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erlanger examenskurs • Strafprozessrecht Februar2008 • Prof. Dr. Hans Kudlich Zusatzfälle Fall a (nach Examen 2002/I) A hatte einen Unfall verursacht und war vom Unfallort geflüchtet. Als kurz darauf seine Freundin F am Unfallort vorbeikommt, ahnt sie, dass A etwas mit dem Unfall zu tun haben könnte und fährt hektisch nach Hause. Polizeiobermeister P schöpft Verdacht und fährt F bis zu ihrer Wohnung hinterher, um sie zu befragen. Als P klingelt, verliert F die Beherrschung und bricht in Tränen aus. Ohne dass P etwas zu sagen vermag, erzählt F, dass sie vermute, Ihr Freund könne etwas mit dem Unfall zu tun haben. A sei im Wohnzimmer, P könne ihn ja selbst befragen. Daraufhin betritt P die Wohnung und fragt A, ob er am Tatort gewesen sei. Da A davon ausgeht, dass F alles durchschaut und es P bereits erzählt hat, legt er ein Geständnis ab. 1. Welche Belehrungspflichten trafen den P? Welche Belehrungspflichten treffen den Richter im Strafverfahren gegen A, wenn A und F, die zwischenzeitlich geheiratet haben, in der Hauptverhandlung vernommen werden sollten? Welche Konsequenzen hat ein Verstoß gegen eine der Belehrungspflichten? 2. P wird in der Hauptverhandlung gegen A als Zeuge über die Äußerungen der F und des A vernommen. Kann diese Aussage verwertet werden, wenn A und F, die inzwischen miteinander verheiratet sind, keine Angaben zur Sache machen und A der Verwertung der Aussage des P rechtzeitig widerspricht? 1. Belehrungspflichten Pflichten des P • gegenüber F: * nicht Beschuldigte kein Status nach § 136 I 2 StPO * damals nur Freundin kein Status nach § 52 StPO * außerdem Spontanäußerung * keine Pflichten • gegenüber A: Anfangsverdacht spätestens nach Aussage der F § 136 I 2 i.V.m. § 163a IV 2 StPO Pflichten des Richters in der Hauptverhandlung • gegenüber A: Belehrung nach § 243 IV StPO in der Hauptverhandlung; wenn A unverteidigt ist nach verbreiteter Auffassung vorliegend qualifizierte Belehrung auch über Unverwertbarkeit (bzw. Mgl. zu Widerspruch gegen Verwertung) der Aussage im Ermittlungsverfahren erforderlich, bei der nicht ordnungsgemäß belehrt wurde • gegenüber F: Belehrungspflicht nach § 52 I Nr. 2, III StPO Folge eines Verstoßes gegen Belehrungspflichten • Belehrung nach § 136 I 2 StPO: nach mittlerweile h.M. grds. Beweisverwertungsverbot, wenn nicht A Schweigerecht kannte bzw. im Falle seiner Verteidigung Widerspruch versäumt wird Aussage darf weder durch Verlesung noch durch Vernehmung des P (noch mittels Vorhalts) in die Hauptverhandlung eingebracht werden • Belehrung nach § 243 IV StPO: ebenfalls Beweisverwertungsverbot
erlanger examenskurs • Strafprozessrecht Februar2008 • Prof. Dr. Hans Kudlich • Belehrung der F in der Hauptverhandlung: nach h.M. Beweisverwertungsverbot (Schutz der familiären Beziehung als Ausformung der Rechtsstellung des Beschuldigten/ Angeklagten) 2. Vernehmung des P im Verfahren gegen A über Aussage der F: • kein Verstoß gegen Unmittelbarkeitsgrundsatz, da nach § 250 S. 2 StPO nur Vorrang des Personal- vor dem Urkundsbeweis • Unverwertbarkeit nach § 252 StPO? * Angehörigenstellung, § 52 I Nr. 2 StPO * auch ausreichend, dass Stellung erst nach früherer Aussage begann * für nicht-richterliche Vernehmungen nach h.M. auch umfassendes Verwertungs- (und nicht nur Verlesungs-) Verbot * aber: keine Vernehmung der F vor Hauptverhandlung, sondern Spontanäußerung (a.A. vertretbar, da § 252 StPO gerade selbständiges Beweisverwertungsverbot und Interessenlage teilweise vergleichbar) Verwertbarkeit nach h.M. (+) über Aussage des A: • § 252 StPO nicht einschlägig • § 254 I StPO steht nach h.M. Vernehmung des P nicht entgegen (nur Verlesungsverbot) • aber Beweisverwertungsverbot wegen mangelnder Belehrung nach § 136 I 2 StPO (soweit nicht Kenntnis des A von Schweigerecht angenommen werden kann); Widerspruch gegen Verwertung erforderlich, wenn A Verteidiger hat
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