Bayerischer Finanzgipfel
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Bayerisches Finanz Zentrum<br />
Bayerisches Finanz Zentrum<br />
Bayerisches Finanz Zentrum<br />
Ist das Versicherungsunternehmen nicht bereit, das vom Versicherungsnehmer angebotene<br />
Risiko voll zu übernehmen („Vollversicherung“), kann die zu transferierende<br />
Gesamtschadenverteilung durch „Selbstbeteiligung“ der Versicherungsnehmer „gestutzt“<br />
(transformiert) werden. Neben einer quotalen Selbstbeteiligung (z. B. in der Krankenversicherung),<br />
bei der dem Versicherungsnehmer nur ein vereinbarter Prozentsatz der Schadenkosten<br />
erstattet wird, kann auch eine linksseitige oder/und rechtsseitige Stutzung<br />
vereinbart werden. Die linksseitige Stutzung reduziert die durch Moral Hazard beeinflussten<br />
Bagatellschäden, die mit relativ hohen Schadensregulierungskosten behaftet sind<br />
(z. B. in der Kasko-Versicherung). Die rechtsseitige Stutzung begrenzt durch Vereinbarung<br />
einer Höchsthaftungsgrenze („Versicherungssumme“) das zu übernehmende Risiko, insbesondere<br />
der Großschäden. Werden Selbstbeteiligungen vereinbart, muss zwischen der<br />
ursprünglichen Schadenverteilung des Versicherungsnehmers und der durch Selbstbeteiligung<br />
risikoreduzierten „Entschädigungsverteilung“ unterschieden werden.<br />
Dual zur Selbstbeteiligung des Versicherungsnehmers verhält sich das risikopolitische<br />
Instrument der Rückversicherung, das als Risikotransfer von Teilen der Gesamtschadenverteilung<br />
des beim Erstversicherer versicherten Bestandes bzw. eines versicherten<br />
Teilkollektivs verstanden werden kann. Durch, „proportionale“ (z. B. Quotenrückversicherung)<br />
und „nicht-proportionale“ (z. B. Exzedenten- oder Stop-Loss-Rückversicherung)<br />
Rückversicherungsverträge, d. h. formal durch Stutzung oder Transformation der Gesamtschadenverteilung,<br />
kann der Erstversicherer die Schwankungen seiner Ergebnisverteilung<br />
reduzieren und die Solvenzvorschriften erfüllen. Das Risikosteuerungsinstrument<br />
Rückversicherung wurde vor 150 Jahren durch die älteste Rückversicherung der Welt, die<br />
Kölnische Rückversicherung, auf den internationalen Versicherungsmarkt gebracht.<br />
Die zweite wichtige Aufgabe des Aktuars ist die Preisbestimmung des Risikotransfers, die<br />
Kalkulation der Risikoprämie. Während der Erwartungswert der übernommenen Gesamtschadenverteilung<br />
unbestritten als der faire Wert des Risikos gilt und als „Nettorisikoprämie“<br />
bezeichnet wird, hängt der Sicherheitszuschlag, der zusätzlich zur Nettorisikoprämie<br />
erhoben wird, nicht nur von den Solvenzvorschriften der Versicherungsaufsichtsbehörde<br />
(BaFin) und der Risikoaversion des Versicherungsunternehmens ab, sondern auch von der<br />
Antwort auf die wahrscheinlichkeitstheoretische Frage, durch welche (deterministische)<br />
Kennzahl die „Schwankungen“ („Streuung“) einer Schadenverteilung adäquat abgebildet<br />
werden können. Ist symmetrischen oder unsymmetrischen Kennzahlen, wie z. B. Standardabweichung,<br />
Varianz bzw. Schiefe oder Value et Risk (VaR), der Vorzug zu geben?<br />
Unter entscheidungstheoretischen („risikonutzentheoretischen“) Gesichtspunkten sind<br />
parametrische Entscheidungskriterien in der Regel nicht rational. Doch wie auch immer<br />
die „Vorentscheidung“ für ein risikotheoretisches Entscheidungskriterium ausfällt, durch<br />
die Kalkulation eines Sicherheitszuschlags wird deutlich, dass Versicherungsunterneh-