100 Jahre KÖLN- MÜLHEIM
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zunächst die wehrhafte Befestigung um das alte Mülheim. Eine<br />
Abbildung aus 1589 zeigt den Plan dieser neuen Bastion, in dem auch<br />
die vorherige kleinere Umwallung aus 1414 zu erkennen ist. Mülheim<br />
war in dieser Zeit von 7 auf 35 ha – also auf das Fünffache angewachsen.<br />
Zu erkennen sind die Mündung der Strunde, die Buchheimer Straße<br />
und die Freiheit als örtliche Hauptstraßen, sowie die Landstraßen<br />
nach Deutz, Frankfurt über Buchheim, Wipperfürth und Düsseldorf.<br />
In den kriegerischen Zeiten der Reformation und Gegenreformation<br />
lebten die Mülheimer 20 <strong>Jahre</strong> im Schutz ihrer Festung.<br />
Die Kölner „liehen“ sich sogar um 1600 den Mülheimer Baumeister<br />
Johann Pasqualini aus und nutzten dessen Expertise bei der Modernisierung<br />
ihrer Stadtbefestigung. Eine Zeit friedlicher Koexistenz<br />
von Köln und Mülheim.<br />
Friedliche Koexistenz<br />
von Mülheim und Köln<br />
Das änderte sich, als der pfälzische Schwiegersohn Wilhelms, der<br />
Pfalzgraf Philipp Ludwig von Neuburg an der Donau und sein brandenburgischer<br />
Enkel, Kurfürst Johann Sigismund ab 1609 gemeinsam<br />
das Herzogtum regierten. Es war die Zeit der „Possidierenden“, der<br />
gemeinsam besitzenden Fürsten, eine kurze Blütezeit für Mülheim.<br />
Sie beauftragten Johann Pasqualini – Mitglied einer großen italienischen<br />
Familie von Architekten und Festungsbaumeister- mit der<br />
Planung einer Mülheimer Neustadt innerhalb einer zweiten äußeren<br />
Befestigung. Diese ist auf dem zweiten iconPlan, dem Merianplan<br />
von 1614, zu sehen. Mülheim ist hier gegenüber 1589 nochmals<br />
um das Fünffache seiner bastionären Befestigung hinausgewachsen<br />
und von einem zweiten Befestigungsring umgeben.<br />
Pfalzgraf Philipp Ludwig<br />
Die beiden protestantischen Possidierenden wollten Mülheim zu einem<br />
Ort mit religiösen und wirtschaftlichen Freiheiten entwickeln<br />
und betrieben eine frühliberale Wirtschaftspolitik. In ganz Europa<br />
warben sie mit Privilegien um Siedler, die das neue Mülheim erbauen<br />
sollten. Sie sprachen vor allem die Menschen an, die in ihren<br />
Heimatländern ihre Religion nicht mehr ausüben durften. Der einige<br />
<strong>Jahre</strong> zuvor vereinbarte Religionsfriede von Augsburg erlaubte<br />
den Fürsten, ihren „Untertanen“ die Religion zu befehlen. Nach dem<br />
Grundsatz „Wes das Land, des der Glaube“, war das in der Regel das<br />
Bekenntnis des Fürsten.<br />
Die Possidierenden lebten eine seltene Ausnahme dieser fürstlichen<br />
Religionshoheit und ließen ihre Bürger den Glauben frei<br />
wählen. Tatsächlich kamen Angehörige aller christlichen Konfessionen<br />
von überall nach Mülheim. So z. B. Salzburger und niederländische<br />
„Exulanten“, die ihren „Kryptoprotestantismus“ nicht<br />
mehr im Verborgenen praktizieren durften oder wollten. Sie kamen<br />
mit Booten rheinauf und -abwärts und blieben angesichts der<br />
Mülheimer Freiheiten<br />
Kurfürst Johann Sigismund<br />
Mülheim und seine Grenzen<br />
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