Projektbeschreibung - Fremdheit und Armut - Universität Trier
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Gemeinden <strong>und</strong> Individuen andererseits entstanden. Besonders den extrajuristischen<br />
Charakter seines Ansatzes hebt Badian hervor <strong>und</strong> setzte sich damit von der legalistischen<br />
Forschungstradition im Anschluß an Mommsen ab, die einem unzeitgemäßen Vertrags- <strong>und</strong><br />
Systemdenken verhaftet war. 10<br />
Den Blick für die flexible, ja opportunistische Gestaltung der römischen Außenpolitik <strong>und</strong><br />
die große Bedeutung interpersonaler Beziehungen in ihr geöffnet zu haben, ist Badians<br />
nachhaltiges Verdienst. Erwartungsgemäß blieb auch hinsichtlich seiner Verwendung des<br />
clientela-Begriffs Zustimmung nicht aus, 11 wenn sich auch gerade an dessen Unschärfe<br />
berechtigte Kritik entfachte. Die zentralen Einwände hat schon Bleicken in seiner Rezension<br />
vorgebracht: 12 Erstens seien die Begriffe clientela <strong>und</strong> patronatus in Rom sehr spezifisch<br />
10 Für diese Gr<strong>und</strong>satzentscheidung beruft sich Badian 1958 (wie Anm. 9), 5 in Anm. 5 zu Recht auf Alfred<br />
Heuß: Die völkerrechtlichen Gr<strong>und</strong>lagen der römischen Außenpolitik in republikanischer Zeit, Leipzig 1933.<br />
Indes verwarf Badian später (1984, wie unten Anm. 16, 400-8 mit Anm. 17) den anachronistischen Ausdruck<br />
‘Völkerrecht’, doch konkretisiert sich seine Kritik in der Sache vor allem gegenüber Werner Dahlheim: Gewalt<br />
<strong>und</strong> Herrschaft. Das provinziale Herrschaftssystem der römischen Republik, Berlin 1977. Allerdings droht die<br />
Polemik dieser Kontroverse die wertvollen Erkenntnisse auf beiden Seiten zu verdecken. Zuvor schon hatte sich<br />
nämlich Werner Dahlheim: Struktur <strong>und</strong> Entwicklung des römischen Völkerrechts im dritten <strong>und</strong> zweiten<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert v.Chr., München 1968, 2f. ausdrücklich von Badian abgesetzt, dessen Klientelbegriff “in nur sehr<br />
ungenauer Weise die Auswirkungen <strong>und</strong> die ideologische Begründung der von ganz anderen Faktoren<br />
bestimmten Entwicklung Roms zur Herrin des Mittelmeerraums” kennzeichne. Indem sich Dahlheim in die<br />
“völkerrechtliche” Tradition Eugen Täublers: Imperium Romanum. Studien zur Entwicklungsgeschichte des<br />
Römischen Reiches, Bd. 1, 1913, Nd. Rom 1964 <strong>und</strong> Heuß’ stellte, beabsichtigte er, einen stärker<br />
entwicklungsgeschichtlichen Ansatz vorzulegen; zumindest in dieser Arbeit vermied auch er weitgehend zu<br />
starre, juridische Erklärungsmuster. Stärker vertragsrechtlich ausgerichtet sind dagegen die Darstellungen von<br />
Maria Rosa Cimma: Reges socii et amici populi Romani, Milano 1976 oder Adrian N. Sherwin-White: Roman<br />
Foreign Policy in the East (168 B.C. to A.D. 1), London 1984, bes. 50-70; jüngst auch Andreas Zack: Studien<br />
zum “Römischen Völkerrecht”. Kriegserklärung, Kriegsbeschluss, Beeidung <strong>und</strong> Ratifikation<br />
zwischenstaatlicher Verträge, internationale Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Feindschaft während der römischen Republik bis<br />
zum Beginn des Prinzipats, Göttingen 2001, 167-242.<br />
11 Vgl. z.B. David Bra<strong>und</strong>: Rome and the Friendly King. The Character of the Client Kingship, London 1984, 23<br />
mit 29 1 ; ders.: Function and Dysfunction. Personal Patronage in Roman Imperialism, in: Wallace-Hadrill (Hg.)<br />
1989, 137-152; John Rich: Patronage and Interstate Relations in the Roman Republic, in: Andrew Wallace-<br />
Hadrill (Hg.): Patronage in Ancient Society, London 1989, 117-135 (S. 124 mit Verweis auf Saller); R. Malcom<br />
Errington: Neue Forschungen zu den Ursachen der römischen Expansion im 3. <strong>und</strong> 2. Jahrh<strong>und</strong>ert v.Chr., HZ<br />
250, 1990, 93-106 mit bes. Hervorhebung, daß die Verhaltenswünsche römischer patroni gegenüber ihren<br />
Klienten normalerweise nicht explizit ausgedrückt worden seien.<br />
12 Bei aller Anerkennung der sonstigen zahlreichen Erkenntnisse kritisiert Jochen Bleicken, Gnomon 36, 1964,<br />
176-187 neben den im Text genannten Punkten auch den Systemzwang, durch den Badian manche geradezu<br />
“abwegigen” Urteile zu treffen gezwungen sei. Überhaupt scheint für Bleicken die Rolle der auswärtigen<br />
Abhängigkeitsverhältnisse für den Verlauf der innerrömischen Politik völlig überbewertet zu sein; dabei mögen<br />
ihm die relative Passivität der Mittelmeeranrainer während der Bürgerkriegsjahrzehnte sowie die zentrale<br />
tagespolitische Bedeutung der innerrömischen Heeresklientel tendenziell recht geben; andererseits sollte nicht<br />
übersehen werden, daß das Ringen um auswärtige Kommandos auch zum Erwerb auswärtiger Gefolgschaften<br />
<strong>und</strong> vor allem Ressourcen diente; es mag also die genaue Reichweite des Themas für die Entwicklung des<br />
römischen Staates von der Republik zum Prinzipat geringer oder (z.B. mit Bra<strong>und</strong> 1984, wie Anm. 11, 184f. u.<br />
190 oder Gerhard Dobesch: Caesar <strong>und</strong> Kleinasien, Tyche 11, 1996, 51-77) höher eingeschätzt, nicht aber<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich geleugnet werden; vgl. auch die Diskussion bei Paul J. Burton: Clientela or Amicitia? Modeling<br />
Roman International Behavior in the Middle Republic (264-146 B.C.), Klio 85.2, 2003, 333-69, 334 mit Blick<br />
auf das 2. Jh. v.Chr. Auf begrifflicher Ebene weist Bleicken ferner darauf hin, daß Patronage mindestens (!)<br />
einen personalen Bezug haben müsse <strong>und</strong> nicht zwischen zwei Institutionen bestehen könne. Allerdings ist auch<br />
hier anzumerken, daß die verschiedensten Gruppen <strong>und</strong> Einrichtungen regelmäßig – <strong>und</strong> stärker als es etwa<br />
heute der Fall ist – als Verband von Personen betrachtet wurden.<br />
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