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Eurasisches Magazin – April 2009 · Seite 1 © Eurasischer Verlag ...

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<strong>Eurasisches</strong> <strong>Magazin</strong> – <strong>April</strong> <strong>2009</strong> · <strong>Seite</strong> 30<br />

Revolution mündete, eskalierte in Jugoslawien – es kam zum Krieg, mitten in Europa.<br />

Zagreb galt als Angelpunkt, viele Menschen aus den umkämpften Landesteilen kamen in die<br />

Hauptstadt. Das Bild der Stadt habe sich seither gewandelt, sagt Blaženka.<br />

Die Studentin von früher und der Student von heute. Gibt es hier überhaupt Parallelen?<br />

Blaženka erinnert sich an Fächer wie Marxismus, mit denen die Studentenschaft auf den<br />

richtigen sozialistischen Pfad gebracht werden sollte. Und an Volkswehr. Das sei bereits an<br />

Schulen unterrichtet worden: Das Wissen um die Verteidigung des Staates, der Ideologie<br />

oder einfach nur sich selbst. Notfalls mit Waffengewalt. Was heute Pädagogen auf die<br />

Barrikaden treiben würde, gehörte für Blaženka und ihre Generation zum Lehrplan:<br />

Schießübungen mit einer wuchtigen russischen Kalaschnikow – und das mit gerade mal 15,<br />

16 Jahren.<br />

Schulausflüge führten meist zu Orten, die für die Partisanen bedeutsam waren. Gotteshäuser<br />

hingegen, selbst berühmte Bauwerke wie die Kathedrale von Šibenik, wurden bei<br />

Exkursionen einfach verschwiegen. „Kirche war im öffentlichen Leben kein Thema“, erinnert<br />

sich Blaženka, die wie die meisten Kroaten katholisch ist. Zu Hause in den eigenen vier<br />

Wänden habe man selbstverständlich christliche Feste wie Weihnachten gefeiert.<br />

Für Mama einst Arbeitscamps – für den Sohn Ferien am Meer<br />

Der 21-jährige Dominik<br />

Musulin studiert Jura in<br />

Zagreb, an der gleichen<br />

Fakultät wie einst seine<br />

Mutter. Er will ebenfalls<br />

Anwalt werden.<br />

In den Semesterferien wurde gemeinsam mit anderen Teens<br />

und Twens mit angepackt – zum Wohl der Gesellschaft.<br />

Dort, wo später einmal eine Schnellstraße entstehen sollte,<br />

ebneten hunderte junger Menschen aus ganz Jugoslawien<br />

Wiesen und Grundstücke. Bei diesen Arbeitscamps, den<br />

„radne akcije“, wurde buchstäblich Völkerfreundschaft<br />

praktiziert, da hier hunderte von jungen Menschen aus allen<br />

Teilrepubliken Jugoslawiens zusammen kamen. Tagsüber<br />

wurde gearbeitet, abends fanden Konzerte und<br />

Kinoveranstaltungen statt – die Blaženka einen Sommer<br />

lang im Organisationskomitee mit plante. Die Camps<br />

wurden sogar als Praktikum angerechnet.<br />

Dominiks Studienzeit prägen unterdessen ganz andere<br />

Dinge: Die neuen Bologna-Bestimmungen werden gerade<br />

umgesetzt, die das kroatische Bildungssystem an das<br />

(Foto: Wengert)<br />

gesamteuropäische anpassen sollen. Denn schließlich hängt Kroatien in der Warteschleife auf<br />

Brüssel. Das bedeutet nun auch für die Studenten eine Umorientierung – und eine<br />

Verlängerung der Studienzeit von vier auf fünf Jahre. An seiner Fakultät sei dies jedoch gut<br />

geregelt worden, während Studenten an anderen Fakultäten ratlos gewesen seien, wann und<br />

ob ein Kolloquium zu belegen sei.<br />

Die Semesterferien verbringt Dominik mit seinen Freunden am Meer oder auch mal beim<br />

Skifahren in Frankreich. Woanders leben? Nein, das wolle er nicht. Kroatien sei für ihn ein<br />

freies und modernes Land, in dem alles möglich sei. In den Zeitungen werde frei berichtet, es<br />

gäbe keine Informationsfilterung oder Zensur. Man könne ausgehen, Spaß haben, das Leben<br />

in Zagreb sei relativ sicher. Und zudem würden hier Freunde und Familie leben, die ihm sehr<br />

wichtig seien, sagt Dominik.<br />

Die Fakultät liegt noch immer am Marschall-Tito-Platz<br />

Auch wenn sich das ideologische Fähnchen im Wind gedreht hat – die Fakultät von Mutter<br />

und Sohn ist die gleiche geblieben. Sie gehört zu den beliebten Fotomotiven von Zagreb-<br />

Touristen: Ein pastellgelbes herrschaftliches Gebäude mit seitlichen Treppenaufgängen,<br />

direkt am Marschall-Tito-Platz gelegen. Ein Ort, der aufgrund seiner Namensgebung immer<br />

© <strong>Eurasischer</strong> <strong>Verlag</strong> Hans Wagner <strong>2009</strong>

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