Trödler Jugendbücher (Vorschau)
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22<br />
BLICKPUNKT<br />
PORZELLAN<br />
■ Botanisches Porzellan<br />
Spätestens seit der Zeit der Wunderkammern<br />
war die Natur mit ihrer rätselhaften<br />
Unergründlichkeit und ihrer überraschenden<br />
Schönheit gesellschaftlicher Gesprächsstoff.<br />
Doch während man sich in<br />
der Zeit um 1600 nach dem Dinner damit<br />
vergnügte, die Gehäuse von exotischen<br />
Schnecken und Muscheln von Hand zu<br />
Hand gehen zu lassen, lieferten 200 Jahre<br />
später Porzellanservice mit exakt wiedergegebenen<br />
Schlüsselblumen oder den<br />
in fürstlichen Gewächshäusern gezüchteten,<br />
feuerroten Bromelien aus Lateinamerika<br />
Gesprächsstoff für einen ganzen<br />
Abend. Denn im Zeitalter der Aufklärung<br />
war man auch jenseits von Apothekerlaboren<br />
und Universitäten angetan vom vielseitigen<br />
Kosmos der Pflanzen. Das Echo<br />
des allgemein erwachten Interesses waren<br />
botanische Porzellane. Hier trafen<br />
Kunst und Wissenschaft in schönster Form<br />
aufeinander. Die Zahl der Service, die zwischen<br />
1750 und 1820, der Blütezeit dieser<br />
Spezies, hergestellt wurden, ist überschaubar.<br />
Denn in der Regel waren sie<br />
spezielle Anfertigungen für Kaiserinnen<br />
und Fürsten mit Hang zum Botanischen<br />
oder für Forscher, die sich auf diesem Gebiet<br />
verdient gemacht hatten. Alexander<br />
von Humboldt etwa, der 1799 bis 1804<br />
Südamerika bereiste und zahlreiche exotische<br />
Pflanzen von seiner Expedition mit-<br />
Flora Danica-Flaschenkühler mit „Anemone ranunculoidi<br />
nemoroba Kze.", umlaufende Pflanzenmotive,<br />
Ausführung um 1923, Royal Copenhagen,<br />
H 16,5 cm. Auktionspreis 2.300 Euro (inkl. Aufgeld)<br />
(Foto: Dorotheum Wien)<br />
brachte, bekam 1814 einen Satz von 22<br />
Tellern aus der Königlichen Porzellanmanufaktur<br />
Berlin mit verschiedenen Eichen-<br />
Arten geschenkt. Nicht jedes naturgetreue<br />
Blumendekor macht ein Service zum botanischen<br />
Porzellan. Der dekorative Gesichtspunkt<br />
der Blumenmalerei spielt<br />
höchstens eine Nebenrolle. Wissenschaftlich<br />
exakt, am besten mit Wurzel, feinsten<br />
Härchen auf der Blattunterseite und einem<br />
Querschnitt durch den Pflanzenstiel, so<br />
sollten die Pflanzen dargestellt sein. Wie in<br />
Aus der Hochburg der Blumenmalerei: Wiener Teller<br />
mit „Tulipa gesneriana", Kaiserliche Manufaktur<br />
Wien, um 1826. Der Schätzwert liegt bei 600 bis<br />
900 Euro (Foto: Dorotheum Wien)<br />
einem Bestimmungsbuch sollten sie als<br />
naturgetreue Pflanzenporträts wiedergegeben<br />
sein. Auf der Rück- bzw. Unterseite<br />
der Teile befinden sich denn auch die<br />
Namen der Spezies.<br />
Den ausführlichen Artikel „Botanisches Porzellan –<br />
Pflanzenporträts” (acht Seiten, 26 Abbildungen)<br />
von Sabine Spindler finden Sie in der aktuellen<br />
September-Ausgabe der Zeitschrift „Sammler<br />
Journal” (ab 26. August im Handel erhältlich)<br />
09 / 14<br />
Dessertteller mit der Darstellung eines Granatapfels<br />
aus dem Goldenen Wappenservice, 1827 in der<br />
Kaiserlichen Porzellanmanufaktur St. Petersburg<br />
hergestellt (Foto: Lempertz)