Herausforderungen 2013 - transfair
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Travail.Suisse<br />
24-Stunden-Arbeitstag: Nein<br />
Am 14. Dezember 2012 hat das eidgenössische Parlament die Vorlage<br />
«Liberalisierung der Öffnungszeiten von Tankstellenshops» verabschiedet.<br />
Travail.Suisse ergreift das Referendum und sagt Nein zum Kahlschlag<br />
beim Arbeitnehmerschutz.<br />
Die vom Parlament verabschiedete Vorlage<br />
verwässert das Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot<br />
im Arbeitsgesetz. Das Gesetz<br />
regelt die Ausnahmebestimmungen für<br />
Nacht- und Sonntagsarbeit aufgrund der<br />
«wirtschaftlichen und technischen Unentbehrlichkeit».<br />
Neu sollen diese Ausnahmebestimmungen<br />
auch für Tankstellenshops gelten.<br />
Damit wird erstmals in der Detailhandelsbranche<br />
bewilligungsfrei der 24-Stunden-Arbeitstag<br />
eingeführt. Das ist unsinnig:<br />
Nonstop-Shopping ist nicht unentbehrlich.<br />
Nein! Weil es die Arbeitsbedingungen<br />
verschlechtert<br />
Mehr Nacht- und Sonntagsarbeit führt<br />
nicht zur Anstellung von mehr Personen,<br />
sondern zur Verlängerung des Arbeitstages.<br />
Die Deregulierung verschlechtert nochmals<br />
die Arbeitsbedingungen und erhöht den<br />
Arbeitsdruck. Über zwei Drittel der Detailhandelsbeschäftigten<br />
sind Frauen, viele davon<br />
sind alleinerziehende Mütter. Die Kinderbetreuung<br />
sonntags und abends ist<br />
schwierig organisierbar. Sonntags- und<br />
Nachtarbeit im Detailhandel gehen zu Lasten<br />
der sozial Schwächeren.<br />
Nein! Weil es ungesund und schädlich ist<br />
Nachtarbeit beeinträchtigt die psychische<br />
und physische Gesundheit der Arbeitnehmenden<br />
und führt zu mehr chronischen<br />
Krankheiten. Arbeiten am Sonntag belastet<br />
das Sozial- und das Familienleben. Denn die<br />
überwältigende Mehrheit der Arbeitnehmenden<br />
hat am Sonntag ihren Ruhetag. Die Gesundheit<br />
der Arbeitnehmenden ist nicht dem<br />
Diktat der Konsumgesellschaft zu opfern. Die<br />
schädlichen Folgen der Nonstop-Konsumgesellschaft<br />
sind zudem Lärmemissionen,<br />
mehr Verkehrsaufkommen, Umweltbelastungen<br />
und Ressourcenverschleiss.<br />
Nein! Weil es Schritt für Schritt zum<br />
Dammbruch in allen Branchen kommt<br />
Die 24-Stunden-Öffnungszeit ist eine Sonderregelung<br />
zu Gunsten der Tankstellen. Die<br />
Privilegierung einer Minderheit ist unnötig<br />
und führt zu Wettbewerbsverzerrungen. Die<br />
Ansteckungsgefahr innerhalb des Detailhandels<br />
ist gross. Weitere Läden werden<br />
gleich lange Spiesse verlangen. Die geplante<br />
Ausweitung der Sonntags- und Nachtarbeit<br />
erhöht den Druck auch auf andere Branchen.<br />
Schritt für Schritt wird Nacht- und Sonntagsarbeit<br />
schliesslich für alle Branchen «unentbehrlich».<br />
Nein! Weil es eine Zwängerei ist<br />
und das Volk für dumm verkauft<br />
Seit dem Jahr 2006 hat die Stimmbevölkerung<br />
90 Prozent der kantonalen Abstimmungen<br />
zur Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten<br />
verworfen. Auch die jüngsten dieser<br />
Abstimmungen in den Kantonen Zürich und<br />
Luzern haben gezeigt, dass längeres Lädele<br />
und Shoppen rund um die Uhr vom Volk gar<br />
nicht erwünscht ist. Obwohl die Stimmbevölkerung<br />
die kantonalen Liberalisierungsvorlagen<br />
bachab geschickt hat, hat das Parlament<br />
weitere Deregulierungsschritte im Detailhandel<br />
beschlossen. Der Ständerat hat<br />
die Motion Lombardi, die eine Zwangserweiterung<br />
der kantonalen Ladenöffnungszeiten<br />
fordert, bereits angenommen. Er hat ebenfalls<br />
der Motion Abate zugestimmt, welche<br />
die Fremdenverkehrsdefinition im Arbeitsgesetz<br />
abändern will. Damit wird schweizweit<br />
und ganzjährig Sonntags- und Nachtarbeit<br />
bewilligungsfrei im Detailhandel eingeführt.<br />
Die Tankstellenshop-Liberalisierung<br />
ist nur die Spitze des Eisbergs.<br />
<strong>transfair</strong> magazin l Februar <strong>2013</strong>