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Einstellung des Verfahrens (nach § 206a außerhalb bzw. § 260 III ...

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erlanger examenskurs • Strafprozessrecht<br />

Februar2008 • Prof. Dr. Hans Kudlich<br />

Fall 15 (<strong>nach</strong> BGHSt 5, 75; 21, 72; 23, 82; OLG Zweibrücken StV 1996, 138; Examen<br />

2002/II)<br />

Gegen den stadtbekannten A wurde in einem spektakulären Prozess wegen versuchten<br />

Mor<strong>des</strong> verhandelt:<br />

a) Im Schwurgerichtssaal fanden von rund 200 Interessierten nur 75 Personen Platz. Die<br />

von einem Zuschauer vorgeschlagene Verlegung der Verhandlung ins nahe gelegene<br />

Stadttheater oder eine Live-Übertragung auf den Marktplatz lehnte der Vorsitzende ab.<br />

b) Um sich über den Tatort zu informieren, führte das Gericht die Einnahme eines Augenscheins<br />

im Hause <strong>des</strong> Zeugen Z durch, in dem die Tat begangen worden war. Z, der<br />

sich über den Menschenauflauf ärgerte, verbot den Zuhörern den Zutritt zum Korridor<br />

und ließ nur die Prozessbeteiligten herein. Nach der Einnahme <strong>des</strong> Augenscheins wurde<br />

der Prozess im Gerichtssaal weitergeführt. Die Vorsitzende gab dabei die Ergebnisse <strong>des</strong><br />

Augenscheins nicht bekannt.<br />

c) Als die Hauptverhandlung 3 Tage später fortgesetzt wurde, fiel <strong>nach</strong> einer Stunde durch<br />

ein Versehen <strong>des</strong> Wachtmeisters Außentür <strong>des</strong> Gerichtsgebäu<strong>des</strong> ins Schloss, so dass<br />

für 35 Minuten keine neuen Zuschauer mehr das Gericht betreten konnten. Das Gericht<br />

merkte davon nichts.<br />

d) Die Hauptverhandlung wurde schließlich noch an einem Freitag von 13.30 Uhr bis ca.<br />

14.15 fortgesetzt. An der – diesmal unverschlossenen – Tür <strong>des</strong> Gerichts befand sich<br />

ein Schild: „Bitte beachten Sie die Öffnungszeiten <strong>des</strong> Landgerichts. Das Landgericht ist<br />

Freitags ab 13.00 geschlossen.“<br />

Kann A im Falle einer Verurteilung eine Revision auf die Verletzung der Vorschriften über die<br />

Öffentlichkeit stützen?<br />

Ausgangspunkt:<br />

Inhalt:<br />

§ 169 S. 1 GVG: Öffentlichkeitsgrundsatz<br />

Verstoß würde zu absolutem Revisionsgrund <strong>nach</strong> § 338 Nr.6 StPO führen<br />

jedermann kann sich Kenntnis von Ort und Zeit der Verhandlung verschaffen<br />

und grds. an ihr teilnehmen<br />

a) Hier zwar keine Teilnahmemöglichkeit für alle Interessierten; aber nur Recht i.R.d. tatsächlichen<br />

Gegebenheiten<br />

• zwar ausreichender Sitzungssaal erforderlich, aber hier jedenfalls (+)<br />

• Erweiterung kann grds. nicht gefordert werden; vgl. auch Wertung <strong>des</strong><br />

§ 169 S. 2 GVG!<br />

(Exkurs: Unzulässige Erweiterung der Öffentlichkeit <strong>nach</strong> h.M. kein Fall <strong>des</strong><br />

§ 338 Nr.6 StPO)<br />

b) Augenscheinseinnahme<br />

• grds. Verhandlung außerhalb <strong>des</strong> Gerichtssaals zur Augenscheinseinnahme möglich,<br />

soweit darauf entsprechend deutlich hingewiesen wird<br />

• mögliche Teilnehmerzahl hängt wieder von Räumlichkeiten ab,<br />

hier zwar vielleicht größere Anzahl von Zuschauern vorstellbar<br />

• aber Einschränkung der Öffentlichkeit durch zu respektieren<strong>des</strong> Interesse <strong>des</strong> Z an<br />

Privatheit:<br />

§ 169 GVG keine Art. 13 II, <strong>III</strong> GG gerecht werdende Befugnisnorm zum Eingriff<br />

in Hausrecht <strong>des</strong> Z;<br />

rechtliche Beschränkung letztlich nicht anders zu bewerten als faktische Beschränkung<br />

• fehlende Mitteilung <strong>des</strong> Inhalts unschädlich, da Vorgehen <strong>des</strong> Gerichts als solches<br />

nicht zu beanstanden war und <strong>des</strong>halb auch keine <strong>nach</strong>träglichen Mitteilungspflich-

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