H E I M K E H R DAS DORF MEINER KINDHEIT Otto ... - dkmotion
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ihre Leiber. Und die Söhne, trotz ihrer Jugend eingespannt seit Jahren schon ins<br />
Joch der Jahre, schwiegen gleich den Vätern und blieben stumm der Fragen, der<br />
vielen. Die Worte, die wenigen, ersoffen in Gleichmut und Dumpfheit. Nach<br />
Jahren der blutigen Trennung saßen sie gemeinsam in Stuben, an Öfen und<br />
Tischen. Und doch war da nichts, was sie näherbrachte einander. Die Nerven<br />
schlaff, zerfressen die Gehirne vom ewigen Morden, kein Schnaufen und<br />
Keuchen mehr in den Lungen, den gaszersetzten, ließen sich treiben die einen in<br />
dumpfes Schweigen. Gepresst ans Dorf, entliebt und entleibt, zerrüttet, frönend<br />
der Fron der Pfarrer und Lehrer, blieben stumm die anderen. Nicht Väter und<br />
Söhne standen sich gegenüber, sondern Greise, kraftlos, in den letzten Zügen<br />
liegend, befallen beinah schon von Leichenstarre und Gestank. Nichts wissen<br />
wollend, ohne Fragen, die Bartlosen. Mit Bärten, grau, verbergend dahinter die<br />
Schatten der ausgestandenen Gräuel, nichts wissen lassend, ohne Antworten, die<br />
Behaarten. Der Untat entrissen eben, harrten sie stumm dem Kommenden und<br />
schufen so sich ihre neue Sklavenschmach. Kein Schrei, praller noch als Donner,<br />
attackierte Welt und Dorf ohne Furcht. Kein Sprung an die Kehle der Barbarei, zu<br />
ersticken diese im Menschengewürg. Nichts. Nur Schweigen. Das Gestern tief<br />
verstaut in sich, verscharrt in ihren fleischlosen Gerippen, schmiedeten die Ketten<br />
sie sich, die eigenen, Glied um Glied, kaum dass sie befreit wurden eben von<br />
diesen. Welch Leichtes für Lehrer und Pfarrer, für Schindlers und Greußings,<br />
aufzubauen auf so hörigem Sumpf ihre neue Welt.<br />
Im Kasten der Eltern fand der Knabe eine Fotografie, die den Mann zeigte, der<br />
sein Vater war. Als Soldat, in Uniform. Dem Knaben gefiel dieses Bild. Warum,<br />
das wusste er nicht. Vielleicht, weil sein Vater so ernst, so männlich dreinblickte.<br />
Vielleicht war es die Uniform, die Mütze mit dem Edelweiß. Der Knabe nahm die<br />
Fotografie heimlich aus dem Kasten und versteckte sie bei seinen Sachen. Und<br />
manchmal nahm er sie mit in die Schule und zeigte sie in der Pause dem einen<br />
und anderen seiner Mitschüler. Wenngleich da noch lange kein Vater war, war der<br />
Knabe doch stolz darauf, wieder einen Vater sein Eigen nennen zu dürfen. Und<br />
darauf, dass dieser Vater ein richtiger Mann, ein Soldat war. Er erzählte seinen<br />
Schulkollegen Dinge, von denen er keine Ahnung hatte, von denen er nicht das<br />
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