Eurasisches Magazin â April 2009 · Seite 1 © Eurasischer Verlag ...
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<strong>Eurasisches</strong> <strong>Magazin</strong> – <strong>April</strong> <strong>2009</strong> · <strong>Seite</strong> 20<br />
• Ungarn, Russland und Litauen: zwanzig Prozent.<br />
• Estland, Lettland, Bulgarien, Rumänien, Kroatien, Ukraine und Kasachstan: 30<br />
Prozent.<br />
Es stellt sich die Frage, ob die westlichen Mutterbanken ihre osteuropäischen Töchter bei<br />
akuter Bedrohung mit Kapital und Liquidität versorgen würden. Sollte eine ausländische<br />
Bank eine Niederlassung in einem osteuropäischen Land fallen lassen, so dass Einleger ihre<br />
Ersparnisse nicht zurück erhalten, würde dies das Vertrauen in das ganze regionale<br />
Bankensystem untergraben.<br />
Die Banken verschärfen nun ihrerseits die Kreditbedingungen gegenüber Unternehmen und<br />
Privatkunden, erhöhen die Zinsen und prüfen fortan Kreditnehmer genauer – neben den<br />
schwindenden Exportmärkten ein signifikanter Dämpfer für das Wirtschaftswachstum.<br />
Von der Finanz- zur Wirtschaftskrise<br />
Das Szenario ähnelt früheren Krisen: In einem Kreditboom werden große Verschuldungen in<br />
ausländischer Währung aufgenommen. Dann kommt ein Schock – in diesem Fall die<br />
Kreditkrise und Anzeichen einer weltweiten Rezession. Das Vertrauen schwindet. Westliche<br />
Banken, Investmentfonds und Immobilienverwalter bauen ihr Engagement in der Region<br />
schnellstmöglich ab. Der massive Rückzug verschlechtert die Zahlungsbilanzen der<br />
betroffenen Länder und setzt deren Währungen unter Druck. Im Zuge der Abwertung wird<br />
der Schuldendienst für Fremdwährungskredite teurer, die Geldzuflüsse sinken, die<br />
Laufzeiten der Kredite sind kürzer, und die Risikoprämien steigen. Die lokalen Banken<br />
werden geschwächt. Es kommt eine Teufelsspirale in Gang. Die staatlichen Finanzen<br />
kollabieren.<br />
Die Situation ist der Asien-Krise von 1997 nicht unähnlich, wobei sich die „ostasiatischen“<br />
Tiger” durch den Export rasch erholen konnten, was in der aktuellen weltwirtschaftlichen<br />
Situation kaum möglich sein wird. Osteuropa hat immerhin den Vorteil, dass das<br />
ausländische Kapital einen größeren Anteil Direktinvestitionen enthält, das nicht von einem<br />
Tag auf den andern abgezogen werden kann.<br />
Die Schuldendienste Ungarns, Lettlands und Rumäniens entsprechen fast deren<br />
gesamten Währungsreserven<br />
Die osteuropäischen Länder müssen allein <strong>2009</strong> rund 400 Milliarden Dollar an<br />
Verbindlichkeiten zurückzahlen – für Ungarn, Lettland und Rumänien entspricht der<br />
Schuldendienst fast ihren gesamten Währungsreserven. In der globalen Rezession fließen<br />
auch weniger ausländische Direktinvestitionen in die Region. Der IWF rettet die<br />
notleidenden Länder vor der Zahlungsunfähigkeit: Ungarn, Ukraine, Lettland, Rumänien,<br />
Serbien, Belarus – die Liste wird immer länger. Die Auflagen des IWF sind bekannt: die<br />
makroökonomischen Ungleichgewichte müssen reduziert werden. Eine Korrektur der<br />
einheimischen Nachfrage wird notwendig, um die Importe und das Leistungsbilanzdefizit zu<br />
verringern. Die Senkung der Gehälter, Renten und Sozialausgaben auf der einen <strong>Seite</strong> und<br />
höhere Steuern auf der anderen gehören zu den typischen Maßnahmen. Es erstaunt nicht,<br />
dass es bereits in mehreren Ländern zu Unruhen auf der Strasse gekommen ist.<br />
Das Wachstumsmodell mit billiger externer Finanzierung ist in Osteuropa bis auf weiteres<br />
nicht mehr möglich. Niedrigere Wachstumsraten oder eine höhere Sparquote wären die<br />
Alternative. Der Anstoß zur Erholung wird jedoch mittelfristig wieder aus dem Ausland<br />
kommen müssen, denn die relativ kleinen osteuropäischen Wirtschaften sind auf den Export<br />
angewiesen. Bis dahin sollten diese Staaten aber die Zeit nutzen, um ihre Wirtschaft neu<br />
auszurichten und um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.<br />
© <strong>Eurasischer</strong> <strong>Verlag</strong> Hans Wagner <strong>2009</strong>