Projektbeschreibung - Fremdheit und Armut - Universität Trier
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2.5 Weltmacht wider willen? Zur Frage des römischen Imperialismus<br />
Ein weiterer Kritikpunkt in Bleickens Rezension zu Badians Foreign Clientelae leitet über zu<br />
einem anderen zentralen Thema, das ebenfalls große Relevanz für eine angemessene<br />
Beurteilung der ‘auswärtigen Fre<strong>und</strong>schaften’ Roms hat. Zwar reiht sich Badian wiederholt in<br />
die Schar der Historiker ein, die mit Mommsen davon ausgehen, daß Rom wider Willen zur<br />
Weltmacht avancierte; tatsächlich könnten sich aber Spannungen zwischen dem traditionellen<br />
Konzept eines ‘defensiven Expansionismus’ <strong>und</strong> der These eines bewußten<br />
Hegemoniestrebens, das Badians Klientelbegriff impliziert, ergeben. 28 Das Verlangen nach<br />
Sicherheit hatte im Anschluß an Mommsen trotz vielfacher Differenzierung als Hauptmotiv<br />
römischer Außenpolitik gegolten, bis Harris 1979 die Diskussion neu entfachte, indem er dem<br />
Senat materielles Gewinnstreben <strong>und</strong> eine aggressive Haltung als dauerhafte<br />
Charaktereigenschaften unterstellte. 29<br />
Weiterführend ist hier vor allem die Synthese von Kallet-Marx, der den scheinbaren<br />
Widerspruch zwischen zurückhaltender Übernahme direkter Verantwortung <strong>und</strong> einem<br />
scheinen Sherwin White 1984 (wie Anm. 9; anders aber 1939/1973, wie Anm. 10, 187f.) <strong>und</strong> Kallet-Marx 1995<br />
(wie Anm. 25) die Begriffe Klientel <strong>und</strong> Patronage zu vermeiden. Sullivan 1990 (wie Anm. 20), 13 lehnt es<br />
sogar ausdrücklich ab, von client-kings oder clients zu sprechen.<br />
28 So vorsichtig Bleicken 1964 (wie Anm. 12), 182; contra Badian 1984 (wie Anm. 16), 412, nachdem ders.:<br />
Roman Imperialism in the Late Republic, Oxford 2 1968, 4-15 zwar prononciert gegen die Annahme eines<br />
römischen Expansionswillens im 2. <strong>und</strong> frühen 1. Jh. v.Chr. Stellung bezogen, zugleich aber einen<br />
“hegemonialen” Imperialismus eingestanden hatte. In krasser Form war letzterer bereits von Michael<br />
Rostovtzeff: The Social & Economic History of the Hellenistic World, Oxford, Bd. 1, 1941, 5. Nd. 1972, 70-72<br />
vertreten worden. Zur Position Mommsens vgl. neben den Verweisen in Anm. 9 auch den Forschungsbericht<br />
Erringtons (wie Anm. 11).<br />
29 Vgl. William V. Harris: War and Imperialism in Republican Rome, 327-70 B.C., Oxford 1 1979, 3 1992 u.<br />
erneut: Current Directions in the Study of Roman Imperialism, in: ders. (Hg.): The Imperialism of Mid-<br />
Republican Rome, Rom 1984, 11-34. Vorangehende Forscher sprechen dagegen – in mehr oder weniger enger<br />
Gefolgschaft Mommsens – von einem Umschlag von einer defensiven zu einer aggressiv-imperialistischen<br />
Haltung in der Übergangszeit zur späten Republik, vgl. z.B. Thérèse Liebmann-Frankfort: La frontière orientale<br />
dans la politique extérieure de la république romaine depuis le traité d’Apamée jusqu’à la fin des conquêtes<br />
asiatiques de Pompée (189/88-63), Brüssel 1969, 325 (ab ca. 140 v.Chr. “impérialisme offensif et<br />
expansioniste”); eine größere Übergangszeit setzt wiederum Tenney Frank: Roman Imperialism (1914), New<br />
York 1921, 218-20, 356f. u.a. voraus, der eine “mild form of imperialism” ab dem 3. Jh. wegen der<br />
zunehmenden Demokratisierung Roms keimen, dann seit Cato dem Älteren <strong>und</strong> Marius sowie mehr noch mit<br />
Pompeius angesichts der ritterlichen Finanzinteressen wachsen sieht. Während Badian 1968 (wie Anm. 28) 60-<br />
92 den Rittern expansionistische Intentionen abspricht, macht er ähnlich wie Frank die plebs für steigende<br />
aggressive Absichten verantwortlich, die sich seit den Gracchen <strong>und</strong> vor allem seit Pompeius erkennen ließen.<br />
Untersuchungen im Anschluß an Harris wägen indes stärker systematisch zwischen den defensiven <strong>und</strong><br />
aggressiven Elementen der römischen Politik ab oder heben ihre partielle Deckungsgleichheit hervor. Vgl. neben<br />
Errington 1990 (wie Anm. 11) bes. die Positionen von J.A. North: The Development of Roman Imperialism, JRS<br />
71, 1981, 1-9 u. Kurt A. Raaflaub: Born to Be Wolves? Origins of Roman Imperialism, in: Robert W. Wallace/<br />
Edward M. Harris (Hgg.): Transitions to Empire. Essays in Greco-Roman History, 360-146 B.C., in Honor of E.<br />
Badian, Norman/Okla. 1996, 273-314. Ersterer betont, daß Rom ununterbrochen habe reagieren müssen; dabei<br />
hätten die Ereignisse eine Eigendynamik entfaltet, ohne von ihren Protagonisten reflektiert worden zu sein, bis<br />
man Herrschaftsansprüche im 1. Jh. v.Chr. als selbstverständlich empf<strong>und</strong>en habe. Zweiterer interpretiert das<br />
politische Handeln Roms vor allem von einer besonders intensiv empf<strong>und</strong>enen Bedrohungsperzeption her.<br />
Weitere Literatur findet sich in der Arbeitsbibliographie (wie Anm. 2), II.2.1.<br />
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