Projektbeschreibung - Fremdheit und Armut - Universität Trier
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1. Der Untersuchungsgegenstand des Projekts Roms auswärtige Fre<strong>und</strong>e (SFB 600/ A2)<br />
Ein entscheidender Faktor für den Aufstieg Roms zu einer auf Dauer beständigen Weltmacht<br />
war die Bereitschaft zur Inklusion von Fremden. Dabei wurden, je nach den geographischen,<br />
ethnischen <strong>und</strong> politischen Bedingungen, unterschiedliche Konzepte im Umgang mit diesen<br />
gewählt. So war es möglich, einen ehemals gegnerischen Staat völlig aufzuheben, was für die<br />
Einwohner schlimmstenfalls ihre Versklavung, günstigstenfalls ihre Einverleibung in die<br />
civitas Romana – sei es mit oder ohne Wahlrecht (civitas cum/ sine suffragio) – bedeutete; seit<br />
der Provinzialisierung Siziliens im Anschluß an den 2. Punischen Krieg konnte ihr Schicksal<br />
zudem durch einen je zu definierenden Untertanenstatus geregelt werden. Daneben wurden<br />
verschiedene Formen der indirekten Herrschaft praktiziert: Während Italien vom 5. bis zum 3.<br />
Jh. mit einem System bilateraler B<strong>und</strong>esgenossenschaften überzogen wurde, welches den<br />
socii zwar weitgehende Autonomie zugestand, in außen- <strong>und</strong> militärpolitischen Fragen Rom<br />
jedoch die Entscheidungskompetenz überließ, wurde für die außeritalische Politik die amicitia<br />
populi Romani bestimmend. 3<br />
Im 4. <strong>und</strong> 3. Jh. v.Chr. beinhalteten solche diplomatischen ‘Fre<strong>und</strong>schaften’ zunächst die<br />
wechselseitige, wohlwollende Neutralität <strong>und</strong> wurden vor allem mit Gegnern der eigenen<br />
Feinde geschlossen. Bald schon erwies sich dieser Beziehungstyp aber als ein dehnbares<br />
Instrument, den Mittelmeerraum bei beschränktem Engagement zu kontrollieren. Denn seit<br />
dem Ende des Ersten Punischen Krieges (264-241 v.Chr.) <strong>und</strong> dann gehäuft seit dem Sieg<br />
über Hannibal (202 v.Chr.) wurden neben den Kampfgefährten <strong>und</strong> ‘befreiten’ Städten auch<br />
besiegte Mächte – freilich nach Verhängung von Sanktionen – in die ‘Fre<strong>und</strong>schaft’ Roms<br />
aufgenommen. Bis zum Dritten Makedonischen Krieg (171-168 v.Chr.) näherte sich die Rolle<br />
des Senats immer stärker derjenigen von Patronen an, die von ihren ‘Fre<strong>und</strong>en’ so wie von<br />
Klienten unbedingte Gefolgschaft erwarteten, ohne sich zu einer reziproken Gegenleistung zu<br />
verpflichten.<br />
Obwohl die Römer die Handlungsfreiheit ihrer amici stark einschränkten <strong>und</strong> bisweilen –<br />
wie im Fall Makedoniens <strong>und</strong> des Seleukidenreichs – sogar zusahen, wie befre<strong>und</strong>ete Staaten<br />
allmählich zerfielen, vermochten nicht wenige befre<strong>und</strong>ete Dynasten oder Städte, großen<br />
Nutzen aus der asymmetrischen Bindung zu ziehen. So führte die Allianz mit Rom zu einer<br />
mittelfristigen Stärkung des Pergamenischen Reiches (bes. im ersten Drittel des 2. Jhs. v.Chr.)<br />
<strong>und</strong> später zum Aufstieg des galatischen Tetrarchen Deiotaros zum mächtigsten König<br />
verantwortlich. Vgl. auch die mit verschiedenen Hilfsmitteln (darunter eine umfangreiche Arbeitsbibliographie<br />
<strong>und</strong> prosopographische Datenbank) ausgestattete Internet-Seite http://www.uni-trier.de/sfb600/a2 .<br />
3 Speziell zum Fre<strong>und</strong>schafts- <strong>und</strong> Klientelbegriff sowie zur Frage des römischen Imperialismus vgl. die<br />
untenstehende Übersicht über die Forschung (Kap. 2). Allgemein zur römischen Außenpolitik vgl. die<br />
Arbeitsbibliographie (wie Anm. 2), Teil II.<br />
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