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Einstellung des Verfahrens (nach § 206a außerhalb bzw. § 260 III ...

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erlanger examenskurs • Strafprozessrecht<br />

Februar2008 • Prof. Dr. Hans Kudlich<br />

Fall c (<strong>nach</strong> BGH NStZ 2005, 160, vgl. auch Examen 2006/II)<br />

In einem komplizierten Wirtschaftsstrafverfahren gegen A wurden bei der Beweisaufnahme<br />

über die finanzielle Situation einer Firma <strong>des</strong> A mehrere Aktenordner vorgelegt, in denen<br />

sich Belege für komplizierte und letztlich erhebliche Verluste verursachende Transaktionen<br />

befanden. Der Vorsitzende der Wirtschaftsstrafkammer ordnete daher die Durchführung <strong>des</strong><br />

Selbstleseverfahrens für eine Vielzahl von Urkunden an und händigte den <strong>Verfahrens</strong>beteiligten<br />

jeweils Kopien der Schriftstücke aus. Dies wurde ebenso wie der Hinweis <strong>des</strong> Vorsitzenden,<br />

dass die Berufsrichter die Schriftstücke gelesen hätten, jeweils im Protokoll vermerkt.<br />

Bis zum Abschluss der Hauptverhandlung findet sich dagegen auf Grund eines Versehens<br />

<strong>des</strong> Vorsitzenden irrtümlich kein Eintrag im Protokoll, dass auch die Schöffen vom<br />

Wortlaut der Schriftstücke Kenntnis genommen haben. Gleichwohl stützte die Strafkammer<br />

ihre Beweisführung maßgeblich auf verschiedene Beträge, welche sie aus den Urkunden<br />

entnahm, und verurteilte A. Wäre eine darauf gestützte Revision <strong>des</strong> A mit der <strong>Verfahrens</strong>rüge<br />

erfolgreich?<br />

Erfolgreiche Revision, wenn diese zulässig und begründet ist:<br />

Zulässigkeit<br />

<br />

Statthaftigkeit: § 333 StPO<br />

Einlegung und Begründung erforderlich, Form und Frist: §§ 341, 345,<br />

344 II StPO<br />

<br />

Rechtsmittelberechtigung <strong>des</strong> T: § 296 I StPO<br />

Beschwer durch Verurteilung<br />

Begründetheit: Verstoß gegen § 249 II 1 StPO?<br />

<br />

tatsächliche Grundlage der Beurteilung<br />

• <strong>nach</strong> Protokoll keine Kenntnisnahme vom Wortlaut <strong>des</strong> Schriftstücks durch Schöffen,<br />

tatsächlich aber offenbar Kenntnisnahme<br />

• hier: negative Beweiskraft <strong>des</strong> Hauptverhandlungsprotokolls, § 274<br />

* Voraussetzungen:<br />

* Feststellungen über Kenntnisnahme wesentliche Förmlichkeit,<br />

§ 273 StPO; außerdem Protokollierungspflicht sogar explizit in<br />

§ 249 II 3 StPO<br />

* kein Hinweis auf Fälschung <strong>des</strong> Protokolls<br />

* Einschränkung der Beweiskraft wegen Lückenhaftigkeit?<br />

* grds. nur bei logischen Unvollständigkeiten /Widersprüchlichkeiten<br />

hier ersichtlich (-)<br />

* Erweiterung auch auf Fälle unwahrscheinlicher <strong>Verfahrens</strong>abläufe würde<br />

Beweiskraft mehr oder weniger aushebeln; außerdem nicht außerhalb<br />

der Lebenserfahrung, dass Schöffen ein Dokument nicht lesen<br />

• bewiesener Inhalt: tatsächlich fehlende Kenntnisnahme oder nur fehlende Feststellung<br />

davon, vgl. § 249 II 3 StPO?<br />

* Sinn <strong>des</strong> § 249 II 3 StPO ist gerade Festhalten <strong>des</strong> Geschehenen<br />

* Sinn würde ad absurdum geführt durch Einschränkung der Beweiskraft, die regelmäßig<br />

Beruhens<strong>nach</strong>weis ausschließen würde

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