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Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten - Konrad-Adenauer ...

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Karl Schlögel<br />

Buchwesen, Filme, Dokumentationen, Belletristik. Namensgebung, die Benennung<br />

von Straßen und Plätzen in den neuen Heimaten. Gerade nichtschriftliche<br />

Formen belegen die außerordentliche Vitalität dieser abgesunkenen<br />

Erfahrung. Das ist bisher nur selten Gegenstand <strong>der</strong> Flüchtlingsforschung<br />

geworden. Man findet diese Spuren und diese Formen <strong>der</strong> Spurensuche<br />

grenzüberschreitend: in Polen, Deutschland, im Baltikum, in <strong>der</strong><br />

Ukraine, bei den Krimtataren, bei den Balkantürken etc. Das heißt, es<br />

handelt sich um eine europäische, eine transnationale Praxis <strong>der</strong> Vergegenwärtigung.<br />

Heimaten im Kopf. Topographien des Verlusts. <strong>Die</strong> Vergegenwärtigung <strong>der</strong><br />

verlorenen Heimat ist eines <strong>der</strong> stärksten Motive und Identifikationspunkte<br />

<strong>der</strong> Flüchtlingsgemeinden. Auch hier handelt es sich um eine transnationale<br />

europäische Praxis. Sie hat ihre spezifischen Genres hervorgebracht, die<br />

sich nur wenig unterscheiden, und sie sind nur <strong>aus</strong> einer bestimmten Optik<br />

„revisionistisch“, weil sie evozieren, was einmal war: die verlorene Heimat,<br />

eine untergegangene Kultur. <strong>Die</strong> Bildbände in Deutschland, in denen<br />

<strong>der</strong> verlorene <strong>Osten</strong> „jenseits von O<strong>der</strong> und Neiße“ dargestellt werden, unterscheiden<br />

sich typologisch in keiner Weise o<strong>der</strong> nur wenig von den Bildbänden<br />

in Polen, die die verlorene Welt <strong>der</strong> Kresy zum Gegenstand haben.<br />

Es ist die Typologie <strong>der</strong> „heilen Welt“, <strong>der</strong> intakten Welt vor <strong>der</strong> Zerstörung,<br />

die Geschichte <strong>der</strong> Zerstörung und Verwüstung und <strong>der</strong> Blick auf die<br />

entleerte Landschaft – manchmal auch die Versöhnung mit <strong>der</strong> durch an<strong>der</strong>e<br />

neu angeeigneten Welt. Gerade jene Bildbestände sind es, die zu den beständigsten<br />

Ressourcen des Wissens um das einige Europa zählten. An diesen<br />

nicht verlorenen Bil<strong>der</strong>n knüpft auch das neue Europa unweigerlich an.<br />

Gedächtnisorte. Lieux de memoire. <strong>Die</strong> Erfahrung <strong>der</strong> Entwurzelung und<br />

des Heimatverlustes spitzt sich in beson<strong>der</strong>s dramatischen Bil<strong>der</strong>n zu: Bil<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Gewaltsamkeit, <strong>der</strong> verbrannten Erde, des Untergangs, des Überlebens,<br />

<strong>der</strong> Flucht. Es handelt sich um Orte, genauer lieux de memoire, um<br />

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