br />
den Gewerkschaften die Debatte um<br />
die Arbeitszeit dringend wieder aufgenommen<br />
und neue wie alte Fragen gestellt<br />
und beantwortet werden müssen.<br />
Es geht dabei nicht allein um die Länge<br />
der wöchentlichen Arbeitszeit. Es<br />
geht ebenso darum, in der Diskussion<br />
Themen wie Zeit für Familie, Qualifi -<br />
zierung oder die Berücksichtigung besonderer<br />
Belastungen durch die Arbeit<br />
selbst aufzunehmen, um nur ein paar<br />
Beispiele zu nennen. ver.di könnte und<br />
sollte den Tarifabschluss nutzen, um eine<br />
breite Debatte zur Arbeitszeitpolitik<br />
voranzutreiben.<br />
<strong>Die</strong> ver.di-Bundestarifkommission<br />
hat dem Ergebnis mit 64 zu 25 zugestimmt.<br />
Damit wäre die Tarifrunde<br />
nach dem bisher üblichen Verfahren bei<br />
ver.di abgeschlossen. <strong>Die</strong> Mitglieder der<br />
Tarifkommission wollen aber die Meinung<br />
der Mitglieder in großer Breite und<br />
systematisch einholen. Daher wurde<br />
beschlossen, vom 1. bis 11. April 2008<br />
alle betroffenen Mitglieder zu befragen,<br />
ob sie dem Verhandlungsergebnis zustimmen.<br />
Eine konsequente Maßnahme,<br />
wenn der grundsätzlichen Vorstellung<br />
nach mehr Beteiligung der Betroffenen<br />
größerer Platz eingeräumt werden<br />
soll. Interessenvertretung ist keine<br />
Stellvertreterarbeit, sondern erfordert<br />
die aktive Einmischung möglichst aller.<br />
<strong>Die</strong>se Erkenntnis setzt sich in den Gewerkschaften<br />
mehr und mehr durch. <strong>Die</strong><br />
Mitglieder mehr als bisher in allen Phasen<br />
von Tarifrunden zu handelnden Akteuren<br />
zu machen, ist eine notwendige<br />
Voraussetzung für das erfolgreiche Bestehen<br />
von Arbeitskämpfen.<br />
Ulrike Zerhau ist stellvertretende<br />
Parteivorsitzende.<br />
ulrike.zerhau@die-linke.de<br />
70 DISPUT April 2008<br />
UNSERE VISION AUF DEN WEG BRINGEN<br />
Aus der Rede von Willi van Ooyen,<br />
Fraktionsvorsitzender der LINKEN,<br />
in der konstituierenden Sitzung des<br />
Hessischen Landtages am 5. April<br />
2008:<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
die geschäftsführende Landesregierung<br />
steht in Opposition zur Mehrheit<br />
der Wähler in Hessen. <strong>Die</strong> hessischen<br />
Wähler haben den Landtag<br />
unabhängiger und souveräner gemacht.<br />
Der hessische Landtag wird<br />
nicht mehr aus den Kabinettssesseln<br />
und der Staatskanzlei dirigiert. <strong>Die</strong>se<br />
Souveränität sollten wir im Parlament<br />
gemeinsam nutzen. Wir sollten<br />
uns zuhören und streitig diskutieren<br />
und die für die Menschen in Hessen<br />
beste Lösung fi nden. (...)<br />
Wir als LINKE sind in diesen Landtag<br />
gewählt worden, weil wir uns von<br />
allen Parteien im vorherigen Landtag<br />
deutlich unterscheiden. Wir wollen<br />
einen Politikwechsel und nicht<br />
den sozialpolitischen Stillstand mitverwalten.<br />
Wir verstehen uns nicht als Stellvertreter<br />
der sozialen Initiativen,<br />
sondern sind Bestandteil der außerparlamentarischen<br />
Aktionen und<br />
werden denjenigen eine Stimme geben,<br />
die in der Vergangenheit zu wenig<br />
Gehör gefunden haben und mit<br />
ihren Anliegen bei anderen Parteien<br />
leider allzu oft auf taube Ohren gestoßen<br />
sind.<br />
Wir sind eindeutig gegen die neoliberalen<br />
Politikkonzepte von CDU,<br />
FDP, Grünen und SPD. Unsere Wähler<br />
wollen keine Agenda 2010 und<br />
Hartz IV mit den die soziale Schieflage<br />
nur weiter verschlimmernden<br />
Ein-Euro-Jobs.<br />
<strong>Die</strong> Menschen in Hessen wollen<br />
soziale Gerechtigkeit und keine Kinderarmut.<br />
Sie wollen eine gerechte<br />
Steuerpolitik, die die bisherige gesellschaftliche<br />
Umverteilung beendet<br />
und die Reichen wirklich besteuert.<br />
Wir wenden uns gegen jede<br />
Privatisierung und wollen Güter<br />
der öffentlichen Daseinsvorsorge<br />
(wie Wasser, Strom, Bildung, Gesundheit)<br />
in öffentliches Eigentum<br />
zurückholen. <strong>Die</strong>s ist auch das Gebot<br />
der Hessischen Verfassung, die<br />
im Artikel 38 fordert, dass »die Wirt-<br />
schaft des Landes die Aufgabe (hat),<br />
dem Wohle des ganzen Volkes und<br />
der Befriedigung seines Bedarfes zu<br />
dienen«.<br />
Deshalb müssen soziale Ungerechtigkeit,<br />
Armut und Not bekämpft<br />
werden, das ist unser Verfassungsauftrag.<br />
Themen, die für uns in den nächsten<br />
Wochen und Monaten wichtig<br />
sind:<br />
– Abschaffung der Studiengebühren,<br />
– Rückkehr in die Tarifgemeinschaft<br />
der Länder,<br />
– Für eine andere, auf Chancengleichheit<br />
setzende Bildungspolitik,<br />
– Gegen Kriegseinsätze (keine Installation<br />
des US-Head-Quarters in<br />
Wiesbaden-Erbenheim, das mitverantwortlich<br />
für Kriegsverbrechen<br />
ist, zum Beispiel für die Folter in Abu<br />
Graib).<br />
Friedensaktivist und Fraktionsvorsitzender<br />
in Hessen: Willi van Ooyen<br />
Dafür treten wir hier im Parlament<br />
ein, um unsere Vision von Freiheit,<br />
Gleichheit und Solidarität – die Ziele<br />
der französischen Revolution – auf<br />
den Weg zu bringen. Selbstverständlich<br />
nicht nur im Parlament, sondern<br />
auch in unserem außerparlamentarischen<br />
Engagement, zusammen mit<br />
der Friedensbewegung und den anderen<br />
sozialen Bewegungen.<br />
© Stefan Richter