Musiktheater seit 1990 - Schott Music
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Inhalt<br />
Nur ein Wort möchte die Sängerin hören, gar nicht unbedingt ein Wort der Liebe – ein Wort<br />
ihres Gegenübers, um als Emilie ihre Rolle finden zu können. Die Sopranistin greift zu allen<br />
einmal gelernten Ausdrucksmöglichkeiten und entwickelt sie mit enormer Kreativität: „operettenhaft,<br />
zickig, jammernd, orientalisch, hässlich, amtlich, alpenländisch...“; sie singt, sie brüllt,<br />
spricht, flüstert. Die Musiker tun es ihr gleich, erzeugen eine enorme Bandbreite musikalischer<br />
Spielweisen. Immer mehr Schlaginstrumente kommen zum Einsatz, teilweise nur sehr kurz.<br />
Doch: „Alles umsonst!“ Emilie kann ihre Rolle nicht finden, die Aufführung erstarrt in einer<br />
Probensituation.<br />
Wie in der Textvorlage „Egon und Emilie“ von Christian Morgenstern aus dem Jahr 1907 geht<br />
es in Jörg Widmanns K(l)eine Morgenstern-Szene von 1997 um das Ganze des Theaters als Zerr-<br />
Spiegel des Lebens. Emilie braucht einen Dialogpartner, und weil sie diesen nicht bekommt,<br />
muss sie am Ende abtreten „von diesen Brettern, hinaus ins namenlose Nichts, ohne gespielt,<br />
ohne gelebt zu haben“. Hinter der Komödie mit dem Theater offenbart sich der Abgrund eines<br />
gescheiterten künstlerischen Daseins.<br />
K(l)eine Morgenstern-Szene<br />
05.10.2005 Mousonturm, Frankfurt<br />
Widmann arbeitet mit sämtlichen Mitteln der musikalischen Vergangenheit, ohne eklektizistisch zu<br />
sein. Souverän durchschreitet der Komponist Grenzen der unterschiedlichen Musikgenres, Anklänge<br />
an die Popmusik finden sich ebenso wie die Primadonnengesten der großen Oper [...]. In diesem<br />
gelungenen Spiel zwinkert Widmann all jenen zu, die sich mit allzu großem Theorieballast um den<br />
Fortbestand des <strong>Musiktheater</strong>s sorgen. (Olaf A. Schmitt, Frankfurt 2005)<br />
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