Projektbeschreibung - Fremdheit und Armut - Universität Trier
Projektbeschreibung - Fremdheit und Armut - Universität Trier
Projektbeschreibung - Fremdheit und Armut - Universität Trier
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
längere Kontinuität aufweisen. Es gibt kein Königreich im Schatten der römischen<br />
Supermacht, das so lange Klientelstaat war, ohne römische Provinz zu werden. Faßt man die<br />
übrigen Territorien des nördlichen Schwarzmeerraums ins Auge: Tyras, Olbia <strong>und</strong><br />
Chersonesos, so läßt sich in diesem Raum das ganze Spektrum zwischen direkter <strong>und</strong><br />
indirekter Kontrolle durch Rom beobachten. Im nordpontischen Grenzgebiet wird die<br />
Problematik von In- <strong>und</strong> Exklusion der Randzonen des Imperium Romanum in besonderer<br />
Weise deutlich, denn hier stehen die Exklusion ‘barbarischer’ Feinde <strong>und</strong> die Inklusion<br />
ebenfalls ‘barbarischer’ amici in den orbis Romanus direkt nebeneinander.<br />
2. Forschungsgeschichtliche Verortung des Projekts SFB 600/ A2<br />
2.1 Gelzer, Saller <strong>und</strong> die Bedeutung der Klientelbindungen für die Römische Republik<br />
Die gr<strong>und</strong>legende Bedeutung der Klientelbindungen für das Verständnis der sozialen,<br />
politischen <strong>und</strong> kulturellen Verhältnisse der römischen Republik hat zuerst Gelzer erkannt,<br />
indem er die “Treu- <strong>und</strong> Nahverhältnisse” ins Zentrum seiner Beschreibung der “sozialen<br />
Voraussetzungen der Nobilitätsherrschaft” stellte. 4 Zwar sind Gelzers Thesen im Laufe der<br />
Jahrzehnte in vielen Punkten relativiert worden, doch trifft die Kritik stärker auf Münzer <strong>und</strong><br />
Scullard zu, die – über Gelzer hinausgehend – Generationen überdauernde Allianzen von<br />
Familienverbänden konstruieren <strong>und</strong> diese Parteien zudem noch auf inhaltliche Programme<br />
festlegen wollen. 5<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich lassen sich die Positionen Gelzers nur dann negieren, wenn ein allzu enger<br />
Klientelbegriff zugr<strong>und</strong>e gelegt wird, der auf die Vokabeln patrocinium <strong>und</strong> clientela fixiert<br />
ist oder sich einseitig nach der verklärenden Überlieferung zur frühen Geschichte Roms bzw.<br />
4 Vgl. Matthias Gelzer: Die Nobilität der römischen Republik (1912), 2 Stuttgart 1983; Zitate z.B. S. 43 u. 115. S.<br />
49f. stellt er sich in die Tradition von Numa Denis Fustel de Coulanges: Histoire des institutions politiques de<br />
l’ancienne France, Bd. 5: Les origines du système féodal, Paris 1890; vgl. auch die forschungsgeschichtlichen<br />
Überblicke von T. Robert S. Broughton: Senate and Senators of the Roman Republic: the Prosopographical<br />
Approach, ANRW I 1, 1972, 250-65 sowie von Jean-Michel David (S. 196-210), Jürgen von Ungern-Sternberg<br />
(S. 211-16) u. Jean-Louis Ferrary (S. 221-32) in: Hinnerk Bruhns/ Jean-Michel David/ Wilfried Nippel: Die<br />
späte Republik/ La fin de la république romaine. Un débat franco-allemand d’histoire et d’historiographie, Rom<br />
1997. – Obwohl bei Gelzer ungenannt, dürfte auch die auf personenk<strong>und</strong>licher Betrachtungsweise fußende<br />
Darstellung der späten Republik aus der Feder W. Drumanns (Geschichte Roms in seinem Übergange von der<br />
republikanischen zur monarchischen Verfassung, oder: Pompeius, Caesar, Cicero <strong>und</strong> ihre Zeitgenossen nach<br />
Geschlechtern <strong>und</strong> mit genealogischen Tabellen, 6 Bde., Königsberg 1834-44; 2. Aufl. hg. von P. Gröbe,<br />
Berlin/Leipzig 1899-1929) ihren Einfluß ausgeübt haben.<br />
5 Vgl. bes. Friedrich Münzer: Römische Adelsparteien <strong>und</strong> Adelsfamilien, Stuttgart 1920, Nd. Darmstadt 1963;<br />
H.H. Scullard: Roman Politics 220-150 B.C., Oxford 1 1951, 2 1973 (S. xvii-xxxiii: forschungsgeschichtlicher<br />
Rückblick); auch Ronald Syme: The Roman Revolution, Oxford 1939. Gegen Münzers Parteibegriff <strong>und</strong><br />
Scullards überspitzte Vorstellung vom Zusammenhalt aristokratischer Gruppierungen wandte sich bereits<br />
Matthias Gelzer in seinen Rezensionen (1950/51=Kl. Schr. 1, 1962, 198f. bzw. 203-5). Für weitere Kritik oder<br />
Modifikation vgl. bes. Christian Meier: Res publica amissa. Eine Studie zu Verfassung <strong>und</strong> Geschichte der<br />
späten römischen Republik, Frankfurt/M. 1 1966, 2 1980, bes. 24-45; Peter A. Brunt: Factions, in: ders.: The Fall<br />
of the Roman Republic and Related Essays, Oxford 1988, 443-502; ferner zahlreiche prosopographische<br />
4